OGH 12Os191/78

OGH12Os191/781.2.1979

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. Februar 1979

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Müller, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schnattinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz A wegen des Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Kreisgerichtes Steyr als Schöffengericht vom 27. September 1978, GZ. 7 b Vr 531/77-25, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Verlesung der Rechtsmittelschriften und Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Beiden Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 18. Jänner 1936 geborene Autoverkäufer Franz A der Vergehen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2 StGB und der falschen Beweisaussage vor Gericht nach dem § 288 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er I./ in der Zeit ab April 1976 in Kronstorf ein ihm anvertrautes Gut in einem 5.000 S übersteigenden Werte, nämlich den ihm von Alois B bzw. Bruno C übergebenen gebrauchten PKW 'Fiat 850' im Wert von etwa 21.000 S bis 23.000 S, den er zum freien Vermittlungsverkauf übernommen hatte, sich mit dem Vorsatz zueignete, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern;

II./ am 26. August 1977 in Steyr vor dem Kreisgericht anläßlich der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung in der Rechtssache der klagenden Partei Alois B wider die beklagte Partei Bruno C wegen Herausgabe (Streitwert 33.000 S), AZ. 2 Cg 239/76, als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache durch die Behauptung, er habe den PKW des Alois B aus eigenem Antrieb bei seinem Schwager Karl D eingestellt und dieser PKW sei zur Zeit bei Karl D in Ennsdorf-St. Valentin in einer Garage abgestellt, falsch aussagte. Nur gegen den Schuldspruch wegen Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2 StGB (Punkt I./ des Urteilssatzes) richtet sich die auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs. 1 Z 5 und '9' (gemeint Abs. 1 lit. a) StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten A.

Zum erstgenannten Nichtigkeitsgrund bringt der Beschwerdeführer vor, der Ausspruch des Gerichtshofes über die entscheidende Tatsache des Bereicherungsvorsatzes des Angeklagten sei undeutlich und unvollständig. Der Beschwerdeführer habe für den PKW des Alois B, einen 'Fiat 850', einen Betrag von 16.000 S erlöst und schließlich hiefür - getreu den Vereinbarungen - 32.000 S an den Rechtsanwalt B bezahlt. Die Zahlung dieses Betrages an den Vertreter B habe sich wegen der zwischen B und Bruno C anhängigen Zivilprozesse verzögert; vom Prozeßausgang habe sich der Beschwerdeführer eine Klärung der Höhe des von ihm geschuldeten Betrages erhofft, die weder B noch C hätten nennen können. überdies sei der Verkauf von Gebrauchtwagen nur schleppend möglich. Dem Urteil fehlten überhaupt ausreichende Gründe für die Annahme des Bereicherungsvorsatzes im Sinne des § 133 StGB

