OGH 5Nd506/79

OGH5Nd506/7920.3.1979

SZ 52/46

Normen

EO §81 Z3
Internationales Privatrechts-Gesetz §14
Internationales Privatrechts-Gesetz §51 Abs2 Z9
JN §28
TEG §12
TEG §13
EO §81 Z3
Internationales Privatrechts-Gesetz §14
Internationales Privatrechts-Gesetz §51 Abs2 Z9
JN §28
TEG §12
TEG §13

 

Spruch:

Hatte der verschollene Österreicher seinen letzten Wohnsitz bzw. Aufenthalt im Ausland, ist gemäß § 28 JN in Österreich ein als örtlich zuständig geltendes Gericht für die Todeserklärung zu bestimmen. An dieser Rechtslage hat sich dadurch, daß § 12 TodErklG 1950 gemäß § 51 Abs. 2 Z. 9 IPR-Gesetz, BGBl. 304/1978, mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes seine Wirksamkeit verloren hat, nichts geändert

OGH 20. März 1979, 5 Nd 506/79

Text

Der Oberste Gerichtshof bestimmte für die Entscheidung über das Ansuchen der Staatsanwaltschaft Wien um eine Todeserklärung der österreichischen Staatsbürgerin L Sch. das Landesgericht für ZRS Wien als örtlich zuständiges Gericht.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 13 Abs. 1 TEG 1950 ist zur Todeserklärung eines Verschollenen der Gerichtshof erster Instanz zuständig, in dessen Sprengel der Verschollene seinen letzten Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen letzten Aufenthalt hatte. Unter dem letzten Wohnsitz bzw. Aufenthalt im Sinne dieser Gesetzesstelle ist nicht der letzte inländische Wohnsitz bzw. Aufenthalt, sondern jener zu verstehen, den der Verschollene unmittelbar vor dem Eintritt seiner Verschollenheit hatte. Das ergibt sich daraus, daß der Gesetzgeber dort, wo er den letzten inländischen Wohnsitz bzw. Aufenthalt meint, dies ausdrücklich sagt (s. etwa § 67 Satz 2 JN und § 12 Abs. 4 EntmO, aber auch §§ 106 und 109 Abs. 1 JN; vgl. ferner den Bericht der juridischen Kommission des Herrenhauses zu § 1 des Gesetzes betreffend das Verfahren zum Zwecke der Todeserklärung und der Beweisführung des Todes, RGBl. 20/1883, über die Motive dieser Zuständigkeitsregelung, abgedruckt bei Strobele, Todeserklärung und Beweisführung des Todes, 110, sowie Strobele o. a. a. O., 56, Anm. 5 zu § 1 dieses Gesetzes; gegenteiliger Meinung die nicht näher begrundeten Entscheidungen 3 Nd 53/56, 3 Nd 54/56, 3 Nd 74/56 und EvBl. 1956/137, denen jedoch aus den vorangeführten Erwägungen nicht gefolgt werden kann). Im gegebenen Fall (letzter Wohnsitz der Verschollenen war in Triest) fehlt ein örtlich zuständiges inländisches Gericht, so daß die im § 28 JN zweitgenannte Voraussetzung für dessen Anwendbarkeit zutrifft.

Gemäß § 81 Z. 3 EO versagt Österreich ausländischen Exekutionstiteln, die den Personenstand eines österreichischen Staatsbürgers betreffen, grundsätzlich - d. h., wenn nicht durch Staatsvertrag oder Gesetz etwas anderes bestimmt wird - die Anerkennung im Inland. Dem entspricht, daß für Angelegenheiten des Personenstandes von Österreichern (von den vorerwähnten Ausnahmen abgesehen) ausschließlich die österreichische Gerichtsbarkeit in Anspruch genommen wird. Da für die Todeserklärung eines österreichischen Staatsbürgers eine derartige Ausnahme nicht besteht, ist mithin für diese Angelegenheit die inländische Gerichtsbarkeit ohne Rücksicht darauf zu bejahen, wo dieser unmittelbar vor dem Eintritt der Verschollenheit seinen Wohnsitz bzw. Aufenthalt hatte. Hatte der verschollene Österreicher seinen letzten Wohnsitz bzw. Aufenthalt im Ausland, ist daher gemäß § 28 JN in Österreich ein als örtlich zuständig geltendes Gericht für die Todeserklärung zu bestimmen (Strobele a. a. O., 56 Anm. 5 zu § 1 des Gesetzes RGBl. 20/1883; Sabaditsch, Todeserklärung und Staatsangehörigkeit, ÖJZ 1946, 333 f.; derselbe, Die Gesetzgebung über Verschollenheit, Todeserklärung und Beweisführung des Todes, 42 und 45; Chlanda, Wirksamkeit ausländischer Entscheidungen in Personenstandsachen in Österreich, ÖStA 1951, 85 f.; Matsche, Über den Sinn und die Aktualität des § 81 Z. 3 EO, JBl. 1954, 605 und 607 f.; derselbe, Zur Funktion und Tragweite der Bestimmung des § 28 JN, Schwind, FS, 178 und 180 f.; Mänhardt, Das internationale Personen- und Familienrecht Österreichs, 71; Schwind, Handbuch des österreichischen IPR, 111 und 114; Heller - Berger - Stix, 779).

An dieser Rechtslage hat sich dadurch, daß § 12 TEG 1950 gemäß § 51 Abs. 1 Z. 9 IPR-Gesetz, BGBl. 304/1978, mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Jänner 1979 seine Wirksamkeit verlor, nichts geändert. § 12 TEG 1950 enthielt in seinem im hier gegebenen Zusammenhang allein interessierenden Abs. 1 ("Ein Verschollener kann im Inland nach diesem Gesetz für tot erklärt werden, wenn er in dem letzten Zeitpunkt, in dem er nach den vorhandenen Nachrichten nicht gelebt hat, österreichischer Staatsbürger war.") sowohl eine Regelung des internationalen Privatrechts, die durch § 14 IPR-Gesetz ersetzt wurde, als auch eine Regelung des internationalen Verfahrensrechtes (daß nämlich für die Todeserklärung eines österreichischen Staatsbürgers die inländische Gerichtsbarkeit gegeben ist), die ersatzlos aufgehoben wurde. Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des IPR-Gesetzes (784 BlgNR, XIV. GP, 67 Besondere Erläuterungen zu § 51) ergibt sich jedoch, daß durch § 51 IPR-Gesetz - wie dies besonders deutlich im Abs. 2 dieser Gesetzesstelle zum Ausdruck kommt - nur die in den dort genannten Bestimmungen enthaltenen Verweisungsnormen erfaßt, nicht aber die inländische Gerichtsbarkeit für die Todeserklärung von Österreichern beseitigt werden sollte.

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