OGH 11Os13/80

OGH11Os13/8027.2.1980

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Februar 1980 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska, in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Müller, Dr. Kießwetter, Dr. Walenta und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Hochleithner als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A und andere wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1

und 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Johann A sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Ludwig B gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 14.November 1979, GZ 17 a Vr 1.072/79-52, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Fritsch und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur Generalanwalt Dr. Melnizky zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch des Angeklagten Johann A wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (IV A des Urteilssatzes), jedoch nur hinsichtlich des Tatzeitraumes 31.Dezember 1978 bis 31.Jänner 1979, und demgemäß in dem diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch aufgehoben und es wird im Umfang dieser Aufhebung gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Johann A wird von der Anklage, er habe (auch) in der Zeit vom 31. Dezember 1978 bis zum 31.Jänner 1979

als Rückfallstäter seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht für sein am 11.Jänner 1968 geborenes außereheliches Kind Petra Christine C gröblich verletzt und dadurch bewirkt, daß der Unterhalt der Minderjährigen ohne Hilfe von anderer Seite gefährdet gewesen wäre; er habe auch hiedurch das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 und 2 StGB begangen, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Urteils weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich das Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB und das in der Zeit vom 1.Februar 1979 bis zum 12.Juni 1979 begangene Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 und 2 StGB, wird Johann A nach dem § 129 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10

(zehn) Monaten und gemäß dem § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Der Berufung des Angeklagten Ludwig B wird dahin Folge gegeben, daß unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 3.Juli 1979, AZ 15 b E Vr 1.203/79, die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf 13 (dreizehn) Monate herabgesetzt wird.

Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Johann A auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden unter anderen Johann A des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1

und 2 StGB (I/A und C des Urteilssatzes) sowie des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 und 2 StGB (IV/A des Urteilssatzes) und Ludwig B des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 StGB (I/A, B und C des Urteilssatzes) schuldig erkannt. Der Verbrechensvorwurf betrifft fünf (A) bzw. sechs (B) jeweils in Gesellschaft (auch anderer) in den Monaten Mai und Juni 1979

begangene einbruchsqualifizierte Diebstähle von Zigaretten sowie Nahrungs- und Genußmitteln (hinsichtlich B auch Bargeld) im Gesamtwert von rund 2.000 S (A) bzw. annähernd 7.000 S (B). Nur Johann A bekämpft das Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, die nominell auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5, 9 lit. b und 11 des § 281 Abs. 1 StPO gestützt wird.

Im Strafausspruch wird das Urteil sowohl von der Staatsanwaltschaft in Ansehung der beiden eingangs genannten Angeklagten als auch von diesen Angeklagten selbst jeweils mit Berufung bekämpft.

Rechtliche Beurteilung

Begründet ist die primär gegen den Schuldspruch des Angeklagten A wegen des /nach den Urteilsannahmen in der Zeit vom 31.Dezember 1978 bis 12.Juni 1979 durch Unterlassung jeglicher Unterhaltsleistung für sein am 11.Jänner 1968 geborenes außereheliches Kind Petra Christine C (im Rückfall) begangenen / Vergehens nach dem § 198 Abs. 1 und 2 StGB (Punkt IV/A des Urteilssatzes) erhobene Nichtigkeitsbeschwerde insoweit, als der Beschwerdeführer darin sachlich aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO rügt, daß ihm das Erstgericht, obwohl er erst am 29.Dezember 1978 nach Verbüßung einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe aus der Strafhaft entlassen worden war (s. Vorstrafakt AZ 17 b E Vr 386/78 des Landesgerichtes Feldkirch - insbesondere Vollzugsbericht vom 29.Dezember 1978), das bezeichnete Vergehen tatzeitmäßig bereits am 31.Dezember 1978 anlastet, und ihm nicht ein angemessener Zeitraum für die Suche eines geeigneten Arbeitsplatzes zugebilligt wurde. Dieser, ihm richtigerweise (vgl. ÖJZ-LSK 1979/311) strafrechtlich nicht zuzurechnende Zeitraum wäre dem Angeklagten angesichts der besonderen Lagerung des Falles - der wiederholt vorbestrafte Angeklagte hatte sich erneut längere Zeit in Strafhaft befunden, er war nach der Haftentlassung ohne feste Unterkunft und eine Arbeitsplatzbeschaffung um die Jahreswende ist, nicht zuletzt wegen der mehreren arbeitsfreien Tage Ende Dezember und Anfang Jänner, erfahrungsgemäß an sich schwierig - im Ausmaß etwa eines Monats zuzubilligen gewesen. Da dies nicht geschah, kann der in Rede stehende Schuldspruch in diesem Umfang als insoweit nichtig im Sinn des § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO nicht bestehen bleiben. Im übrigen erweist sich aber die Beschwerde als unbegründet. Soweit der Beschwerdeführer in Ansehung des - wie dargetan, in zeitmäßiger Hinsicht einzuschränkenden -

