Normen
EO §35 Abs1
ScheckG Art59a Abs1
ZPO §557
EO §35 Abs1
ScheckG Art59a Abs1
ZPO §557
Spruch:
Der Schuldner ist im Falle der auftragsgemäßen Zahlung (hier: durch Hingabe an Zahlungs Statt) innerhalb der Leistungsfrist nicht verpflichtet, diese Schuldtilgung auch zum Gegenstand von Einwendungen gegen einen Scheckzahlungsauftrag zu machen, unabhängig davon, ob die Zahlung nach der Erlassung des Zahlungsauftrages vor seiner Zustellung an den Schuldner erfolgt ist. Er aber kann nach § 35 EO klagen
OGH 23. Mai 1978, 3 Ob 48/78 (LGZ Wien 46 R 643/77; BG Floridsdorf 12 C 16/75)
Text
Dem nunmehrigen Beklagten wurde gegen den nunmehrigen Kläger vom Erstgericht mit Beschluß vom 21. November 1975. GZ 12 E 11 419/75-1, auf Grund der Scheckzahlungsaufträge des Handelsgerichtes Wien vom 22. April 1974, 20 Cg 663/74, und vom 16. April 1974, 20 Cg 634/74, des Beschlusses des Erstgerichtes vom 11. Juli 1974, 9 E 27 620/74, sowie der "Vollzugsgebühren-Vorschreibung" des Erstgerichtes vom 23, September 1974, 9 E 27 620/74, zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 200 000 S, 6% Zinsen aus 100 000 S seit 11. April 1974, 1/3% Vergütung, 6% Zinsen aus 100 000 S seit 2. April 1974, 1/3% Vergütung der Kosten von 3489 S, 3504 S, 1876.88 S, 18.15 S und der mit 1983.80 S bestimmten Kosten des Exekutionsantrages die Forderungsexekution bewilligt.
Gegen diesen betriebenen Gesamtanspruch erhob der Kläger mit der vorliegenden Klage beim Erstgericht Einwendungen mit dem Begehren auf Feststellung, daß der Anspruch des Beklagten zu dessen Hereinbringung dasselbe Gericht mit Beschluß vom 21. November 1975, 12 E 11 419/75, die Exekution bewilligt hat, erloschen sei. Nach dem Klagsvorbringen sei der Anspruch wenige Tage nach Erlassung der Zahlungsaufträge durch Hingabe von 1660 kg Wolle an den Beklagten an Zahlungs Statt vom Kläger befriedigt worden.
Das Erstgericht sprach mit Urteil ON 23 aus, daß der Anspruch des Beklagten erloschen sei.
Das Erstgericht stellte folgenden Sachverhalt fest: Anfang des Jahres 1974 wurde bei der "C-Bank" für Rechnung der Firma Johann S OHG, Textilgroßhandlung, deren Geschäftsführer Isidor S war, ein Akkreditiv eröffnet, für das der Beklagte persönlich haftete. Zur Sicherung des Beklagten übergab Isidor S dem Beklagten unter anderem drei Schecks über je 100 000 S. Diese stammten vom Kläger, der die in den Schecks genannten Beträge dem Isidor S als Darlehen übergab, um Zahlungsschwierigkeiten, in denen sich die Firma Johann S OHG befand, überbrücken zu helfen. Tatsächlich waren diese 300 000 S nur ein Teil eines größeren Kredites, welchen der Kläger Isidor S gewährte.
Sämtliche Schecks waren im April 1974 datiert, bezogen war in allen Fällen die Creditanstalt-Bankverein.
Der Beklagte mußte für einen Betrag von über 300 000 S der C-Bank gegenüber einstehen. Deshalb legte der Beklagte die Schecks am 1. April und 10. April 1974 der Creditanstalt-Bankverein vor. Beide Schecks waren aber ungedeckt. Der Beklagte übergab diese sodann seinem Rechtsanwalt zur Erwirkung von Scheckzahlungsaufträgen. Am 11. April 1974 bzw. 18. April 1974 brachte der Beklagte beim Handelsgericht Wien die Scheckrückgriffsklagen zu 20 Cg 634/74 und 20 Cg 663/74 hinsichtlich der zwei ungedeckten Schecks ein. Die Scheckzahlungsaufträge wurden am 16. April bzw. 22. April 1974 erlassen und dem Kläger am 25. April bzw. 2. Mai 1974 zugestellt. Beide Scheckzahlungsaufträge erwuchsen in Rechtskraft.
