OGH 12Os40/80

OGH12Os40/8027.11.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. November 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Braitenberg-Zennenberg als Schriftführer in der Strafsache gegen Johanna A und Werner B wegen des Verbrechens des schweren, versuchten Betruges nach §§ 15, 146 und 147

Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von beiden Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 24. Oktober 1979, GZ 7 b Vr 3208/79-30, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, am 18. September 1980 (in Gegenwart des Schriftführers RiAA Dr.Pichler) nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Karl Leutgeb und des Verteidigers Dr. Hubert Mayrhofer und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug und nach fortgesetzter öffentlicher Verhandlung am 27. November 1980 (in Gegenwart des Verteidigers Dr. Karl Leutgeb auch für den Verteidiger Dr. Hubert Mayrhofer) zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung der Angeklagten Johanna A wird nicht Folge gegeben. Die Berufung des Angeklagten Werner B wird zurückgewiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen den beiden Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die am 13. Mai 1945 geborene Krankenschwester Johanna A und der am 6. Februar 1908 geborene Pensionist Werner B des Verbrechens des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB, die Erstgenannte überdies auch des Vergehens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 StGB schuldig erkannt.

Hiebei traf das Erstgericht - zusammenfassend dargestellt - folgende für die Entscheidung wesentlichen Feststellungen:

Der von 1974 bis zu seinem Tod am 29. August 1978 als Oberarzt am Krankenhaus Ybbs tätig gewesene Dr. Josef C stand in einem Naheverhältnis zu der dort als Krankenschwester tätigen Erstangeklagten, der Zweitangeklagte war sein Jugendfreund. Mit seinen Verwandten stand Dr. C teils nur in gelegentlichem Kontakt (Dipl. Ing. Heinz D, Ing. Peter D, Viktor C), teils war er mit ihnen verfeindet (Bruder Friedrich C, Schwester Wilma E), ausgenommen nur seine 1894 geborene Tante Anna F, mit der ihn ein sehr gutes Verhältnis verband. Aus Sorge über die Möglichkeit eines Einbruchsdiebstahles in seine meist leerstehende Wiener Wohnung übergab er bereits vor Jahren dieser Tante unter anderem 22 vinkulierte Sparbücher mit einem Einlagenstand von insgesamt S 2,560.878,97 lediglich zur Aufbewahrung und ohne ihr auch die Losungswörter mitzuteilen. Er erklärte nicht, daß diese Sparbücher im Falle seines früheren Ablebens ihr gehören sollten. Wiederholt besichtigte er auch die in der Wohnung der Anna F aufbewahrten Sparbücher und kontrollierte sie.

Als Dr. Josef C im August 1978 plötzlich und ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung verstarb, kamen seine Geschwister Friedrich C und Wilma E sowie die Söhne seiner vorverstorbenen Schwester Maria D, Dipl. Ing. Heinz D und Ing. Peter D, als gesetzliche Erben zum Zuge. Die im Zusammenhang mit dem Todesfall erforderlichen Erledigungen übernahm die Erstangeklagte, welche den Verstorbenen betreut hatte. Sie setzte sich nicht mit den gesetzlichen Erben - um das schlechte Verhältnis zwischen diesen und dem Verstorbenen wissend - in Verbindung, wohl aber mit dem Zweitangeklagten, und beide kamen überein, vom Todesfall (nur) Anna F zu verständigen, der sie bei dem darauffolgenden Besuch in ihrer Wohnung auch versicherten, sich in Zukunft um sie kümmern zu wollen. Der Zweitangeklagte rief in der Folge den ihm bekannten Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Walter G an, um sich juristischen Rat in bezug auf die Begräbnisformalitäten zu holen, wobei er diesem gegenüber erklärte, daß der Verstorbene als Angehörige nur eine alte Tante habe, die Allein- oder Universalerbin sei. Sodann unterfertigte Anna F der Erstangeklagten eine Vollmacht, die Begräbnisangelegenheiten nach Dr. Josef C zu regeln und dessen Dienstwohnung zu betreten, deren Schlüssel sich beim Betriebsrat des Krankenhauses Ybbs befanden. Anläßlich eines zweiten Besuches der beiden Angeklagten bei Anna F zeigte ihnen diese die vom Verstorbenen erhaltenen Sparbücher und teilte ihnen - die solcherart zum ersten Mal davon erfuhren - mit, daß sie diese Sparbücher von Dr. C vor Jahren zur Aufbewahrung erhalten habe. Allen drei Personen war demnach klar, daß die Sparbücher nur zur Aufbewahrung übergeben worden waren, zumal Anna F den beiden Angeklagten gegenüber auch nichts Gegenteiliges behauptete.