Schuldspruchs wegen gröblicher Verletzung der Unterhaltspflicht dem Urteil mit Beziehung auf den § 281 Abs. 1 Z 5 StPO eine unzureichende (unvollständige) Begründung vorwirft, bekämpft er nach der Zielsetzung und der Argumentation seines Vorbringens letztlich nur (unbeachtlich) die im schöffengerichtlichen Verfahren unanfechtbare erstgerichtliche Beweiswürdigung, ohne einen Begründungsmangel in der Bedeutung des angezogenen prozessualen Nichtigkeitsgrundes darzutun. Das erkennende Gericht entspricht der ihm gemäß dem § 270 Abs. 2 Z 5 StPO obliegenden Begründungspflicht, wenn es im Urteil in gedrängter Darstellung die von ihm als erwiesen angenommenen entscheidenden Tatsachen bezeichnet und die (logischen) Gründe anführt, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahmen führten. Es ist hingegen nicht verhalten, zu allen Punkten der Verantwortung eines Angeklagten Stellung zu nehmen und alle durch das Beweisverfahren hervorgekommenen Umstände im Detail zu erörtern. In dem vom Gesetz geforderten, eben aufgezeigten Umfang entsprach das Erstgericht aber seiner Begründungspflicht auch in bezug auf die tatsächlichen Komponenten der in der Mängelrüge (allein) bekämpften Urteilsannahme, der Beschwerdeführer habe es (im Rückfall) durch mehrere Monate hindurch schuldhaft unterlassen, einem ihm unter den gegebenen (persönlichen) Verhältnissen zumutbaren Erwerb nachzugehen, der die - zumindest teilweise - Zahlung der ihm auferlegten Unterhaltsbeträge für sein außereheliches Kind Petra Christine C ermöglicht hätte.

Diese Urteilsannahme findet nämlich zunächst in der vom Erstgericht bei der Urteilsbegründung ausdrücklich bezogenen Mitteilung des Arbeitsamtes Dornbirn vom 10.September 1979, ON. 42, eine zureichende Stütze; gab es doch darnach für den Beschwerdeführer - auf dessen Verantwortung in der Hauptverhandlung und auf dessen ersichtlich ungünstige Situation unmittelbar nach seiner Haftentlassung (einschließlich seiner Quartiersorgen) im Urteil ohnedies eingegangen wurde (S 258/259 d.A) - (auch) während des Zeitraumes von Dezember 1978 bis März 1979

genug Arbeitsmöglichkeiten für Anlern- und Hilfstätigkeiten. Einer näheren Erörterung der Frage, ob beim Arbeitsamt mit jedem Arbeitsuchenden ein Protokoll aufzunehmen sei, bedurfte es im gegebenen Zusammenhang schon deshalb nicht, weil in dem als Urteilsgrundlage dienenden vorerwähnten Schreiben des Arbeitsamtes Dornbirn Vorsprachen des Beschwerdeführers bei diesem Arbeitsamt - insbesondere im Rahmen des sogenannten offenen Kundenempfanges, der anonym abgewickelt wird - ohnedies nicht ausgeschlossen werden. Für den anschließenden Tatzeitraum (März bis 12.Juni 1979 /Tag seiner Verhaftung /) gab Johann A in der Hauptverhandlung selbst an (S 244 unten d.A), daß er für die Zeit ab Mitte März Arbeit bekommen hätte, was die Schlüssigkeit der erstgerichtlichen Annahme, der Beschwerdeführer wäre bei gutem Willen und entsprechendem Bemühen in der Lage gewesen, einem Erwerb nachzugehen, mit besonderer Deutlichkeit kundtut. Eine Urteilsnichtigkeit im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO liegt im gegebenen Zusammenhang nicht vor. Geht man von den tatsächlichen Urteilsannahmen aus, zeigt sich, daß dem Erstgericht bei der rechtlichen Unterstellung des festgestellten Sachverhaltes, sieht man von der gebotenen - bereits erörterten - Tatzeiteinschränkung ab, unter den Tatbestand des § 198 Abs. 1 und Abs. 2 StGB ein Rechtsirrtum nicht unterlief.

