OGH 9Os209/77

OGH9Os209/7717.10.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 17.Oktober 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Faseth, Dr.Steininger und Dr.Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Sailer als Schriftführer in der Strafsache gegen Horst A und einen anderen wegen des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83, 86 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die von den Angeklagten Horst A und Stefan B so'ae von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27. September 1977, GZ 1 d Vr 8800/76-67, erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Horak, der Ausführungen der Verteidiger Dr.Mathes und Dr.Weiss und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Stöger, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Horst A wird verworfen.

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan B wird zur Gänze und jener der Staatsanwaltschaft teilweise Folge gegeben und das Urteil, das in den Horst A betreffenden Aussprüchen unberührt bleibt, in seinem Stefan B betreffenden Schuldspruch zu Punkt 2 des Urteilssatzes und soweit es eine Unterstellung des nur - in den Urteilsgründen angeführten - weiteren Tatverhaltens dieses Angel ` klagten auch als Vergehen der Begünstigung nach § 299 StGB inhaltlich der Entscheidungsgründe ablehnte sowie demgemäß ferner in dem Stefan B betreffenden Strafausspruch aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zu neuerlicher Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung zurückverwiesen.

Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft verworfen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Stefan B auf diese Entscheidung verwiesen.

Den Berufungen des Angeklagten Horst A und der Staatsanwaltschaft wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten A auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 13.August 1940 geborene Kellner Horst A des Verbrechens der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 83, 86 StGB und der am 19.Jänner 1936 geborene Maler- und Anstreichergeselle Stefan B, der zuletzt als Lagerarbeiter beschäftigt war, des Verbrechens der Aussetzung nach § 82 Abs.1 StGB schuldig erkannt. Nach dem Inhalt des Schuldspruches liegt Horst A und Stefan B zur Last, am 19.November 1976 in Wien, und zwar 1.) Horst A den Wilhelm C durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht, wodurch der Genannte zu Boden stürzte und einen Schädelbruch mit Gehirnquetschung erlitt, vorsätzlich am Körper verletzt zu haben, wobei die Tat den Tod des Geschädigten zur Folge hatte;

2.) Stefan B nach der unter Punkt 1.) bezeichneten Tathandlung (des Horst A) das Leben des Wilhelm C dadurch vorsätzlich gefährdet zu haben, daß er gemeinsam mit Horst A den schwer verletzten Wilhelm C aus dem Gasthaus 'T***' trug, ihn in einem unbeleuchteten Durchgang zwischen zwei Gebäuden ablegte und sich entfernte, ihn sohin in eine hilflose Lage brachte und in dieser Lage im Stich ließ;

Horst A und Stefan B bekämpfen den sie treffenden Schuldspruch jeweils mit (gesondert ausgeführter), ziffernmäßig auf den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281

Abs.1 StPO, Stefan B überdies noch auf den der Z 9

(lit.a) dieser Gesetzesstelle gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; den Strafausspruch fechten beide Angeklagten jeweils mit Berufung an. Die Staatsanwaltschaft strebt mit ihrer beide Angeklagten betreffenden Nichtigkeitsbeschwerde unter Geltendmachung der Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 9 lit.a des § 281 Abs.1 StPO einen (zusätzlichen) Schuldspruch des Angeklagten Horst A auch wegen Verbrechens der Aussetzung nach § 82 Abs.1 StGB und wegen Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293

Abs.1 StGB sowie des Angeklagten Stefan B auch wegen der Vergehen der Fälschung eines Beweismittels nach der vorerwähnten Gesetzesstelle und der Begünstigung (des Horst A) nach § 299 Abs.1 StGB an; ihre Berufung richtet sich (nur) gegen den Horst A betreffenden Strafausspruch.

I/ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Horst A:

Mit seinem der Sache nach eine Unvollständigkeit und offenbar unzureichende Begründung im Sinne des Nichtigkeitsgrundes der Z 5 des § 281 Abs.1 StPO relevierenden Beschwerdevorbringen rügt der Angeklagte Horst A zunächst, das Erstgericht habe sich in den Urteilsgründen mit der durch die Beweisergebnisse indizierten Möglichkeit nicht ausreichend auseinandergesetzt, daß sich Wilhelm C die tödliche Verletzung erst dadurch zugezogen haben könnte, daß er sich, nachdem er aus dem Gasthaus 'T***' hinausgebracht und in dem gegenüberliegenden unbeleuchteten Durchgang zwischen dem Haus Wien 11, Kaiserebersdorfergasse 59, und dem Kiosk der Zentralsparkasse der Gemeinde Wien abgelegt worden war, von dort wieder erhob, urinierte und dann (neuerlich) niederstürzte. Die vom Erstgericht für den Ausschluß dieser Möglichkeit gegebene Begründung, Wilhelm C könne, nachdem er an dem bezeichneten Ort (in bewegungsunfähigem) Zustand abgelegt worden war, nicht mehr lange gelebt haben, weil seine Leiche dort mit dem aus dem Hosenschlitz in erigiertem Zustand herausragenden Glied aufgefunden worden sei, was darauf hinweise, daß die tödliche Verletzung unmittelbar nach einem von ihm in der Toilette des Gasthauses 'T***' mit Elfriede D entweder tatsächlich vollzogenen oder zumindest angestrebten Geschlechtsverkehr eingetreten sein müsse, finde - so meint der Beschwerdeführer - in den Verfahrensergebnissen keine Deckung; denn dem Polizeibericht über das Auffinden der Leiche lasse sich nur entnehmen (S.21 d. A.), daß der Geschlechtsteil des Wilhelm C aus dessen offenem Hosenschlitz herausragte, nicht aber, daß das Glied (auch) erigiert war. Außerdem habe das Erstgericht in den Urteilsgründen die in diesem Polizeibericht erwähnten, in unmittelbarer Nähe des Fundortes der Leiche vorgefundenen nassen Stellen ebenso mit Stillschweigen übergangen wie den Hinweis des Amtsarztes (S.23 d.A.), daß der Tod des Wilhelm C etwa zwei Stunden vor seinem Auffinden, somit gegen zwei Uhr dreißig morgens eingetreten sei. Diese Umstände sprechen nach Meinung des Beschwerdeführers dafür, daß Wilhelm C vor seinem Tod dort noch uriniert habe.

Rechtliche Beurteilung

Die behaupteten Begründungsmängel liegen nicht vor:

Es ist dem Beschwerdeführer zwar einzuräumen, daß die vom Erstgericht angenommene Erektion des Gliedes beim Auffinden der Leiche des Wilhelm C in den Beweisergebnissen keine ausreichende Deckung findet (vgl. insbesondere S.21 und 23 d.A.); das Erstgericht schloß aber die Möglichkeit, Wilhelm C könnte an der Stelle, an der später seine Leiche gefunden wurde, noch uriniert und sich erst anschließend bei einem (weiteren) Sturz die tödliche Verletzung zugezogen haben, keineswegs allein mit dem (durch die Verfahrensergebnisse tatsächlich nicht ausreichend gestützten) Hinweis auf das beim Auffinden der Leiche aus dem Hosenschlitz in erigiertem Zustand herausragende Glied, sondern vor allem mit der - denkrichtigen und schlüssigen - Begründung aus, daß die Leiche im Zeitpunkt ihres Auffindens noch mit der Lederjacke (die der Angeklagte Stefan B nach dem Ablegen des Wilhelm C über diesen gebreitet hatte; vgl. S.398 und 403 d.A.) zugedeckt war und dieser Umstand gegen die vom Beschwerdeführer aufgezeigte Möglichkeit und damit für die Richtigkeit der Urteilsannahme spreche, daß der Tod des Wilhelm C dort, ohne daß er sich nochmals erhoben hätte, eingetreten ist. Nähere Erörterungen in bezug auf die nassen Stellen am Fundort der Leiche sowie hinsichtlich der vom Amtsarzt vertretenen Ansicht, C sei ca. 2 Stunden vor seiner Auffindung gestorben (S.23 d.A.), waren aber in diesem Zusammenhang schon deshalb nicht geboten, weil zum einen von der Polizei nicht festgestellt werden konnte, woher die feuchten Stellen stammten (S.21 d.A.), d.h. also auch nicht, daß sie durch menschliches Urinieren verursacht worden waren, und zum anderen selbst bei der Annahme, Wilhelm C habe dort noch uriniert und die geringe Füllung seiner Harnblase sei darauf und nicht auf den kurz nach dem Heraustragen eingetretenen Tod zurückzuführen, die weitere vom Beschwerdeführer daran geknüpfte Schlußfolgerung, der Genannte habe sich zum Urinieren erhoben und dann erst durch einen (weiteren) Sturz die tödliche Kopfverletzung selbst zugezogen, daraus keinesfalls abgeleitet werden kann, weil Harnablassen auch im Liegen möglich ist.

Aber auch die weiteren Ausführungen zur Mängelrüge des Inhalts, das angefochtene Urteil lasse eine ausreichende Begründung zur Frage der Erkennbarkeit der schweren Alkoholisierung des Wilhelm C durch den Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Schlages sowie in bezug auf die Feststellung vermissen, der vom Angeklagten A geführte Schlag sei für den Tod des Genannten ursächlich gewesen, erweisen sich als nicht stichhältig:

Denn das Erstgericht konnte sich bezüglich der Erkennbarkeit der schweren Alkoholisierung des Wilhelm C im Tatzeitpunkt - die nach dem medizinischen Gutachten (S.73 d. A.) mit einem Blutalkoholgehalt von 2,8 %o objektiv sicherlich gegeben war - mit Recht auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers (vgl. S.129a, 171, 375 und 377 d.A.) stützen, wonach C stark betrunken war und im Rausch gelallt hat, und zwar schon vor dem Schlag gleichartig wie nach diesem, sodaß auch insoweit von einem Begründungsmangel nicht gesprochen werden kann. Gleiches gilt in bezug auf die erstgerichtliche Annahme der Kausalität des vom Angeklagten A geführten Schlages für den Tod des Wilhelm C, weil nach dem Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr.Skala (S.57 f sowie S.383 f d.A.), dem das Erstgericht folgte, die traumatisch bedingte schwere Schädelverletzung des C jedenfalls eine Teilursache dessen Todes und damit eine Bedingung darstellte, ohne die der Tod des Genannten nicht eingetreten wäre.