Nunmehr faßte der offensichtlich uneigennützig handelnde und sich gewissermaßen als 'Vollstrecker' des von ihm vermeinten Willens seines verstorbenen Freundes betrachtende Zweitangeklagte den Entschluß, die Sparbücher Anna F anstatt den gesetzlichen Erben zukommen zu lassen. Er rief neuerlich ratsuchend Dr. G an, und teilte diesem bewußt wahrheitswidrig mit, daß Anna F von Dr. Josef C 'nur in einem mündlichen Testament' als Alleinerbin eingesetzt worden sei und er ihr zu ihrem Recht verhelfen wolle. Dr. G verwies ihn an den ihm gut bekannten Rechtsanwalt Dr. Wolfgang H zur Einholung weiteren rechtlichen Rates. Der Zweitangeklagte sprach daraufhin bei diesem vor und informierte ihn bewußt wahrheitswidrig dahingehend, daß der Verstorbene seiner Tante Anna F die in Rede stehenden Sparbücher mit der Bemerkung übergeben habe, daß sie ihr gehören sollten, wenn er vor ihr sterben sollte.

Dr. H beurteilte diesen Sachverhalt rechtlich als 'Schenkung auf den Todesfall' und teilte dies dem Zweitangeklagten mit, dem hiedurch klar wurde, daß Voraussetzung zur Geltendmachung eines Anspruches für Anna F eine behauptete Schenkung durch den Erblasser sei. In der Folge schlug der Zweitangeklagte der Anna F im Beisein der Erstangeklagten vor, sie möge wahrheitswidrig Derartiges behaupten, um auch ohne Kenntnis der Losungswörter im Verlassenschaftsverfahren die Verfügungsgewalt über die Sparbücher zu erlangen, wobei er nicht erwähnte, daß er Senatspräsident Dr. G und Rechtsanwalt Dr. H falsch informiert hatte, wohl aber behauptete, Dr. H habe ihm eine solche Darstellung geradezu in den Mund gelegt.

Anna F war damit einverstanden, ebenso entschloß sich aber auch die Erstangeklagte zur Mitwirkung an dem in Aussicht genommenen Betrug, weil sie ihre Bereitschaft, Anna F bis zu deren Tod zu pflegen, erklärt und diese ihr dafür die Einsetzung als ihre Universalerbin versprochen hatte, welches Versprechen sie später im übrigen auch in die Tat umsetzte. Alle drei Personen kamen demnach überein, durch die wahrheitswidrige Behauptung einer solchen, rechtlich richtig als 'Übergabe auf den Todesfall' zu bewertenden Sachverhaltes dem gutgläubigen Rechtsanwalt Dr. H und (durch ihn als Bevollmächtigten der Anna F) den für die Bearbeitung des Verlassenschaftsaktes zuständigen Richter des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien zu täuschen und letzteren zur Erlassung eines Beschlusses zu verleiten, demzufolge Anna F über die Sparguthaben zufolge Übergabe auf den Todesfall gemäß § 956 ABGB frei verfügen dürfe, wodurch die gesetzlichen Erben um einen Betrag in der Gesamthöhe dieser Guthaben an ihrem Vermögen geschädigt werden sollten. Sie begaben sich in diesem Einverständnis einige Tage später (5. September 1978) in die Kanzlei des Dr. H.

