Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Freiheitsstrafe unter Bedachtnahme gemäß den § 31, 40 StGB auf das Urteil des Bezirksgerichtes Floridsdorf vom 16. Juni 1978 (rechtskräftig seit 10. Juli 1978), AZ 9 U 661/78, auf 3 (drei) Jahre, 11 (elf) Monate und 10 (zehn) Tage als Zusatzfreiheitsstrafe herabgesetzt.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17.Jänner 1960 geborene Maurergehilfe Wolfgang A 1.) des Verbrechens des schweren Raubes nach den § 142 Abs 1, 143 StGB und 2.) des Vergehens der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB schuldig erkannt, weil er am 30. April 1978 in Wien zu
1.) seiner Mutter Olga A dadurch, daß er ein etwa 20 cm langes Küchenmesser gegen sie richtete und von ihr die Herausgabe von Bargeld forderte, somit durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben und unter Verwendung einer Waffe, 820 S Bargeld mit dem Vorsatz abnötigte, sich durch dessen Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;
zu 2.) dadurch, daß er das Telefonkabel der Österreichischen Post- und Telegraphendirektion zum Anschluß der Olga A mit einem Küchenmesser durchschnitt, eine fremde Sache beschädigte und daran einen 118,80 S betragenden Schaden herbeiführte. Von der weiteren Anklage, Olga A bei demselben Vorfall durch gefährliche Drohung mit dem vorerwähnten Küchenmesser (auch) zur Zubereitung eines Essens genötigt und hiedurch (überdies) das Verbrechen der schweren Nötigung nach den § 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB begangen zu haben, wurde der Angeklagte gemäß dem § 336 StPO (im Urteil unrichtig: § 366 StPO) freigesprochen.
Die Geschwornen hatten die an sie gerichteten Hauptfragen I und III (lautend auf schweren Raub bzw Sachbeschädigung) stimmeneinhellig bejaht und die - den Anklagevorwurf der schweren Nötigung erfassende - Hauptfrage II mit einem Stimmenverhältnis von 4 : 4 beantwortet. Weitere Fragen an die Geschwornen waren nicht gestellt worden. Mit seiner ziffernmäßig auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 6 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte der Sache nach allein seinen Schuldspruch wegen Verbrechens des schweren Raubes (Punkt 1. des Urteilssatzes); den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.
Eine Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte im Sinn des erstangeführten Nichtigkeitsgrundes und einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 314 StPO - und damit eine Urteilsnichtigkeit nach dem § 345 Abs 1 Z 6 StPO -
erblickt der Beschwerdeführer darin, daß der Schwurgerichtshof den in der Hauptverhandlung von seinem Verteidiger zu der auf schweren Raub lautenden Hauptfrage gestellten Antrag auf Aufnahme einer Eventualfrage nach Nötigung in das Fragenschema abwies (S 192/193). Damit macht der Beschwerdeführer der Sache nach nur den Nichtigkeitsgrund der Z 6 des § 345 Abs 1 StPO geltend, weil die behauptete Verletzung der in den § 312 bis 317 StPO enthaltenen Vorschriften über die Fragestellung auch dann nur nach der Z 6 dieser Gesetzesstelle gerügt werden kann, wenn - wie vorliegend - ein die Fragestellung betreffender Parteiantrag mit Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofes abgelehnt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Die Rüge geht fehl.
Anlaß zur Stellung einer Eventualfrage können gemäß dem § 314 Abs 1 StPO nur in der Hauptverhandlung vorgebrachte Tatsachen geben. Wenn die in der Hauptverhandlung abgeführten Beweisergebnisse aber nicht einmal die Möglichkeit einer von der Anklage abweichenden Deutung der dem Angeklagten angelasteten Tat offen lassen und eine solche demnach zufolge des dortigen Vorbringens tatsächlicher Art nicht naheliegt, ist es dem Schwurgerichtshof überhaupt verwehrt, eine Eventualfrage zu stellen.
