OGH 12Os43/78

OGH12Os43/7823.11.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. November 1978

unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Breycha in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller, Dr. Kral, Dr. Schneider und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Schnattinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Oscar A wegen des Finanzvergehens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach den § 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a und 13 FinStrG sowie einer anderen strafbaren Handlung über die vom Angeklagten und vom Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 12. September 1977, GZ. 6 d Vr 4746/77-68, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schneider, der Ausführungen des Verteidigers, Rechtsanwalt Dr. Michael Stern, und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Nurscher, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.

Der Berufung des Zollamtes Wien wird teilweise Folge gegeben und die über den Angeklagten verhängte Geldstrafe auf 4 (vier) Millionen Schilling - unter Beibehaltung der vom Erstgericht ausgesprochenen Ersatzfreiheitsstrafe - erhöht. Im übrigen wird dieser Berufung und der Berufung des Angeklagten nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 12. Jänner 1931 geborene Kaufmann Oscar A, ein italienischer Staatsbürger, der Finanzvergehen des teils vollendeten und teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels nach den § 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG, sowie des ebenfalls teils vollendeten, teils versuchten vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopols nach den § 44 Abs. 1 lit. c und 13 FinStrG schuldig erkannt; es wurde ihm angelastet, daß er gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten Beteiligten Mario B (alias Franco C) 1.) gewerbsmäßig eingangsabgabenpflichtige Waren vorsätzlich unter Verletzung einer zollrechtlichen Stellungs- bzw. Erklärungspflicht

a) dem Zollverfahren entzogen, nämlich im Oktober 1971 in Wien 4,740.000 Stück Zigaretten der Marke 'Marlboro';

hinterzogene Eingangsabgaben Zoll 2,206.716,--

S Ausgleichssteuer 314.805,-- S Tabaksteuer

1,971.840,-- S 4,493.361,-- S

b) dem Zollverfahren zu entziehen versucht, nämlich im Dezember 1971 in Rosenbach 7,217.700 (im Urteil offenbar infolge eines aus der Anklage - S. 66/II - übernommenen Schreibfehlers unrichtig 7,217.000 Stück; vgl. dagegen auch die im Schlußbericht des Zollamtes Wien enthaltenen Zahlen, S. 191 bis 193/I, die auch Eingang in das Verfallserkenntnis ONr. 17 gefunden haben) Stück Zigaretten der Marken 'Marlboro' und 'Muratti';

hinterzogene Eingangsabgaben Zoll 3,372.171,--

S Ausgleichssteuer 480.628,-- S Tabaksteuer

3,002.563,-- S 6,855.362,-- S

strafbest. Wertbetrag beim Schmuggel insgesamt

11,348.723,-- S;

2.) durch die zu Punkt 1. genannten Tathandlungen zu seinem bzw. eines anderen Vorteil vorsätzlich Monopolgegenstände (§ 17 Abs. 4 FinStrG) einem monopolrechtlichen Durchfuhrverbot zuwider durchgeführt, bzw. durchzuführen versucht hat;

strafbestimmender Wertbetrag beim Eingriff in die Rechte des Tabakmonopols 7,772.505,-- S.

Hiezu stellte das Erstgericht fest, daß sich der Angeklagte und Mario B (alias Franco C) des Zeugen Sebastian D als blinden Werkzeuges bedienten, um Zigaretten amerikanischer Herkunft über Österreich nach Italien zu schmuggeln. Dabei wurde so vorgegangen, daß die Zigaretten in Eisenbahnwaggons, die aus Bulgarien nach Österreich kamen, als unverdächtige Fracht deklariert wurden und nach einer durch den gutgläubigen Zeugen D veranlaßten 'Neutralisierung' (darunter ist die Beseitigung aller Zeichen zu verstehen, die auf die Herkunft der Fracht aus dem Aufgabestaat Bulgarien hindeuteten) als angebliches Baumaterial nach Italien geschickt wurden. Einer der beiden Waggons wurde in Modena, seinem Bestimmungsort, kontrolliert, der andere bereits in Kärnten (Rosenbach). In beiden Fällen wurde die Konterbande entdeckt und von den italienischen, bzw. österreichischen Zollbehörden beschlagnahmt. Den Schuldspruch bekämpfen der Angeklagte Oscar A und das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz mit Nichtigkeitsbeschwerden. Der Angeklagte stützt dieses Rechtsmittel auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs. 1 Z 4, 9 lit. a (allenfalls 5) und 10 StPO, das Zollamt Wien auf jenen der Z 11 des genannten Paragraphen. Beide Nichtigkeitsbeschwerden erweisen sich als unberechtigt.