Dort übergab Anna F dem Anwalt unter anderem die Sparbücher und bestätigte, daß der Verstorbene erklärt habe, 'falls mir etwas passiert, gehören die Sparbücher dir' und ihr auch die Losungswörter - die sie allerdings inzwischen vergessen habe - genannt habe. Der Zweitangeklagte bestätigte, von Dr. C informiert worden zu sein, daß ihm Frau F alles vermacht habe und 'er sich auch verpflichtet fühle, alles für seine Tante zu tun, auch wenn er wider Erwarten früher sterben sollte', und die Erstangeklagte bekundete, daß ihr der Verstorbene gesagt habe, 'nur die Tante zu haben' (siehe Aktenvermerk Band I, S. 175). Solcherart über die wahre Sach- und Rechtslage getäuscht, brachte der von Anna F im Einverständnis mit den beiden Angeklagten damit beauftragte Dr. Wolfgang H am 22. September 1978

beim Verlassenschaftsgericht einen Antrag ein, Anna F zufolge Übergabe auf den Todesfall zur freien Verfügung über die in Rede stehenden 22 Sparbücher zu ermächtigen und sodann am 15. Februar 1979 eine Stellungnahme des Inhaltes, der Erblasser habe Anna F die Sparbücher mit dem ausdrücklichen Hinweis übergeben, daß sie ihr gehörten, wenn er vor ihr sterben sollte, wobei die beiden Angeklagten als Zeugen angeführt wurden und ihnen auch klar war, daß sie im Verlassenschaftsverfahren auch tatsächlich als Auskunftspersonen benötigt werden würden. Tatsächlich wurde auch die Erstangeklagte am 23. März 1979 im Verlassenschaftsverfahren im Rechtshilfeweg durch das Bezirksgericht Ybbs als Auskunftsperson vernommen und gab dabei bewußt wahrheitswidrig an: 'Die Tante (Anna F) hat beim zweiten Besuch auch gesagt, daß der Erblasser gesagt hat, wenn ihm etwas zustößt, dann gehören die Sparbücher ihr'. Zur Vernehmung des Zweitangeklagten wie auch zur angestrebten Beschlußfassung durch das Verlassenschaftsgericht kam es nicht mehr, da die inzwischen über das Ableben des Dr. Josef C ebenfalls informierten übrigen Verwandten die Ansprüche der Anna F im Verlassenschaftsverfahren bestritten, Wilma E Strafanzeige erstattete und - nachdem Anna F am 3. April 1979 überraschend verstorben war - die Erstangeklagte ein umfassendes Geständnis in bezug auf den beabsichtigten Betrug ablegte.

Das Erstgericht erblickte darin, daß die Angeklagten mit Bereicherungsvorsatz bezüglich Anna F (die Erstangeklagte auch bezüglich ihrer eigenen Person) 'primär' durch die oben näher beschriebene falsche Information des Bevollmächtigten Dr. H den zuständigen Richter durch Täuschung über Tatsachen zur Erlassung eines Beschlusses, mit dem der Anna F die freie Verfügungsgewalt über die 22 Sparbücher eingeräumt wird, zum Schaden der gesetzlichen Erben zu verleiten versuchten, und zwar beide (in Gesellschaft der inzwischen verstorbenen Anna F als Beteiligte) durch Veranlassung der Einbringung der Schriftsätze vom 22. September 1978 und 15. Februar 1979 durch Dr. H, die Erstangeklagte auch durch die falsche Aussage vor dem Bezirksgericht Ybbs am 23. März 1979, in Ansehung beider Angeklagter das Verbrechen des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB, bei der Erstangeklagten in der erwähnten falschen Zeugenaussage überdies das Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 StGB, und sprach die Angeklagten in dieser Richtung schuldig. Hiebei ergibt sich aus den Urteilsgründen, daß es insbesondere auch schon die (Mit-)Unterfertigung des in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr. H aufgenommenen, oben zitierten Aktenvermerken vom 5. September 1978 (Bd. I/S. 175) als 'Produzieren eines Beweismittels' und folglich diesen Aktenvermerk als 'Beweismittel' beurteilte.