Die Mängelrüge des Angeklagten Horst A ist daher zur Gänze unbegründet.

Das Erstgericht hat aber auch, von der Feststellung ausgehend, daß der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Tathandlung (Versetzen eines starken Schlages in das Gesicht) die schwere Alkoholisierung des Wilhelm C erkannte (insbesondere S.404 d.A.), den für die objektive Erfolgszurechnung entscheidenden 'Risikozusammenhang' zwischen der Tathandlung und dem eingetretenen (Todes-) Erfolg im Ergebnis mit Recht bejaht, sodaß dem Beschwerdevorbringen, insoweit der Beschwerdeführer darin die Vorhersehbarkeit des Erfolgseintritts verneint und damit der Sache nach den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit.a oder allenfalls der Z 10 des § 281 Abs.1 StPO geltend macht, gleichfalls keine Berechtigung zuzuerkennen ist:

Wohl besteht zwischen dem Urteilssatz (Punkt 1.) und den Urteilsgründen insoweit ein - vom Beschwerdeführer allerdings nicht gerügter - Widerspruch, als das Erstgericht dem Angeklagten Horst A im Urteilssatz den Grundtatbestand des § 83 Abs.1 StGB (vorsätzliche Körperverletzung des Wilhelm C) anlastet, hingegen in den Urteilsgründen davon ausgeht, daß der Beschwerdeführer den Grundtatbestand des § 83 Abs.2 StGB (körperliche Mißhandlung des Wilhelm C und dadurch fahrlässig bewirkte Herbeiführung des Erfolges) verwirklicht hat.

Diesem Umstand kommt jedoch keine entscheidende Bedeutung zu, weil die in den Absätzen 1 und 2 des § 83 StGB beschriebenen Arten der Körperverletzung rechtlich gleichwertige Begehungsweisen ein- und desselben Delikts darstellen (ÖJZ-LSK 1975/171).

Das dem Beschwerdeführer zur Last liegende Delikt der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nach § 86 StGB stellt sich nach seiner Rechtsnatur nur als eine Qualifikation zu einem der im § 83 StGB umschriebenen Grunddelikte dar und kann entweder in der Begehungsform des Abs.1 oder des Abs.2 dieser Gesetzesstelle verwirklicht werden. Es genügt daher der (bedingte) Vorsatz, am Körper zu mißhandeln. Da der auf (vorsätzliche) Mißhandlung zurückzuführende Eintritt des Todes (§ 86 StGB) eine besondere Folge der Tat darstellt, an die eine schwerere Strafe geknüpft ist, kommt in diesem Fall die Regelung des § 7

Abs.2 StGB zum Tragen. Die strafrechtliche Zurechnung der Todesfolge setzt demnach voraus, daß diese Folge (wenigstens) fahrlässig herbeigeführt wurde. Bei solchen Delikten, für die eine Kombination von Vorsatz und Fahrlässigkeit kennzeichnend ist, beruht die nach § 6 StGB zu prüfende Fahrlässigkeit bezüglich der besonderen Tatfolge im allgemeinen allein in deren Vorhersehbarkeit;

denn die weitere zum Fahrlässigkeitsbegriff gehörige Komponente der Sorgfaltsverletzung ist in solchen Fällen schon wegen der Begehung des Grunddelikts zu bejahen (vgl. Leukauf-Steininger, S.87, und ÖJZ-LSK 1976/70 =

- EvBl.1976/203). Die durch (vorsätzliche) Mißhandlung herbeigeführte Todesfolge kann somit dem Täter strafrechtlich zugerechnet werden, wenn dieser von ihm bewirkte Erfolg für ihn vorhersehbar war, d.h. wenn er bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt zumindest in der Lage war, den Eintritt eines solchen Erfolges als mögliche Folge seines Verhaltens zu erkennen, wobei aber eine Erkennbarkeit des Verlaufes im allgemeinen genügt und es nicht erforderlich ist, daß alle Einzelheiten des Erfolgseintritts voraussehbar sind. Grundsätzlich wird die Vorhersehbarkeit eines qualifizierten Erfolgs für den Täter dann zu bejahen und ihm der Erfolg (auch) subjektiv zuzurechnen sein, wenn dieser nach den Erfahrungen des täglichen Lebens eintreten konnte (Leukauf-Steininger, S.408;

Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, S.187), der Erfolg also im Verhältnis zur Tathandlung nicht atypisch und sohin im Rahmen des vom Täter eingegangenen Gefahrenrisikos gelegen ist. So gesehen ist der Auffassung des Erstgerichtes beizutreten, daß für den Beschwerdeführer nach dem festgestellten Tatverhalten auch letztlich der Todeseintritt vorhersehbar war. Denn wenn auch eine Mißhandlung der gegenständlichen Art unter Umständen nur eine geringfügige Verletzung auslöst, kann doch der durch die Tat des Beschwerdeführers herbeigeführte Erfolg nach den Erfahrungen des täglichen Lebens nicht als geradezu außergewöhnlich und außerhalb jeder menschlichen Erwartung gelegen bezeichnet werden. Es war für ihn vielmehr so wie für jeden Durchschnittsmenschen bei Anwendung der zumutbaren Sorgfalt vorhersehbar, daß durch einen kräftigen Schlag in das Gesicht eines erkennbar stark Alkoholisierten dessen Hintüberstürzen und Aufprallen mit dem Hinterhaupt und dadurch eine schwere, letztlich auch zum Tod führende Verletzung bewirkt werden kann.

Zutreffend hat somit das Erstgericht dem Beschwerdeführer die von ihm durch (vorsätzliche) Mißhandlung des Wilhelm C verursachte Todesfolge als fahrlässig herbeigeführt zugerechnet. Demnach erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Horst A zur Gänze als nicht berechtigt.

II/ Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Stefan B:

Dieser Angeklagte erhebt unter Anführung der Nichtigkeitsgründe nach Z 5 und 9 lit.a des § 281 Abs.1 StPO gegen das Ersturteil den Vorwurf, mangelhaft begründet zu sein und rechtsirrtümlich angenommen zu haben, sein festgestelltes Verhalten erfülle den Tatbestand nach § 82

Abs.1 StGB Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet:

Beim Verbrechen der Aussetzung nach § 82 Abs.1 StGB - die Begehungsform des Abs.2 dieser Gesetzesstelle kommt beim Angeklagten B von vornherein nicht in Betracht, weil Wilhelm C nicht unter seiner Obhut stand und er diesem gegenüber auch sonst nicht zufolge einer ihn im besonderen treffenden Garantenstellung (§ 2 StGB) zum Beistand verpflichtet war - handelt es sich um ein zweiaktiges (aus einem Begehungs- und einem Unterlassungsakt zusammengesetzes) Delikt, bei dem der Täter (mit Lebensgefährdungsvorsatz) das Opfer zunächst vorsätzlich in eine hilflose Lage bringt und es dann vorsätzlich in dieser Lage im Stich läßt, wobei der (bedingte) Vorsatz des Täters auf die konkrete Lebensgefährdung des Opfers gerichtet sein muß. Da es sich um ein Erfolgsdelikt handelt, liegt Deliktsvollendung mit dem Eintritt einer konkreten Lebensgefahr (d.i. die Gefahr des Todes) für die hilflose Person vor, die durch das Imstichlassen entweder erst geschaffen oder zumindest vergrößert wird (vgl. Kienapfel, RiZ 1978 S.4 f).

Da nach den bezüglichen Urteilsannahmen Wilhelm C infolge des vom Angeklagten A gegen ihn geführten Schlages zu Boden gestürzt und dort (mit einer schweren Schädelverletzung) bewußtlos liegengeblieben war, erhebt sich zunächst die Frage, ob eine Tatbestandsverwirklichung durch den Angeklagten B, der sich ja am Niederschlagen des C nicht beteiligt hatte, überhaupt in Betracht kam und ob es nicht allenfalls an dem Tatbestandsmerkmal, daß der Täter das Opfer (mit Lebensgefährdungsvorsatz) in die hilflose Lage gebracht haben muß, mangelt.

Wenn es nun auch keinem Zweifel unterliegen kann, daß C schon nach dem Schlag des Angeklagten A hilflos, d.h. nicht mehr imstande war, sich ohne Hilfe anderer gegen die ihn bedrohende Lebensgefahr zu helfen (vgl. Dokumentation, 124 und Leukauf-Steininger, 420), ist die oben aufgeworfene Frage dennoch zu verneinen.

