OGH 9Os10/79

OGH9Os10/7913.3.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. März 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini, Dr. Kral, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter, sowie des Richteramtsanwärters Mag. Umlauft als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann A wegen Vergehens der versuchten Täuschung nach § 15, 108 Abs. 1 (und Abs. 2) StGB über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Jugendschöffengericht vom 23. November 1978, GZ. 25 Vr 1744/78-9, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, nach Verlesung der Rechtsmittelschrift des Angeklagten sowie nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Tschulik, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9. Jänner 1961 geborene Hilfsarbeiter Johann A des Vergehens der versuchten Täuschung nach § 15, 108 Abs. 1 (und Abs. 2) StGB schuldig erkannt, weil er im Juli 1978 bis zum 26. Juli 1978 in Altenfelden, Bezirk Rohrbach (Oberösterreich), und Umgebung der Republik Österreich in ihrem Recht auf Ausschluß nicht zum Verkehr zugelassenener Kraftfahrzeuge vom Straßenverkehr dadurch absichtlich einen Schaden zuzufügen versuchte, daß er Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch Montieren der Kennzeichentafel O 49.078 auf ein nicht zum Verkehr zugelassenes Motorfahrrad und durch Befahren öffentlicher Straßen mit diesem zur Duldung seiner Verkehrsteilnahme zu verleiten versuchte. Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs. 1 Z 5, 9 lit. a und 9 lit. b StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Zum erstangeführten Nichtigkeitsgrund bezeichnet der Beschwerdeführer zunächst die Feststellung des Gerichtes, daß er die gegenständliche Kennzeichentafel bereits längere Zeit vor der Verkehrskontrolle am 26. Juli 1978 auf sein (zweites) nicht zum Verkehr zugelassenes Moped montiert und dann dieses Fahrzeug nicht nur - wie der Beschwerdeführer in seiner Verantwortung vorbrachte - einmal, sondern wiederholt benützt hat, als offenbar unzureichend begründet.

Den Beschwerdeausführungen ist zu erwidern, daß sich das Erstgericht in diesem Zusammenhang nicht bloß auf die Gendarmerieerhebungen bezog, wonach die verwendeten Befestigungsschrauben für die Kennzeichentafel ziemlich verrostet waren und ihrer äußeren Beschaffenheit nach auf eine frühere Montage hindeuteten, sondern überdies in Erwägung zog, daß die Kupplung des anderen (verkehrszugelassenen) Mopeds bereits vor längerer Zeit schadhaft geworden war und dieses daher zur Fahrt zum Arbeitsplatz nicht nur am 26. Juli 1978, sondern schon eine ganze Woche vorher nicht verwendet werden konnte, sowie ferner, daß der Angeklagte das gegenständliche Moped bereits einen Monat vorher erworben hatte. Auf Grund dieser gemäß § 258 Abs. 2 StPO in ihrem inneren Zusammenhang gewürdigten Umstände konnte sich das Erstgericht - unter Verwertung des von der Persönlichkeit des Angeklagten in der Hauptverhandlung gewonnenen Eindrucks - die überzeugung verschaffen, daß seine Verantwortung, er habe das mit einem fremden Kennzeichen versehene Fahrzeug nur am 26. Juli 1978 zur Fahrt zu seinem Arbeitsplatz benützt, als widerlegt anzusehen sei. Die bezüglichen Beschwerdeausführungen stellen sohin lediglich einen unzulässigen und daher unbeachtlichen Angriff auf die durchaus schlüssige Beweiswürdigung des Erstgerichtes dar, zeigen aber keine Nichtigkeit im Sinne des § 281 Abs. 1 Z 5 StPO auf.

Rechtliche Beurteilung

In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO behauptet der Beschwerdeführer, das Erstgericht habe es, von der irrigen Meinung ausgehend, daß schon das überwachungsrecht des Staates gemäß § 37 und 48 ff KFG zu den konkreten Rechten im Sinne des § 108 StGB zähle, unterlassen, Feststellungen darüber zu treffen, ob das von ihm benützte Moped die materiellen Voraussetzungen für eine Zulassung erfüllt und folglich ein Anspruch auf dessen Zulassung bestanden habe.

Die Beschwerde ist damit nicht im Recht. Es trifft zwar zu, daß der Tatbestand der Täuschung, soferne sich diese gegen staatliche Interessen richtet, die Schädigung eines konkreten Rechtes des Staates und nicht bloß eines abstrakten Aufsichts- und Prüfungsrechtes voraussetzt und nach der ständigen Rechtsprechung

des Obersten Gerichtshofes (vgl. ZVR 1978/9 = LSK 1978/3; ZVR

1977/32 = LSK 1976/268; ZVR 1976/281 = LSK 1976/269 u.v.a.) von

einer Verletzung des Schutzzwecks der Bestimmungen des KFG über die Zulassung von Kraftfahrzeugen und die Ausgabe von Kennzeichentafeln nur dann gesprochen werden kann, wenn nicht ein Anspruch auf die Ausstellung einer Kennzeichentafel besteht, mithin nicht alle Voraussetzungen des § 37 Abs. 2 KFG erfüllt sind. Der Beschwerdeführer übersieht jedoch insoweit die ausdrückliche (unbekämpft gebliebene) Konstatierung des Erstgerichtes, daß für die Benützung des gegenständlichen Kraftfahrzeuges kein Versicherungsschutz im Fall eines Verkehrsunfalls, also keine Haftpflichtversicherung, bestanden hat, folglich zumindest eine der materiellen Zulassungsvoraussetzungen fehlte (vgl. S. 53 d. A). Der behauptete Feststellungsmangel liegt demnach nicht vor.