I./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Oscar A:

Einen Verfahrensmangel im Sinn des erstgenannten Nichtigkeitsgrundes erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seiner in der Hauptverhandlung (S. 119/120 u. 123/II) gestellten Beweisanträge auf 1.) Beischaffung sämtlicher Akten, aus denen sich seiner Ansicht nach ergebe, daß der - den Angeklagten belastende - Zeuge D seine Aussagen im Vorverfahren mehrfach geändert habe und Einvernahme des die seinerzeitige Vernehmung führenden Zollbeamten darüber, ob die Aussage D im Schlußbericht richtig wiedergegeben sei;

2.) Anfrage an die Zollfahndung des Landes Köln, sowie Beischaffung der italienischen Zollakten betreffend die in Italien beschlagnahmte Warenlieferung (Faktum 1 a) zum Nachweis dafür, daß der Beschwerdeführer in keinem dieser Fälle mit dem Zigarettenschmuggel etwas zu tun habe;

3.) Erhebung darüber, ob der Zeuge D die ihm nach den Angaben des Beschwerdeführers übergebenen 300.000,-- S in seine Geschäftsbücher eingetragen habe und 4.) Einvernahme des Mario B aus Zürich darüber, daß der Beschwerdeführer mit den Schmuggelgeschäften nichts zu tun gehabt habe, sondern lediglich wegen anderer (legaler) Transporte mit D verhandelt habe.

Durch die Abweisung dieser Beweisanträge, so meint der Beschwerdeführer, seien Verteidigungsrechte verletzt worden, insbesondere sei durch die Abweisung des Antrages auf Einvernahme des Zeugen Mario B der Beschwerdeführer in seinen Rechten beschnitten worden.

Dieser Zeuge hätte nämlich darüber Auskunft geben können, ob der Beschwerdeführer von dem beabsichtigten Zigarettenschmuggel etwas gewußt habe oder ob er nicht (gleich dem Zeugen D) auch bloß als blindes Werkzeug anzusehen sei. Richtig sei zwar, daß die Vernehmung des in der Schweiz lebenden Mario B durch ein Schweizer Gericht nicht möglich gewesen sei, da es sich bei der vorliegenden Strafsache um eine Fiskalsache handle; B wäre aber bereit gewesen, eine eidesstättige Erklärung vor einer österreichischen Vertretungsbehörde abzugeben oder unter gewissen Bedingungen auch vor einem österreichischen Gericht zu erscheinen. Es gehe nicht an, einer eidesstättigen Erklärung, wie dies das Erstgericht in der Begründung der Abweisung der Beweisanträge (S. 146/II) tue, 'kaum' Beweiskraft zuzuerkennen. Darin sei eine unzulässige vorgreifende Beweiswürdigung zu sehen. Die übrigen Beweisanträge hätten dem Erstgericht zu einer kritischeren Würdigung der Aussage des den Beschwerdeführer belastenden Zeugen D, dem das Erstgericht Glauben geschenkt habe, verhelfen können. Auch das Zollamt Wien gehe in einem seiner Berichte davon aus, daß nur sehr wenige Hinweise dafür gegeben seien, daß der Beschwerdeführer mit dem Zigarettenschmuggel befaßt gewesen sei. Der Zollbeamte, der D einvernommen habe, hätte über dessen Aussageunsicherheiten berichten können, und die Finanzakten aus Köln und Italien hätten ergeben, daß der Beschwerdeführer zwar mehrfach im Verdacht gestanden sei, am Zigarettenschmuggel beteiligt gewesen zu sein, dieser Verdacht aber jeweils entkräftet worden sei. Schließlich wäre es auch von Bedeutung gewesen, festzustellen, ob der an D bezahlte Betrag (von angeblich 300.000,-- S) durch dessen Geschäftsbücher gegangen sei oder nicht;