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge schlägt nicht durch. Der Vorwurf der Undeutlichkeit und der Unvollständigkeit in Ansehung der 'Tatsache des Bereicherungsvorsatzes' ist nicht konkretisiert, weshalb es sich erübrigt, auf diesen weiter einzugehen. Die in der Mängelrüge dem Sinne nach aufgestellte Behauptung, für die der rechtlichen Würdigung eines Handelns, um sich unrechtmäßig zu bereichern, zu Grunde liegenden Tatsachenfeststellungen seien keine oder nur offenbar unzureichende Gründe angegeben, ist nicht berechtigt. Das Erstgericht stellte, insoweit vom Beschwerdeführer gar nicht bekämpft, fest, daß der Genannte den von B (oder C) zum Weiterverkauf um 32.000 S etwa Ende September 1975 übernommenen PKW 'Fiat 850' am 28. März 1976 an den Autohändler Ernst E um 21.000 S verkauft und, da er E aus früheren Geschäften noch 5.000 S schuldete, vom Genannten nur 16.000 S bar ausbezahlt erhalten hat (S. 124 d. A). Auch diesen Erlös leitete der Beschwerdeführer aber zunächst nicht an seinen Auftraggeber weiter, wie es seine Verpflichtung gewesen wäre, sondern arbeitete mit diesem Geld in seinem Fahrzeughandel. Erst am 5. Jänner 1978 bezahlte er, lange nach Einleitung des Strafverfahrens gegen ihn und nach Durchführung einer gerichtlichen Vernehmung, die volle Vertragssumme von 32.000 S an den Vertreter des Alois B. Insbesondere aus der langen, ca. eindreiviertel Jahre währenden Verzögerung der übergabe des Erlöses für den PKW leitete das Schöffengericht die Annahme einer Zueignung und sohin eines Handelns mit Bereicherungsvorsatz ab und wies ausdrücklich darauf hin, daß der Beschwerdeführer den Kaufpreis für sich verwendet und 'damit gearbeitet' hat (S. 128, 129 d. A). Diese Schlußfolgerung des Schöffengerichtes, die es durch Hinweise auf die früheren vom Beschwerdeführer bei seiner Autohändlertätigkeit begangenen Vermögensdelikte und die Glaubwürdigkeit der in diesem Zusammenhang vernommenen Zeugen stützte (S. 127 d. A), ist damit zureichend begründet. Der Argumentation des Beschwerdeführers, er habe den Ausgang der zwischen B und C zu den Aktenzeichen 2 Cg 2/76 und 2 Cg 239/76 des Kreisgerichtes Steyr anhängig gewesenen Zivilprozesse zur Klärung der Höhe seiner eigenen Schuld abwarten wollen, ist das Erstgericht nicht gefolgt. Diese konnte es denkrichtig als Schutzbehauptung ansehen, da diese Prozesse für den Beschwerdeführer und die Höhe seiner Leistungsverpflichtung bedeutungslos waren. Mithin sind die der Annahme eines Bereicherungsvorsatzes des Beschwerdeführers zu Grunde liegenden Feststellungen des Schöffengerichtes durch die Ergebnisse der Hauptverhandlung gedeckt und zureichend begründet, sodaß der behauptete Begründungsmangel dem Urteil nicht anhaftet. Auch unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 (Abs. 1 lit. a) StPO wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Annahme eines Bereicherungsvorsatzes; hiezu führt er aus, er habe für den PKW, dessen Wert mit 23.000 S anzunehmen gewesen wäre, 'fahrlässig' einen Betrag von 32.000 S versprochen, den er in der Folge nicht habe erzielen können. Nach Veräußerung des PKWs seien sodann mehrere Prozesse wegen der Herausgabe des Fahrzeuges anhängig gewesen, deren Ausgang der Beschwerdeführer habe abwarten wollen, wozu ihm übrigens auch von C geraten worden sei. Der Beschwerdeführer habe somit den Betrag nicht mit dem Vorsatz zurückbehalten, sich unrechtmäßig zu bereichern, sondern sei der Meinung gewesen, er hätte wegen des geringeren Verkaufserlöses für den PKW auch nur einen kleineren Betrag an den übergeber des Fahrzeuges zu bezahlen und habe eine Klärung dieser Frage vom Ausgang der bereits erwähnten Zivilprozesse zwischen B und C erwartet. Insoweit der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen nicht von dem im Urteil als erwiesen angenommenen Sachverhalt ausgeht, sondern dessen Richtigkeit anzuzweifeln versucht, bringt er den angerufenen oder sonst einen Nichtigkeitsgrund nicht dem Gesetze gemäß zur Darstellung, sondern versucht in unzulässiger und damit unbeachtlicher Weise, die freie richterliche Beweiswürdigung des Schöffensenates nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen. Soweit seinen Ausführungen der Einwand entnommen werden kann, die Tatsachenfeststellungen rechtfertigten einen Schuldspruch wegen Veruntreuung des verfahrensgegenständlichen PKWs oder des hiefür erzielten Erlöses