Die Vorschrift über die Aussetzung soll Schutz gegen eine vorsätzliche, konkrete Lebensgefährdung durch zwei besonders typische Handlungen bieten; sie will den mit Strafe bedrohen, der, ohne den Tod eines anderen zu wollen, vorsätzlich durch das Verbringen des anderen in eine hilflose Lage oder der durch das Imstichlassen eines bereits in eine solche Lage Geratenen die Gefahr seines Todes verursacht oder vergrößert. Die Vorschrift knüpft damit an die Strafbestimmung des alten Strafgesetzes über die Weglegung eines Kindes (§ 149 StG) an und ersetzt daher den nur auf einen Sonderfall abgestellten § 149 StG durch das umfassende Tatbild der Aussetzung (Dokumentation, 124). Schon hieraus erhellt, daß der Gesetzgeber als Schutzobjekte vor allem solche Personen im Auge hatte, die bereits vor der Aussetzung (wenn auch allenfalls in einem minderen Grade) hilflos sind, also Kinder, Gebrechliche und Kranke (vgl. abermals Dokumentation, aaO), ohne den Tatbestand allerdings darauf einzuschränken. Negieren zu wollen, daß auch ein bereits Hilfloser ausgesetzt werden könne, hieße demnach den Sinn des Gesetzes verkennen und würde zB bedeuten, daß derjenige sich nicht im Sinne des § 82 Abs.1 StGB schuldig macht, der einen Säugling oder einen Querschnittgelähmten - also zweifellos hilflose Menschen - an einen abgeschiedenen Ort bringt und dort allein läßt, sie also aus relativ gesicherter Lage in eine solche neue Situation versetzt, in der das Leben des Objekts seiner Tat (in höherem Grade als bisher) gefährdet ist, falls nicht ein rettender Zufall eintritt (Dokumentation, aaO).

Da nun die Situation des bewußtlosen Wilhelm C vor seiner Verbringung durch die beiden Angeklagten im Vergleich zu seiner nachmaligen Lage relativ sicher war - er befand sich auf dem Gang vor der Toilette des Gasthauses, also einem frequentierten Ort desselben - bestehen sohin nach dem oben Gesagten keine rechtlichen Bedenken gegen die objektive Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens im Sinne des § 82 Abs.1 StGB, zumal das Urteil, gestützt auf das medizinische Sachverständigen-Gutachten, ausdrücklich feststellte (S.397 d.A.) weder die Verletzung des Wilhelm C noch seine Alkoholiserung hätten eine unabwendbare Todesursache dargestellt und seine überlebenschancen wären bei raschem ärztlichen Beistand größer gewesen. (Daß eine strafrechtliche Zurechnung der Todesfolge im Rahmen des § 82 Abs.3 StGB schon infolge Verneinung der /hypothetischen/ Kausalität zwischen dem /der Mißhandlung und Verletzung des Wilhelm C nachfolgenden/ Verhalten dieses Angeklagten und dem Eintritt des Todes des Wilhelm C durch das Erstgericht /S.406 d.A./ nicht in Betracht kommt, bedarf keiner zusätzlichen Erörterungen).

Berechtigt hingegen ist die Rüge des Beschwerdeführers, soweit er Begründungs- und Feststellungsmängel zur subjektiven Tatseite behauptet.

Nach den bezüglichen Urteilsannahmen sah der Angeklagte B, daß Horst A dem Wilhelm C einen Schlag versetzte, worauf C zu Boden stürzte. Er war Horst A über dessen Ersuchen auch behilflich, den auf dem Gang vor der Damentoilette des Gasthauses 'T***' am Boden liegenden (und zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch lebenden) Wilhelm C über die Straße zu dem bereits erwähnten (unbeleuchteten) Durchgang zu bringen, wo sie ihn ablegten, wobei B dann noch zurückging und C mit einer Lederjacke zudeckte (S.396 d.A.). Dem Beschwerdeführer war aber nach den weiteren Urteilsannahmen die Kenntnis von einer (durch die Handlungsweise des Horst A bewirkten) Verletzung des Wilhelm C (mangels äußerlich erkennbarer Mißhandlungsspuren) nicht mit ausreichender Sicherheit nachzuweisen, insbesondere wußte er im Tatzeitpunkt von einer schweren Schädelverletzung des Genannten nichts (S.407 d.A.). Zum Tatmotiv führte das Erstgericht in den Urteilsgründen aus, der Angeklagte B sei beim Verbringen des Wilhelm C aus dem Lokal deshalb behilflich gewesen, um dem Kellner Horst A Unannehmlichkeiten mit der Polizei zu ersparen (S.407 d. A.); an anderer Stelle der Urteilsbegründung heißt es, der nach Meinung des Angeklagten B bloß betrunkene Wilhelm C sei deshalb aus dem Lokal getragen worden, damit er dort nicht sofort bemerkt werde, weil 'sich Betrunkene vor dem Lokal nicht gut machen' (S.403 d.A.). Allerdings meinte das Erstgericht, der Angeklagte B hätte die hilflose Lage des Wilhelm C erkennen können, weil dieser nur gelallt und Unverständliches geredet und sich auch nicht bewegt habe; es müsse ihm nach dessen Ablage in dem erwähnten Durchgang, wo er niemandem auffiel, auch klar gewesen sein, daß C dadurch in eine hilflose Lage gebracht werde (S.402 f d.A.). Die Gefährdung des Wilhelm C habe er erkannt, weil er zunächst die Rettung verständigen wollte und daher der Meinung gewesen sei, daß C ärztlicher Hilfe bedürfe (S.404 d.A.).

