OGH 1Ob7/79

OGH1Ob7/7913.6.1979

SZ 52/96

Normen

ABGB §287
ABGB §288
ABGB §290
ABGB §1295
ABGB §1319
B-VG Art116 Abs2
B-VG Art118
ABGB §287
ABGB §288
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ABGB §1295
ABGB §1319
B-VG Art116 Abs2
B-VG Art118

 

Spruch:

Öffentliches Gut gilt im Zweifel als Gemeindegut. Mangels anderer Regelung trifft die Gemeinde auch die Erhaltungs- und Verkehrssicherungspflicht für eine Brücke, die zwei öffentliche Wege verbindet

OGH 13. Juni 1979, 1 Ob 7/79 (OLG Graz 5 R 51/78; LG Klagenfurt 17 Cg 28/78)

Text

Am 15. Mai 1975 brach unter einem mit Holz beladenen LKW Steyr-Fiat 490 der Klägerin die im Gebiet der beklagten Gemeinde (vormals Gemeinde E) gelegene A-Brücke über den G-Bach ein. Das Kraftfahrzeug der Klägerin stürzte in den Bach und wurde schwer beschädigt. Die Reparatur-, Bergungs- und Abschleppkosten betrugen 270 199.95 S. Verkehrszeichen, die auf die Tragfähigkeit der Brücke hinwiesen, waren nicht vorhanden.

Die Klägerin begehrte zuletzt unter Anrechnung eines gleichteiligen Eigenverschuldens den Ersatz der halben Reparatur-, Bergungs- und Abschleppkosten im Betrag von insgesamt 135 099.97 S samt Stufenzinsen und 18% Umsatzsteuer aus den Zinsen mit der Begründung, daß die A-Brücke Bestandteil des öffentlichen Wegegutes 608/5 KG N sei und die Beklagte sowohl ihre Straßenerhaltungspflicht nach der VO als auch ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, so daß sie für den eingetretenen Schaden nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes, des ABGB und der StVO und nach allen sonst in Betracht kommenden Rechtsgrunden hafte. Die Organe der Beklagten hätten es unterlassen, auf die beschränkte Belastbarkeit der A-Brücke durch eine Gewichtsbeschränkung oder ein sonstiges Verbots- oder Beschränkungszeichen gemäß § 52 StVO hinzuweisen.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß sie für die Errichtung und Erhaltung der A-Brücke weder als Straßenerhalterin noch als Behörde verantwortlich sei. Die Brücke sei Bestandteil eines "Interessentenweges", der ausschließlich von Waldbesitzern des G-Grabens benützt werde. Die Brücke sei bei der Übernahme des rechtsufrigen Güterweges G-L als Gemeindeweg im Jahre 1971 nicht erfaßt worden. Der Fahrer der Klägerin habe nach der Bauart der Brücke damit rechnen müssen, daß sie einem 20 Tonnen schweren LKW nicht standhalten könne. Mangels groben Verschuldens würde die Beklagte selbst dann nicht haften, wenn sie Erhalterin der Brücke wäre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte fest: Der vom G-Bach durchflossene G-Graben führt vom B-Tal nach Osten. Nördlich (rechtsufrig) des Baches verläuft der im Jahre 1969 fertiggestellte Güterweg der Güterweggenossenschaft G-L von G nach L ohne den Bach zu überqueren; er ist öffentliches Wegegut (Grundstück 1773/1 KG/M). Sein erster Teil bis zur A-Brücke wurde mit Beschluß des Gemeinderates der damaligen Gemeinde E vom 19. November 1971 zur Gemeindestraße erklärt.