Gegen diesen Schuldspruch wenden sich beide Angeklagte mit getrennt ausgeführten, auf den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a (von der Erstangeklagten auch auf die Nichtigkeitsgründe der Z 4 und 5) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden.

I./ Zur Verfahrens- und Mängelrüge der Angeklagten Johanna A:

In Ausführung ihrer den Nichtigkeitsgrund der Z 4

des § 281 Abs. 1 StPO relevierenden Verfahrensrüge erachtet sich die Erstangeklagte Johanna A durch die Abstandnahme von der Vernehmung des als Zeugen zur Hauptverhandlung geladenen (Bd. I/S. 492) Rechtsanwaltes Dr. Wolfgang H auf Grund seines Hinweises, er sei von Roland I (einem mutmaßlichen Erben nach Anna F) 'nicht von seiner Amtsverschwiegenheit entbunden worden' (Bd. II/S. 36 oben) - womit er sich ersichtlich auf die Vorschrift des § 152 Abs. 1 Z 2 StPO berief - in ihren Verteidigungsrechten verletzt.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu ist der Beschwerdeführerin aber bloß zu erwidern, daß der von ihr angezogene Nichtigkeitsgrund nur dann vorliegt, wenn während der Hauptverhandlung über einen Antrag des Beschwerdeführers nicht erkannt worden ist oder wenn durch ein gegen seinen Antrag oder Widerspruch gefälltes Zwischenerkenntnis Gesetze oder Grundsätze des Verfahrens hintangesetzt oder unrichtig angewendet worden sind, deren Beobachtung durch das Wesen eines die Strafverfolgung und die Verteidigung sichernden Verfahrens geboten ist. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin in der Hauptverhandlung vom 24. Oktober 1979 aber weder die Vernehmung des Dr. Wolfgang H als Zeugen beantragt, noch - was einem solchen Antrag gleichkäme (vgl. hiezu auch SSt. 27/20 =

RZ 1956, S. 107), gegen die ihrer Ansicht nach unzulässige Zeugnisverweigerung remonstriert und dagegen (erfolglos) die Entscheidung des Gerichtshofes angerufen. Es liegt daher der geltend gemachte Nichtigkeitsgrund nicht vor, im übrigen aber auch nicht etwa jener der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO, der im Zusammenhang mit dem § 152 StPO nur dann - und zwar unter den weiteren Voraussetzungen des § 281 Abs. 3 StPO - gegeben sein kann, wenn die Aussage eines entschlagungsberechtigten Zeugen, der auf sein Entschlagungsrecht nicht ausdrücklich verzichtet hat, im Urteil verwertet wird, nicht aber auch im umgekehrten Fall einer ungerechtfertigten Entschlagung (vgl. RZ 1967, S. 34 = EvBl.

1967 Nr. 47).

Der Verfahrensrüge der Erstangeklagten kann daher schon aus diesen Erwägungen kein Erfolg beschieden sein, wobei es auch - dies sei hier zur Mängelrüge vorweggenommen -

belanglos ist, ob und welche 'Gründe' das Erstgericht für seine 'Feststellung' der Aussageentschlagung des Zeugen Dr. H anführt, bei der es sich ja in Wahrheit bloß um eine Konstatierung eines prozessualen Vorganges, nicht aber um eine meritorische Tatsachenfeststellung handelt.

Soweit die Beschwerdeführerin aber weiters - ihr diesbezügliches Vorbringen zum Teil bereits in den Rahmen ihrer Ausführungen zur Verfahrensrüge verlegend - unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs. 1

