OGH 9Os184/78

OGH9Os184/7812.12.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 12. Dezember 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger und Dr. Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Sailer als Schriftführer in der Strafsache gegen Abraham A wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 StGB über die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 13. September 1978, GZ. 4 a Vr 686/78-36, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde sowie die von ihr und vom Angeklagten dagegen erhobenen Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Senatspräsident des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek, nach Verlesung der Rechtsmittelschrift der Staatsanwaltschaft sowie nach Anhörung der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Scheibenpflug, und der Ausführungen des Verteidigers Dr. Peter Philipp zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Beurteilung der vom Schuldspruch erfaßten Tat, soweit es die Begehung des Raubes (auch) 'unter Verwendung einer Waffe' verneint, sowie demgemäß ferner im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Abraham A hat das im Schuldspruch umschriebene Verbrechen des

schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 StGB unter Verwendung einer Waffe (ebenfalls § 143 StGB) verübt.

Er wird hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 143

StGB und nach § 11, 16 JGG zu einer Freiheitsstrafe im Mindestmaß von 3 1/2 (dreieinhalb) und im Höchstmaß von 5 (fünf) Jahren verurteilt.

Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft gemäß § 38 StGB auf die Freiheitsstrafe wird aus dem Ersturteil übernommen. Mit ihren Berufungen werden die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 17. Juli 1961 geborene Angestellte Abraham A des Verbrechens des schweren Raubes nach § 142 Abs. 1, 143 StGB schuldig erkannt, weil er am 5. Mai 1978 in Wien in Gesellschaft als Beteiligter (§ 12 StGB) mit den abgesondert verfolgten Erwachsenen David B, Gyula C und Viktor C dadurch, daß er - während Gyula und Viktor C die Geschäftsfrau Sylvia D ablenkten - mit einer geladenen Gaspistole in deren Geschäftslokal stürmte, 'überfall' rief, die Genannte festhielt und sie mit der Gaspistole bedrohte, wobei gleichzeitig David B insgesamt rund 40.000 S Bargeld sowie etwa 20 Uhren an sich nahm, der Sylvia D mit Gewalt gegen ihre Person und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegnahm, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Hiebei stützte das Erstgericht die Annahme des schweren Raubes nach § 143 StGB allein auf die Verübung der Tat in Gesellschaft mehrerer Beteiligter (§ 12 StGB); die Verwirklichung der dort außerdem normierten, dem Angeklagten seitens der Staatsanwaltschaft ebenfalls vorgeworfenen Qualifikation der Begehung des Raubes 'unter Verwendung einer Waffe' verneinte es mit der Argumentation, eine Gaspistole sei nicht als Waffe im Sinne der in Rede stehenden Gesetzesstelle anzusehen, da selbst die Abgabe von Schüssen damit nur zu leichten Verletzungsfolgen führe, der Gesetzgeber aber bei der betreffenden Qualifizierung des Raubes offenbar auf die Möglichkeit erhöhter Gewaltanwendung und 'absoluter Gefährlichkeit' abstelle, nicht jedoch auf eine erhöhte Drohwirkung; für die Wertung eines Gegenstandes als 'Waffe' im Sinne des § 143 StGB sei darum dessen 'spezifische Eignung zur Verwendung als Waffe mit einem größeren möglichen Erfolg als (bloß) einer leichten Verletzung - die § 142 Abs. 1 StGB konsumiere - maßgebend.' Dies folge aus der strafsatzmäßigen Gleichstellung von Waffengebrauch und einer tatsächlich entstandenen schweren Verletzung.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Rechtsansicht wendet sich die Staatsanwaltschaft mit einer auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der Berechtigung zukommt:

Nach der darin bezogenen Entscheidung eines verstärkten Senats des Obersten Gerichtshofes vom 11. September 1978, GZ. 12 Os 59/78-25 (veröffentlicht u.a. zu EvBl. 1978/ 175) sind - unbeschadet des Umstandes, daß darüber hinaus auch noch andere Mittel als 'Waffen' im Sinne des § 143

StGB in Betracht kommen können - als solche jedenfalls alle Waffen im Sinne der Begriffsbestimmung des § 1 WaffenG ('Waffen im technischen Sinn') anzusehen. Hiezu zählen u.a. gemäß lit. a dieser Gesetzesstelle alle Gegenstände, die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen durch unmittelbare Einwirkung zu beseitigen oder herabzusetzen. Demnach sind auch Gaspistolen, und zwar - da sie hiedurch ihrer Eigenschaft als Waffe nicht verlustig gehen - selbst in ungeladenem Zustand, immer 'Waffen' im Sinne des § 143 StGB, wobei deren 'Verwendung' auch in der Benützung als Mittel der (qualifizierten) Drohung bestehen kann, ohne daß es darauf ankäme, ob der Täter den Vorsatz hat, die Waffe unter Umständen auch tatsächlich bestimmungsgemäß zu gebrauchen.

