OGH 6Ob625/79

OGH6Ob625/7927.6.1979

SZ 52/106

Normen

Grundbuchsgesetz §95
Grundbuchsgesetz §101
KO §30
KO §31
ZPO §411
ZPO §425
Grundbuchsgesetz §95
Grundbuchsgesetz §101
KO §30
KO §31
ZPO §411
ZPO §425

 

Spruch:

Die in einer Sachverpfändung bestehende wegen Begünstigung anfechtbare Rechtshandlung ist bereits in dem Zeitpunkt als vorgenommen anzusehen, in dem der spätere Gemeinschuldner seinerseits alle Voraussetzungen für eine rechtswirksame Verpfändung unwiderruflich getroffen hat (§ 30 KO)

Die im Anfechtungsprozeß des Masseverwalters gegen den Pfandgläubiger strittige Vorfrage, ob der nunmehrige Gemeinschuldner durch Ausstellung einer bestimmten Pfandbestellungsurkunde alles von seiner Seite Erforderliche zur nun angefochtenen Sicherstellung getan hat, ist unabhängig von einem rechtskräftigen Beschluß des Grundbuchsgerichtes zu lösen, mit dem das Einverleibungsbegehren aus dem Grund abgewiesen wurde, daß noch eine weitere Erklärung erforderlich sei

Abweisende Entscheidungen des Grundbuchsgerichtes über Einverleibungsbegehren werden nicht nur einer formellen, sondern auch einer materiellen, Gericht und Beteiligte bindenden Rechtskraft teilhaft

OGH 27. Juni 1979, 6 Ob 625/79 (OLG Linz 1 R 43/79; KG Ried im Innkreis 1 Cg 595/78)

Text

Das Erstgericht hat über das Vermögen des A B mit Wirkung vom 5. Jänner 1978 den Konkurs eröffnet und den Kläger zum Masseverwalter bestellt. In dieser Eigenschaft ficht er mittels der am 21. Dezember 1978 eingebrachten Klage die Verpfändung einer in die Masse fallenden Liegenschaft durch den nunmehrigen Gemeinschuldner und dessen Ehefrau zugunsten einer damals bereits bestandenen Warenlieferungsforderung des Beklagten an.

Der Beklagte wendete unter anderem den Anfechtungsausschluß im Sinne des § 30 Abs. 2 KO ein, weil die angefochtene Sicherstellung mit der Errichtung der Pfandbestellungsurkunde vom 4. November 1976 - und nicht erst mit der Zusatzerklärung der Pfandbesteller vom 11. Feber 1977 in Ansehung des für sie wechselseitig einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes oder etwa noch später erfolgten grundbücherlichen Pfandrechtseinverleibung - stattgefunden habe.

Das Erstgericht wies das Anfechtungsbegehren aus dem Grund des § 30 Abs. 2 KO ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 60 000 S übersteige.

Dabei legten die Vorinstanzen folgende Feststellungen zugrunde: Mit der am 4. November 1976 errichteten Urkunde anerkannten der nunmehrige Gemeinschuldner und seine Ehefrau, dem Beklagten aus einer bestehenden Geschäftsverbindung für Holzlieferungen einen bereits "überfälligen" Betrag von 193 532 S zu schulden; sie verpflichteten sich, diese Schuld ab 1. Dezember 1976 in Monatsraten von 15 000 S unter Vereinbarung des Terminverlustes und einer Verzinsung von 11% zu zahlen; zur Sicherstellung der als "offene Kaufpreisforderung" bezeichneten, anerkannten Forderung verpfändeten der nunmehrige Gemeinschuldner und seine Ehefrau das ihnen auf Grund Übergabsvertrages und Ehepakten zu je einem Hälfteanteil gehörende A-Gut und gaben eine entsprechende Aufsandungserklärung ab. Die Einverleibung des Pfandrechtes auf Grund dieser Urkunde "stieß auf Schwierigkeiten". Deshalb stellten die Pfandbesteller am 11. Feber 1977 die Zusatzerklärung aus, mit der sie in Ansehung des auf der Pfandliegenschaft für sie wechselseitig einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes ausdrücklich ihre Einwilligung zur Pfandbelastung erklärten.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht statt.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Der vom Masseverwalter klageweise geltend gemachte Anfechtungsanspruch kann nach dem erstinstanzlichen Tatsachenvorbringen wegen des Ausschlusses einer auf Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit gegrundeten Anfechtung nach § 31 Abs. 4 KO nur auf Begünstigung im Sinne des § 30 KO gestützt werden.