StPO bemängelt, daß sich das Schöffengericht nicht mit den Aussagen des Rechtsanwaltes Dr. H im Vorverfahren auseinandergesetzt habe, so ist ihr entgegenzuhalten, daß das Erstgericht seine Feststellungen in allen entscheidungswesentlichen Belangen ohnedies im Einklang mit den Bekundungen des Zeugen Dr. Wolfgang H vor der Polizei (vgl. Bd. I/S. 173 ff., 191) getroffen hat und nach der Aktenlage nicht erfindlich ist, inwieweit durch die Nichterörterung sonstiger Angaben, die Dr. H anläßlich seiner polizeilichen Vernehmung machte, die Beschwerdeführerin in ihren Verteidigungsrechten verletzt worden sein könnte. Dies gilt der Sache nach auch für die (damals noch von ihm als Beschuldigter abgelegte) Aussage des Dr. H vor dem Untersuchungsrichter (ON 17), deren Verlesung und ausdrückliche Heranziehung als Urteilsgrundlage dem Erstgericht allerdings im Hinblick auf die in der Hauptverhandlung erfolgte Zeugnisentschlagung des Dr. H verwehrt war (vgl. Gebert-Pallin-Pfeiffer III2, Nr. 45 zu § 152 StPO).

Der insoweit von der Beschwerdeführerin behauptete Begründungsmangel liegt sohin nicht vor.

Soweit die Erstangeklagte im Rahmen ihrer Mängelrüge aber die Feststellung des Erstgerichtes bekämpft, wonach auf sie anläßlich ihrer (geständigen) Verantwortung vor der Polizei kein Druck ausgeübt worden sei, und behauptet, keinen Einfluß auf Auftragserteilung (an Dr. H), Errichtung von Aktenvermerken oder Eingaben an das Verlassenschaftsgericht genommen zu haben, erschöpft sich das Beschwerdevorbringen im unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, nach Art einer Schuldberufung die freie Beweiswürdigung des Erstgerichtes anzufechten, welches seine diesbezüglichen Konstatierungen im Einklang mit den Denkgesetzen getroffen und hinlänglich begründet hat. Ob schließlich zur Tatzeit mit dem Ableben der Anna F gerechnet werden konnte, ist hier entgegen der Meinung der Beschwerdeführerin belanglos, durfte vom Erstgericht aber im übrigen angesichts ihres Alters von 84 Jahren schon auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung angenommen werden. Auch die Mängelrüge der Beschwerdeführerin erweist sich demnach als unbegründet.

II./ Zu den Rechtsrügen der beiden Angeklagten:

Auch den Rechtsrügen der beiden Angeklagten kommt aus nachstehenden

Gründen im Ergebnis keine Berechtigung zu:

Einzuräumen ist dem Angeklagten B, daß entgegen der Auffassung des Erstgerichtes der von Rechtsanwalt Dr. Wolfgang H am 5. September 1978 angelegte, von den Angeklagten und Anna F mitunterfertigte Aktenvermerk im Handakt dieses Rechtsanwaltes als solcher nicht als 'Beweismittel' anzusehen ist, das auf diese Weise 'produziert' wurde, zumal auch keine Feststellungen in der Richtung vorliegen, daß dieser Vermerk etwa dem Gericht als Beweismittel vorgelegt werden sollte. Auch ist die durch falsche Information erfolgte Täuschung des erwähnten Rechtsanwaltes nicht als bereits unmittelbar zur Verwirklichung des Tatbildes des Betruges führende Täuschungshandlung anzusehen, sondern vielmehr - wie dies auch die Anklageschrift richtig sieht - als Mittel zur Bestimmung des gutgläubigen Dr. Wolfgang H, die eigentlich tatbildmäßige Täuschung, nämlich jene des für die Entscheidung im Verlassenschaftsverfahren 5

A 728/78 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien zuständigen Richters - durch dessen solcherart zu bewirkende gerichtliche Verfügung Anna