Von diesem Weg führt in rechtem Winkel nach Süden die A-Brücke rund 4 m über dem Bachbett über den G-Bach. Südlich (linksufrig) der Brücke gabelt sich der Weg; nach rechts (Westen) führt ein Zufahrtsweg zum Anwesen D nach links (Osten) als Sackgasse der etwa 3 m breite G-Grabenweg rund 3 km in Waldungen ohne Gehöfte. Dieser ist ein öffentlicher Weg mit der Bezeichnung 680/5 KG N und wird ausschließlich von Land- und Forstwirten, die in der Gegend Grundstücke besitzen, zur Holzabfuhr benützt. Er sowie der Zufahrtsweg zum Anwesen D sind "Interessentenwege", deren Erhaltung den einzelnen Besitzern und Benützern obliegt und die ursprünglich nur im Winter zur Holzförderung benützt werden konnten. Nach dem Jahre 1945 wurde der Weg von der Wildbachverbauung, die im östlichen Graben Schutzbauten errichtete, verbreitert und damit zu allen Jahreszeiten benützbar gemacht. Die A-Brücke dient als Zufahrt zum Anwesen D sowie als Zufahrt in die Waldbesitzungen am G-Grabenweg; sie ist ein Bestandteil des G-Grabenweges wie auch des Zufahrtsweges D. Die Brücke besteht seit über 60 Jahren, wurde im Jahre 1966 anläßlich der Errichtung der Zufahrt D von der Agrarbezirksbehörde instand gesetzt, im Jahre 1967 von einem Unwetter weggerissen und mit dem gesamten Unterbau vom Bundesheer im Zuge der Katastrophenhilfe wieder errichtet. Die Gemeinde tätigte zur Errichtung und Erhaltung des G-Grabenweges sowie der A-Brücke bisher keinerlei Aufwendungen und gewährte auch keine Zuschüsse. Den Gemeindeorganen war bekannt, daß über die Brücke die Holzbringung mit Traktoren und Unimogs, nicht aber daß sie mit Schwerlastkraftwagen erfolgte. Reparaturen waren mit Ausnahme der erwähnten Arbeiten kaum erforderlich; wenn einer der Benützer der Brücke das Gefühl hatte, daß sie nachlasse und nicht mehr ganz in Ordnung sei, so ergriff er - auch die Wildbachverbauung - jeweils für den momentanen Zweck Schutzmaßnahmen. Zur Unfallszeit bestand die A-Brücke aus sechs oder sieben quer über den Bach liegenden Lärchenstämmen, deren dünnere Enden alle auf der einen Seite gelagert waren, und quer darüber gelegten Holzbrettern; eine Stützung vom Bachbett aus bestand nicht. Nach dem - Einsturz vom 15. Mai 1975 wurde die Brücke bis auf den Unterbau vom Landwirt D und anderen Interessenten auf ihre Kosten mit einem Materialaufwand von 55 919.30 S neu erbaut.

Bei der Besichtigung der Brücke durch den Fuhrparkleiter der Klägerin Josef S vor Beginn der Holzabfuhr zeigten die Lärchenstämme leicht morsche Ansätze. Bedenken gegen die Tragfähigkeit der Brücke bei einer angekundigten Gesamtbelastung von zirka 20 t wurden vom Verkäufer des Holzes mit der Erklärung zerstreut, daß die Brücke schon schweren Belastungen durch die Lawinen- und Wildbachverbauung ausgesetzt gewesen sei. Die Holzabfuhr der Klägerin wurde der Beklagten nicht gemeldet. Sie begann im März 1975; bis zum Einbrechen der Brücke wurden etwa 15 Fuhren mit einem Gesamtgewicht von jeweils 20 bis 22 t durchgeführt. Der am 15. Mai 1975 verunglückte LKW Steyr-Fiat 490 hatte ein Gesamtgewicht von 22 t; unter ihm brachen drei der insgesamt sechs oder sieben Lärchenrundhölzer komplett ab.

