OGH 9Os130/79

OGH9Os130/7923.10.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 23.Oktober 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Friedrich als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Simetzberger als Schriftführerin in der Strafsache gegen Stanislav A wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1 StGB. über die vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 11.April 1979, GZ. 22 Vr 696/79-19, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, der Ausführungen der Verteidigerin Dr. Schmid und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Karollus, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung des Angeklagten wird Folge gegeben und die über ihn verhängte Freiheitsstrafe auf sieben Monate herabgesetzt. Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise, und zwar dahin Folge gegeben, daß der Ausspruch über die bedingte Strafnachsicht aus dem angefochtenen Urteil ausgeschaltet wird; im übrigen wird die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung auf die Entscheidung über die Berufung des Angeklagten verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Stanislav A des Vergehens - richtig Verbrechens - der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z. 1

StGB. schuldig erkannt, begangen dadurch, daß er Martha B (unrichtig: C) durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Räumung ihrer Wohnung zu nötigen versuchte, und zwar 1. im April 1978 in Landeck anläßlich einer Gerichtsverhandlung durch die Äußerung 'Wenn du nicht sofort aus der Wohnung verschwindest, bringe ich dich um',

2. im September 1978 in Prutz anläßlich eines Augenscheins durch die Äußerung 'Wenn du nicht aus der Wohnung herausgehst, erschlage ich dich; eines Tages bist du hin' und 3. an einem nicht mehr feststellbaren Tag im Herbst 1978

in Prutz durch die Äußerung 'Wenn du nicht verschwindest, bring' ich dich um; ich lasse dir noch Zeit, einen Platz im Friedhof auszusuchen'.

Rechtliche Beurteilung

Der auf Z. 9 lit. a, der Sache nach aber auch auf Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen diesen Schuldspruch kommt keine Berechtigung zu.

Ob eine Drohung ernst gemeint, also nach dem Willen des Drohenden darauf gerichtet ist, dem Bedrohten die Besorgnis einzuflößen, er sei willens und in der Lage, das angedrohte Übel wirklich herbeizuführen, ist in Ansehung der Zielrichtung des Tätervorsatzes keine Rechts-, sondern eine Tatfrage. Begründungsmängel im Sinn des § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO. in bezug auf die eine derartige Absicht des Angeklagten bei seinen Tathandlungen bejahenden Urteilsfeststellungen werden in der Beschwerde nicht aufgezeigt.

Daß er in seiner Umgebung als 'lästiger Mensch' gilt und daß eine Zeugin bekundete, man würde nicht fertig, wenn man wegen aller seiner Äußerungen immer zu Gericht ginge, hat das Erstgericht ohnedies gewürdigt und steht, seiner Beschwerdeauffassung zuwider, der Annahme einer Ernstlichkeit seiner Drohungen keineswegs entgegen. Mit seiner darauf bezogenen Argumentation ficht der Beschwerdeführer im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden unzulässigerweise (§ 258 Abs. 2 StPO. i.V. m. § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO.) nur die schöffengerichtliche Beweiswürdigung an. Verfehlt hinwieder ist die in der Beschwerde vertretene Rechtsansicht, die urteilsgegenständlichen Todesdrohungen seien nicht ernst zu nehmen, also objektiv nicht geeignet gewesen, Martha B mit Rücksicht auf die Verhältnisse und auf die Wichtigkeit des angedrohten Übels die begründete Besorgnis einzuflößen, er sei willens und in der Lage, seine Drohungen zu verwirklichen. Denn im Hinblick auf ihre festgestellte Kenntnis davon, daß er zu Gewalttätigkeiten neigt und gegen eine andere Zeugin bereits tätlich geworden war, sowie darauf, daß er sie und ihren Sohn mit Steinen beworfen und mit besonderer Abneigung verfolgt hat, um sie zur Räumung ihrer Wohnung zugunsten seiner Lebensgefährtin zu veranlassen, ist der Auffassung des Erstgerichtes, daß die in Rede stehenden Drohungen bei unbefangener Betrachtung der Situation aus der Sicht der Bedrohten nach einem Durchschnittsmaßstab - also objektiv - nicht als bloße Unmutsäußerungen zu werten, sondern geeignet waren, bei Martha B die vorerwähnte Besorgnis auszulösen, durchaus beizupflichten.

Da dem angefochtenen Urteil sohin weder der inhaltlich geltend gemachte Begründungsmangel noch der behauptete Rechtsirrtum anhaftet, war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen. Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 106 Abs. 1 StGB. zu neun Monaten Freiheitsstrafe, die es ihm unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah, wobei es die Wiederholung der Drohungen als erschwerend, sein für bisher tadelsfrei gehaltenes Vorleben dagegen als mildernd wertete und die Auffassung vertrat, das Strafverfahren werde ihm eine hinlängliche Lehre sein und er werde sich in Hinkunft wohlverhalten. Der Berufung des Angeklagten, mit der er eine Strafherabsetzung anstrebt, und jener der Staatsanwaltschaft insoweit, als sie die Ausschaltung des § 43 StGB. beantragt, kommt Berechtigung zu. Zwar trifft es zu, daß dem Angeklagten nicht ein bisher tadelsfreies Vorleben zuzubilligen, sondern im Gegenteil seine Vorstrafe wegen Körperverletzung, die auf der gleichen schädlichen Neigung - und zwar auf seiner als Charaktermangel zu beurteilenden Aggressivität gegen Personen - beruht, (§ 71 StGB.) als erschwerend anzulasten ist; desgleichen fällt ihm auch der rasche Rückfall - die oben erwähnte Vorstrafe wurde erst am 11.Jänner 1978 über ihn verhängt - als Erschwerungsgrund zur Last. Anderseits kommt ihm aber doch der Umstand, daß die schwere Nötigung beim Versuch geblieben ist, als mildernd zugute.

Sachgerechtes Abwägen der vorliegenden Strafzumessungsgründe ergibt, insbesondere mit Bedacht auf den objektiven Unrechtsgehalt der inkriminierten Drohungen, daß im Hinblick auf die tat- und persönlichkeitsbezogene Schuld des Angeklagten (§ 32 StGB.) eine Herabsetzung der Strafdauer auf sieben Monate gerechtfertigt ist. In diesem Sinn war seiner Berufung Folge zu geben; soweit die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung eine Straferhöhung anstrebt, war sie darauf zu verweisen.

Im Recht ist die Anklagebehörde dagegen, soweit sie die Gewährung bedingter Strafnachsicht bekämpft.

Der rasche Rückfall des Angeklagten nach einschlägiger Vorverurteilung, die zweifache Tatwiederholung, einmal davon trotz neuerlicher behördlicher Abmahnung (vgl. S. 7, 15 in Z 499/78 des Bezirksgerichtes Landeck), und seine fortgesetzt unleidliche Wesensart gestatten nicht die Annahme, daß die bloße Androhung des Strafvollzuges allein oder in Verbindung mit anderen Maßnahmen genügen würde, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten, zumal sich die ihm im Vorverfahren gewährte bedingte Strafnachsicht als völlig unwirksam erwiesen hat. In teilweiser Stattgebung der staatsanwaltschaftlichen Berufung war daher der Ausspruch gemäß § 43 (Abs. 1) StGB. aus dem angefochtenen Urteil auszuschalten. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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