Bei diesen Feststellungen bleibt völlig offen, ob der Angeklagten mit Gefährdungsvorsatz oder bloß mit unbewußter oder bewußter Fahrlässigkeit in bezug auf die Herbeiführung oder Vergrößerung einer Todesgefahr handelte, weshalb derzeit eine abschließende rechtliche Beurteilung einer strafrechtlichen Haftung dieses Angeklagten wegen Verbrechens nach § 82 Abs.1 StGB nicht möglich ist.

Im erneuerten Verfahren wird das Gericht demnach die fehlenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu treffen haben, wobei es insbesondere auch den von ihm als erwiesen angenommenen, jedoch unberücksichtigt gelassenen Umstand, daß der Angeklagte B noch einmal zurückgegangen und C mit einer Lederjacke zugedeckt hatte (S.398), in seine Erwägungen miteinzubeziehen haben wird. Sofern die Beweisergebnisse im erneuerten Verfahren nicht ausreichen sollten, festzustellen, der Angeklagte B habe mit (zumindest bedingtem) lebensgefährdendem Vorsatz gehandelt, wird zu prüfen sein, ob er nicht allenfalls in Kenntnis der Gefahr einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung des Wilhelm C die (objektiv offensichtlich) erforderliche Hilfeleistung unterlassen hat, d.h. also, ob nicht vielleicht die Voraussetzungen des Vergehens nach § 95 Abs.1 StGB vorliegen. Denn die Verpflichtung zur Hilfeleistung unter den in dieser Gesetzesstelle bezeichneten Voraussetzungen basiert (im Gegensatz zu den auf den Angeklagten B im vorliegenden Fall nicht anwendbaren Tatbeständen der § 82 Abs.2 und 94 StGB) auf einer allgemeinen (keine Garantenstellung im Sinne des § 2 StGB voraussetzenden) Handlungspflicht.

Der objektive Tatbestand nach § 95 Abs.1 StGB erschöpft sich vielmehr in einer (bloßen) Unterlassung der zur Rettung eines Menschen aus der Gefahr des Todes oder einer beträchtlichen Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung offensichtlich erforderlichen Hilfeleistung bei einem Unglücksfall (oder bei einer - hier nicht in Betracht kommenden - Gemeingefahr). Ein Unglücksfall im Sinne dieser Gesetzesstelle, d.i. ein plötzlich eintretendes Ereignis, das erheblichen Schaden verursacht oder einen derartigen Schaden besorgen läßt (EBRV, 227) lag aber bei Wilhelm C vor; denn darunter fallen auch solche Ereignisse, die - wie vorliegend - von einem anderen (hier von Horst A) schuldhaft verursacht wurden (EBRV, 227; Leukauf-Steininger 483 f). Da die bisherigen Verfahrensergebnisse keine Anhaltspunkte für die Annahme bieten, eine Hilfeleistung sei für den Beschwerdeführer unzumutbar gewesen, wird also, sofern die subjektiven Voraussetzungen des § 82 Abs.1 StGB nicht erweislich sind, zu prüfen sein, ob der Vorsatz des Beschwerdeführers wenn schon nicht die Gefahr des Todes (für Wilhelm C) so doch wenigstens die einer beträchtlichen Gesundheitsschädigung des Genannten erfaßte.

III/ Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

III/ Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Anklagebehörde bekämpft das Ersturteil, soweit darin die (auch) begehrten Schuldsprüche des Horst A wegen Verbrechens der Aussetzung nach § 82 Abs.1 StGB, beider Angeklagter wegen des Vergehens der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs.1 StGB sowie des Stefan B überdies wegen des Vergehens der versuchten Begünstigung nach § 15, 293 Abs.1 StGB unterblieben, mit den Nichtigkeitsgründen der Z 5 und 9 lit.a des § 281 Abs.1 StPO, wobei sie bezüglich der letztbezeichneten Straftat zum Ausdruck bringt, daß deshalb, weil Horst A zunächst wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang nicht verfolgt wurde, die Begünstigung durch Stefan B vollendet ist. Berechtigt ist die Beschwerde lediglich insoweit, als sie mit Bezug auf die Nichtunterstellung des Verhaltens des Angeklagten B (auch) unter die Bestimmung des § 299

Abs.1 StGB dem Urteil Undeutlichkeit der Begründung zum Vorwurf macht:

Denn angesichts dessen, daß das Erstgericht einerseits ausführte, es könne dem Stefan B nicht mit der für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden, 'gewußt' zu haben, daß Wilhelm C durch die Handlungsweise des Horst A verletzt worden sei, weil an C keine Mißhandlungsspuren erkennbar gewesen wären (vgl S.407 d. A.), andererseits aber konstatierte, B sei Zeuge der Gewalttat des Horst A gewesen (habe also dieselben Wahrnehmungsmöglichkeiten wie dieser besessen) und habe gemeint, C bedürfe ärztlicher Hilfe (vgl. S.404 d.A.), bleibt unklar, ob B - nach Ansicht des Schöffengerichtes - eine durch Horst A bewirkte Verletzung des C allenfalls für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat oder ob auch diese Eventualität negiert werden sollte. Die Urteilsannahmen lassen mithin derzeit nicht eindeutig erkennen, was das Erstgericht bezüglich der subjektiven Tatseite als erwiesen angenommen hat, insbesondere ob der Beschwerdeführer hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals, daß der Begünstigte eine Straftat gesetzt hat, zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat, der auf Seiten des Begünstigers (Leukauf-Steininger, 1179) genügt. Es erweist sich demnach das Urteil in einem Ausspruch über eine entscheidende Tatsache im Sinne des § 281 Abs.1 Z 5 StPO als undeutlich. In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde war daher in diesem Punkte spruchgemäß zu entscheiden. Im erneuerten Verfahren wird das Erstgericht unter Beachtung des Vorgesagten im übrigen darauf Bedacht zu nehmen haben, daß Begünstigung auch in bezug auf ein bloß versuchtes Delikt (bzw auf ein vollendetes Delikt, das der Begünstiger /irrtümlich/ bloß für versucht hält), begangen werden kann, weil der Versuch eines Delikts eine mit Strafe bedrohte Handlung darstellt (§ 15 Abs.1 StGB).

Gegebenenfalls wird es auch jene Feststellungen zu treffen haben, die für die weitere, in der Nichtigkeitsbeschwerde relevierte Frage, ob B das Vergehen nach § 299 Abs.1 StGB vollendet hat, oder ob bloß Versuch dieser Straftat anzunehmen ist, von Bedeutung sind. Zur Vollendung dieses Vergehens ist es nicht erforderlich, daß der Begünstigte für immer der Verfolgung entzogen werde, sondern es genügt vielmehr auch bloß eine vorübergehende Vereitlung der Verfolgung eines Straffälligen.

Hingegen ist die Beschwerde der Staatsanwaltschaft in allen übrigen Punkten nicht begründet.

Soweit sie hinsichtlich des Angeklagten A die Unterstellung seines Tatverhaltens auch unter § 82 Abs.1

StGB anstrebt, hat der Oberste Gerichtshof folgendes erwogen:

Körperverletzungsdelikte nach § 83 ff StGB können zwar grundsätzlich mit dem Delikt der Aussetzung nach § 82 StGB (den erforderlichen Lebensgefährdungsvorsatz vorausgesetzt) echt konkurrieren (vgl. Burgstaller in JBl.1978, 402 FN 63). Dies gilt aber nur, soweit - auch vom eingetretenen Erfolg her - ein Körperverletzungsdelikt vorliegt. Hat der Täter, der einen anderen mit Verletzungsoder Mißhandlungsvorsatz (§ 83 Abs.1 oder 2 StGB), allenfalls sogar mit Verletzungsabsicht (§ 87 StGB), verletzt hat, dadurch aber auch schuldhaft (§ 7 Abs.2 StGB) den Tod des Opfers herbeigeführt, war also die Folge der Verletzung der Tod des Opfers, dann liegt zwar noch ein Körperverletzungsdelikt vor (Körperverletzung mit tödlichem Ausgang); es ist jedoch der für ein Tötungsdelikt essentielle tödliche Erfolg eingetreten, für den der Täter nach § 86 (§ 87 Abs.2 zweiter Fall) StGB bestraft wird.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes wird bei dieser Fallkonstellation der für den Tatbestand des § 82 StGB geforderte Lebensgefährdungsvorsatz durch den (wenn auch nur mit Verletzungs- oder Mißhandlungsvorsatz, aber jedenfalls doch schuldhaft, nämlich fahrlässig herbeigeführten) tödlichen Erfolg, also jenen, auf den auch der Lebensgefährdungsvorsatz gerichtet ist, überlagert, sodaß in diesem Fall - und nur in diesem - § 82 StGB durch § 86 StGB (ebenso § 87 Abs.2 zweiter Fall StGB) verdrängt wird, zumal die Strafdrohung des § 86 StGB strenger ist als jene des § 82 Abs.1 und 2 StGB Es liegt daher insoweit - und allein bei einer solchen Lagerung des Falles -

materielle Subsidiarität (stillschweigende Subsidiarität) vor und es gelten hier von der Sache her dieselben Grundsätze, wie sie im § 94 Abs.4 StGB ausdrücklich normiert sind.

Als unbegründet erweist sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft schließlich aber auch insoweit, als sie in bezug auf beide Angeklagte die Unterstellung ihres Verhaltens unter den Tatbestand der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs.1 StGB anstrebt.