Das Erstgericht war der Ansicht, daß die A-Brücke eine Einheit mit dem südlich des Baches gelegenen "Interessentenweg" bilde und als Einschichtweg im Sinne des § 3 Z. 6 Kärntner Straßengesetz 1966 (im folgenden StrG 1966) anzusehen sei, für den gemäß § 22 StrG 1966 die Benützer, nicht aber die beklagte Gemeinde erhaltungspflichtig seien. Damit scheide eine Haftung nach § 9 StrG 1966 aus. Die erst am 1. Jänner 1976 in Wirksamkeit getretenen Bestimmungen des § 1319a ABGB seien auf den gegenständlichen Schadensfall nicht anzuwenden und die Beklagte auch nicht Halterin im Sinne dieser Gesetzesstelle. Die Beklagte hafte aber auch nicht nach den Bestimmungen des Amtshaftungsgesetzes, weil sie es etwa als Straßenaufsichtsbehörde schuldhaft unterlassen habe, auf allfällige Gefahren der Brückenbenützung hinzuweisen, die hiezu erforderlichen Verbote zu erlassen und entsprechende Verkehrszeichen aufzustellen. Die primitive Bauart der Brücke sei nämlich für jedermann erkennbar gewesen. Den Benützern habe klar sein müssen, daß an die Brücke derartige Höchstanforderungen nicht gestellt werden dürften. Den Organen der Beklagten sei von einem Schwerverkehr über die Brücke nichts bekannt gewesen. Die Einleitung eines wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens sei nicht erforderlich gewesen. Die Klägerin habe die Brücke auf eigene Gefahr benützt, da sie sich trotz der von ihrem Fuhrparkleiter wahrgenommenen Mängel und geäußerten Bedenken nicht über die Tragfähigkeit der Brücke für ihre Schwertransporte vergewissert habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und änderte das angefochtene Urteil dahin gehend ab, daß es die Beklagte zur Zahlung von 135 099.97 S samt Stufenzinsen verpflichtete, das Mehrbegehren auf Zahlung von 18% Umsatzsteuer aus den jeweiligen Zinsen aber abwies. Es stellte ergänzend fest, daß es sich bei dem Grundstück 680/5 KG N um "öffentliches Gut" handle. Die "Feststellung" des Erstgerichtes, daß der G-Grabenweg ein "Interessentenweg" sei, stelle in Wahrheit eine rechtliche Beurteilung dar, die das Berufungsgericht jedoch nicht zu teilen vermöge. Das öffentliche Straßenverwaltungsrecht bezeichne als "Interessentenstraße" jene niedrigste Gruppe öffentlicher Straßen, die nur einen bestimmten, mit der Gesamtheit der Gemeindebewohner nicht zusammenfallenden Kreis von Benützern - vorwiegend Anrainern - dienten, und in den Landesstraßengesetzen als "Ortschaftswege", "Einschichtenwege",; "Verbindungswege", aber auch als "öffentliche Interessentenwege", "Konkurrenzwege" oder "Güterwege" bezeichnet würden. Träger der Straßenbaulast sei bei dieser Art von Straßen die Gesamtheit der an ihrer Herstellung und Erhaltung interessierten Personen. Das Kärntner Straßenverwaltungsrecht kenne den Begriff des "Interessentenweges" nicht. Das auf den gegenständlichen Vorfall anzuwendende Kärntner Straßengesetz 1971 (StrG) sei auf alle öffentlichen Straßen (mit Ausnahmen der Bundesstraßen) anzuwenden, die entweder dem allgemeinen Verkehr nach den Bestimmungen des § 3 StrG ausdrücklich (§ 2 Abs. 1 lit. a StrG) oder stillschweigend gewidmet seien, indem sie in langjähriger Übung seit mindestens 30 Jahren allgemein ohne Beschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benützungsberechtigten und unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten zum Verkehr benützt würden und einem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis dienten (§ 2 Abs. 1 lit. b StrG); die dem allgemeinen Verkehr im Sinne des § 2 Abs. 1. a StrG ausdrücklich gewidmeten Straßen würden im § 3 StrG in Gemeindestraßen (Z. 4) Ortschaftswege (Z. 5) und Verbindungswege (Z. 6), bis zur Straßengesetznovelle, LGBl. 1970/57, als "Einschichten" wege" bezeichnet, eingeteilt. Verbindungswege seien Wege, die überwiegend einem durch den Verlauf des Weges vorausbestimmten Personenkreis dienten oder in dessen Interesse die Verbindung mit Straßen höherer Ordnung herstellten. Diese Begriffsbestimmung träfe an sich auf den G-Grabenweg zu, doch fehle es an einer ausdrücklichen Widmung durch Beschluß des Gemeinderates (§§ 3 Z. 6, 22 StrG). Der G-Grabenweg könne daher nicht als öffentliche Straße im Sinne der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 lit. a StrG angesehen werden. Die Bestimmungen über, Inhalt, Umfang und Träger der Straßenbaulast sowie über die Haftung - insbesondere hinsichtlich der Ortschafts- und Verbindungswege - seien aber kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmungen (§§ 7 Z. 5, 8, 9 und 23 Abs. 1 StrG) nur auf die im § 2 Abs. 1 lit. a StrG genannten öffentlichen Straßen und daher nicht für den G-Grabenweg und die dazugehörige A-Brücke anzuwenden. Damit komme die Bestimmung des § 23 Abs. 1 StrG über die Kostentragung durch die Interessenten nicht zur Anwendung; abgesehen davon, sei aber gemäß § 61 Abs. 1 StrG hinsichtlich der Ortschafts- und Einschichtenwege auch die Gemeinde als straßenerhaltungspflichtig anzusehen.

Für den G-Grabenweg sei daher kein nach öffentlichem (Straßenverwaltungs-)Recht zur Straßenerhaltung Verpflichteter vorhanden, gleichgültig, ob man diese Verkehrsfläche überhaupt nicht als öffentliche Straße oder als öffentliche Straße im Sinne des § 1 Abs. 1 lit. b StrG ansehen wollte. Die Frage der Wegehaftung müsse daher nach bürgerlichem Recht gelöst werden. Sowohl das Grundstück 1773/1 KG M als auch der G-Grabenweg, Grundstück 680/5 KG N, die durch die GA-Brücke verbunden wurden, seien öffentliches Gut, also ein durch den Gemeingebrauch beschränktes Eigentum einer Gebietskörperschaft, wobei im Zweifel Eigentum der Gemeinde zu vermuten sei. Als Eigentümerin des öffentlichen Gutes der beiden genannten Wege sei die Gemeinde zufolge § 297 ABGB auch Eigentümerin der A-Brücke. Zu dem im Eigentum der Republik stehenden Wassergut gehöre die den G-Bach überspannende Brücke nicht, da dazu nur das Wasserbett, also die in der Regel vom Wasser überflutete Grundfläche, zähle und nach § 4 Abs. 3 WRG Grundstücke, die zu einer öffentlichen Straße oder Weganlage gehörten, nicht öffentliches Wassergut seien.

Die Beklagte habe als Eigentümerin der Grundstücke 1773/1 KG M und 680/5 KG N schon durch die dem öffentlichen Gut essentielle Widmung zum Gemeingebrauch auf dem darüberführenden Weg einen öffentlichen Verkehr - auch im Sinne der StVO - eröffnet und geduldet und sei daher verpflichtet, die Verkehrsteilnehmer vor Gefahren zu schützen oder zumindest zu warnen. Diese Verkehrssicherungspflicht umfasse auch die GA-Brücke, die nicht nur nach sachenrechtlichen Grundsätzen, sondern auch nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z. 1 StVO Bestandteil eines Weges sei. Die Verkehrsicherungspflicht dürfe zwar nicht überspannt werden; so könne nicht verlangt werden, daß die Beklagte ohne Rücksicht auf ihre Leistungsfähigkeit alle Straßen, Wege und Brücken so dimensioniere und erhalte, daß sie mit allen Fahrzeugen gefahrlos befahren werden könnten. Wenn aber der Bauzustand einer Brücke so sei, daß sie nicht von allen Fahrzeugen gefahrlos benützt werden könnte, hätte die verkehrssicherungspflichtige Beklagte entweder die Beschränkung des Gemeindegebrauches anordnen oder die erforderlichen Schritte bei der zuständigen Straßenaufsichtsbehörde unternehmen müssen. Die Pflicht zur Erhaltung einer Straße umfasse auch die Verpflichtung, diese mit allen, den Vorschriften entsprechenden Einrichtungen zu versehen und insbesondere Verkehrszeichen anzubringen oder anbringen zu lassen, Gefahrenstellen kenntlich zu machen und Gewichtsbeschränkungen zu veranlassen. Zum wirksamen Hinweis der Verkehrsteilnehmer wäre die Anbringung des Verbotszeichens nach § 52 lit. a Z. 9 c StVO erforderlich gewesen; diese Gewichtsbeschränkung hätte die Beklagte zwar nicht anordnen dürfen (§ 43 Abs. 1 StVO), sie wäre jedoch gemäß § 98 Abs. 4 StVO verpflichtet gewesen, der Behörde die Umstände, die in der Anlage oder Beschaffenheit einer Straße begrundet seien und für die Erlassung einer Verordnung nach § 43 StVO maßgebend sein konnten, bekanntzugeben. Da keine Verkehrsbeschränkungen angeordnet waren, habe die Beklagte damit rechnen müssen, daß die Brücke auch von schwereren Fahrzeugen als Traktoren und Unimogs befahren werde. Die Beklagte habe sich aber um den Zustand, die Tragfähigkeit und die Erhaltung der Brücke überhaupt nicht gekümmert, obwohl seit der Verbreiterung des Weges und der Verstärkung der Brücke jahrelang die Möglichkeit ganzjähriger Holzbringung bestand; zumindest die Veranlassung einer Gewichtsbeschränkung wäre der Beklagten mangels besonderer Kosten auch wirtschaftlich zumutbar gewesen. Diese Unterlassung hebe sich aus der Menge der auch für den Sorgsamsten nie vermeidbaren Fahrlässigkeitshandlungen als auffallende Sorglosigkeit heraus, so daß der Beklagten grobe Fahrlässigkeit zu Last falle. Die Beklagte würde aber auch bei leichtem Verschulden haften, da die Beschränkung der Haftung auf grobes Verschulden auf Verletzung von Verkehrssicherungspflichten ebensowenig angewendet werden könne wie auf die ebenfalls in Betracht kommende Haftung nach § 1319 ABGB. Auch eine Brücke sei nämlich ein Werk. Die Beklagte müsse als "Besitzerin" der A-Brücke angesehen werden. Auch als Eigentümerin dieses Werkes sei sie verpflichtet gewesen, die Gefahr eines Schadens zumindest durch Bekanntgabe der beschränkten Tragfähigkeit an die Straßenaufsichtsbehörde rechtzeitig abzuwenden. Der Beklagten sei der nach § 1319 ABGB mögliche Entlastungsbeweis nicht gelungen. Die Haftung der Beklagten sei daher zu bejahen. Allerdings sei das Amtshaftungsgesetz nicht anwendbar, weil die Straßenverwaltung und im besonderen die Straßenerhaltung Privatwirtschaftsverwaltung sei. Die Frage, ob als weiterer Haftungsgrund die Unterlassung der Einholung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die (Wieder-)Errichtung der Brücke in Betracht komme, könne bei dieser Rechtslage auf sich beruhen.

Die Beklagte sei durch die von der Klägerin vorgenommene Anrechnung eines gleichteiligen Eigenverschuldens von 50% nicht beschwert. Grundsätzlich sei ein LKW-Lenker nicht verpflichtet, bei Fehlen jeglicher Gewichtsbeschränkungen und besonderer Hinweise, aus der Dimensionierung irgendwelche Rückschlüsse auf die Tragfähigkeit einer Brücke zu ziehen. Wenn der Fuhrparkleiter der Klägerin dennoch vor Beginn der Holzabfuhr die Brücke besichtigt und hiebei leicht morsche Ansätze festgestellt, sich aber dann auf die Zusicherung des Holzverkäufers verlassen habe, daß die Brücke schon schwereren Belastungen ausgesetzt gewesen sei, sei der darin liegenden Nachlässigkeit durch die Schadensteilung ausreichend Rechnung getragen worden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Berufungsgericht legte zutreffend dar, daß für die klagesgegenständliche, zum G-Grabenweg gehörende A-Brücke trotz Verzeichnung dieses Weges im öffentlichen Gut der KG N ein nach den einschlägigen Straßenverwaltungsvorschriften des Bundeslandes Kärnten Straßenerhaltungspflichtiger im Sinne des § 7 Krnt. StrG 1971, LGBl. 48/1971 (Wiederverlautbarung des StrG 1966), nicht vorhanden ist. Nach diesem Gesetz ist nämlich, wie das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Lehre (Krzizek, Das öffentliche Wegerecht, 107 f.) zutreffend erkannte, für alle Gruppen öffentlicher Straßen eine ausdrückliche Erklärung der jeweils zuständigen Straßenbehörde erforderlich, durch die die Straße erst einer bestimmten Kategorie der im § 3 StrG aufgezählten Straßen zugeordnet wird. Diese Einteilung der öffentlichen Straßen in § 3 StrG betrifft nur jene Straßen im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a StrG, die dem allgemeinen Verkehr nach der Bestimmungen des § 3 ausdrücklich durch Erklärung, gewidmet wurden. Daneben gibt es zwar auch noch öffentliche Straßen im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. b StrG, die auf stillschweigender Widmung beruhen. Erforderlich ist, daß sie in langjähriger Übung seit mindestens 30 Jahren allgemein ohne Einschränkung auf einen bestimmten Kreis von Benützungsberechtigten und unabhängig von einer ausdrücklichen Bewilligung des über die Straßengrundfläche Verfügungsberechtigten zum Verkehr benützt werden, wenn sie einem allgemein dringenden Verkehrsbedürfnis dienen. Die Bestimmungen über die Straßenerhaltungspflicht (§ 7 StrG) beziehen sich aber nur auf die im § 3 genannten Straßengruppen, die Regelungen über den Umfang der Straßenerhaltungspflicht (§ 8 StrG) und über die Haftung (§ 9 StrG) sind ebenfalls ausdrücklich auf die im § 2 Abs. 1 lit. a StrG genannten Straßen beschränkt.

Das Berufungsgericht hat aber auch darin Recht, daß der G-Grabenweg auch nicht unter die im § 2 Abs. 1 lit. b StrG genannten Straßen eingereiht werden kann, weil er schon nach seiner Anlage nur von einem sehr engen Personenkreis benützt wird und es damit an einem allgemeinen dringenden Verkehrsbedürfnis fehlt (vgl. die zu § 2 Bgld. Straßenverwaltungsgesetz ergangene Entscheidung 1 Ob 652/76). Im übrigen würde aber die Zuordnung des G-Grabenweges zu den in § 2 Abs. 1 lit. b StrG genannten Straßen am Fehlen eines zur Straßenerhaltung Verpflichteten nichts ändern, weil der Weg dann zwar eine öffentliche Straße im Sinne des öffentlichen Wegerechtes wäre, aber keiner Gruppe öffentlicher Straßen angehörte und für ihn kein Straßenerhalter vorhanden wäre (Krzizek a. a. O.).

Die Öffentlichkeit des Weges kann aber auch aus der Verzeichnung des Grundstückes 680/5 KG N im öffentlichen Gut nicht abgeleitet werden, weil gemäß § 2 Abs. 3 StrG die Widmung einer Grundfläche als öffentliche Straße von ihrer Bezeichnung im Grundbuche und in den Grundstücksverzeichnissen unabhängig ist.

Diese Eintragung weist jedoch, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffend erkannte, auf ein Privateigentum der Gemeinde hin, mag auch die Aufnahme eines Grundstückes in das Verzeichnis des Öffentlichen Gutes ohne Einverleibung des Eigentums für einen bestimmten Rechtsträger (vgl. § 12 AllGAG) nur zu Evidenzzwecken erfolgen und keine konstitutive Wirkung hervorbringen (EvBl. 1968/212 mit weiteren Nachweisen; 4 Ob 596/75). Das Eigentum am öffentlichen Gut steht nach herrschender Lehre dann, wenn sich weder aus dem Grundbuch noch aus dem Gesetz etwas anderes ergibt, dem Bund, dem Land oder der Gemeinde zu, in deren Gebiet sich das Grundstück befindet (Ehrenzweig I/2, 6 f.; Klang[2] II, 4;

Adamovich, Handbuch des Verwaltungsrechtes[5] II, 90; RZ 1959, 177;

JBl. 1961, 155; SZ 34/49; EvBl. 1972/142; 4 Ob 596/75). Es ist aber auch richtig, daß das klagsgegenständliche Weggrundstück nicht im Eigentum irgendeiner anderen Gebietskörperschaft, sondern, da sich auch zu dieser Frage weder aus dem Grundbuch noch aus dem Gesetz Entgegenstehendes ergibt, nur im Eigentum der beklagten Gemeinde stehen kann, bildet es doch die Fortsetzung eines Gemeindeweges in entlegene, auf andere Weise nicht mehr über das öffentliche Wegnetz erreichbare Waldungen, so daß als Eigentümer der Straßengrundfläche weder Bund noch Land in Frage kommen (vgl. § 61 Abs. 4 StrG), Darüber hinaus kann mit dem Berufungsgericht ganz allgemein gesagt werden, daß öffentliches Gut im Zweifel Gemeindegut ist (vgl. GIU 13 267, GIUNF 5030; kritisch Krzizek a. a. O., 84). Der Grundsatz, daß dort, wo Rechte der Allgemeinheit (des "Publikums") im Spiele sind, im Zweifel die kleinste Gebietskörperschaft als zuständiger Rechtsträger angesehen wird, ist der Rechtsprechung nicht fremd. Die Befugnis, kraft Ersitzung den Erwerb von Wegerechten, Skiabfahrten und ähnlichen Rechten (vgl. etwa JBl. 1978, 144 und 257; EvBl. 1978/165), die von der Allgemeinheit, von einem bestimmten Personenkreis, nämlich entweder den Gemeindebürgern oder aber auch vom Touristenpublikum, in Anspruch genommen werden, geltend zu machen, wird der Gemeinde zugebilligt. In dieser Zuordnung manifestiert sich der Grundsatz des Art. 118 Abs. 2 B-VG, wonach der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde alle Angelegenheiten umfaßt, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Daß sich dieser Grundsatz, mit dem der eigene Wirkungsbereich der Gemeinde umschrieben wird, nicht nur auf die bezieht, ergibt sich aus der Verweisung in Art. 118 Abs. 2 B-VG behördlichen Aufgaben der Gemeinde (Art. 118 Abs. 3 B-VG) auf Art. 1 16 Abs. 2 B-VG. Zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehört danach u. a. auch ihr Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen. Daraus folgt aber, daß der Gemeinde auch die Verwaltung des öffentlichen Gutes so weit anvertraut ist, als es in ihrem - objektiv zu beurteilendem (VwGH Slg. NF 7210 A) - Interesse liegt und die Gemeinde geeignet ist, die Verwaltung innerhalb ihrer örtlichen Grenzen zu besorgen. Öffentliches Gut der Gebietskörperschaften hat daher, soweit sich aus dem Grundbuch, aus Gesetzen und Anordnungen der Verwaltungsbehörde nichts anderes ergibt, als Gemeindegut (§ 288 ABGB) zu gelten. Das Berufungsgericht hat daher die Beklagte zutreffend als Eigentümerin des Grundstückes 680/5 KG N betrachtet. Dem tritt die Revisionswerberin auch nicht mehr entgegen; sie geht vielmehr selbst davon aus, daß sich aus dem festgestellten Sachverhalt eindeutig ergeben habe, daß sie Eigentümerin der A-Brücke sei und daß derjenige, der auf einem ihm gehörenden oder seiner Verfügung unterstehenden Grund und Boden einen Verkehr für Menschen eröffnet, für die Verkehrssicherung Sorge zu tragen haben. Dies gilt auch für das Privateigentum einer Gebietskörperschaft, weil ihr Verhältnis zu den ihr gehörenden, obwohl dem allgemeinen Gebrauch dienenden Sachen privatrechtlicher Natur ist (vgl. § 290 ABGB; 7 Ob 527/78).