Damit der Kläger nun seinerseits für die dem Isidor S gewährten Darlehen gesichert werde, verpfändete S dem Kläger etwa 1500 kg Wolle. Diese war in Wien 2, H-Gasse 10, in einem Lager der Firma Johann S OHG gelagert. Ab dem Zeitpunkt der Verpfändung der Wolle hatte nur der Kläger die Schlüssel zu diesem Lager. Da er aber befürchtete, daß Isidor S die Wolle unter Umständen trotz Verpfändung verbringen könnte, ließ er, ohne S davon in Kenntnis zu setzen, die ganze Wolle zur Spedition Carl O bringen und dort einlagern.
Nach Zustellung der Scheckzahlungsaufträge setzte sich der Kläger mit dem Beklagten in Verbindung und weigerte sich vorerst zu bezahlen, weil es Sache des Isidor S sei, die Schuld zu begleichen. Erst als der Beklagte drohte, auch hinsichtlich des dritten ungedeckten Schecks einen Zahlungsauftrag zu erwirken, erklärte sich der Kläger bereit, dem Beklagten "Deckung seiner Forderung" zu geben. Der Kläger vereinbarte deshalb mit dem Beklagten, daß er ihm die von Isidor S verpfändete Wolle an Zahlungs Statt gegen Rückgabe der Schecks übertrage. Der Scheck, hinsichtlich dessen kein Zahlungsauftrag erwirkt worden war, wurde dem Kläger sofort zurückgegeben; hinsichtlich der beiden anderen Schecks wurde ihm die Rückgabe vom Beklagten zugesagt.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht zusammenfassend die Ansicht, die Forderung des Beklagten sei erloschen, weil ihm die Wolle an Zahlungs Statt übergeben worden sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in Ansehung der Einwendungen gegen den Anspruch des Beklagten aus dem Scheckzahlungsauftrag vom 16. April 1974; in Ansehung der Einwendungen gegen den Anspruch aus dem Scheckzahlungsauftrag vom 22. April 1974 wurde das Urteil des Erstgerichtes hingegen dahin abgeändert, daß das Klagebegehren diesbezüglich abgewiesen wurde. Bezüglich der Einwendung gegen den Anspruch des Beklagten aus dem Beschluß des Erstgerichtes vom 11. Juli 1974 und der "Vollzugsgebühren-Vorschreibung" des Erstgerichtes vom 23. September 1974, beide 9 E 27 620/74, wurde das erstgerichtliche Verfahren für nichtig erklärt und die Klage insoweit zurückgewiesen.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Der Revision des Klägers wurde Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wurde in seinem abändernden Teil dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes - unter Einbeziehung des bestätigten Teiles - zu lauten hat:
"Der Anspruch des Beklagten aus den Scheckzahlungsaufträgen des Handelsgerichtes Wien vom 16. April 1974, 20 Cg 634/74, und vom 22. April 1974, 20 Cg 663/74, zu dessen Hereinbringung das Bezirksgericht Floridsdorf mit Beschluß vom 21. November 1975, GZ 12 E 11 419/75-1, die Exekution bewilligt hat, ist erloschen.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Zur Revision des Klägers:
Der Kläger wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Hingabe der Wolle an Zahlungs Statt nicht gegen den Anspruch aus dem Scheckzahlungsauftrag vom 22. April 1974 gemäß § 35 Abs. 1 EO eingewendet werden könne, weil die Hingabe an Zahlungs Statt am 29 April 1974 also vor der Zustellung des Scheckzahlungsauftrages erfolgt sei, der Kläger daher wegen der Hingabe der Wolle an Zahlungs Statt Einwendungen gegen den Anspruch bereits im Titelverfahren hätte erheben müssen.
