OGH 13Os140/80

OGH13Os140/809.10.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Oktober 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Horak, Dr. Schneider und Dr. Hörburger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hausenberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Erich A und andere wegen des Verbrechens der Notzucht nach § 201 Abs. 1 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Erich A, Gerhard B und Johann C gegen das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten als Schöffengerichts vom 8. Mai 1980, GZ. 16 Vr 221/80-29, erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Hetsch und Dr. Ainedter und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalts Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen den Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Erich A und Gerhard B gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem sie und der Angeklagte Johann C des Verbrechens der Notzucht nach dem § 201 Abs. 1 StGB., Erich A überdies des Vergehens der Nötigung nach dem § 105 Abs. 1 StGB. und des Vergehens der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB. schuldig erkannt worden waren, ist vom Obersten Gerichtshof mit Beschluß vom 18.September 1980, GZ. 13 Os 140/80-7, dem auch der den Schuldsprüchen zugrunde liegende Sachverhalt zu entnehmen ist, schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen worden. Gegenstand des Gerichtstags waren daher nur mehr die Berufungen der drei Angeklagten.

Das Schöffengericht verhängte nach dem § 201 Abs. 1 StGB. über Erich A unter Bedachtnahme auf § 28

StGB. eine Freiheitsstrafe von viereinhalb, über Johann C eine solche von zwei und über Gerhard B eine solche von zweieinviertel Jahren. Dabei wertete es als erschwerend bei A dessen zahlreiche einschlägige Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit zwei Vergehen und die Verletzung mehrerer Personen, bei C und B keinen Umstand; als mildernd hingegen erachtete es bei C dessen reumütiges Geständnis, bei B seinen bisher ordentlichen Lebenswandel, sein Alter unter 21 Jahren und seine untergeordnete Beteiligung bei der Gewaltausübung, bei A hingegen keinen Umstand. Mit ihren Berufungen streben die Angeklagten eine Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafen, C überdies eine bedingte Strafnachsicht an; dies zu Unrecht.

Rechtliche Beurteilung

Das Vorbringen des Angeklagten A, er hätte zumindest in dubio pro reo freigesprochen werden müssen, kann nicht als prozeßordnungsgemäße Berufungsausführung angesehen werden, weil damit in unzulässiger Weise die Grundlage der Schuldsprüche negiert wird. Dem lapidaren Einwand, die Strafe sei als äußerst hoch anzusehen und stehe in keinem Verhältnis zur erwiesenen Schuld, ist zu erwidern, daß eine Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren bei dem zur Anwendung gelangten Strafsatz des § 201 Abs. 1

StGB., der von einem bis zu zehn Jahren reicht, schon deshalb nicht als 'äußerst hoch' angesprochen werden kann, weil sie nicht einmal die Hälfte der zulässigen Höchststrafe erreicht.

Das Gesetz wertet als mildernd, wenn die Tat vor Vollendung des 21. (§ 34 Z. 1 StGB.), nicht aber, wie es der Angeklagte C für sich reklamiert, bald nach Vollendung des 22. Lebensjahrs begangen wurde. Die Vorstrafe wegen Vergehens nach § 88 Abs. 3 StGB. fiel ohnedies nicht als erschwerend ins Gewicht; sie hindert jedoch zu Recht die Annahme eines bisher ordentlichen Lebenswandels; das Geständnis fand ausdrücklich Berücksichtigung. Das Wohlverhalten dieses Angeklagten nach der Tat könnte nur zum Tragen kommen, wenn diese schon vor längerer Zeit begangen worden wäre (§ 34 Z. 18 StGB.); bei einer im Zeitpunkt der Urteilsfällung erster Instanz nicht einmal (und auch derzeit nur wenig mehr als) ein Jahr zurückliegenden Tatzeit fehlt es jedoch an dieser Voraussetzung. Die Alkoholisierung könnte nur dann schuld- und damit strafmildernd wirken, wenn die durch die Berauschung bedingte Herabsetzung der Zurechnungsfähigkeit nicht durch den Vorwurf wieder aufgewogen würde, den der Genuß des berauschenden Mittels den Umständen nach begründete (§ 35 StGB.). Selbst wenn dies vorliegend der Fall gewesen sein mochte, so kann dieser Gesichtspunkt nach den konkreten Gegebenheiten nicht solch' ein Gewicht beanspruchen, daß er zu einer Änderung des Strafmaßes führen könnte. Im Verhältnis zum Mitangeklagten A wurde über den Angeklagten C, dem minderen Verschulden entsprechend und seiner Verantwortung im Strafverfahren Rechnung tragend, eine weit mildere Strafe verhängt. Davon, daß er von A verleitet worden oder einer aufstoßenden Gelegenheit erlegen wäre, kann keine Rede sein; es genügt dazu, auf das Verhalten des bei gleicher Situation ganz anders reagierenden Zeugen D hinzuweisen.

Bleibt es aber bei der zweijährigen Freiheitsstrafe, so wäre eine bedingte Strafnachsicht nur unter den im § 43 Abs. 2 StGB. normierten, relativ strengen Voraussetzungen zulässig. Schon mangels besonderer Gründe, die Gewähr für ein künftiges Wohlverhalten des Angeklagten C böten, bleibt eine solche Maßnahme ausgeschlossen. Die über den Angeklagten B verhängte Strafe liegt im unteren Bereich des Strafrahmens. Einen stichhältigen zusätzlichen Milderungsgrund vermag auch er nicht vorzubringen. Die Abstufung seines Strafmaßes gegenüber demjenigen des Mitangeklagten C ergibt sich aus der Wertung des von letzterem abgelegten Geständnisses. Auch Gerhard B bedarf einer nachhaltigen resozialisierenden Einflußnahme in einem zeitlich ausreichenden Strafvollzug, weshalb seine Berufung gleichermaßen erfolglos bleiben mußte.

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