Dennoch meint die Revisionswerberin, nicht haften zu müssen, weil die Verkehrssicherungspflicht nicht sie, sondern die Anrainer getroffen habe, denen einzig und allein die tatsächliche Verfügung über die A-Brücke zugekommen sei und die daher als Straßenhalter anzusehen seien. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, daß die Verkehrssicherungspflicht jeden trifft, der einen Verkehr über eine seiner Verfügungsgewalt dienende Anlage bloß duldet (SZ 46/78; 7 Ob 811/76). Der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin) stand als Eigentümerin des Weges und der Brücke die rechtliche Verfügungsgewalt über die Anlage zu, die sie in die Lage setzte, die entsprechenden Verfügungen hinsichtlich der Benützung und Erhaltung zu treffen. Sie kann die Verantwortung hiefür nicht dadurch von sich abschieben, daß sie darauf verweist, dritte Personen hätten die tatsächliche Verfügungsgewalt ausgeübt. Eine Rechtspflicht dieser Personen zur Straßenerhaltung, die ihre eigene ausschlösse, hat die Beklagte nicht darzutun vermocht. Ihre Sache (bzw. Sache ihrer Rechtsvorgängerin) wäre es gewesen, den G-Grabenweg samt Brücke zum Verbindungsweg (§ 3 Z. 6 StrG) zu erklären und damit die Straßenerhaltungspflicht (§ 7 Z. 5 StrG) auf die in § 23 Abs.1 StrG genannten Kostenträger, unbeschadet ihrer weiteren Pflicht zur Straßenverwaltung gemäß § 61 Abs. 1 und 2 StrG (vgl. SZ 47/39), abzuwälzen oder die rechtliche Verfügungsmacht nach Privatrechtsgrundsätzen an die an der Erhaltung des Weges Interessierten zu übertragen. Den Organen der eingemeindeten (vgl. SZ 45/1) Rechtsvorgängerin der Beklagten war bekannt, daß die Brücke zur Holzbringung mit Traktoren und Unimogs verwendet wurde. Solange sie die ihr gehörige Anlage zu diesem Zweck offenhielt, traf sie auch die Verkehrssicherungspflicht (SZ 30/22; 7 Ob 811/76). Diese hat sie jedoch nach ihrem eigenen Vorbringen dadurch, daß sie sich um den Zustand von Weg und Brücke nie kümmerte, schuldhaft verletzt.

Vor allem die mit Gemeinderatsbeschluß vom 19. November 1977 bewilligte Übernahme des Güterweges G-L bis zur A-Brücke hätte den zuständigen Gemeindeorganen in Erinnerung bringen müssen, daß der von diesem Weg abzweigende G-Grabenweg und die dazugehörige des öffentlichen Gutes ihrer Obsorge bedürfen, Der Auffassung des Berufungsgerichtes, daß die Beklagte (ihre Rechtsvorgängerin) zumindest verpflichtet gewesen wäre, bei dem an den öffentlichen Weg unmittelbar anschließenden G-Grabenweg die Anbringung eines Hinweises auf die zulässige Belastung der A-Brücke zu veranlassen, ist daher beizupflichten. Da sich der Unfall vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen des § 1319a ABGB ereignete, die eine Vereinheitlichung der Haftung für den Zustand eines Weges brachte, haftet die Beklagte aus der Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht sowie nach § 1319 ABGB auch für leichte Fahrlässigkeit.

Bei dieser Sachlage erübrigt es sich, auf den weiteren von der Klägerin herangezogenen Haftungsgrund, daß es die Rechtsvorgängerin der Beklagten unterlassen habe, bei der Wiedererrichtung der A-Brücke ein wasserrechtliches Bewilligungsverfahren zu beantragen, einzugehen.

Der Umstand, daß der Fuhrparkleiter der Klägerin leichte Ansätze von Vermorschungen an den Trägern feststellte, sich aber durch die Versicherung des Holzverkäufers, daß die Brücke schon schwereren Belastungen standgehalten habe, beruhigen ließ, kann die Beklagte von ihrer Verantwortlichkeit dafür, daß sie es an jedem Hinweis auf die Tragkraft der Brücke fehlen ließ, nicht befreien. Die Klägerin hat der Nachlässigkeit ihrer Bediensteten durch Anrechnung eines gleichteiligen Eigenverschuldens jedenfalls Rechnung getragen, zumal die Pflicht, aus der Bauart und Dimensionierung einer Brücke Rückschlüsse auf ihre Tragfähigkeit zu ziehen, nicht den LKW-Lenker der Klägerin, sondern die Organe der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten traf (vgl. ZVR 1978/105). Bei dieser Sachlage kann in der Annahme eines gleichteiligen Verschuldens der Organe der Beklagten ein Rechtsirrtum nicht erkannt werden.

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