nicht, kommt dieser Rechtsrüge keine Berechtigung zu. Das Erstgericht ist in seinem Urteil (zu Gunsten des Beschwerdeführers) von einem Wert des Autos zwischen 21.000 S und 23.000 S ausgegangen; daß die Prozesse zu 2 Cg 2/76 und 2 Cg 239/76 des Kreisgerichtes Steyr einen von der Höhe der Zahlungsverpflichtung des Beschwerdeführers völlig abweichenden Prozeßgegenstand hatten, wurde bereits erwähnt. Unklarheiten über die Person des berechtigten Empfängers des Verkaufserlöses gestatteten dem Beschwerdeführer keinesfalls, den Verkaufserlös für eigene Zwecke zu verwenden und als Betriegskapital zu benützen ('damit zu arbeiten'). Schließlich ist der Beschwerdeführer noch darauf zu verweisen, daß der Tatbestand der Veruntreuung keineswegs eine dauernde Bereicherung verlangt. Es genügt vielmehr, wenn die Zueignung des anvertrauten Gutes für einen längeren Zeitraum erfolgt. Der allfällige, vom Erstgericht nicht ausdrücklich ausgeschlossene Wille des Täters, die Beträge zu einem späteren, in seinem Belieben stehenden Zeitpunkt zurückzuzahlen, wie dies der Beschwerdeführer als sein Vorhaben darzutun versucht, steht einer Beurteilung der Tathandlung als Veruntreuung nicht entgegen. Denn ein derartiger Wille könnte nur als Plan einer für den Schuldspruch irrelevanten späteren Schadensgutmachung angesehen werden. Hingegen liegt Bereicherungsvorsatz jedenfalls schon darin, daß eine anvertraute Sache oder der für sie erzielte Erlös rechtswidrig für einen erheblichen Zeitraum in das Vermögen des Beschwerdeführers überführt werden, ohne daß hiefür ein von der Rechtsordnung gebilligter Grund vorliegt. Entscheidend ist also, ob der Täter im (Tat-)Zeitpunkt der Zueignung mit Bereicherungstendenz handelte (vgl. dazu u.a. EvBl. 1977/12, 10 Os 41/77, 9 Os 80/78). Einen derartigen Bereicherungsvorsatz rechnete das Schöffengericht dem Beschwerdeführer, der den Erlös für den PKW ca. eindreiviertel Jahre lang für sich behielt und als Betriebskapital verwendete, rechtsrichtig zu. Demnach haftet dem in der Nichtigkeitsbeschwerde angefochtenen Schuldspruch wegen Vergehens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und 2, erster Fall, StGB ein Rechtsirrtum nicht an. Die unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Franz A war daher zu verwerfen. Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten unter Anwendung des § 28 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 133 Abs. 2 StGB eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten. Bei der Strafzumessung berücksichtigte es als erschwerend: die Vorstrafen wegen (fünf) Eigentumsdelikten, die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art sowie den raschen Rückfall zwischen der letzten Verurteilung im Juli 1977 und der darauffolgenden falschen Beweisaussage vor Gericht; demgegenüber wertete es als mildernd: ein (Teil-)Geständnis zum Schuldspruchfaktum II./ (betreffend das Vergehen nach dem § 288 Abs. 1 StGB) und die Schadensgutmachung in Ansehung der dem Schuldspruchfaktum I./ zugrundeliegenden Veruntreuung. Unter Hinweis auf die vom Schöffengericht angenommenen Milderungsgründe strebt der Angeklagte mit seiner Berufung die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Die Staatsanwaltschaft vermeint, das Erstgericht habe die Milderungsgründe überbewertet, hingegen den Erschwerungsumständen, insbesondere den Vorstrafen des Angeklagten wegen Eigentumsdelikte im Zusammenhang mit seiner unlauteren Tätigkeit bei Autoverkäufen, und dem Unrechtsgehalt der Veruntreuungstat zu wenig Bedeutung beigemessen, sodaß eine höhere als vom Erstgericht ausgemessene Freiheitsstrafe erforderlich erscheine. Beiden Berufungen kommt Berechtigung nicht zu. Das Schöffengericht stellte nämlich die Strafzumessungsgründe nicht nur richtig und vollständig fest, sondern würdigte sie auch zutreffend. Auf der Basis der vom Angeklagten zu verantwortenden Schuld (§ 32 StGB) gelangte es sohin zu einer angemessenen Freiheitsstrafe. Der Gewährung der - wie erwähnt, vom Angeklagten begehrten - bedingten Strafnachsicht stehen schon mit Rücksicht auf die mehreren, im Zusammenhang mit Autovermittlungsgeschäften stehenden Vorstrafen wegen Eigentumsdelikte spezialpräventive Erwägungen entgegen. Aus den dargelegten Gründen war beiden Berufungen ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche angeführte Gesetzesstelle.

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