wäre dies nicht der Fall, so würde auf der Hand liegen, daß 'viel eher' D selbst die dem Beschwerdeführer angelastete Rolle als Zigarettenschmuggler gespielt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Die gerügten Verfahrensmängel liegen jedoch nicht vor. Das Erstgericht hat die Beischaffung aller Unterlagen über die Vernehmungen D mit der Begründung abgelehnt, daß dessen Aussagen ohnehin in Ablichtung vorliegen; dieser Begründung muß beigepflichtet und hinzugefügt werden, daß die Aussagen des Zeugen D in der Hauptverhandlung von seinen Angaben im Vorverfahren nicht abweichen. Lediglich bei - durch die lange Dauer des Verfahrens verständlichen - Erinnerungslücken hat sich der Zeuge auf seine Angaben vor der Zollbehörde berufen. Hieraus ableiten zu wollen, daß seine Angaben vor der Zollbehörde unzuverlässig seien, geht im Hinblick auf den Inhalt dieser Aussagen, der seine objektive Stütze in den Verfahrensergebnissen findet (Bestätigung durch die Zeugin E) nicht an. Der Beschwerdeführer hat auch in keiner Weise dargetan, worin die von ihm behaupteten Widersprüchlichkeiten der Aussage des Zeugen D liegen sollen; eine derartige Präzisierung des Beweisantrages wäre umso eher erforderlich gewesen, als wirkliche und erhebliche Widersprüche zwischen den einzelnen Depositionen des Zeugen D aus den Akten gar nicht ersichtlich sind. Was aber die Bemerkung des Zollamtes Wien im Bericht vom 11. März 1972 (S. 360/I) anlangt, es hätten 'wenige Aufzeichnungen' (die beim Beschwerdeführer vorgefunden worden waren) 'eindeutig den Hinweis' ergeben, daß 'Oscar A sehr wohl mit dem Zigarettenhandel befaßt' ist, so ist sie dahin zu verstehen, daß zwar nur wenige der zahlreichen sichergestellten Schriftstücke solche Hinweise enthielten, daß diese aber umso eindeutiger waren und, wie das Erstgericht auch zutreffend feststellt (S. 143/144/II), zur Beschlagnahme eines weiteren Waggons von Schmuggelzigaretten in Italien geführt haben.

Völlig zu Recht hat das Erstgericht die Beischaffung von Akten aus Deutschland abgelehnt, die sich auf andere Vorfälle beziehen; hieraus könnte, wie das Erstgericht richtig erkannte, für die Rolle des Angeklagten im gegenständlichen Verfahren nichts abgeleitet werden.

Im Hinblick auf die Ergebnisse des Inlandsverfahrens war aber auch die Beischaffung des Aktes über die Beschlagnahme der Zigaretten in Modena (Faktum 1.a) entbehrlich, weil die Beteiligung des Beschwerdeführers an dieser Tat vom Erstgericht auf Grund im Inland gewonnener Beweise festgestellt wurde, die im italienischen Verfahren nicht unbedingt ihren Niederschlag gefunden haben müssen. Ob die Beträge, die Sebastian D für seine Tätigkeit bei der Spedierung der einzelnen - von ihm für unbedenklich gehaltenen - Lieferungen erhielt, in seinen Geschäftsbüchern aufscheinen, wie dies der Zeuge, gestützt durch die Aussage der Zeugin E, behauptet, oder ob dies, wie der Angeklagte darzutun versucht, nicht der Fall ist, kann dahingestellt bleiben. Das Erstgericht hat zutreffend erkannt, daß sich hieraus keine zwingenden Schlußfolgerungen auf die Beteiligung des Beschwerdeführers an den Schmuggelgeschäften ziehen lassen und daß es sich hiebei im übrigen nur um einen Erkundungsbeweis handelt (S. 124/II).