Selbst wenn man nämlich mit der Beschwerdeführerin angesichts des sehr weit gehenden Beweismittelbegriffes, von dem der Gesetzgeber ausging (vgl. EBRV 1971, 444;

Dokumentation, 231) und des Inhaltes des § 117 StPO, wonach das Gericht (insbesondere im Verfahren wegen Tötungsund Körperverletzungsdelikten) darauf zu sehen hat, daß die Lage und Beschaffenheit des Leichnams und der Ort, wo sowie die Kleidung worin er gefunden wurde, genau vermerkt werde der Meinung sein wollte, auch Spuren, die der Täter hinterläßt und gelegentlich schon die Lage einer Sache in einer bestimmten Örtlichkeit vermögen Beweis in der einen oder anderen Richtung zu machen und seien daher als 'Beweismittel' im Sinne des § 293 Abs.1 StGB anzusehen, wäre hieraus für den Standpunkt der Staatsanwaltschaft im vorliegenden Falle nichts gewonnen:

Unter 'Verfälschen' wird die Veränderung eines Beweismittels in solcher Weise verstanden, daß dadurch den daraus zu ziehenden Schlußfolgerungen eine andere Richtung gegeben wird. Geht die vom Täter vorgenommene Veränderung allerdings so weit, daß dem Beweismittel der ihm innewohnende Beweiswert ganz genommen wird, dann liegt weder eine Fälschung noch Verfälschung, sondern in Wahrheit bereits Unterdrückung eines Beweismittels vor; denn es unterdrückt ein Beweismittel, wer den Gebrauch desselben in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren verhindert (Dokumentation, 231 f), oder doch diese durch sein Verhalten daran hindert, Schlüsse aus ihm zu ziehen.

Denn auch in diesem Fall könnte nur darauf geschlossen werden, daß dann, wenn eine Sache, die an sich nicht zur Örtlichkeit gehört, aus dieser zur Gänze verbracht und solcherart ein bis dahin möglicher Schluß aus der örtlichen Beziehung der einen Sache zur anderen unmöglich gemacht wird, mit Rücksicht auf den Wegfall des diesen Beweismitteln zufolge ihrer gegenseitigen Lage (allenfalls) zukommenden spezifischen Aussagewertes Unterdrückung und nicht Verfälschung eines Beweismittels vorliegt. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß die Sache nach ihrer Verbringung in eine neue Umgebung einen anderen Beweiswert gewinnt; denn es setzt die Vollendung des Vergehens der Unterdrückung eines Beweismittels keineswegs den immerwährenden Verlust jeglichen Beweiswertes voraus (vgl. dazu § 296 StGB); genug daran, daß das Beweismittel als Folge der Handlung des Täters den ihm ohne dessen Eingriff obliegenden Beweiszweck im maßgeblichen Zeitpunkt nicht (mehr) erfüllen kann. Da aber die Unterdrückung eines Beweismittels nur strafbar ist, wenn dasselbe bereits zur Verwendung in einem gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren bestimmt ist (vgl. Dokumentation, 232, Foregger-Serini2 474 f, Leukauf-Steininger 1166, Mayerhofer-Rieder 675), es an dieser Voraussetzung jedoch vorliegend in Ermangelung eines maßgebenden Willens (des Täters oder) der Behörde, die den Vorfall noch gar nicht zur Kenntnis genommen hatte, gebricht, ist dem Erstgericht im Ergebnis kein Rechtsirrtum unterlaufen und die Rüge der Anklagebehörde mithin nicht gerechtfertigt.

IV/ Zu den Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten Horst A:

Das Erstgericht verurteilte diesen Angeklagten gemäß § 86 StGB sowie gemäß § 31, 40 StGB unter Bedachtnahme auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 14.April 1977 (AZ 5 c E Vr 8280/76), mit dem er wegen Vergehens nach § 83 Abs.1 StGB zu drei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden war, zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von vier Jahren und neun Monaten. Dabei wertete es die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen als erschwerend, das Geständnis hingegen als mildernd.

Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung, der Angeklagte A hingegen eine Herabsetzung des Strafausmaßes an. Keine der beiden Berufungen ist begründet.

Das Erstgericht hat - wie auch die beiden Rechtsmittelwerber zugestehen - die vorhandenen Strafzumessungsgründe richtig festgestellt; es hat sie aber nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes auch zutreffend gewürdigt und über den Angeklagten eine Strafe verhängt, die dem Schuldund Unrechtsgehalt seiner Verfehlung und seinem schwerbelasteten Vorleben gerecht wird, und zwar auch unter Bedachtnahme darauf, daß die Mehrzahl der von ihm in der Vergangenheit gesetzten Aggressionsdelikte seine damalige Lebensgefährtin betrafen.

Es mußte sohin beiden Berufungen ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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