OGH 10Os171/78

OGH10Os171/7817.1.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Jänner 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Brachtel als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz A u.a. wegen des Verbrechens des Betrugs nach § 146, 147 Abs. 3 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die von der Angeklagten Friederike B gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 19.Juli 1978, GZ. 6 c Vr 10.663/77-39, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Jeger und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Knob, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung gegen den Ausspruch über die Strafe wird Folge gegeben und die Freiheitsstrafe auf 10 (zehn) Monate herabgesetzt. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Friederike B des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 Z 2 und Z 3, Abs. 3 StGB schuldig erkannt, begangen dadurch, daß sie zwischen dem Frühjahr und dem Dezember 1977 in Wien teils Waren, die (ihr deswegen zugleich rechtskräftig abgeurteilter Lebensgefährte) Franz A a) der Firma Heinrich C GesmbH (im Wert von 141.719 S), b) der Firma D (im Wert von 66.237,40 S und c) der Firma E (im Wert von 8.168 S) betrügerisch herausgelockt, also durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, und teils mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, wissentlich den Erlös dieser Waren durch gemeinsamen Verbrauch sowie durch gemeinsames Aufbewahren und Benützen an sich brachte oder durch Verpfänden verhandelte, wobei der Wert der Waren sowie der Betrag des Erlöses zusammen 100.000 S überstiegen und ihr bekannt war, daß die Sachen aus einer mit fünf Jahre übersteigender Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen stammten.

Der auf Z 5 und Z 9 lit. a (sachlich auch Z 3 und Z 10) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.

In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes erhebt sie den Vorwurf, das Urteil sei unvollständig und offenbar unzureichend begründet, indes zu Unrecht.

Nicht stichhältig ist zunächst die Behauptung, das Erstgericht habe nicht dargetan, aus welchen Gründen es zur überzeugung gelangt ist, daß die Beschwerdeführerin die wirtschaftliche Lage des Franz A kannte, daß sie sich der Größenordnung seines Einkommens bewußt und über sein betrügerisches Vorgehen im klaren war. Werden doch diese Annahmen im Urteil ausdrücklich (folgerichtig und lebensnah) aus ihrem nahen Kontakt zu dem Genannten als dessen Lebensgefährtin, aus ihrer wiederholten Beteiligung an der Verpfändung gelieferter Waren, aus dem ihr folglich vor Augen stehenden Mißverhältnis zwischen seinem Gelegenheitseinkommen als Maurer einerseits sowie dem Umfang und dem Wert der Warenlieferungen anderseits, ferner daraus, daß sie ihm wegen der Bestellungen gelegentlich sogar Vorhalte machte und niemals eine geordnete Bezahlung der gelieferten Sachen beobachten konnte, sowie schließlich aus ihrer Persönlichkeit als bereits selbst wegen Betrug und Exekutionsvereitlung vorbestrafte Nutznießerin des strafbaren Verhaltens abgeleitet (vgl. S 208, 209). Weder an den - wie vorerwähnt - behaupteten Begründungs-, noch an Feststellungsmängeln (§ 281 Abs. 1 Z 10; sachlich aber auch releviert eine formelle Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z 3 - i.V.m. § 260 Abs. 1 Z 1 - StPO) leidet das angefochtene Urteil ferner in Ansehung der Frage, welche Sachen welchen Wertes die Angeklagte verhehlt hat und inwieweit der insgesamt 100.000 S übersteigende Wert dieser Gegenstände von ihrem Vorsatz umfaßt war. Der Beschwerdeauffassung zuwider ist der Urteilsbegründung unzweideutig zu entnehmen, daß ihr das Verhehlen aller von Franz A betrügerisch herausgelockten Waren oder deren Erlöses angelastet wird, die sie beide teils im Haushalt verwendeten, teils verkauften und teils verpfändeten, wobei sie in den letzterwähnten Fällen den Erlös verbrauchten (vgl. S 208 und 210). Auch der Wert jener (im Urteil der Gattung nach exemplifizierten) Sachen - 141.719 S, 66.237,40 S und 8.168 S - ist durch die Verweisung auf den Urteilsspruch und auf die Polizeierhebungen hinreichend klargestellt (vgl. S 207 in Verbindung mit Bl. 44, 51 in S 59 a; Bl. 251, 259, 265, 280, 285, 290 in S 59 a; und S 143, 145). Die Annahme aber, daß sich die Beschwerdeführerin über diesen 100.000 S bei weitem übersteigenden Wert selbst dann im klaren war, wenn sie nicht jede einzelne Bestellung mit ihrem Lebensgefährten besprach, hat das Erstgericht denkfolgerichtig damit begründet, daß ihr die Menge und der Wert der betrügerisch bestellten Waren zumindest im Zeitpunkt der von ihr wahrgenommenen Warenauslieferungen bewußt wurden (vgl. S 209).