Was aber letztlich die Einvernahme des Zeugen Mario B (auch Franco C) angeht, so ist dem Erstgericht darin beizupflichten, daß sie mangels entsprechender Verträge durch ein schweizerisches Gericht nicht möglich ist. Daß eine Erklärung des Mario B vor einer österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland 'kein Beweismittel im Sinn der StPO' darstellt, wie das Erstgericht meint (vgl. dazu S. 124/II), trifft zwar nicht zu, weil die Strafprozeßordnung die Beweismittel nur beispielsweise, nicht aber abschließend aufzählt, doch ist durch die Ablehnung dieses Beweisantrages deshalb nicht in Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers eingegriffen worden, weil die Besprechungen zwischen dem Beschwerdeführer und dem Zeugen Sebastian D - sieht man von einer Ausnahme ab, bei der der Beschwerdeführer B (C) mit D bekannt machte - stets ohne Beisein des Mario B stattfanden (vgl. S. 97 - 113/I, 103 - 112/ II. Band), wobei das Erstgericht erkennbar auch den Umstand in den Kreis seiner Erwägungen einbezogen hat, daß nach Sicherstellung des Waggons mit Zigaretten in Rosenbach der Beschwerdeführer mit D telefonierte, auf Vorhaltungen D darüber, daß man ihn durch den Schmuggeltransport hineingelegt habe, aber lediglich mit der Bemerkung reagierte, man werde D Schaden ersetzen, keineswegs aber seine Unschuld oder doch Unwissenheit an den Vorgängen beteuerte, wie dies doch nahegelegen wäre (S. 105/I).

Es zeigt sich sohin, daß dem Erstgericht bei der Abweisung der Beweisanträge kein Fehler unterlaufen ist;

Rechte der Verteidigung wurden nicht beeinträchtigt, sodaß der Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 4

StPO nicht vorliegt.

Unter Berufung auf den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a, allenfalls auch Z 5 StPO - der Sache nach nur die letztgenannte Ziffer ausführend -

bringt der Beschwerdeführer vor, das Erstgericht habe unbegründet seine Beteiligung an den Schmuggelaktionen festgestellt. 'Viel eher' ergebe das abgeführte Beweisverfahren doch, daß der Beschwerdeführer keine Ahnung vom wahren Inhalt der beiden Eisenbahnwaggons gehabt habe.

Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß sich das Schöffengericht sehr eingehend mit der Glaubwürdigkeit der leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers befaßt und ausführlich dargetan hat, warum es dieser keinen Gluben zu schenken vermochte (S. 142 - 144/II). Was der Beschwerdeführer hiegegen vorbringt, ist im Grunde nichts anderes als eine unzulässige Bekämpfung der unbedenklichen erstrichterlichen Beweiswürdigung, zumal nur dargetan werden soll, daß nach den Beweisergebnissen auch andere als die vom Erstgericht gezogenen Schlüsse denkmöglich wären.

Damit wird aber der Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO ebensowenig dargestellt, wie ein anderer Nichtigkeitsgrund der Strafprozeßordnung, insbesondere auch kein Feststellungsmangel im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 9

lit. a StPO aufgezeigt.

Mit Beziehung auf die Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO bringt der Beschwerdeführer vor, zu Unrecht sei sein Verhalten als gewerbsmäßig beurteilt worden; denn dies würde voraussetzen, daß die mehrfachen Schmuggeltransporte während eines längeren Zeitraumes stattgefunden hätten. Gerade dies treffe aber im vorliegenden Fall auf den Beschwerdeführer nicht zu, handle es sich doch nur um eine versuchte und eine vollendete Tat, die in einem Zeitabstand von zwei Monaten gesetzt worden seien. Eine bloß einmalige Wiederholung der Tat stelle noch keine wiederkehrende Begehung, wie sie für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit zu fordern sei, dar.