Auch soweit sich der Beschwerdeführer mit Beziehung auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b und Z 11 StPO in Ansehung der unter Punkt I/A und I/C des Urteilssatzes ergangenen Schuldsprüche wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 und 2 StGB (in fünf Fällen) gegen die Urteilsannahme wendet, er habe diese Diebstähle, bei welchen vorwiegend Lebensmittel erbeutet wurden, 'in selbstverschuldeter Not (mangels rechtschaffener Arbeit)' begangen (S 256 d.A), und für sich die Zubilligung des Milderungsgrundes des 'unverschuldeten Notstandes' reklamiert, ist sein Vorbringen nicht zielführend. Der Beschwerdeführer erhebt nämlich damit gar nicht den Vorwurf einer gesetzwidrigen Strafbemessung (§ 281 Abs. 1 Z 11 StPO) oder der rechtsirrigen Nichtannahme eines Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrundes, etwa im Sinn des § 10 Abs. 1 StGB wegen entschuldigenden Notstandes (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. b StPO), sondern fordert lediglich die Zuerkennung eines weiteren Milderungsumstandes (§ 34 Z 10 StGB). Die Beschwerde berührt dabei insoweit weder die Subsumtion der Tat noch die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes. Sie stellt sich vielmehr inhaltlich als Berufungsausführung dar.

Es war sohin in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt zu bleiben hatte, soweit hiemit der Angeklagte A im Punkt IV/A des Schuldspruches wegen des Vergehens der Verletzung der Unterhaltspflicht nach dem § 198 Abs. 1 und Abs. 2 StGB auch für den Zeitraum vom 31.Dezember 1978 bis 31.Jänner 1979 schuldig erkannt wurde, und demgemäß auch in dem diesen Angeklagten betreffenden Ausspruch über die Strafe aufzuheben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst spruchgemäß zu erkennen.

Bei der Neubemessung der über den Angeklagten Johann A zu verhängenden Strafe wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten und dessen raschen Rückfall beim Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen und die Wiederholung der Diebstähle sowie deren Begehung in Gesellschaft, als mildernd hingegen das umfassende Geständnis und den verhältnismäßig kurzen Deliktszeitraum beim Vergehenstatbestand. Eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten entspricht dem Unrechtsgehalt der Taten und der Schuld des Täters. Mit ihren infolge Neubemessung der Strafe gegenstandslos gewordenen Berufungen waren die Staatsanwaltschaft (hinsichtlich des Johann A) und der genannte Angeklagte selbst auf diese Entscheidung zu verweisen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten Ludwig B nach dem § 129 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von fünfzehn Monaten. Es wertete dabei als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen und die Wiederholung der Straftaten, als mildernd nur das reumütige Geständnis.

Zu diesem Strafausspruch streben mit ihren Berufungen die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung, der Angeklagte hingegen eine Ermäßigung der Strafe an.

Die Berufung des Angeklagten ist berechtigt.

Zwar hat an die Seite der Erschwerungsgründe noch die mehrfache Qualifikation des Diebstahls zu treten, weil der darin zum Ausdruck kommende höhere Unwert der Tat in der Strafe seinen Niederschlag finden muß. Im übrigen aber führte das Erstgericht die Strafzumessungsgründe richtig und vollständig an. Einer vom Obersten Gerichtshof neu eingeholten Strafregisterauskunft ist allerdings zu entnehmen, daß über den Angeklagten B zuletzt mit dem Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 3.Juli 1979 wegen der §§ 109 Abs. 1 und 125 StGB eine achtwöchige Freiheitsstrafe verhängt wurde. Insbesondere unter dem sich daraus neu ergebenden Gesichtspunkt des Charakters der vorliegenden Strafe als einer Zusatzstrafe (§§ 31, 40 StGB) erweist sich das in erster Instanz gefundene Strafmaß - ungeachtet des sehr getrübten Vorlebens des Angeklagten - als etwas überhöht.

Somit war der Berufung des Angeklagten B - wie aus dem Spruch ersichtlich - Folge zu geben, die Staatsanwaltschaft aber (auch) mit ihrer diesen Angeklagten betreffenden Berufung auf die vorliegende Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenaussprüche beruhen auf den angeführten Gesetzesstellen.

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