Allerdings wäre nach Lage des Falles eine detaillierte Anführung der durch Franz A betrügerisch herausgelockten und von der Beschwerdeführerin anschließend verhehlten Sachen (über die auch die - unter anderem der Konkretisierung der Tat dienenden - Urteilsgründe keinen Aufschluß geben) gemäß § 260 Abs. 1 Z 1 StPO unter dem Gesichtspunkt einer Individualisierung der Tat in bezug auf den Gegenstand der deliktischen Handlung geboten gewesen (vgl. EvBl. 1948/879), zumal das strafbare Verhalten ohne derartige Detaillierung nicht gänzlich unverwechselbar umschrieben ist. Diese Formverletzung (§ 281 Abs. 1 Z 3 StPO) vermochte jedoch, wie unzweifelhaft erkennbar ist, auf die Entscheidung keinen der Beschwerdeführerin nachteiligen Einfluß zu üben (§ 281 Abs. 3 StPO). Denn die Angabe der Tatzeit (Frühjahr 1977 bis Dezember 1977), der Firmennamen der geschädigten Versandunternehmen sowie der Schadenssummen enthält immerhin eine so weitgehende individualisierende Umschreibung der relevanten Ereignisse, daß durch den Schuldspruch einerseits alle in den einzelnen Schadensbeträgen Deckung findenden Bestellungen - seien sie auch etwa außerhalb der im Urteil als Tatzeit angegebenen Zeitspanne erfolgt - und andererseits sämtliche während dieses Zeitraums, also faktisch im Jahr 1977, betrügerisch getätigten oder auf Grund solcher Täuschungshandlungen zur Auslieferung gelangten Bestellungen bzw. die entsprechenden Waren betreffenden Verhehlungshandlungen (der Beschwerdeführerin) als erfaßt gelten können und müssen, also in einem derart weiten Rahmen eine Doppelverurteilung ausgeschlossen ist. Der Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs. 1 StPO kann daher im Sinne des letzten Absatzes dieser Gesetzesstelle zum Vorteil der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht werden. Die (demnach) durch den Formfehler in Wahrheit benachteiligte Staatsanwaltschaft hat ihn aber nicht nur nicht gerügt, sondern ihn sogar durch eine korrespondierende - der Anordnung des § 207 Abs. 2 Z 2 StPO zuwiderlaufende - Fassung der Anklageschrift (siehe Seite 169 f) sogar initiiert.

Unter anderen Aspekten benachteiligte der vorstehend erörterte Mangel die Beschwerdeführerin ebenfalls in keiner Weise:

Einer genauen Abgrenzung zwischen den rechtlich gleichwertigen Begehungsformen nach Z 2 und Z 3 des § 167 Abs. 1

StGB mit Beziehung auf bestimmte Gegenstände bedurfte es im Hinblick darauf nicht, daß die Hehlerei nach den Urteilsfeststellungen jedenfalls sämtliche von Franz A betrügerisch herausgelockten Sachen betrifft, indem sie entweder an ihnen selbst oder an ihrem Erlös begangen wurde, und das Vorliegen auch der subjektiven Voraussetzungen der zuletzt bezeichneten Strafbestimmung (Gewißheit über die Herkunft des Erlöses, Bereicherungsvorsatz) vom Erstgericht konstatiert worden ist.

Ebenso konnte das Schöffengericht im vorliegenden Verfahren davon absehen, zum Wert der einzelnen verhehlten Sachen im Detail Stellung zu nehmen, da es sich dabei durchwegs um neue Gegenstände handelte, gegen die Wertangaben der Geschädigten keine Einwände erhoben wurden und die Qualifikationsgrenze des § 164 Abs. 3 StGB jedenfalls bei weitem überschritten worden ist, sodaß es auch unerheblich bleibt, ob die Beschwerdeführerin jeweils vom genauen Wert der betreffenden Waren Kenntnis hatte.

