OGH 7Ob603/80

OGH7Ob603/8026.6.1980

SZ 53/98

Normen

ABGB §1220
ABGB §1220

 

Spruch:

Bei der Bemessung des Heiratsgutes sind der Stand des Bräutigams und der der dotationsberechtigten Tochter zu berücksichtigen

OGH 26. Juni 1980, 7 Ob 603/80 (LGZ Graz 27 R 142/80; BGZ Graz 21 Nc 101/79)

Text

Die Antragstellerin, die am 28. Feber 1976 geheiratet hat, als Verkäuferin damals 14mal monatlich 4800 S verdiente und noch kein Heiratsgut empfangen hat, begehrt von ihrer seit 30. April verwitweten Mutter ein solches. Nach Rechtskraft einer Teilabweisung von 550 000 S ist das Restbegehren von 200 000 S strittig. Der Erstrichter hat diesen Betrag zuerkannt, das Rekursgericht hat ihn auf 150 000 S ermäßigt.

Nach den vom Rekursgericht übernommenen Feststellungen des Erstrichter sind die Parteien seit Jahren miteinander geradezu verfeindet. Allerdings hatte die Antragsgegnerin ihre Tochter im Jahre 1971 zu einer Übersiedlung mit ihrem damaligen Lebensgefährten und nunmehrigen Ehemann in das Elternhaus in der Absicht veranlaßt, eine Eheschließung nach Abschluß des Studiums des Mannes zu fördern. Nach neuerlicher Verschlechterung der Beziehungen brachte die Antragsgegnerin am 6. Feber 1976 gegen ihre Tochter und deren Lebensgefährten eine Räumungsklage mit der Behauptung ein, daß die Überlassung der Wohnung nur für eine Zeit von höchstens drei Jahren bis zu der dann erwarteten Beendigung des Studiums erfolgt sei.

Erst am Vorabend der Eheschließung teilte der Bräutigam - noch vor Abschluß des Räumungsprozesses - der Antragsgegnerin den Hochzeitstermin mit. Die Antragsgegnerin lehnte eine Teilnahme an der Hochzeit mit dem Hinweis darauf ab, daß die Antragstellerin und deren Mann zu Lebzeiten ihres Mannes nichts von einer Heirat wissen wollten. Eine konkrete Mißbilligung der Eheschließung etwa wegen der Person des Bräutigams hielten die Vorinstanzen ebensowenig für erwiesen wie eine vorher gestellte Bedingung einer bestimmten Studiendauer. Die Herabsetzung des Betrages des Heiratsgutes durch die zweite Instanz beruhte auf der vom Erstrichter nicht berücksichtigten Erwägung, daß der Ehemann der Antragstellerin, ein griechischer "Student", zwar aus Einnahmen aus der Vermietung einer Eigentumswohnung seiner Eltern in Athen jährlich 30 000 bis 35 000 S beziehe und Eigentümer eines nicht fertiggestellten Sommerhauses in der Nähe von Athen im Wert von rund 500 000 S (auch schon im Zeitpunkt der Eheschließung gewesen) sei, sonst aber nichts verdiene, weil er seit 1958 studiere, ohne eine einzige Hauptprüfung abgelegt zu haben, und daß dieser Stand des Ehemannes mit zu berücksichtigen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht, jenem der Antragsgegnerin teilweise Folge und setzte den Betrag des zu leistenden Heiratsgutes auf 50 000 S herab.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Hinsichtlich der Höhe des Heiratsgutes (Ausstattung: § 1220 ABGB) ist das Rekursgericht von der herrschenden Rechtsprechung (EvBl. 1962/368; SZ 41/38 u. a.) ausgegangen, wonach neben der Leistungsfähigkeit des Dotationspflichtigen auch der Stand des Bräutigams von entscheidender Bedeutung ist, weil das Heiratsgut dazu dienen soll, die Lebensführung der Brautleute nach diesem Stande zu erleichtern. Ostheim, Familienrechtsreform und Ausstattungsanspruch, ÖJZ 1978, 505 ff., hält diese Rechtsprechung nach dem Wirksamwerden der großen Familienrechtsreform allerdings für nicht mehr vertretbar, weil einerseits die primäre Unterhaltspflicht des Ehemannes schon durch das EheRwG, BGBl. 412/1975, weggefallen und andererseits durch das KindG, BGBl. 403/1977, der Ausstattungsausspruch nach § 1220 ABGB auf die Grundsätze des Unterhaltsrechtes und damit nach § 140 ABGB auf die Lebensverhältnisse der Eltern abgestellt worden sei. Die letztere Erwägung hat für den vorliegenden Fall außer Betracht zu bleiben, weil diese Rechtsänderung erst nach dem Entstehen des Anspruches durch die Verehelichung (SZ 41/38; SZ 45/78 u. a.) eingetreten ist (Wolff in Klang[2] I/1, 73, JBl. 1976, 481; EvBl. 1977/110 u. a.). Dagegen ist der Meinung Ostheims hinsichtlich der Mitberücksichtigung des Standes (der Lebensverhältnisse) der anspruchsberechtigten Tochter zu folgen, weil aus den vom genannten Autor näher angeführten Gründen in einer partnerschaftlichen Ehe die gemeinsamen Lebensverhältnisse der Ehegatten maßgebend sein müssen.

Auch auf dieser Rechtsgrundlage erscheint aber der Zuspruch durch das Rekursgericht nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles überhöht. Der Ehemann der Antragstellerin ist und war schon im Zeitpunkt der Eheschließung in Wahrheit nicht mehr als Student anzusehen, weil er 18 Jahre lang keine einzige Hauptprüfung an der Universität abgelegt hatte. Er ist in Wahrheit offensichtlich arbeitslos und lebt, soweit nicht von der Antragstellerin unterstützt, bloß von einer geringfügigen Zuwendung seiner Eltern. Mangels irgendwelcher Studienfolge kann auch nicht darauf abgestellt werden, daß er einen akademischen Beruf jemals ausüben wird. Die Antragstellerin hat demnach unter dem Stand ihrer Eltern geheiratet, die Diplomingenieur und Beamtin waren und ein Einfamilienhaus besaßen. An dieser Beurteilung ändert das festgestellte Eigentum des Ehemannes der Antragstellerin an einem halbfertigen Sommerhaus in Athen nichts, weil dieses keinen Ertrag abwirft und selbst im Falle eines Verkaufes nur eine bescheidene Lebensführung ermöglichen würde. Aber auch das Einkommen der Antragstellerin selbst als Verkäuferin liegt unter dem Durchschnitt üblicher Arbeitseinkommen. In dieser Situation befindet sich die Antragstellerin infolge der früheren Lebensgemeinschaft mit ihrem nunmehrigen Ehemann schon seit vielen Jahren.

Bei dieser Sach- und Rechtslage hält der OGH eine Herabsetzung des Heiratsgutes auf den Betrag von 50 000 S für angemessen, der immerhin einem Halbjahreseinkommen der beiden Eheleute entspricht. Gegen die Leistungsfähigkeit der Antragstellerin in diesem Umfang bestehen keine Bedenken, zumal sie selbst in ihrem Rekurs an die zweite Instanz einen Eventualantrag in ähnlicher Richtung gestellt hat.

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