Eine Anfechtung wegen Begünstigung ist gemäß § 30 Abs. 2 KO ausgeschlossen, wenn die Begünstigung früher als ein Jahr vor der Konkurseröffnung "stattgefunden hat". Eine Auslegung dieser für sich allein betrachteten Bestimmung nach dem Wortsinn mag ihr in Fällen sachenrechtlicher Verfügung eher den Inhalt beilegen, daß auf den Zeitpunkt abzustellen wäre, in dem die Rechtswirkungen der angefochtenen Rechtshandlung objektiv eintraten. In diesem Sinne scheint auch Bartsch (vgl. Bartsch - Pollak, KO[3] I, 202 Anm. 17 zu § 30) die zeitliche Beschränkung des § 30 Abs. 2 KO aufzufassen. Die herrschende Rechtsprechung versteht aber - von der unterschiedlichen Frist abgesehen - den Anfechtungsausschluß des § 30 Abs. 2 KO im selben Sinn wie jenen nach § 31 Abs. 4 KO, der darauf abstellt, daß die angefochtenen Rechtshandlungen "vorgenommen worden sind". Diese Formulierung deckt sich auch mit jener im § 30 Abs. 1 KO. Im Sinne dieser Formulierung erachtet die herrschende Rechtsprechung die in einer Sachverpfändung bestehende anfechtbare Rechtshandlung bereits in dem Zeitpunkt als "vorgenommen", in dem der spätere Gemeinschuldner seinerseits alle Voraussetzungen für eine rechtswirksame Verpfändung, mit anderen Worten seine erforderliche Mitwirkung an modus, unwiderruflich getroffen hat, im Fall der Pfandbestellung durch grundbücherliche Einverleibung also bereits mit der Ausstellung einer verbücherungsfähigen - d. h. mit einer zur Einverleibung hinreichenden Aufsandungserklärung versehenen - Pfandbestellungsurkunde (SZ 13/18; Rspr. 1936/267 u. a.).

Das Revisionsgericht sieht sich nicht bestimmt, von dieser durch das Berufungsgericht zutreffend dargelegten Rechtsansicht abzugehen.

Das Revisionsgericht teilt auch die im Sinne des PlB vom 24. Jänner 1933, SZ 15/17, getroffenen berufungsgerichtlichen Ausführungen über die schlüssige Zustimmung zur Verpfändung durch den nunmehrigen Gemeinschuldner und seine Ehefrau als Verbotsberechtigte schon durch die gemeinsame Verpfändung der gesamten (im gütergemeinschaftlichen Eigentum stehenden) Liegenschaft.

Einer Erörterung bedarf lediglich der Umstand, daß die Pfandbestellungsurkunde vom 4. November 1976 nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der klagenden Partei "zur grundbücherlichen Durchführung und zur Begründung eines Pfandrechtes nicht geeignet" gewesen und die angefochtene Pfandrechtseinverleibung erst im Zusammenhang mit der Zusatzerklärung vom 11. Feber 1977 erfolgt sei. Dazu brachte der Beklagte selbst in der Klagebeantwortung vor, daß ein Rekurs gegen die grundbuchsgerichtliche Abweisung der Pfandrechtseinverleibung unterblieben sei. In diesem Zusammenhang erblickt der Revisionswerber einen Feststellungsmangel darin, daß der Umstand der rechtskräftigen Abweisung eines bloß auf die Pfandbestellungsurkunde gegrundeten Gesuches um die nun angefochtene Einverleibung des Pfandrechtes nicht festgestellt worden sei.

