Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Das Schöffengericht erkannte den am 22. Jänner 1958 geborenen Präsenzdiener Othmar A des Verbrechens der Desertion nach § 9 Abs. 1 MilStG. schuldig, weil er (zunächst) vom 18. Mai 1979 bis 22. Mai 1979 und (sodann) vom 5. Juni 1979 bis zu seiner Festnahme am 19. August 1979 seiner Truppe vorsätzlich ferngeblieben war und sich auf diese Weise dem Dienst im Bundesheer für immer zu entziehen versuchte. Es nahm u.a. als erwiesen an, daß sich der Angeklagte, gegen den wegen finanzieller Verpflichtungen mehrere Exekutionen anhängig waren, zum Verlassen seiner Truppe und zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (Schwarzarbeit) vorerst im Inland und dann im Ausland (in der Bundesrepublik Deutschland) entschlossen hatte, um die Forderungen seiner Gläubiger, insbesondere eines Rechtsanwaltes, der einen Honoraranspruch in der Höhe von 25.000 S gegen ihn hatte (S. 95 d.A.), befriedigen zu können; ferner daß er keinen bestimmten oder wenigstens bestimmbaren Zeitpunkt für die Beendigung der unerlaubten Abwesenheit vorgesehen hatte, sondern in Kenntnis der Folgen seines Fernbleibens 'durch längere Zeit', nämlich 'bis alles erledigt sei' (S. 110 d.A.) im Ausland arbeiten wollte.
Rechtliche Beurteilung
Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit seiner auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 10 des § 281 Abs.1
StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.
Es kommt in rechtlicher Hinsicht überhaupt nicht darauf an, ob der Angeklagte die Absicht hatte, seine Schulden zu bezahlen, um allfällige Exekutionen von seinem Vater abzuwenden, der für ihn als Bürge aufgetreten war.
Maßgeblich ist nämlich nicht das Motiv des Täters, das ihn zur Entfernung von der Truppe veranlaßt, sondern der Vorsatz, mit dem er sich seiner Dienstpflicht entzieht.
Geschieht dies 'für ihmmer' (im strafrechtlichen Sinn), dann hat er das Verbrechen der Desertion zu verantworten;
trennt er sich hingegen lediglich vorübergehend und rein äußerlich - also ohne sich auch innerlich vom Bundesheer zu lösen - von seiner Truppe, dann liegt lediglich der Tatbestand der unerlaubten Abwesenheit nach § 8 MilStG.
vor.
Aus den angeführten Gründen sind Mängel, die dem Erstgericht nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers bei der Begründung seines Ausspruches unterliefen, es sei unglaubwürdig, daß er 'unbedingt verdienen' wollte, damit sein Vater nicht 'exekutiert' werde, ebensowenig relevant, wie allfällige Begründungsfehler, die - nach den Behauptungen des Beschwerdeführers - in Bezug auf die Annahme des Schöffengerichtes gegeben sind, der Angeklagte habe nur einmal einen geringen Betrag an seinen Vater geschickt.
Sie können demnach auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Nichtigkeit nach § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. releviert werden. Daß der Angeklagte nicht die Absicht hatte, zu einem bestimmten oder wenigstens bestimmbaren Zeitpunkt zu seiner Truppe zurückzukehren, konnte das Erstgericht denkrichtig schon aus der Verantwortung des Angeklagten folgern, der sowohl im Vorverfahren als auch in der Hauptverhandlung angegeben hat, er wäre (ohne die ihm dazwischengekommene Verhaftung) erst dann wieder aus dem Ausland zu seiner Einheit nach Österreich zurückgekehrt, wenn er die zur Begleichung seiner Schulden erforderlichen Beträge verdient habe; dies umso eher, als der Beschwerdeführer bei seinen mehrmaligen Befragungen keinen Hinweis dafür gegeben hat, wann dieser Zeitpunkt nach seinem Dafürhalten eintreten werde. Der gleiche Schluß ließ sich im übrigen wirklichkeitsnah auch aus dem im Urteil erwähnten Schreiben des Angeklagten an seinen Regimentskommandanten ziehen, in dem er unmißverständlich und ohne Anführung des Zeitpunktes seiner allfälligen Rückkehr zum Ausdruck gebracht hatte, er werde sich erst dann stellen, 'bis alles erledigt ist'.