F die freie Verfügungsgewalt über die Sparbücher erlangen und die gesetzlichen Erben an ihrem Vermögen geschädigt werden sollten - vorzunehmen. Nach dem von den Angeklagten und Anna F einverständlich gefaßten, vom Erstgericht festgestellten Tatplan, sollte das Tatgeschehen so ablaufen, daß der gutgläubige Rechtsanwalt Dr. H unter gleichzeitiger Bevollmächtigung seitens der Anna F durch die von dieser und den beiden Angeklagten erteilte falsche Information dazu bestimmt werden sollte, den zuständigen Abhandlungsrichter durch falsches Parteienvorbringen, erhärtet durch ein Beweisangebot, betreffend in Wirklichkeit falsche Angaben von Auskunftspersonen (nämlich der beiden Angeklagten) über den wahren Sachverhalt zu täuschen, wobei diese Täuschung im Zusammenhalt mit den weiteren, von den Angeklagten selbst unmittelbar gegenüber dem Gericht zu setzenden Täuschungshandlungen - eben ihren falschen Angaben als Auskunftspersonen - zum oben umschriebenen tatbildmäßigen Erfolg führen sollte. Beide Angeklagte sollten sohin zunächst als Bestimmungstäter (§ 12, zweite Alternative StGB) in bezug auf den als 'gutgläubiges Werkzeug' zum Handeln zu bringenden Dr. Wolfgang H tätig werden - welche Täterschaftsform (vgl. 10 Os 186, 201, 202/77 = ÖJZ-LSK 1978/124, 9 Os 143/76 = ÖJZ-LSK 1978/89) ihnen ungeachtet des Umstandes beizumessen ist, daß allein Anna F Vollmachtsgeberin war, zumal ihre inhaltliche Bestätigung der dem Anwalt von der Genannten erteilten falschen Information das angestrebte (und dann auch durchgeführte) Sachvorbringen und Beweisanerbieten bei Gericht erfolgversprechender erscheinen lassen und den Anwalt in seinem Entschluß zur Annahme des ihm erteilten Mandates zur Vertretung der Anna F sowie zur Vornahme der von dieser gewünschten Verfahrensschritte bestärken mußte - und sind auch Bestimmungstäter geworden. Hiebei ist den Ausführungen des Zweitangeklagten zu entgegnen, daß sich seine falsche Information ja nicht auf den Inhalt des mehrfach erwähnten Aktenvermerkes beschränkte, sondern gerade er es war, der Dr. H gegenüber in erster Linie und noch vor seinen Mittätern bewußt fälschlich behauptete, daß der Erblasser Anna F seine Sparbücher auf den Todesfall übergeben habe. Darüber hinaus sollten die beiden Angeklagten nach dem Gesagten sodann aber auch als unmittelbare Täter an der Tatbildverwirklichung teilnehmen, indem sie - worüber sie sich nach den ausdrücklichen Konstatierungen des Erstgerichtes auch völlig im klaren waren - vor Gericht die falschen Parteienbehauptungen der Anna F bezeugen - d.

h. als Auskunftspersonen bestätigen - sollten. Die Erstangeklagte hat dies auch getan, indem sie vor dem Bezirksgericht Ybbs als verlängertem Arm des zuständigen Verlassenschaftsgerichtes eine falsche Beweisaussage ablegte. Solcherart hätten beide - wäre die Täuschung auf Grund dieser Vorgangsweise gelungen, der Schaden eingetreten und die Tat somit vollendet worden - das vollendete Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 3 StGB als (unmittelbare) Mittäter zu verantworten, zumal Bestimmungstäterschaft gegenüber unmittelbarer Täterschaft subsidiär ist (vgl. 12 Os 125/78 = ÖJZ-LSK 1979/33). Im gegebenen Fall trat jedoch der tatbildmäßige Erfolg nicht ein, da schon die Täuschung mißlang und es folglich auch zu keiner Schädigung der gesetzlichen Erben nach Dr. Josef C kam. Wohl aber stellt sich die dem gemeinsamen Tatplan entsprechende Vorgangsweise der Angeklagten - nämlich die erfolgreiche Bestimmung des gutgläubigen Dr. Wolfgang H zur Setzung von Täuschungshandlungen gegenüber dem Verlassenschaftsgericht mit dem Anerbieten der Bestätigung der unwahren Behauptungen durch die beiden Angeklagten, bei der Erstangeklagten darüber hinaus ihre falsche Beweisaussage vor Gericht, als strafbarer Versuch des oben bezeichneten Verbrechens dar, für welchen die einvernehmlich handelnden Angeklagten als Mittäter im vollen Umfang haften (vgl. auch 13 Os 20/76 = ÖJZ-LSK 1976/244), weshalb sie das Verbrechen des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147

Abs. 3 StGB zu verantworten haben.