Auch diesem Vorbringen kann nicht beigetreten werden. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, liegt Gewerbsmäßigkeit immer dann vor, wenn die Absicht des Täters darauf gerichtet ist, sich durch Wiederholung der Tat eine durch längere Zeit fliessende, regelmäßige Einnahmsquelle zu verschaffen, die nicht völlig unbedeutend ist. Danach kann selbst eine bloß einmalige Tatbegehung gewerbsmäßig sein, dann nämlich, wenn auf andere Art als durch Tatwiederholung die Absicht des Täters erwiesen wird, die Tat zu wiederholen und sich hieraus eine regelmäßig und längere Zeit hindurch wirksame Einnahmsquelle zu verschaffen (vgl. z. B. EvBl. 1975 Nr. 14

und 259, RZ 1975/62 und andere). Da somit unter Umständen auch einmalige Tatverübung dem Begriff der Gewerbsmäßigkeit genügen kann, besteht kein Grund, eine zweimalige Tatverübung als nicht hinreichend zur Herstellung dieser Tatqualifikation zu bezeichnen, wie dies der Beschwerdeführer erreichen will. Dem Erstgericht ist vielmehr darin beizupflichten, daß nach den Verfahrensergebnissen der Beschwerdeführer durch Tatwiederholung ein länger wirksames, regelmäßiges Einkommen erreichen wollte (vgl. die Urteilsfeststellung S. 148/II). Dieser Feststellung haftet ebensowenig ein Mangel an wie der daraus gezogenen rechtlichen Beurteilung, dem Beschwerdeführer falle gewerbsmäßige Tatverübung zur Last.

Es liegt sohin auch kein den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 10 StPO verwirklichender Rechtsirrtum vor.

II./ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes Wien:

Den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z 11

StPO anrufend, wendet sich das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz dagegen, daß dem Angeklagten ein Wertersatz für die in Italien ergriffenen 4,740.000 Stück Zigaretten (Faktum 1. a) nicht auferlegt wurde. Das Gericht begründe dies nur mit dem Hinweis auf ein höchstgerichtliches Urteil (13 Os 76/75) und erwähne hiezu, daß die Zigaretten in Modena beschlagnahmt worden seien, sodaß von der Verhängung eines Wertersatzes in Österreich Abstand genommen werden müsse. Dieser Rechtsansicht sei jedoch entgegenzuhalten, daß nach § 19 Abs. 2 FinStrG immer dann auf Wertersatz zu erkennen sei, wenn nach § 17 Abs. 1

lit. a FinStrG auf Verfall zu erkennen wäre, im Zeitpunkt des Urteils aber feststehe, daß der Verfall unvollziehbar wäre. Es sei nun zweifelsfrei richtig, daß im Inland nur entweder auf Verfall oder auf Wertersatz erkannt werden könne; vollkommen anders sei jedoch die Rechtslage, wenn der Verfall im Ausland ausgesprochen worden sei. Damit sei lediglich dem Strafanspruch des ausländischen Staates Genüge getan, der Strafanspruch Österreichs aber sei nicht erloschen. Einer solchen Ansicht stehe auch das Einrechnungsprinzip des § 66 StGB nicht entgegen, denn dieses setze Identität der Tat, für die der Täter im Ausland bestraft werde, mit der Inlandstat voraus. Eine solche sei aber beim Zigarettenschmuggel nicht gegeben, bestrafe doch der italienische Staat nur den seine Zollgrenzen berührenden Schmuggel, der österreichische Staat aber habe sein fiskalisches Hoheitsrecht zu wahren, das bereits durch das Einschmuggeln der Zigaretten aus Jugoslawien nach Österreich verletzt worden sei, welche Beeinträchtigung durch die in Italien getroffenen Maßnahmen nicht abgegolten sei.