Der Sache nach abermals einen Feststellungsmangel nach § 281 Abs. 1 Z 10 StPO behauptet die Angeklagte (sowohl in der Rechts-, als auch in der Mängelrüge) dahin, daß sich in der Urteilsbegründung nichts darüber finde, inwiefern ihr die Herkunft der verhehlten Sachen aus einer mit fünf Jahre übersteigender Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen bekannt gewesen sei. Dem ist zunächst zu erwidern, daß dem Hehler unter dem Gesichtspunkt des § 164 Abs. 3 letzter Fall StGB nur jene tatsächlichen Umstände bekannt sein müssen, die für die gegen fremdes Vermögen gerichtete Vortat eines anderen eine mindestens fünf Jahre erreichende Freiheitsstrafdrohung begründen, wogegen seine Kenntnis der in Betracht kommenden juristischen Qualifikationsmomente nicht erforderlich ist (vgl. EvBl. 1976/206). Daß aber die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall die für die Qualifikation der Vortat maßgebenden tatsächlichen Umstände, nämlich den 100.000 S bei weitem übersteigenden Wert der Betrugsbeute ihres Lebensgefährten, kannte, wird in den Urteilsgründen ohnedies dargelegt (vgl. S 209). Soweit sie diese Konstatierung negiert, bringt sie den inhaltlich geltendgemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund, der nur durch einen Vergleich des als erwiesen angenommenen Sachverhalts mit dem darauf anzuwendenden Gesetz dargetan werden kann, nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung.

Mit Beziehung auf den § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO schließlich vermeint die Angeklagte, der im § 164 Abs. 1 Z 2 und Z 3 StGB umschriebene Tatbestand sei ihr deshalb zu Unrecht angelastet worden, weil die allgemeinen Bezeichnungen 'Warenpakete' und 'gelieferte Gegenstände' eine Subsumtion unter den Begriff 'Sache' im Sinn der vorerwähnten Strafbestimmung nicht zuließen. Auch diese Rechtsrüge geht fehl.

Die von Franz A betrügerisch bestellten, im Urteil der Art nach beispielsweise angeführten (im übrigen aber durch die Bezugnahme auf das Erhebungsmaterial insoferne zureichend bestimmten) Versandwaren, insbesondere Schmuck, Kleidung, Möbel, Haushaltsgeräte und sonstige Gebrauchsgegenstände, entsprechen durchwegs auch dem strafrechtlichen Sachbegriff; ihrer Beschreibung Stück für Stück bedurfte es daher im Hinblick auf diese Subsumtion nach Lage des Falles nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte die Angeklagte nach § 164 Abs. 3 StGB zu achtzehn Monaten Freiheitsstrafe. Dabei wertete es ihre erheblich geminderte geistige Befähigung, ihre relativ untergeordnete Funktion im Rahmen des Gesamtgeschehens und die teilweise Sicherstellung des verhehlten Gutes als mildernd, die Wiederholung des strafbaren Verhaltens und ihre einschlägigen Vorstrafen dagegen als erschwerend.

Ferner wurde die Angeklagte zur ungeteilten Hand mit Franz A schuldig erkannt, den privatbeteiligten Firmen Heinrich C GesmbH 141.719 S und D 66.237,40 S zu bezahlen.

Mit ihrer - gegen den Strafausspruch und das Adhäsionserkenntnis gerichteten - Berufung strebt die Angeklagte einerseits eine Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafe und andererseits die Einschränkung ihrer Schadenersatzpflicht auf jene Waren an, in Ansehung deren sie einer strafbaren Handlung schuldig erkannt wurde.

Dem Begehren um Strafmilderung kommt Berechtigung zu. Im Hinblick darauf, daß an der Angeklagten bisher noch keine Freiheitsstrafe vollzogen wurde, ihre Vorverurteilung wegen Betruges bald ein Jahrzehnt sowie jene wegen Exekutionsvereitlung mehr als fünf Jahre zurückliegt und sie bei der ihr nunmehr zur Last fallenden Hehlerei doch erheblich unter dem Einfluß ihres Lebensgefährten stand, ist die vom Erstgericht über sie verhängte Strafe eindeutig überhöht. Die Strafdauer war daher auf das bei einem Strafrahmen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ihrer tat- und persönlichkeitsbezogenen Schuld (§ 32 StGB) entsprechende Ausmaß von zehn Monaten zu reduzieren.

Die Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche dagegen geht fehl, weil die Angeklagte ohnedies in Ansehung sämtlicher durch ihren Lebensgefährten betrügerisch herausgelockter Waren der Hehlerei schuldig erkannt und demnach auch mit Recht hinsichtlich aller dieser Sachen zur ungeteilten Hand mit ihm (§ 130l f. ABGB) zum Schadenersatz verpflichtet wurde, ohne daß es dabei auf eine Verschuldsrelation ankäme.

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