In bezug auf den Zweitangeklagten, der selbst keine unmittelbare Täuschungshandlung gegenüber dem Gericht gesetzt hat, sei dem Gesagten nur der Vollständigkeit halber noch beigefügt, daß er auch unter der Annahme seiner blossen Verantwortlichkeit als Bestimmungstäter (zweite Alternative des § 12 StGB) durch seine Beurteilung als unmittelbarer Täter mit Rücksicht auf die Lehre von der Einheitstäterschaft und die daraus abzuleitende Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB keine Beschwer erleiden würde und dieser Umstand insbesondere auch nicht den Nichtigkeitsgrund der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO verwirklichen könnte (vgl. 9 Os 143/76 =

ÖJZ-LSK 1978/89, ähnlich 9 Os 125/78 = ÖJZ-LSK 1979/116, 12 Os

165/75 = ÖJZ-LSK 1976/116).

Soweit beide Angeklagte ins Treffen führen, daß unwahres Parteienvorbringen nicht den Tatbestand des Betruges erfülle, übersehen sie, daß dies sehr wohl dann der Fall ist, wenn die als Antragsteller gegenüber einer Behörde auftretende Person zur Stützung ihres bewußt unrichtigen Vorbringens zusätzliche Täuschungsmittel - so eben etwa falsche Beweisaussagen von Zeugen oder Auskunftspersonen -

gebraucht (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB2, RN 26 zu § 146, S. 986 bis 987 und die dort zitierte Judikatur). Eben dies hat vorliegend aber Anna F - und nur sie hatte neben den gesetzlichen Erben im Verlassenschaftsverfahren Parteistellung - im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit den beiden Angeklagten, die als Mittäter unmittelbar an der Tatbildverwirklichung beteiligt sein sollten, getan.

Soweit den Ausführungen der Erstangeklagten zur Rechtsrüge entnommen werden könnte, daß sie aus dem Umstand, daß sich die Sparbücher zur Tatzeit bereits im Besitz der Anna F befanden, einen Mangel am Tatbestand ableitet, genügt es ihr zu erwidern, daß es vorliegend nicht auf die Innehabung oder den Besitz der vinkulierten und folglich ohne Kenntnis des Losungswortes für sie praktisch wertlosen Sparbücher durch Anna F ankam, sondern auf die Erlangung der Verfügungsgewalt über die diese Sparbücher betreffenden Sparguthaben samt Zinsen und Zinseszinsen, welche nur durch den angestrebten Gerichtsbeschluß möglich war und erst den Schadenseintritt für die berechtigten gesetzlichen Erben nach sich gezogen hätte. Mit ihrem Beschwerdevorbringen, sie habe keine falschen Informationen erteilt sowie 'niemals diese Situation verstanden oder in ihrer Bedeutung erfaßt' und auch vor dem Bezirksgericht Ybbs nur das gesagt, was den Tatsachen entsprach, bringt die Erstangeklagte den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, da sie von urteilsfremden Behauptungen, nicht aber von den das Gegenteil konstatierenden Urteilsfeststellungen ausgeht. Irrig ist schließlich die Rechtsansicht der Erstangeklagten, der Unrechtsgehalt des ihr vorgeworfenen strafbaren Verhaltens werde zur Gänze durch den Tatbestand des Betruges erfaßt und 'alle weiteren nachfolgenden Tatbestände - gemeint ersichtlich: die falsche Beweisaussage vor Gericht - stellten sich bloß als 'straflose' (vorbestrafte) Nachtat dar. Durch diese falsche Beweisaussage wurde vielmehr nicht nur - als eines der Begehungsmittel der zu Punkt A) des Schuldspruches umschriebenen einheitlichen Betrugstat, welches im Gegensatz zu den unter Punkt A) I beschriebenen weiteren Begehungsmitteln nicht beiden Angeklagten, sondern nur der Erstangeklagten zur Last fällt und daher unter Punkt A) II gesondert zur Darstellung gebracht wurde - der Tatbestand des versuchten schweren Betruges nach den §§ 15, 146, 147 Abs. 3 StGB erfüllt, sondern (in Idealkonkurrenz damit) auch das (vollendete) Vergehen der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 StGB, zumal sich die letztere Straftat gegen ein anderes Rechtsgut als der Betrug richtet (bei diesem das Vermögen, bei jener die Sicherheit der Rechtspflege), der volle Unrechtsgehalt eines (auch) durch falsche Beweisaussage vor Gericht begangenen oder versuchten Betruges folglich durch die bloße Unterstellung der Tat unter die §§ 146 ff StGB nicht erfaßt wird und demnach eine ideelle Konkurrenz der beiden Delikte durchaus möglich ist (vgl. Leukauf-Steininger, a. a. O., RN 31 zu § 288 StGB, S. 1493) und vorliegend auch zu Recht angenommen wurde.