Auch dürfe nicht übersehen werden, daß durch den Wertersatz der Fiskus für den Einnahmenentfall entschädigt werden solle. Die Argumentation, der Wertersatz solle dem Täter jeden Vorteil, den er aus seiner Tat noch haben könne, entziehen und verliere daher seine Berechtigung, wenn das Schmuggelgut sichergestellt worden sei (weil dann eben der Täter keinen Vorteil mehr in Händen habe), schlage aber auch durch, weil die Erlangung eines Vorteils nicht Tatbestandsmerkmal des Schmuggels sei. überdies wäre nicht einzusehen, welcher Vorteil dem Täter bleibt, wenn Dritte Eigentumsrechte am Schmuggelgut geltend machen; aber auch in einem solchen Fall könne Wertersatz ausgesprochen werden, wenn der Verfall wegen der Berücksichtigung von Eigentumsrechten Dritter nicht verfügt werden könne.

Schließlich wäre noch zu vermerken, daß die italienischen Behörden die Zigaretten in Modena lediglich beschlagnahmt, noch nicht aber für verfallen erklärt haben. Auch dieser Umstand spreche dafür, daß dem Angeklagten für die nicht mehr ergriffenen Zigaretten, die sich im Ausland befinden, Wertersatz aufzuerlegen sei.

Die Rüge vermag jedoch im Hinblick auf die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zu 13 Os 76/75 und 11 Os 64/78 und die darin aufgestellten Grundsätze, von welchen abzugehen sich der Oberste Gerichtshof auch durch die Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde nicht veranlaßt sieht, nicht durchzudringen. Denn der nach § 19 FinStrG vorgesehene Wertersatz soll als Maßnahme sui generis einerseits den Fiskus für den Einnahmenentfall entschädigen, andererseits aber dem Täter jeden Vorteil, den er aus seiner Tat noch haben könnte, entziehen. Er tritt jedenfalls an die Stelle des nicht oder nicht völlig vollziehbaren Verfalls nach § 17 FinStrG. Nun kann aber der Verfall einer Ware schon begrifflich nur einmal ausgesprochen werden. Demzufolge kann auch für Gegenstände, die bereits für verfallen erklärt wurden, gleichgültig, ob im Inland oder im Ausland, nicht zusätzlich auch noch Wertersatz, welcher den Verfall nur substituieren soll, auferlegt werden. Durch den Verfall ist nämlich dem Täter jeder Vorteil aus seiner Straftat aus der Hand genommen worden, sodaß für einen Wertersatz kein Raum bleibt. Hiefür spricht auch die überlegung, daß Verfall und Wertersatz, wie es die § 17 und 19 FinStrG ausdrücken, als Strafen anzusehen sind; durch das im § 66

StGB normierte Anrechnungsprinzip ist aber eine doppelte Bestrafung des Täters (im In- und Ausland) ausgeschlossen.

Die vom Zollamt Wien gegen die Anwendung des Verbotes der Doppelbestrafung vorgebrachten Argumente der mehrfachen Zollgrenzverletzung schlagen schon deshalb nicht durch, weil bei mehrfachen Grenzüberschreitungen mit Schmuggelgut zwar jede für sich eine selbständige Tat darstellt, der Verfall einer Ware aber auch bei dieser Tatgestaltung nur einmal ausgesprochen werden kann. Im vorliegenden Fall ist nach den im Akteninhalt (S. 19/I) gedeckten Feststellungen des Erstgerichtes der gegenständliche Waggon mit geschmuggelten Zigaretten in Italien beschlagnahmt worden. Der Hinweis in der Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes, es sei noch kein Verfall ausgesprochen worden, schlägt schon deshalb nicht durch, weil nach dem auch vom Schöffengericht erkennbar verwerteten Akteninhalt die Zigaretten der Manufattura tabacchi in Bari zur gebührenden Verwertung (S. 19/I Band) übergeben n; zum übrigen bezieht sich die Entscheidung 13 Os 76/75 auch auf beschlagnahmte Waren. Es wäre somit verfehlt gewesen, dem Angeklagten für die in Modena bereits ergriffenen Schmuggelzigaretten Wertersatz aufzuerlegen.

