OGH 10Os119/80

OGH10Os119/809.9.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. September 1980

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Schneider, Dr. Friedrich und Dr. Lachner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Mag. Winter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Johann A wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 9. Mai 1980, GZ. 29 Vr 1890/79-23, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Michael Stern und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO wird jedoch das angefochtene Urteil aufgehoben und nach § 288 Abs. 2 Z 3 StPO 1. in der Sache selbst erkannt:

Johann A wird von der Anklage, er habe am 4. August 1976 in Kraig mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Franz B durch Täuschung über Tatsachen, und zwar durch den Vorwand, Holz zu liefern, zur Übergabe eines Barschecks über 80.000 S als Vorschußzahlung verleitet, die diesen am Vermögen um 49.736,85 S geschädigt habe, und er habe (auch) hiedurch (in Verbindung mit den ihm nach den weiteren Anklagevorwürfen zur Last fallenden Taten) das Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147

Abs. 3 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen;

2. die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im übrigen an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Johann A des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Die auf § 281 Abs. 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen dieses Urteil, mit der er die Nichtanwendung des § 31 StGB in bezug auf die Urteile des Landesgerichtes Klagenfurt vom 30. November 1977, GZ. 29 E Vr 2163/77-8 (Verurteilung wegen des Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB zu einer Geldstrafe in der Höhe von 180 Tagessätzen, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe), und vom 23. August 1978, GZ. 7 E Vr 1318/

78-8 (Verurteilung wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB zu sieben Monaten - bedingt nachgesehener - Freiheitsstrafe), rügt, läßt eine prozeßordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes vermissen.

Rechtliche Beurteilung

Darnach ist nämlich die rechtsirrige Nichtanwendung des § 31 StGB nur dann mit Nichtigkeit bedroht, wenn sie einen der dort taxativ aufgezählten Fehler der Strafbemessung zur Folge hat, also die verhängte Strafe das Höchstmaß der für die (nun) abgeurteilte Tat angedrohten Strafe übersteigt oder die Summe der (mit den zu berücksichtigenden Urteilen) insgesamt ausgesprochenen Strafen jene übersteigt, die nach den Bestimmungen der §§ 28, 29 StGB zulässig wäre (vgl. EvBl. 1976/204; Leukauf-Steininger, StGB2, RN 27 zu § 31). Da der Beschwerdeführer derartiges gar nicht behauptet, führt er mit seinem Rechtsmittel keinen der im § 281 StPO angegebenen Nichtigkeitsgründe, sondern (der Sache nach nur) einen Berufungsgrund aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde, die deswegen schon vom Erstgericht hätte zurückgewiesen werden sollen (§ 285 a Z 2 StPO), war demnach zu verwerfen, ohne daß die Frage der meritorischen Berechtigung des damit erhobenen Einwands (in diesem Rahmen) einer Erörterung bedurfte.

Dabei hat sich jedoch der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten in anderer Hinsicht unrichtig angewendet worden ist (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a und lit. b StPO).

Denn zum einen enthält das Urteil keine tragfähigen Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Betruges (Z 9 lit. a). Der Hinweis auf die Verantwortung des Angeklagten, 'daß er in Kauf genommen bzw. zumindest mit der Möglichkeit gerechnet habe', den eingegangenen Verpflichtungen nicht nachkommen zu können, reicht zur Annahme eines tatbestandsgemäßen Schädigungs- und Bereicherungsvorsatzes jedenfalls nicht aus, weil eine solche innere Einstellung des Täters, selbst wenn sie damit als erwiesen angenommen worden sein sollte, noch nicht besagt, daß er sich mit dem Eintritt des verpönten Erfolges auch abgefunden hat (§ 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB), also Ausgangspunkt nicht nur für bedingt vorsätzliches, sondern gleichermaßen für bewußt fahrlässiges Handeln (vgl. SSt 46/8) sein kann (vgl. RZ 1978/47, ÖJZ-LSK 1978/18, 1975/105, EvBl. 1975/282 u.v.a.). Zudem bedarf die subjektive Tatseite eines mit bedingtem Vorsatz begangenen Betruges gerade dann, wenn die Tathandlungen bei Betrieb eines lebenden Unternehmens begangen werden, auch insofern einer eingehenderen Prüfung und Begründung, als dabei auf die Erwartungen des Täters bezüglich des künftigen Geschäftsganges und auf die Gründe für die spätere tatsächliche Entwicklung besonders Bedacht zu nehmen ist (vgl. EvBl. 1973/22, 1972/137 u.a.).

Darüber hinaus aber war das dem Angeklagten nach Punkt 1. a des Urteilssatzes als betrügerisch angelastete Erwirken eines Vorschusses im August 1976 für eine ihm oblegene Holzlieferung bereits Gegenstand des eingangs erwähnten (rechtskräftigen) Schuldspruchs wegen fahrlässiger Krida gewesen, der (unter anderem) alle seine - allerdings (nur) als leichtsinnig und unverhältnismäßig beurteilten - Kreditbenützungen (insbesondere im Rahmen seines Holzhandels) in der Zeit von Anfang 1975 bis Ende 1977 erfaßte (vgl. 10 Os 171/78); wegen dieser Tat hätte er daher nur unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe der §§ 356 bis 359 StPO nochmals verfolgt werden dürfen (Z 9 lit. b).

Gemäß § 290 Abs. 1 StPO war demnach das angefochtene Urteil von Amts wegen aufzuheben und in Ansehung des zuletzt erörterten Anklagevorwurfs wegen des Verfolgungshindernisses der materiellen Rechtskraft ('res iudicata', 'ne bis in idem') sogleich mit einem Freispruch vorzugehen sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im übrigen an das Erstgericht zurückzuverweisen. Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft darauf zu verweisen.

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