OGH 1Ob650/78

OGH1Ob650/7828.6.1978

SZ 51/102

Normen

ABGB §863 Abs1
ABGB §1017 Abs1
Gesellschaft-mit- beschränkter-Haftungs-Gesetz §5 Abs1
Gesellschaft-mit- beschränkter-Haftungs-Gesetz §18 Abs1
HGB §344
ABGB §863 Abs1
ABGB §1017 Abs1
Gesellschaft-mit- beschränkter-Haftungs-Gesetz §5 Abs1
Gesellschaft-mit- beschränkter-Haftungs-Gesetz §18 Abs1
HGB §344

 

Spruch:

Der persönlich belangte Geschäftsführer, der nicht dem Gesetze gemäß für die Gesellschaft m.b.H. zeichnete, muß beweisen, daß es dem Kläger nach den Umständen bekannt oder zumindest erkennbar war, daß er nur für die Gesellschaft m.b.H. handeln wollte

OGH 28. Juni 1978, 1 Ob 650/78 (LGZ Wien 45 R 88/78; BG Innere Stadt Wien 27 C 810/76)

Text

Unter HRB 14 631 des Handelsgerichtes Wien war im Handelsregister die Firma H Graphic Repro-, Verlags- und Werbegesellschaft m.b.H. eingetragen; Geschäftsführer war der Beklagte Alfons H. Über ihr Vermögen wurde zu S 153/76 des Handelsgerichtes Wien am 10. Dezember 1976 der Konkurs eröffnet. Der Kläger begehrt vom Beklagten für die Lieferung von 50 000 Servietten den Betrag von 17 463 S samt Anhang. Der Beklagte wendete ein, vom Kläger nichts bestellt und auch nichts geliefert erhalten zu haben. Möglicherweise sei die Firma H Graphic Gesellschaft m.b.H., die unter derselben Adresse etabliert gewesen sei, Bestellerin gewesen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte fest: Die Firma H Graphic habe die 50 000 Servietten am 12. Feber 1976 beim Kläger bestellt. Dieser Auftrag sei vom Beklagten als Geschäftsführer dieser Firma unter Verwendung des Firmenstempels "H Graphic, N-Gasse 104, 1071 Wien", unterschrieben worden. Die Servietten seien an die Firma H Graphic geliefert worden. Auftraggeber sei damit die Firma H Graphic und nicht der Beklagte gewesen.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Gemäß § 18 Abs. 2 GmbHG habe die Zeichnung durch den Geschäftsführer einer Gesellschaft m.b.H. in der Weise zu geschehen, daß der Zeichnende zu der Firma der Gesellschaft seine Unterschrift hinzufüge. Gemäß § 5 Abs. 2 GmbHG müsse die Firma der Gesellschaft in allen Fällen die zusätzliche Bezeichnung "Ges.m.b.H." enthalten. Selbst wenn der Beklagte im Namen der Gesellschaft m.b.H. handeln habe wollen, habe er durch die Beisetzung eines eher auf eine von ihm selbst innegehabte Einzelfirma hinweisenden Firmenwortlautes gegenüber seinem Geschäftspartner den Eindruck erweckt, er selbst bzw. eine von ihm innegehabte Einzelfirma sei Vertragspartner. Es sei daher davon auszugehen, daß der Beklagte, wenn überhaupt, als mittelbarer Stellvertreter der Gesellschaft m.b.H. gehandelt habe und damit selbst Vertragspartner geworden sei. Umstände, welche den Kläger hätten erkennen lassen müssen, er habe im Namen der Gesellschaft m. b.H. gehandelt, habe der Beklagte nicht einmal behauptet. Er sei daher zur Bezahlung der auf Grund seiner Bestellung erfolgten Warenlieferung verpflichtet.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach ständiger Rechtsprechung verlangt es der Grundsatz von Treu und Glauben, daß derjenige, der nicht im eigenen Namen, sondern als Vertreter eines anderen bzw. einer juristischen Person Verträge abschließt, dies eindeutig zum Ausdruck bringt, wenn es dem anderen Vertragsteil nicht ohne weiteres erkannbar ist (MietSlg. 24 102, 20 095, 18 109/14; HS 6083, 5078/48; EvBl. 1954/310 u. a.; Stanzl in Klang[2] IV/1, 775). Der Wille, im Namen eines Dritten zu handeln, muß im Geschäftsverkehr ausdrücklich erklärt werden oder aus den Umständen erkennbar sein (Offenheitsprinzip; Griehsler in GesRZ 1973/40; Soergel - Schultze v Lasaulx, BGB[10],790.814). Der Beklagte muß beweisen, daß nach den Umständen ein Vertrag im Namen eines anderen und nicht im eigenen Namen abgeschlossen wurde (MietSlg. 24 102 u. a.; Stanzl a. a. O., 776). Er muß dem Geschäftspartner gegenüber deutlich machen, daß er für einen anderen agiert (Koziol - Welser[4] I, 132); ist der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar, kann die Wirkung der direkten Stellvertretung nicht eintreten; der Handelnde gilt dann unwiderleglich als im eigenen Namen handelnd (Gschnitzer, Allgemeiner Teil des bürgerlichen Rechts, 229). Mit Recht wies nun das Berufungsgericht darauf hin, daß die Zeichnung des Geschäftsführers einer Gesellschaft m.b.H. für diese in der Weise zu geschehen hat, daß zu der Firma der Gesellschaft seine Unterschrift hinzugefügt wird (§ 18 Abs. 2 GmbHG), die Firma einer Gesellschaft m. b.H. aber in allen Fällen die zusätzliche Bezeichnung "Gesellschaft mit beschränkter Haftung" ohne Verkürzung des Wortes Gesellschaft" zu enthalten hat (§ 5 Abs. 2 GmbHG). Die Vorschrift des § 18 Abs. 2 GmbHG ist allerdings nur eine Ordnungsvorschrift (Schilling in Hachenburg[6] II, 14 Anm. 29; Baumbach - Hueck 167), auf die die allgemeinen Grundsätze über Erklärungen Anwendung finden; es sind zwar Abkürzungen zulässig, aber es muß erkennbar sein, daß für die Gesellschaft gezeichnet wurde (Gellis, GmbHG 74). Wenn der Beklagte die Bestellung also nicht im eigenen Namen oder für eine (nicht existente) Einzelfirma und damit wiederum im eigenen Namen, sondern namens der Gesellschaft m.b.H. aufgeben wollte, hätte er dies, wenn es dem Kläger nicht nach den Umständen ohnehin bekannt oder zumindest erkennbar war, also damit zum Ausdruck bringen müssen, daß er die Bestellung in der dem Gesetz gemäßen Art gezeichnet hätte. Da die Zeichnung aber nur für die (nicht existente) Firma H Graphic erfolgte, konnte der Kläger der Meinung sein, daß es sich um eine Bestellung handelte, die der Beklagte selbst tätigte bzw. für die er als Inhaber einer Einzelfirma persönlich haftet. Den Beweis, daß es dem Kläger ohne weiteres erkennbar gewesen wäre, daß er nur für die Gesellschaft m.b.H. bestellen wollte, konnte der Beklagte nicht erbringen. Daraus, daß es sich um einen Werbeauftrag handelte und die Gesellschaft m.b.H. sich schon nach ihrem Wortlaut auch mit Werbung befaßte, konnte der Kläger nichts schließen, wenn die Gesellschaft dem Kläger gegenüber nicht einmal erwähnt worden war.

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