Auch den Rechtsrügen der beiden Angeklagten kommt sohin keine Berechtigung zu.

Die zur Gänze unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerden beider Angeklagten waren sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte die Angeklagten, und zwar Johanna A und Werner B nach § 147 Abs. 3 StGB, die erstere auch unter Bedachtnahme auf § 28 StGB zu Freiheitsstrafen, und zwar Johanna A von 18 Monaten, Werner B von 15 Monaten.

Gemäß § 43 Abs. 2 StGB wurden die Freiheitsstrafen unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Bei der Strafzumessung nahm das Erstgericht bei Johanna A als erschwerend die beabsichtigte hohe Schadenssumme, die ein vielfaches von 100.000 S ausgemacht hatte sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen an. Bei Werner B lautete der Erschwerungsgrund allein auf den beabsichtigten hohen Schadensbetrag.

Als mildernd hingegen wertete das Erstgericht bei der Erstangeklagten den bisher ordentlichen Lebenswandel, den Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist, sowie ihr Tatsachengeständnis, das im wesentlichen zur Wahrheitsfindung beigetragen hat; bei Werner B wurde gleichfalls der bisher ordentliche Lebenswandel, der Versuch der Tat und der Umstand angenommen, daß er sich persönlich nicht bereichern wollte, sondern gewissermaßen den Willen des Erblassers Dr. C nachvollziehen wollte.

Im Hinblick auf die Besonderheit des Falles und das bisherige untadelige Vorleben der beiden Angeklagten erschien dem Erstgericht eine besondere Gewähr gegeben, daß sie sich in Hinkunft wohlverhalten werden, so daß trotz des hohen beabsichtigten Schadensbetrages, zumal es ja beim Versuch geblieben war, bedingte Strafnachsicht unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit gewährt werden konnte.

Gegen den Strafausspruch hat die Erstangeklagte Berufung hinsichtlich der Dauer der Strafe angemeldet und ausgeführt, der Zweitangeklagte hat Berufung wegen Schuld und Strafe angemeldet, erstere im Gerichtstag zurückgezogen, im übrigen weder bei der Anmeldung noch in einer Berufungsausführung die Punkte des Erkenntnisses angeführt, durch welche er sich beschwert erachtet. Die Berufung des Zweitangeklagten war demgemäß wie im Spruche gemäß § 294 Abs. 2 und 4 StPO zurückzuweisen, da er weder bei der Anmeldung noch in einer Berufungsausführung die Punkte des Erkenntnisses bezeichnete, durch welche er sich beschwert erachtet. Aber auch die Berufung der Erstangeklagten Johanna A ist sachlich unbegründet.

Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe richtig angeführt, aber auch zutreffend gewürdigt.

Die Berufung selbst vermag keine Umstände anzuführen, welche eine Herabsetzung des Strafausmaßes gerechtfertigt hätten. Der an sich beabsichtigte hohe Schadensbetrag in Verbindung mit der falschen Beweisaussage vor Gericht lassen die vom Erstgericht erkannte Freiheitsstrafe durchaus als schuld- und tatangemessen erscheinen.

Insoweit war der Berufung der Erstangeklagten Johanna A wie im Spruche nicht Folge zu geben, im übrigen jene des Angeklagten Werner B zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 a StPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte