OGH 10Os31/79

OGH10Os31/7928.3.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 28.März 1979 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Racek sowie in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, Dr. Bernardini, Dr. Friedrich und Dr. Walenta als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Jelinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Bruno A und Karl B wegen des Verbrechens des Diebstahls nach § 127 ff. StGB und eines anderen Delikts über die vom Angeklagten Bruno A erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und die von den Angeklagten Bruno A und Karl B erhobenen Berufungen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.November 1978, GZ. 2 c Vr 1630/78-79, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich, der Ausführungen der Verteidiger Dr. Oehlzand und Dr. Pokorny und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Die Berufung des Angeklagten Bruno A wird, soweit sie die bedingte Strafnachsicht anstrebt, zurückgewiesen.

Im übrigen wird ihr und der Berufung des Angeklagten Karl B nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen beiden Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochenen Urteil wurde u.a. der am 28.September 1955 geborene Elektriker Bruno A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 StGB (Punkt A/I/ des Urteilssatzes) und des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (Punkt C/ des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Nach den zum Schuldspruchfaktum C/ getroffenen Urteilsfeststellungen wurde der Angeklagte Bruno A am 13.Oktober 1977 unter dem Verdacht, gemeinsam mit einem unbekannt gebliebenen Burschen versucht zu haben, den Justizwachebeamten Othmar C durch Messerstiche zu verletzen, festgenommen und in das Bezirkspolizeikommissariat Neubau überstellt. Dort verlangte der rauschgiftsüchtige Angeklagte, dem Amtsarzt vorgeführt zu werden, da er an Entzugserscheinungen litt. Um diesem Begehren Nachdruck zu verleihen, zerschlug er gegen 18 Uhr 40 vorsätzlich eine Fensterscheibe der Arrestzelle im Ausmaß von ca. 40 x 60 cm und fügte sich mit einem Glassplitter an der inneren Seite des linken Unterarmes und des rechten Mittelfingers Schnittwunden zu.

Nur in diesem Teil des Schuldspruchs bekämpft der Angeklagte Bruno A das Urteil mit einer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs. 1 Z. 9 (lit. a) StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, in der er geltend macht, seine Absicht sei nicht auf die Beschädigung der Glasscheibe der Zelle des Bezirkspolizeikommissariates Neubau, sondern darauf gerichtet gewesen, sich mit den Glassplittern am linken Unterarm die Pulsadern aufzuschneiden und Selbstmord zu begehen, worüber vom Erstgericht infolge einer unrichtigen Rechtsansicht keine Feststellungen getroffen worden seien.

Rechtliche Beurteilung

Die Beschwerde ist unbegründet.

Für die Verwirklichung des Tatbestandes der Sachbeschädigung reicht auf der inneren Tatseite (einfacher) Vorsatz im Sinne des § 5 Abs. 1 StGB aus; absichtliches Handeln entsprechend § 5 Abs. 2 StGB ist nicht erforderlich. Es genügt daher, wenn der Täter, mögen die von ihm (primär) bezweckten Folgen seiner Handlungsweise auch andere sein, dabei einen zu einer Beschädigung fremden Eigentums führenden Ereignisablauf hinzunehmen gewillt ist. Daß das Gericht vorliegend als erwiesen annahm, der Angeklagte A sei sich des seiner Handlungsweise entspringenden Sachverhalts einer Eigentumsbeschädigung bewußt gewesen und habe sie gewollt, kommt unmißverständlich in der Urteilsfeststellung zum Ausdruck, er habe, um seine raschere Vorführung zum Amtsarzt zu erreichen, die Fensterscheibe der Arrestzelle des Bezirkspolizeikommissariates Neubau vorsätzlich zerschlagen (Band II, S. 164 d.A.). Soweit der Beschwerdeführer diese - in seinen eigenen Angaben gedeckte und mit dem Hinweis auf diese auch zureichend begründete (Band I, S. 65 a, Band II, S. 123, 145, 170 d.A.) - Tatsachenannahme unberücksichtigt läßt, bringt er den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung. Geht man jedoch von den im Urteil getroffenen Feststellungen aus, so erfolgte die Unterstellung des dort konstatierten Verhaltens des Angeklagten A unter den Tatbestand nach § 125

StGB frei von Rechtsirrtum. Aus welchen Beweggründen der Angeklagte fremdes Eigentum beschädigte, ist nach dem Gesagten ohne entscheidungswesentliche Bedeutung. Im vorliegenden Fall kommt es daher - den Beschwerdeausführungen zuwider - nicht darauf an, ob bloß das Bestreben, seinem Begehren nach Vorführung zu einem Amtsarzt Nachdruck zu verleihen, das Motiv seines Handelns bildete oder ob er sich (schon bei der Zertrümmerung) darüber hinaus auch mit dem Gedanken trug, sich mit einem Splitter der zerschlagenen Glasscheibe in Selbstmordabsicht Verletzungen zuzufügen (was er allerdings selbst in seiner Verantwortung bisher gar nicht behauptet hatte). Soweit der Beschwerdeführer Konstatierungen in dieser Richtung im angefochtenen Urteil vermißt, vermag er demnach keinen auf einer unrichtigen Gesetzesauslegung beruhenden Feststellungsmangel im Sinne der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO aufzuzeigen.

