Spruch:
Stefan A ist weiters schuldig, im Jahre 1976
in Wien zur Erlangung von Krediten durch den abgesondert verfolgten Richard B falsche Gehaltsbestätigungen der Firma Anna C mit dem Vorsatz angefertigt zu haben, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache gebraucht werden.
Er hat hiedurch das Vergehen der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 1 StGB begangen und wird hiefür sowie für die ihm nach dem aufrecht gebliebenen Schuldspruch des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19.Juni 1978, GZ 2 d Vr 3666/78-40, weiterhin zur Last fallenden Straftaten, und zwar des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 12 und 15 StGB (Punkte I, II, III/3 und III/4 des erwähnten Schuldspruches), des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs 1 und Abs 2, erstem Fall StGB (Punkt IV desselben Schuldspruches), des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach den §§ 223 Abs 2, 224 StGB (Punkt V desselben Schuldspruches) und des Vergehens der Täuschung nach dem § 108 StGB (Punkt VI desselben Schuldspruches) gemäß dem § 147 Abs 3 StGB unter Bedachtnahme auf den § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 3 (drei) Jahren verurteilt.
Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft (§ 38 Abs 1 StGB) wird aus dem angefochtenen Urteil übernommen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 26.Jänner 1937 geborene, zuletzt beschäftigungslose jugoslawische Staatangehörige Stefan A im zweiten Rechtsgang abweichend von der (auch insoweit) auf Beteiligung am Verbrechen des schweren Betruges nach den §§ 12, 146, 147
Abs 1 Z 1 und Abs 3 StGB lautenden Anklage des Vergehens nach den §§ 12 StGB, 48 KreditwesenG als Beteiligter schuldig erkannt, weil er durch Anfertigung und Übergabe von falschen Gehaltsbestätigungen der Firma C an den abgesondert verfolgten Richard B dazu beigetragen hat, daß zur Erlangung von Krediten für die nachstehend genannten Personen Kreditinstituten gegenüber wissentlich falsche Erklärungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kreditnehmer abgegeben wurden, auf Grund welcher Erklärungen 1. am 23.Juli 1976 dem Hermann D von der Österreichischen C***-I*** AG. ein Darlehen in der Höhe von 40.000 S (Schaden 37.387 S) und 2. am 22.April 1977 der Elisabeth E von der W***
F Teilzahlungsbank ein Darlehen in Höhe von 20.000 S (Schaden 17.760 S) gewährt worden ist.
Den Urteilsfeststellungen zufolge hat Stefan A im Jahre 1976 über Ersuchen seines Bekannten Richard B unter Benützung des Firmenstempels seiner Lebensgefährtin Anna C falsche Gehaltsbestätigungen für Hermann D und Elisabeth E angefertigt, bei denen es sich um Kunden des B handelte, der einen Autohandel betrieb. Diese Gehaltsbestätigungen hat Stefan A in Kenntnis des Umstandes, daß sie zur Erlangung von Krediten für die genannten Personen benützt werden sollten, dem B übergeben. Tatsächlich sind in der Folge auf Grund dieser Gehaltsbestätigungen dem Hermann D von der Österreichischen F-I*** AG. und der Elisabeth E von der W***F Teilzahlungsbank Ges.m.b.H. Darlehen in Höhe von 40.000 S bzw. in Höhe von 20.000 S gewährt worden. Das Verhalten des Angeklagten Stefan A wurde vom Erstgericht mangels eines Nachweises dafür, daß der Angeklagte ernstlich mit einem Schadenseintritt gerechnet und sich mit einem solchen abgefunden hatte (§ 5 Abs 1 zweiter Halbsatz StGB), als Beteiligung am Vergehen nach dem § 48 KreditwesenG beurteilt.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und macht geltend, daß der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt zusätzlich den Tatbestand des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 2 StGB in Form der Beteiligung gemäß dem § 12 StGB erfülle.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt Berechtigung zu.
Des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 2 StGB macht sich schuldig, wer eine falsche oder verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht.
Unter 'Urkunde' ist eine Schrift zu verstehen, die errichtet worden ist, um ein Recht oder ein Rechtsverhältnis zu begründen, abzuändern oder aufzuheben oder eine Tatsache von rechtlicher Bedeutung zu beweisen (§ 74 Z 7 StGB).
Letzterem Erfordernis entsprechen die vom Angeklagten angefertigten falschen Gehaltsbestätigungen, durch deren zwecks Erlangung von Krediten erfolgte Übergabe an Richard B der Angeklagte zur Verwendung der Falsifikate zum Nachweis angeblicher Einkommen der Kreditnehmer den Kreditinstituten gegenüber beigetragen hat. In solcher Verwendung ist aber, wie in der Beschwerde zutreffend geltend gemacht wird, auch ein Gebrauch von falschen Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis von rechtserheblichen Tatsachen zu erblicken.
Der Unrechtsgehalt einer Urkundenfälschung wird durch den Unwert eines Vermögensdeliktes - sofern nicht wie im Falle des § 147 Abs 1 Z 1 StGB eine zusätzliche Qualifikation normiert ist - nicht miterfaßt (9 Os 127/78).