Unbegründet ist ferner der Vorwurf, das angefochtene Urteil sei bezüglich des Tatbestandserfordernisses der Absichtlichkeit mit Begründungs- oder Feststellungsmängeln behaftet. Das Vergehen der Täuschung setzt absichtliches Handeln im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB nicht bezüglich der Tat- (=Täuschungs-)handlung als solcher, sondern (nur) bezüglich der Schadenszufügung voraus (vgl. RZ 1977/69 - LSK 1977/77; EvBl. 1978/178; 9 Os 103/78). Im vorliegenden Fall nahm das Erstgericht aber an, daß die Tat des Angeklagten dem Zweck diente, Sicherheitsorganen im Falle einer Verkehrskontrolle vorzutäuschen, daß das im Zulassungsschein bezeichnete Moped mit dem von ihm benützten ident sei (vgl. S. 49, 52 d. A), also Schwierigkeiten, die sich diesfalls aus der Nichtzulassung des Kraftfahrzeuges ergeben würden, zu vermeiden. Damit war seine Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) aber zwangsläufig, ohne daß es hiefür einer näheren Begründung bedurfte, auf eine Schädigung des Staates an seinem konkreten Recht, nicht zum Verkehr zugelassene Fahrzeuge von der Teilnahme am öffentlichen Verkehr auszuschließen, gerichtet. Das Erstgericht hat sohin das Vorliegen einer nach dem § 108 Abs. 1 StGB tatbestandsmäßigen Schädigungsabsicht mängelfrei begründet und in rechtlicher Hinsicht frei von Rechtsirrtum bejaht. Zu Unrecht erblickt der Beschwerdeführer schließlich eine Nichtigkeit im Sinne der Z 9 lit. b des § 281 Abs. 1 StPO in der Nichtanwendung des § 42 StGB Voraussetzung einer Straflosigkeit aus dem Grunde mangelnder Strafwürdigkeit der Tat ist u. a., daß die Schuld des Täters gering ist, das tatbildmäßige Verhalten des Täters also hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt der Tat erheblich zurückbleibt (vgl. LSK 1976/346 = EvBl. 1977/102; LSK 1976/379 u.a.). Diese Voraussetzung trifft hier insbesondere im Hinblick auf die den Urteilsfeststellungen zufolge vorliegende Wiederholung der Rechtsverletzung nicht zu. Die Tatbegehung während einer Probezeit nach gerichtlicher Verurteilung und die im Zusammenhang mit seinem Mopedbesitz stehenden Verwaltungsstrafen zeigen überdies, daß eine Bestrafung des Angeklagten (auch deshalb) geboten ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (vgl. abermals 9 Os 103/78).

Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war sohin zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten gemäß § 11 JGG, 37 Abs. 1, 108 Abs. 1 StGB eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen, für den Fall der Uneinbringlichkeit 30 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, wobei es den einzelnen Tagessatz mit 60,-- S festsetzte. Dabei wertete es als erschwerend die Vorstrafe, der gleichfalls ein gewichtiger Verstoß gegen die Sicherheitseinrichtungen im Straßenverkehr zugrunde lag (§ 125, 126 Abs. 1 Z 5 StGB) und daher die gleichgültige und nahezu ablehnende Einstellung des Angeklagten zu diesen Schutzvorschriften erkennen lasse, als mildernd hingegen das (Teil-)Geständnis und den Umstand, daß die Tat beim Versuch geblieben sei.

Mit seiner Berufung bekämpft der Angeklagte primär die Nichtanwendung der bedingten Verurteilung nach § 13 Abs. 1 JGG; in eventu strebt er die Gewährung bedingter Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB sowie eine Reduzierung sowohl der Anzahl als auch der Höhe des einzelnen Tagessatzes an.

Die Berufung ist nach keiner Richtung hin im Recht. Das Erstgericht hat die vorhandenen Strafzumessungsgründe - abgesehen davon, daß dem Milderungsgrund nach § 34 Z 17 StGB im vorliegenden Fall keine nennenswerte Bedeutung zukommt, weil der Angeklagte weder ein reumütiges Geständnis abgelegt noch durch seine Aussage erheblich zur Wahrheitsfindung beigetragen hat - im wesentlichen vollständig erfaßt; es hat sie aber auch zutreffend gewürdigt und den Angeklagten mit Recht angesichts seines belasteten Vorlebens weder einer (nochmaligen) bedingten Verurteilung nach § 13 JGG, noch einer bedingten Strafnachsicht nach § 43 Abs. 1 StGB für würdig erachtet. Da im übrigen die Anzahl der verhängten Tagessätze der Persönlichkeit des Angeklagten und dem Schuld- und Unrechtsgehalt seiner Verfehlung ebenso gerecht wird wie die Höhe des einzelnen Tagessatzes seiner wirtschaftlichen Leistungskraft mußte der im ganzen unbegründeten Berufung ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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