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Bruno A war sohin zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten Bruno A nach § 28, 128 Abs. 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren. Bei der Strafbemessung sah es die auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Vorstrafen, den raschen Rückfall, das Zusammentreffen mehrerer (zweier) strafbarer Handlungen und den hohen Schaden (rund 250.000 S) als erschwerend an; als mildernd wurden das Geständnis und die teilweise objektive Schadensgutmachung gewertet.

Mit dem gegenständlichen Urteil erkannte das Schöffengericht weiters den 22 Jahre alten Hilfsarbeiter Karl B des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach § 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1 und 15 StGB schuldig, weil er, teilweise in Gesellschaft des Mitangeklagten A, in zahlreichen Angriffen verschiedenen Personen die im Spruch des erstgerichtlichen Urteils angeführten Gegenstände weggenommen hatte, wobei es im Faktum B beim Versuch geblieben war.

über Karl B wurde nach § 128 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von achtzehn Monaten verhängt.

Erschwerend waren bei diesem Angeklagten der hohe, die Grenze von 100.000 S mehrfach übersteigende Schadensbetrag (rund 300.000 S) und die zahlreichen Tathandlungen; als mildernd nahm das Erstgericht das freimütige Geständnis, die teilweise objektive Schadensgutmachung und den bisherigen ordentlichen Lebenswandel an.

In ihren Berufungsschriften streben beide Angeklagten eine Strafermäßigung an.

Den Berufungen kommt keine Berechtigung zu.

Die vom Angeklagten A behauptete innere Umkehr nach Erbeutung von Werten in der Größenordnung von rund 250.000 S kann nicht mehr mildernd wirken. Die Drogenabhängigkeit bzw. der (ihretwegen) herabgesetzte psychische Widerstand kann unter den gegebenen Umständen nicht als Milderungsgrund berücksichtigt werden, zumal der Suchtmittelkonsum praktisch nur im Bereich der Rechtswidrigkeit verwirklicht und der dem Täter hieraus zu machende Vorwurf, jedenfalls regelmäßig schwerer wiegen wird, als die dadurch bewirkte verminderte Zurechnungsfähigkeit. Zieht man zu all dem die Vorstrafenbelastung des Angeklagten A in Betracht, so ist die in erster Instanz über ihn verhängte Strafe keineswegs überhöht. Das Vorbringen im Berufungsvortrag vor dem Obersten Gerichtshof, A wolle in der Haft einer Behandlung (Entwöhnung) unterzogen werden, womit der ursprüngliche (verspätete) Antrag auf Unterbringung nach § 22 StGB modifiziert wurde, wirft unter diesen Umständen lediglich eine Frage des Strafvollzugs auf.

Der erst im Gerichtstag gestellte Berufungsantrag der Verteidigerin des Angeklagten A auf Gewährung der bedingten Strafnachsicht war als verspätet zurückzuweisen.

Hinsichtlich des Angeklagten B hat das Erstgericht übersehen, daß es in einem Faktum beim Versuch geblieben ist (B). Diesem weiteren Milderungsgrund kommt aber im Hinblick auf die zahlreichen vollendeten und von einem hohen Schaden begleiteten Diebstähle des Berufungswerbers kaum praktisches Gewicht zu. Die Tatsache, daß im Faktum D der Schaden zum Teil durch die Versicherung gedeckt ist, wurde in Form des Milderungsgrunds der teilweisen objektiven Schadensgutmachung ohnehin dem Beschwerdeführer zugute gebracht. Daß die Schadenssumme mehrfach die Grenze von 100.000 S übersteigt, wurde zu Recht als erschwerend angenommen, denn die gesetzliche Qualifikation stellt ja nur auf die einfache überschreitung der Wertgrenze ab.

Laut Urteilsfeststellung II. Bd., S. 172, 173 hat B seinerzeit (Jahresbeginn 1978) eine geregelte Erwerbstätigkeit aufgegeben, um die Befriedigung seiner Gläubiger zu vereiteln und hat sich entschlossen, seinen Unterhalt aus dem Erlös der Diebstähle zu bestreiten.

Dieses sohin konstatierte Verhalten läuft (faktisch) auf Gewerbsmäßigkeit im Sinn der § 70, 130 StGB hinaus. Nach Lage des Falles und mit Rücksicht auf die oben angeführten Erwägungen kommt eine Strafherabsetzung auch bei Karl B nicht in Betracht.

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