Der Beschwerdeführer stellte zwar in der Hauptverhandlung in Abrede, bei dem ihm als Raub angelasteten Tatgeschehen mit Bereicherungsvorsatz gehandelt zu haben (S 163), er präzisierte aber diesen Teil seiner Verantwortung dahin, damals nur die Absicht verfolgt zu haben, sich den (seiner Mutter abgenötigten) Geldbetrag vorübergehend 'auszuborgen' und wieder mit dem damals von ihm noch erwarteten, aus seinem Arbeitsverhältnis als Maurergehilfe (bei der Firma B) resultierenden Restlohn (von 2.200 S) sowie aus einer von ihm erhofften Fürsorgeunterstützung zurückzuzahlen (S 182). Im übrigen habe er diese Tat nur ausgeführt, damit seine Mutter sehe, wie es sei, wenn man - wie dies nach seiner Darstellung bei ihm der Fall gewesen sei - (schon zwei Tage) nichts zu essen habe (S 182/183). Außerdem gestand er ein, zur Tatzeit seiner Mutter noch weitere 700 S, die er sich schon vorher von ihr 'ausgeborgt' hatte, geschuldet zu haben (S 169 in Verbindung mit S 182). Das sich aus dieser Verantwortung und den übrigen Beweisergebnissen der Hauptverhandlung ergebende tatsächliche Vorbringen vermag jedoch - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - den zur Herstellung der subjektiven Tatseite des ihm zur Last liegenden Verbrechenstatbestandes des schweren Raubes nach den § 142 Abs 1, 143 StGB erforderlichen Bereicherungsvorsatz aus folgenden rechtlichen Erwägungen nicht auszuschließen:
Gemäß dem § 142 Abs 1 StGB verlangt der Tatbestand des Raubes in subjektiver Beziehung u.a. den Vorsatz des Täters, sich (oder einen Dritten) durch die Zueignung der weggenommenen oder abgenötigten Sache unrechtmäßig zu bereichern. Die rechtliche Annahme eines Bereicherungsvorsatzes setzt aber nicht notwendigerweise ein auf immerwährende Zueignung der geraubten Sache gerichtetes Vorhaben des Täters voraus; es genügt vielmehr, daß er diese im Tatzeitpunkt (nach seinem Tatplan) zumindest zeitweilig in sein Vermögen überführen (Moment der Zueignung) und dieses somit um den entsprechenden Gegenwert vermehren wollte (Bereicherung). Die Zufügung eines Dauerschadens ist demnach (ebensowenig wie etwa beim Diebstahl) kein Deliktsmerkmal des Raubes und braucht daher auch vom Vorsatz des Täters nicht erfaßt zu sein.
Die vom Beschwerdeführer nach seiner Verantwortung bei der Tatbegehung ins Auge gefaßte Möglichkeit einer (späteren) Rückzahlung des (abgenötigten) Geldbetrages gewinnt schon begrifflich nur die Bedeutung einer allfälligen, von ihm beabsichtigten nachträglichen Schadensgutmachung, die aber nach dem Vorgesagten der Annahme eines auf unrechtmäßige Bereicherung gerichteten Vorsatzes (im Sinne des § 142 Abs 1 StGB) nicht entgegensteht. (Vgl dazu ua 9 Os 80/75, 11 Os 140/75, 10 Os 36/76 und 9 Os 4/77, ferner ÖJZ-LSK 1975/54 und 1976/144 sowie Leukauf-Steininger, Komm, S 719 in Verbindung mit S 642 ff.) Der Beschwerdeführer verbrauchte zufolge seiner eigenen Verantwortung den Großteil des seiner Mutter abgenötigten Geldbetrages für eigene Zwecke (S 183), wodurch er sich diesen auch tatsächlich zueignete, und gab der Beraubten in der Folge nur 300 S zurück (S 179 dA). Die solcherart herbeigeführte Bereicherung erfolgte aber auch unrechtmäßig, wurde doch ein Rechtsanspruch auf die durch die (Raub-) Tat bewirkte Vermögensvermehrung weder vom Angeklagten jemals behauptet, noch kam ein solcher Anspruch durch die übrigen Verfahrensergebnisse zum Vorschein.