Das Erstgericht hat somit entgegen der Ansicht des Zollamtes Wien seine Strafbefugnis nicht verletzt.

Mithin war der Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamts gleichfalls ein Erfolg zu versagen.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 und 2 FinStrG nach dem § 38 Abs. 1 lit. a (in Verbindung mit dem § 44 Abs. 2 lit. c) FinStrG eine Geldstrafe von drei Millionen Schilling, im Falle der Uneinbringlichkeit ein Jahr Ersatzfreiheitsstrafe, sowie gemäß dem vorletzten Satz des § 38 Abs. 1 FinStrG eine Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr. Diese Freiheitsstrafe wurde gemäß dem § 43 Abs. 1

StGB unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

Bei der Strafbemessung berücksichtigte das Erstgericht als erschwerend: die Begehung zweier strafbarer Handlungen und den hohen strafbestimmenden Wertbetrag, hingegen als mildernd: die (anzunehmende) 'Unbescholtenheit (§ 34 Z 2 StGB)' und den Umstand, daß es in einem Faktum beim Versuch blieb.

Mit ihren Berufungen streben das Zollamt die 'wesentliche' Erhöhung der ausgesprochenen Geldstrafe und die Ausschaltung der (wie erwähnt, in Ansehung der Freiheitsstrafe gewährten) bedingten Strafnachsicht, der Angeklagte demgegenüber die Herabsetzung der Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht auch in Ansehung der über ihn verhängten Geldstrafe an.

Der Berufung des Zollamtes kommt lediglich insoweit Berechtigung zu, als damit auf eine Erhöhung der Geldstrafe abgezielt wird. Ausgehend von den im § 23 Abs. 1 bis 3

FinStrG normierten Grundsätzen für die Strafbemessung erscheint auf der Basis der vom Erstgericht zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründe eine Geldstrafe von vier Millionen Schilling angemessen. In diesem Sinne war der Berufung des Zollamtes (teilweise) Folge zu geben.

Hingegen liegen - wie das Schöffengericht im Gegensatz zur Ansicht des Zollamtes richtig erkannte - die spezial- und generalpräventiven Voraussetzungen zur Gewährung der bedingten Strafnachsicht im Sinne der § 26 Abs. 1 FinStrG bzw. 43 Abs. 1 StGB vor. Es darf nämlich nicht übersehen werden, daß über den Angeklagten eine empfindliche (unbedingte) Geldstrafe verhängt wurde. Die Vollziehung dieser Geldstrafe und darüber hinaus die Androhung einer im Sinne des § 15 Abs. 2 FinStrG ausgesprochenen Freiheitsstrafe lassen unter Berücksichtigung der Persönlichkeit des (als unbescholten zu behandelnden /vgl. dazu u.a. ÖJZ-LSK 1977/228/) Angeklagten und des Unrechtsgehaltes der Taten die Erfüllung aller spzial- und generalpräventiven Voraussetzungen, denen nach den vorstehend zitierten Gesetzesstellen mit dem Strafausspruch zu entsprechen ist, erwarten.

Das Berufungsbegehren des Angeklagten ist zur Gänze unbegründet. Denn angesichts des Umfanges der dem Urteil zugrundeliegenden strafbaren Handlungen, mithin der (das Unrecht mitumfassenden) Schuld des Angeklagten, erscheint unter Berücksichtigung der - wie schon erwähnt - vom Erstgericht im wesentlichen richtig angeführten Strafzumessungsgründe das Ausmaß der Freiheitsstrafe angemessen. Gegen die Gewährung der bedingten Strafnachsicht auch der Geldstrafe bestehen wegen der Art und des Umfanges der vom Angeklagten zu verantwortenden Finanzvergehen general- und spezialpräventive Bedenken.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die im Spruche angeführte Gesetzesstelle.

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