Da sich der Schutzzweck des Vergehens der Urkundenfälschung u.a. auf die Richtigkeit des Inhalts im Rechtsverkehr zu gebrauchender Urkunden schlechthin bezieht (EvBl. 1977/105) und es sich im Fall der Urkundenfälschung somit um ein auch von dem durch die (inzwischen außer Kraft getretene) Bestimmung des § 48 KreditwesenG geschützten Grundsatz von Treu und Glauben im Kreditverkehr verschiedenes Rechtsgut handelt, erfüllte die Handlungsweise des Angeklagten außer dem Tatbestand der Beteiligung am Vergehen nach dem § 48 KreditwesenG auch noch den des Vergehens der Urkundenfälschung nach dem § 223 Abs 1 StGB
Die von der Staatsanwaltschaft vorgenommene - und von der Generalprokuratur empfohlene - rechtliche Subsumtion des Täterverhaltens als (bloße) Beteiligung am Vergehen der Urkundenfälschung (in Form des Gebrauches der falschen Urkunde im Rechtsverkehr) nach den §§ 12, 223 Abs 2 StGB wird dagegen dem Gesetz nicht gerecht. Denn eine Beurteilung der dem Tatbestand des § 223 Abs 1 StGB entsprechenden Fälschungshandlung unter dem Gesichtspunkt einer nachbestraften Vortat ist - wie dies auch in der (insoweit grundlegenden) Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 18. August 1977, GZ 12 Os 84/77-14 (= ÖJZ-LSK 1977/299), zum Ausdruck kommt - nur unter der Voraussetzung möglich, daß Identität in der Person des unmittelbaren Täters zu beiden Begehungsformen des Deliktes der Urkundenfälschung nach dem § 223 StGB vorliegt. Wird dagegen die Urkunde von einem anderen, wenn auch mit Zustimmung des Fälschers, im Sinne des § 223 Abs 2 StGB gebraucht, dann kann die unmittelbare Verwirklichung des Deliktes der Urkundenfälschung in seiner ersten Begehungsform nicht in einer (bloßen) Beteiligung im Sinne der dritten Alternative des § 12 StGB an einer dessen zweiter (gleichwertiger) Begehungsform entsprechenden Tat aufgehen. Andererseits erfaßt aber schon Absatz 1 des § 223
StGB den gesamten Handlungsunwert solchen Täterverhaltens, weil die Überlassung der falschen Urkunde zu - erst künftigem - Gebrauch im Rechtsverkehr nicht über das äußere Erscheinungsbild des tatbestandsgemäßen (erweiterten) Vorsatzes hinausgeht, ein neues Rechtsgut eigenständig und unmittelbar nicht mehr verletzt und sohin den Charakter einer 'vorbestraften Nachtat' aufweist. Abschließend sei noch dem Vorbringen des Angeklagten in seinen Gegenausführungen zur Nichtigkeitsbeschwerde Stellung genommen, die Anklagebehörde habe sich bezüglich der Urkundenfälschung verschwiegen. Dieser Einwand erweist sich als unzutreffend, weil die Anfertigung der in Rede stehenden falschen Gehaltsbestätigungen ohnehin schon Gegenstand der auf Beteiligung am Verbrechen des Betruges nach den §§ 12, 146, 147 Abs 1 Z 1 ...... StGB lautenden Anklage war (vgl. Punkt II der Anklageschrift ON 23) und eine unterschiedliche rechtliche Qualifikation die Identität von Anklage- und Urteilstat nicht berührt (ÖJZ-LSK 1978/223 sowie die bei Gebert-Pallin-Pfeiffer III/2 unter Nummern 5 und 56 ff zu den §§ 262, 267 StPO angeführten Entscheidungen).
Der Nichtigkeitsbeschwerde war daher Folge zu geben und wie aus dem Spruche ersichtlich zu erkennen.
Infolge Aufhebung des Urteiles im Strafausspruch war die Strafe neu zu bemessen. Dabei hatte der Schuldspruch des Angeklagten wegen des Vergehens nach den §§ 48
KWG, 12 StGB außer Betracht zu bleiben, da die Bestimmung des § 48 KWG mit Wirksamkeit vom 1.März 1979 (ersatzlos) außer Kraft getreten ist und daher einem auf diese Norm gegründeten (oder auf sie Bedacht nehmenden) Strafausspruch die Bestimmung des § 1 StGB entgegensteht. Bei der Bemessung der Strafe waren die einschlägigen Vorstrafen des Angeklagten, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit drei Vergehen, die teilweise Wiederholung der Straftaten, die mehrfache Qualifikation des Betruges und die große Höhe des Betrugsschadens als erschwerend, das Geständnis des Angeklagten, die teilweise - wenn auch nur in sehr geringem Umfang erfolgte - Schadensgutmachung, der Umstand, daß ein Teil des Betruges beim Versuch blieb (Faktum II) und daß sich der Angeklagte an einigen anderen Betrugstaten nur in minder intensiver Weise beteiligte, als mildernd zu werten. Eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von drei Jahren entspricht dem Unrechtsgehalt der Taten und der Schwere der Schuld des Täters. Mit seiner durch die Strafneubemessung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen. Der Ausspruch über den Ersatz der Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf die zitierte Gesetzesstelle.
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