Es kann aber auch keine Rede davon sein, daß die Annahme des Gerichtes, der Angeklagte habe die Absicht gehabt, sich (zu einem näher noch nicht bestimmten Zeitpunkt) selbst zu stellen, in Widerspruch zu der weiteren Urteilsannahme steht, er habe sich seiner Dienstpflicht für immer entziehen wollen. Denn es stellt der erstere Ausspruch eine Tatsachenfeststellung dar, während der zweite eine rechtliche Schlußfolgerung ist, die das Schöffengericht inhaltlich der Entscheidungsgründe aus der Unbestimmtheit des Zeitpunktes der Rückkehr, der Dauer der unerlaubten Abwesenheit und der Entfernung ins Ausland gezogen hat.
Dazu ist - zugleich auch zur Rechtsrüge des Angeklagten, der die Unterstellung seines Verhaltens unter den § 8 MilStG. anstrebt - darauf zu verweisen, daß sich das Verbrechen nach § 9 Abs. 1 MilStG. vom Vergehen nach § 8 MilStG. primär durch ein auf der subjektiven Tatseite gelegenes qualitatives Moment unterscheidet; während sich der Täter bei § 8
MilStG. lediglich vorübergehend und rein äußerlich von seiner Truppe trennt, löst sich der Deserteur innerlich und endgültig (d.i. 'für immer' bzw. für die Dauer des bewaffneten Einsatzes) vom Bundesheer (Foregger-Serini 67;
EvBl. 1972/313, 1976/188 u.a.). Dabei ist das Tatbestandsmerkmal 'für immer' im Hinblick auf seinen Bezug zu einer konkreten Dienstpflicht nicht im Sinne von 'ewig' zu verstehen. Es genügt in der Regel vielmehr, daß der zukünftige Zeitpunkt der Rückkehr weder bestimmt noch (wenigstens) bestimmbar ist, oder daß die beabsichtigte Entweichungsdauer vom Täter so bemessen wird, daß dadurch der Zweck der konkreten Dienstpflicht unter Umständen sogar gänzlich vereitelt wird (EvBl. 1976/188 u.a.).
Daraus ergibt sich, daß vorliegend das Erstgericht das vom Angeklagten als nicht gegeben erachtete subjektive Tatbestandsmerkmal 'für immer' - ausgehend von den oben erwähnten Tatsachenfeststellungen - zu Recht angenommen hat, weshalb der unbegründeten Nichtigkeitsbeschwerde ein Erfolg zu versagen war. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 9 Abs. 1 MilStG. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 8 Monaten. Es nahm als erschwerend die Begehung der Tat innerhalb der Probezeit nach allerdings nicht einschlägigen sieben Vorstrafen, sowie die schlechte Führung beim Bundesheer (eine Ordnungs- und Disziplinarstrafe) und als mildernd hingegen das Geständnis an. In seiner Berufung begehrt der Angeklagte die Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht. Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Wenngleich der Umstand, daß der Angeklagte die Tat innerhalb einer Probezeit begangen hat, zu Unrecht als erschwerend gewertet wurde und auch der dem Angeklagten zur Last gelegte weitere Erschwerungsgrund der schlechten Führung nicht ins Gewicht fällt, weil die Diziplinarstrafe über ihn wegen einer Tat verhängt wurde, die nunmehr (auch) den Gegenstand der gerichtlichen Verurteilung bildet, liegen mit Rücksicht auf das bisherige kriminelle Vorleben des Angeklagten, das die Begehung weiterer strafbarer Handlungen befürchten läßt, die Voraussetzungen einer außerordentlichen Strafmilderung (§ 41 StGB.) nicht vor. Es ist vielmehr die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe in Anbetracht der offenkundigen Wirkungslosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen schuld- und tatangemessen, zumal von einer Begehung der Tat aus achtenswerten Beweggründen - wie sie der Angeklagte behauptet - keine Rede sein kann.
Aus den gleichen Erwägungen konnte dem Angeklagten auch die bedingte Strafnachsicht nicht gewährt werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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