OGH 7Ob518/80

OGH7Ob518/8026.6.1980

SZ 53/97

Normen

ABGB §850
EO §351
ABGB §850
EO §351

 

Spruch:

Wurde die schon seinerzeit strittige Grenze zwischen den Grundstücken der Streitteile in einem früheren Außerstreitverfahren nach den §§ 850 ff. ABGB rechtskräftig berichtigt und anerkannt, so steht einer Klage auf wortgetreu gleiche Feststellung des Grenzverlaufes die Rechtskraft der seinerzeitigen Entscheidung entgegen. Eine Nachvermarkung der seinerzeit festgelegten, in der Natur noch rekonstruierbaren Grenze hat im Rahmen eines ergänzenden Außerstreitverfahrens zu erfolgen; § 351 EO ist insoweit gegenstandslos geworden

OGH 26. Juni 1980, 7 Ob 518/80 (LG Salzburg 32 R 186/79; BG Mittersill C 139/78 )

Text

Nachdem im Jahre 1953 ein Grenzstreit zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien durch Beschluß des Außerstreitrichters rechtskräftig durch die Festlegung der Grenze entsprechend einer beim Ortsaugenschein mit Farbflecken vorgenommenen Vermarkung bereinigt und diese Grenze anschließend durch gerichtlichen Vergleich ausdrücklich anerkannt worden war, begehrt der Kläger nun die Feststellung des (wörtlich) selben Grenzverlaufes wie in der Vorentscheidung sowie die Unterlassung weiterer Holzschlägerungen auf seinem Gebiet mit der Behauptung, daß er sich zwar der Anlegung eines zum Teil über seinen Grund führenden Jagdsteiges durch den Beklagten nicht widersetzt habe, der Beklagte aber die damals selbst entlang des Jagdsteiges angebrachten Nachvermarkungen überstrichen und nun eine andere Grenze weit unterhalb des seinerzeit festgesetzten Grenzverlaufes markiert sowie drei Fichten in diesem Bereich geschlägert und dadurch Eigentumsansprüche auf ein dem Kläger gehöriges Grundstück erhoben habe. Der Beklagte bestritt den vom Kläger in der Natur behaupteten Verlauf der Grenze, die nicht entlang des von ihm bloß zur ungefähren Darstellung der Jagdgrenze markierten Jagdsteiges liege; die drei geschlägerten Fichten seien demnach auf dem eigenen Grundstück gestanden.

Nach einem weitwendigen Beweisverfahren entschied der Erstrichter im Sinne des Klagebegehrens. Er stellte, zum Teil in sich widersprüchlich, fest, daß der Beklagte in den Jahren 1968/1969 den Jagdsteig unabhängig von der Grenzziehung entsprechend den Bedingungen des Geländes, andererseits aber nach seiner damaligen Erinnerung entsprechend oder auch etwas oberhalb des Grenzverlaufes des Jahres 1953 angelegt habe und daß die entlang des Jagdsteiges gesetzten Farbmarkierungen mit der strittigen Grenze nichts zu tun haben. Im Jahre 1974, als die Farbe der Grenzmarkierungen des Jahres 1953 nicht mehr sichtbar war, habe der Beklagte entsprechend der Erinnerung des seinerzeitigen Sachverständigen neue Grenzmarkierungen gesetzt, die zum Teil weit unterhalb des vom Kläger etwa im Bereich des Jagdsteiges behaupteten Grenzverlaufes liegen. Jeweils eine Gruppe von Zeugen hätte den Grenzverlauf jeweils nach den Behauptungen einer der Parteien "wiedererkannt". Beim gerichtlichen Augenschein seien alle Punkte dem Beschluß des Jahres 1953 entsprechend aufgefunden worden, wie sie dort beschrieben sind; in dem steilen, teils grasigen, waldigen und schrofenartigen Gelände könnten diese Punkte natürlich auch dort etwas unterhalb sein, wo sie der Beklagte und der seinerzeitige Sachverständige angeben. Der strittige Grenzstreifen sei vom Kläger und dessen Vater mehrfach als Weide und zur Holzschlägerung ohne Beanstandung seitens des Beklagten oder dessen Vaters benützt worden, doch habe sich der Beklagte damals um das noch nicht ihm gehörende Gebiet nicht gekümmert. Im Rahmen der Beweiswürdigung hielt der Erstrichter schließlich den Grenzverlauf, wie er vom Kläger und den seinen Standpunkt bestätigenden Zeugen angegeben werde, für erhärtet. Das Klagebegehren sei entsprechend dem Urteilsantrag berechtigt, zumal aus den Entscheidungsgründen des Urteiles hervorgehe, daß der Grenzverlauf "im Bereiche des Jagdsteiges" gelegen sei.