Denn der Grund für die strengere Bestrafung eines Raubes unter Verwendung einer Waffe liegt - entgegen der Meinung des Erstgerichtes - nicht (erst) in der konkreten größeren Gefahr einer Verletzung oder Tötung eines Menschen, sondern (schon) in der gefährlicheren Beschaffenheit der Tat, die darin zum Ausdruck kommt, daß die Aussicht des Täters auf Erreichung des verbrecherischen Zieles (Bereicherung durch die Zueignung einer fremden beweglichen Sache) eine größere ist.

Das Erstgericht irrte daher, wenn es den im Schuldspruch näher bezeichneten Raub nicht als 'unter Verwendung einer Waffe' verübt ansah und ihn folglich nicht auch aus diesem Grund als schweren Raub im Sinne der § 142 Abs. 1, 143 StGB beurteilte, also dem Angeklagten außer der Qualifikation der Begehung der Tat in Gesellschaft mehrerer Beteiligter nicht auch noch die weitere der Tatverübung unter Verwendung einer Waffe anlastete. Daß beide Begehungsformen in einer Gesetzesstelle (§ 143 StGB) - ungegliedert - zusammengefaßt sind, ändert nichts an ihrem Charakter als selbständige unterschiedliche Qualifikationen, wobei die rechtsirrige zusätzliche Bejahung oder Verneinung von einer, obwohl sie sich wegen der bereits bejahten anderen auf den anzuwendenden Strafsatz nicht auswirkt, nach dem angerufenen materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund geltend gemacht werden kann.

Der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war sohin Folge zu geben und über sämtliche Rechtsmittel wie im Spruch zu erkennen.

Das Erstgericht nahm bei der Strafbemessung als erschwerend die Vorstrafen, den raschen Rückfall und den (verhältnismäßig) hohen Wert des Raubguts, auf den die Absicht (gemeint: der Vorsatz der Täter) gerichtet war, als mildernd hingegen das Geständnis und die weitgehende objektive Schadensgutmachung an.

Bei der notwendigen Neubemessung der Strafe übernimmt der Oberste Gerichtshof die (solcherart) im wesentlichen zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe, zu denen als weiterer erschwerender Umstand die zweifache Qualifikation der Tat zum schweren Raub hinzutritt; auch kommt der an Sylvia D geleisteten Zahlung aus den von der Staatsanwaltschaft in ihrer Rechtsmittelschrift angeführten Gründen nur geringe Bedeutung zu; aus eben denselben Erwägungen fällt außerdem die Selbststellung nicht ins Gewicht.

Daß Abraham A - im Sinne seiner Berufungsausführungen - zur Tat angestiftet worden wäre, ist vom Erstgericht nicht als erwiesen angenommen worden; eine Einwirkung Dritter, durch die eine innere Hemmung gegen die Tat hätte überwunden werden müssen und welche dem Angeklagten somit gemäß § 34 Z 4 StGB als mildernd zugute zu halten wäre, liegt demnach nicht vor.

Ausgehend von den etwas modifizierten Strafzumessungsgründen erachtet der Oberste Gerichtshof die Verhängung einer längeren Freiheitsstrafe für geboten. Da sich aber nach Lage des Falles noch nicht voraussehen läßt, welche Zeit erforderlich sein wird, um den Angeklagten zur überwindung seiner schädlichen Neigungen und zu einem rechtschaffenen Lebenswandel zu erziehen, war bei Vorliegen der - auf diese Weise erfüllten - Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 JGG eine angemessene Rahmenstrafe in der aus dem Spruch ersichtlichen Dauer auszusprechen, die entsprechend dieser Gesetzesstelle innerhalb des bestimmten Mindestund Höchstmaßes so lange zu dauern haben wird, bis die Strafzwecke erreicht sind. Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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