Spruch:
Der Inhaber eines Blankowechsels muß nur bei dessen Erwerb, nicht aber bei dessen späterer Ausfüllung gutgläubig sein
OGH 12. Dezember 1979, 3 Ob 529/79 (OLG Wien 2 R 2026/78; HG Wien 38 Cg 474/78)
Text
Das Erstgericht hielt den auf Zahlung von 58 464 S samt Anhang lautenden Wechselzahlungsauftrag vom 3. Juni 1975 nur hinsichtlich des Betrages von 8467.45 S samt Anhang aufrecht. Bezüglich der restlichen Klagsforderung von 49 996.55 S samt Anhang wurde das Klagebegehren hingegen abgewiesen. Das Erstgericht ging bei der rechtlichen Beurteilung der getroffenen Feststellungen von der Rechtsansicht aus, der Inhaber eines Blankowechsels müsse beim Erwerb des (in diesem Zeitpunkt noch nicht ausgefüllten) Papiers und bei seiner späteren Ausfüllung gutgläubig sein. Letzteres sei hier nicht der Fall gewesen, weil es die Klägerin grob fahrlässig unterlassen habe, vor der Ausfüllung des von der Nebenintervenientin ausgestellten und von der beklagten Partei angenommenen Blankowechsels Erkündigungen über die von der beklagten Partei behaupteten Teilzahlungen nähere Erkündigungen einzuziehen. Der Klägerin könnten daher Einwendungen des Beklagten aus dem Grundgeschäft entgegengesetzt werden. Demnach müsse sich die Klägerin die festgestellte Teilzahlung von 54 175 S anrechnen lassen. Die Restschuld des Beklagten habe im Zeitpunkt der Ausfüllung des Blankowechsels nur mehr 8 467.45 S betragen.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahin ab, daß der Wechselzahlungsauftrag - unter Einschluß des nicht bekämpften Teilausspruches über die Aufrechterhaltung des Wechselzahlungsauftrages hinsichtlich des Betrages von 8467.45 S samt Anhang - seinem vollen Umfange nach aufrechterhalten wurde. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, billigte aber nicht dessen Rechtsansicht, daß der gutgläubige Erwerber eines Blankowechsels auch noch im Zeitpunkt der Ausfüllung des Blanketts gutgläubig sein müsse. Da die klagende Partei den Wechsel gutgläubig erworben habe, könne der Beklagte der Klägerin seine Einwendungen aus einer abredewidrigen Ausfüllung des Wechsels, nämlich dahin gehend, daß der Wechsel nur nach Maßgabe einer offenen Forderung hätte ausgefüllt werden dürfen, nicht entgegensetzen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Rechtsrüge richtet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß der Erwerber eines Blankowechsels nicht auch noch im Zeitpunkt der (durch ihn erfolgten) Ausfüllung des Blanketts gutgläubig sein müsse. Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, daß der OGH von der in der Entscheidung SZ 45/6 vertretenen Rechtsansicht, wonach der Inhaber eines Blankowechsels nicht nur beim Erwerb, sondern auch bei der Ausfüllung des Blankowechsels gutgläubig sein muß (in diesem Sinne auch einige Entscheidungen des RG, insbesondere RGZ 129, 338), bereits abgegangen ist, und nunmehr in Übereinstimmung mit dem Schriftum (Stranz, WG[14], 83 und 123; Baumbach - Hefermehl, Wechselgesetz und Scheckgesetz[12], 116 f.; Jacobi, Wechsel- und Scheckrecht, 495 f.) ständig die Ansicht vertritt, daß sowohl Art. 10 als auch Art. 17 WG nur auf den Zeitpunkt des Wechselerwerbs abstellen, eine später eintretende Bösgläubigkeit oder grobe Fahrlässigkeit daher unerheblich ist (6 Ob 125/73; QuHGZ 1975, H 1/125; 5 Ob 294/74; 3 Ob 1/75; 5 Ob 692/77). Auch der erkennende Senat sieht sich nicht veranlaßt, von dieser Rechtsauffassung abzugehen, weil der gegenteilige Standpunkt zu einer Schwächung der Umlauffähigkeit des Wechsels führen würde (ebenso SZ 8/88; 6 Ob 125/73; Jacobi a. a. O.). Soweit sich der Revisionswerber auf Baumbach - Hefermehl (a. a. O.) beruft, übersieht er, daß dort nur die von den Autoren abgelehnte Auffassung der Entscheidungen RGZ 129, 338, angeführt wird.
Daß der klagenden Partei beim Erwerb des Wechsels grobe Fahrlässigkeit (oder gar Bösgläubigkeit) nicht angelastet werden kann, hat das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt. Der Revisionswerber bestreitet dies auch nur insoweit, als er, wie bereits ausgeführt wurde, die klagende Partei deshalb für bösgläubig hält, weil bei Weitergabe des Wechsels nicht auf die Bestimmungen des Devisengesetzes Bedacht genommen worden sei. Die Frage der Bösgläubigkeit oder groben Fahrlässigkeit beim Erwerb eines Wechsels im Sinne des Art. 10 WG hat aber mit der Frage der Gültigkeit eines Indossaments nichts zu tun, sie erstreckt sich nämlich nur darauf, ob der Erwerber die vereinbarungswidrige Ausfüllung des Blankowechsels kannte oder bei Anwendung der nötigen Sorgfalt hätte kennen müssen (Kapfer, Handkommentar zum WG, 66; Stanzl, Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht, 50). Da die Indossierung des gegenständlichen Blankowechsels nach den Feststellungen des Erstgerichtes nachträglich devisenbehördlich (§ 22 Abs. 1 DevG) genehmigt wurde, war sie vom Zeitpunkt ihrer Vornahme an rechtswirksam (ebenso - insoweit richtig - SZ 45/6).
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