Die berufungsgerichtliche Ansicht hiezu, daß es auf eine einzelne Entscheidung eines Grundbuchsgerichtes nicht ankommt, vernachlässigt den Umstand, daß es sich um die Ablehnung gerade der in diesem Rechtsstreit für den Zeitpunkt der stattgefundenen Begünstigung im Sinne des § 30 Abs. 2 KO wesentlichen Pfandrechtseinverleibung handelte. Im Ergebnis ist allerdings der berufungsgerichtlichen Auffassung, daß die Entscheidung des Grundbuchsgerichtes für diesen Rechtsstreit unerheblich sei, beizutreten.

Abweisende Entscheidungen des Grundbuchsgerichtes über Einverleibungsbegehren werden nicht nur einer formellen, sondern auch einer materiellen, Gericht und Beteiligte bindenden Rechtskraft teilhaft (vgl. (Bartsch, GBG[7], 53; 9/113 = ZBl. 1927/232). Für die Beteiligten des Grundbuchsverfahrens wäre daher mit einer (aus welchen Motiven immer) unangefochten gebliebenen und damit in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des bei einem gegebenen Grundbuchsstand auf eine bestimmte Urkunde gegrundeten Einverleibungsbegehrens - die Entscheidung mag mit der herrschenden Rechtssprechung übereinstimmen oder nicht - bindend darüber abgesprochen, daß bei unveränderten Grundbuchsstand die Voraussetzungen für die beantragte Einverleibung auf Grund der vorgelegten Urkunden allein nicht gegeben seien. Damit wäre dies auch als Vorfrage eines späteren Rechtsstreites bindend entschieden. Allein auch die materielle Rechtskraftwirkung abweisender Entscheidungen im außerstreitigen Grundbuchsverfahren unterliegt subjektiven Grenzen und erfaßt nur die Beteiligten des Grundbuchsverfahrens. Der Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des nunmehrigen Gemeinschuldners und seinerzeitigen Pfandbestellers zählt nun nicht zu diesen Beteiligten, weil er als Anfechtungsberechtigter die Unwirksamerklärung einer vom nunmehrigen Gemeinschuldner seinerzeit zugunsten des Anfechtungsgegners vorgenommenen Sicherstellung den Konkursgläubigern gegenüber anstrebt und diese rechtlichen Interessen der Konkursgläubiger im vorangegangenen Grundbuchsverfahren in niemandes Person, insbesondere nicht durch die Person des nunmehrigen Gemeinschuldners, vertreten waren. Als Anfechtungsberechtigter übt der Masseverwalter nicht die Rechtsstellung des Gemeinschuldners aus, er vertritt vielmehr gegen dessen Rechtshandlungen gerichtete Interessen der Konkursgläubiger.

Im Sinne dieser Überlegung stellte auch eine rechtskräftige Abweisung eines bloß auf die Pfandbestellungsurkunde gegrundeten Einverleibungsbegehrens durch das Grundbuchsgericht keine für den Anfechtungsprozeß bindende Vorfragenentscheidung dar.

Nach der bereits erwähnten, vom Berufungsgericht zutreffend dargelegten Rechtsansicht waren aber bereits in der gemeinsamen Pfandbestellung durch den nunmehrigen Gemeinschuldner und seine Ehefrau als Genossen einer Gütergemeinschaft auch die wechselseitigen Zustimmungen in ihrer formellen Eigenschaft als Verbotsberechtigte gelegen, so daß mit der formwirksamen Errichtung der Pfandbestellungsurkunde vom 4. November 1976 und damit mehr als ein Jahr vor der Konkurseröffnung die angefochtene Begünstigung im Sinne des § 30 Abs. 2 KO stattgefunden hat.

Aus diesem zeitlichen Umstand ist die Anfechtung wegen Begünstigung ausgeschlossen.

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist somit im Ergebnis zu billigen. Der gerügte Feststellungsmangel haftet dem angefochtenen Urteil nicht an. Dieser gerügte Mangel vermag auch die hilfsweise geltend gemachten Revisionsgrunde im Sinne des § 503 Z. 2 und Z. 3 ZPO nicht zur gesetzmäßigen Darstellung zu bringen.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

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