Schließlich läßt der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine Verantwortung, es sei ihm bei der ihm als Raub zugerechneten Tat nur darum gegangen, seiner Mutter zu demonstrieren, wie es sei, wenn man (schon zwei Tage) nichts zu essen hatte - seiner Auffassung zuwider
-
keineswegs ein Handeln mit Bereicherungsvorsatz ausgeschlossen erscheinen; mit diesem Vorbringen zeigt er vielmehr nur sein allfälliges, für die rechtliche Beurteilung seines Tatverhaltens aber unerhebliches Tatmotiv auf.
Die Ablehnung der vom Beschwerdeführer angestrebten Eventualfragestellung (zur Hauptfrage I) mit dem - gemäß dem § 238 StPO in Verbindung mit § 302 Abs 1 StPO gefällten - Zwischenerkenntnis des Schwurgerichtshofs (vgl S 192/193 dA) erfolgte demnach im Ergebnis zu Recht, sodaß die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung der Vorschrift des § 314 (Abs 1) StPO über die Stellung von Eventualfragen nicht vorliegt. Mithin war die Nichtigkeitsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen. Das Geschwornengericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB unter Anwendung der § 28 und 41 Abs 1 Z 3 StGB eine Freiheitsstrafe von vier Jahren. Bei der Strafbemessung erachtete es als erschwerend: die Begehung von zwei strafbaren Handlungen verschiedener Art und den Umstand, daß der Angeklagte schon dreimal wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender Taten abgeurteilt worden ist, wobei jedoch zwei Urteile zueinander im Verhältnis des § 31 StGB stehen, hingegen als mildernd: das Alter des Angeklagten (Tatzeit knapp nach Vollendung des 18. Lebensjahres) und das zum Schuldspruchfaktum 2.) abgelegte reumütige Geständnis.
Mit seiner Berufung, in welcher die zusätzlichen Milderungsgründe der Enthemmung durch Alkohol, der mangelnden Erziehung und der teilweisen Schadensgutmachung reklamiert werden, strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an. Der Berufung kommt (nur) insoweit Berechtigung zu, als die vom Bezirksgericht Floridsdorf am 16. Juni 1978, also nach den dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Taten, zum AZ 9 U 661/78 wegen des Vergehens nach dem § 83 Abs 1 StGB verhängte Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 100 S, im Falle der Uneinbringlichkeit 20 Tage (Ersatz-)Freiheitsstrafe, bei der Strafbemessung nicht gemäß den § 31, 40 StGB berücksichtigt wurde. Der Oberste Gerichtshof ist nämlich der Ansicht, daß bei gemeinsamer Aburteilung aller Straftaten keine höhere als vierjährige Freiheitsstrafe verhängt worden wäre, sodaß in Stattgebung der Berufung wie aus dem Spruche ersichtlich zu entscheiden war.
Trotz Zubilligung der (weiteren) Milderungsumstände der teilweisen Schadensgutmachung (von 300 S) und des wesentlichen Beitrages zur Wahrheitsfindung durch die Angaben des Angeklagten bei der Polizei und vor Gericht zum Raubfaktum - für die Annahme auch der Voraussetzungen der § 34 Z 1, letzter Fall, und 35 StGB fehlen entgegen der Ansicht des Berufungswerbers die Grundlagen - kann mit einer weitergehenden Herabsetzung der Freiheitsstrafe nicht vorgegangen werden. Denn auf der Basis der im vorliegenden Fall gegebenen Strafzumessungsgründe erscheint eine Gesamtstrafe von vier Jahren, mithin eine Zusatzfreiheitsstrafe von drei Jahren, elf Monaten und zehn Tagen dem - auch das Unrecht umfassenden - Schuldgehalt der Tat angemessen (§ 32 Abs 1 StGB).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche zitierte Gesetzesstelle.
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