Aus Anlaß der Berufung des Beklagten hob die zweite Instanz hinsichtlich des Feststellungsbegehrens das Verfahren ab Klagszustellung und das Urteil als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang mit der Begründung zurück, daß nach den mehr oder weniger eindeutigen Feststellungen des Erstrichters die Grenze seit der im Jahre 1953 erfolgten Festsetzung unklar und streitig geworden sei, eine Erneuerung unklar gewordener Grenzen aber entweder (hinsichtlich im Grenzkataster enthaltener Grundstücke) durch die Vermessungsbehörde oder sonst im Außerstreitverfahren zu erfolgen habe. Hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens hob das Berufungsgericht das Ersturteil ohne Rechtskraftvorbehalt auf.

Der Oberste Gerichtshof änderte in teilweiser Stattgebung des Rekurses des Beklagten den Beschluß des Berufungsgerichtes über das Feststellungsbegehren dahin ab, daß die Nichtigerklärung des Verfahrens und des Ersturteils nicht aus Anlaß, sondern auf Grund der Berufung des Beklagten erfolgte.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die in Lehre und Judikatur umstrittene Frage, ob nach den durch die II. Teilnovelle zum ABGB geänderten, unklaren (SZ 16/18) Bestimmungen der §§ 850 ff. ABGB der streitige Rechtsweg insbesondere für ein Feststellungsbegehren vor Anrufung des Außerstreitrichters auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Beweisbarkeit eines bestimmten Grenzverlaufes in der Natur behauptet wird, bedarf im vorliegenden Fall keiner Prüfung, weil der Beklagte in seiner Berufung gegen das Ersturteil ein anderes Prozeßhindernis, nämlich das der rechtskräftig entschiedenen Sache, mit Recht geltend gemacht hat.

Wie eingangs dargestellt, wurde die schon seinerzeit strittige Grenze zwischen den Grundstücken der Streitteile in einem früheren Außerstreitverfahren nach den §§ 850 ff. ABGB rechtskräftig berichtigt und so auch anerkannt. Das nunmehrige Klagebegehren zu 1. geht nach dem zutreffenden Hinweis des Beklagten auf die wortgetreu wiederholte Feststellung genau des gleichen Grenzverlaufes. Dafür fehlt nicht nur das Rechtsschutzinteresse, sondern es steht diesem Begehren auch die Rechtskraft der seinerzeitigen Entscheidung entgegen, weil die angestrebte Feststellung durch Richterspruch bereits vorliegt. Der Erstrichter hat allerdings das Klagebegehren letztlich dahin verstanden, daß ein der seinerzeitigen Grenzziehung entsprechender Verlauf der Grenze an bestimmten, heute in der Natur ersichtlichen Stellen festgestellt werden soll. Ein solches Begehren hätte aber - zumal nach den Feststellungen des Erstgerichtes die seinerzeitige Beschreibung der Grenzpunkte auf viele Stellen im Gelände passen würde - eine genaue Bezeichnung des Grenzverlaufes allenfalls sogar durch einen Geometerplan und deshalb auch eine entsprechende Berichtigung, wenn nicht Änderung des Klagebegehrens erfordert. Eine Anleitung des Klägers in dieser Richtung ist schon deshalb nicht nachzuholen, weil selbst eine Nachvermarkung der seinerzeit festgelegten Grenze, sofern sie in der Natur noch rekonstruierbar ist, im Rahmen des diesfalls zu ergänzenden Außerstreitverfahrens zu erfolgen hat, da § 351 EO in diesem Belang infolge der Neufassung der §§ 850 ff. ABGB gegenstandslos geworden ist (Jensik, Rechtslexikon, Grenzstreit/4; Heller - Berger - Stix, EO, 2526 f.; vgl. auch Klang[2] III, 1147 und SZ 25/313) und die Rechtsvorgänger der Streitteile auf eine Geltendmachung eines allfälligen besseren Rechtes im Prozeßweg nach § 851 Abs 2 ABGB i. d. F. der Wertgrenzennovelle, BGBl. 268/1958, durch den zu C 70/54 des Erstgerichtes geschlossenen Vergleich verzichtet haben. Für eine zwischenweilige Aufnahme der Grundstücke in den Grenzkataster ist allerdings keinerlei Anhaltspunkt vorhanden; in diesem Falle wären aber nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes infolge der für diese Fälle verfügten Aufhebung der Bestimmungen der §§ 850 ff. ABGB die Gerichte überhaupt nicht mehr zuständig (§ 40 VermessG 1968, § 853a ABGB; 2 Ob 547/77). Der angefochtene Beschluß war demnach nur dahin abzuändern, daß die Nichtigerklärung des Verfahrens über das Feststellungsbegehren und des darüber ergangenen Ersturteils nicht aus Anlaß, sondern auf Grund der Berufung des Beklagten erfolgt, mit welcher das Prozeßhindernis der rechtskräftig entschiedenen Sache ausdrücklich geltend gemacht wurde; das Vergreifen in der Bezeichnung des Berufungsgrundes schadet dabei nicht.

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