Die Bestimmung des § 35 Abs. 1 EO gilt prinzipiell auch für Einwendungen gegen einen auf Grund eines Scheckzahlungsauftrages betriebenen Anspruches (siehe GlUNF 3829; SZ 14/150; ebenso 7 Ob 488/55 und 7 Ob 115/56). Wie das Berufungsgericht aber zutreffend ausgeführt hat, ist der Schuldner im Falle der auftragsgemäßen Zahlung innerhalb der Leistungsfrist nicht verpflichtet, diese Schuldtilgung auch zum Gegenstand von Einwendungen gegen den Scheckzahlungsauftrag zu machen, weil § 557 Abs. 1 ZPO (Art. 59 a Abs. 1 Scheckgesetz 1955) ausdrücklich bestimmt, daß der Schuldner entweder binnen drei Tagen Zahlung zu leisten oder gegen den Zahlungsauftrag seine Einwendungen zu erheben hat. Das Berufungsgericht hat weiters zutreffend die Ansicht vertreten, daß als Zahlung im Sinne des § 557 Abs. 1 ZPO auch eine - vereinbarte - Hingabe an Zahlungs Statt (§ 1414 ABGB) zu verstehen ist. Der obige Grundsatz ist - entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes - auch anzuwenden, wenn die Zahlung (bzw. die vereinbarte Hingabe an Zahlungs Statt) nach der Erlassung des Zahlungsauftrages, aber vor seiner Zustellung an den Beklagten erfolgt ist. Es besteht nämlich kein sachlich gerechtfertigter Grund, die nach Erlassung des Zahlungsauftrages, aber vor dessen Zustellung vorgenommene Zahlung (bzw. Hingabe an Zahlungs Statt) anders zu behandeln, als die Zahlung nach Zustellung des Zahlungsauftrages, hat doch in beiden Fällen der Schuldner auftragsgemäß Zahlung geleistet.
Der Kläger konnte daher auch gegen den Anspruch aus dem Scheckzahlungsauftrag vom 22. April 1974 die Hingabe der Wolle am 29. April 1974 an Zahlungs Statt als Einwendungstatbestand im Sinne des § 35 Abs. 1 EO geltend machen. Es bedurfte sohin auch keiner Aufklärung der widersprüchlichen Feststellung des Erstgerichtes, wonach sich der Kläger einerseits "nach Zustellung der Scheckzahlungsaufträge" mit dem Beklagten in Verbindung gesetzt haben soll, und andererseits die Vereinbarung am "29. April 1974" getroffen worden sein soll. Auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes erweist sich somit das Klagebegehren auch in Ansehung des Anspruches aus dem Scheckzahlungsauftrag vom 22. April 1974 als berechtigt. Im übrigen treffen die anschließenden Ausführungen zur Revision des Beklagten auch auf die Einwendungen gegen den Anspruch auf Grund des Scheckzahlungsauftrages vom 22. April 1977 zu.
Es war daher in Ansehung dieses Anspruches die den Einwendungen stattgebende Entscheidung des Erstgerichtes (unter richtiger Bezeichnung des Exekutionstitels) wiederherzustellen.
Zur Revision des Beklagten:
Zunächst ist festzuhalten, daß die Ausführungen des Berufungsgerichtes über die Rechtsfolgen der Hingabe an Zahlungs Statt (§ 1414 ABGB) richtig sind: Mit der Bewirkung der vereinbarten Ersatzleistung erlischt die Forderung des Gläubigers. Haften der übergebenen Sache Sach- oder Rechtsmängel an, dann kann der Gläubiger Gewährleistung nach den §§ 922 ff. ABGB begehren. Nur wenn im Wege der Wandlung die Vereinbarung über die Hingabe an Zahlungs Statt (entgeltliches Rechtsgeschäft) wieder aufgehoben wird, lebt die durch die Hingabe an Zahlungs Statt berichtigte Forderung wieder auf (Gschnitzer in Klang[2] VI, 376 f.; Koziol - Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts[4] I, 220; Ehrenzweig[2] II, 325).
Der Einwand des Beklagten, daß der Kläger durch die Hingabe der ihm von Isidor S verpfändeten Wolle mit Zustimmung des Letztgenannten gegen die Bestimmung des § 1371 ABGB verstoßen habe, ist unbeachtlich. Wenn die Ungültigkeit eines Rechtsgeschäftes Folge der Nichtbeachtung eines gesetzlichen Verbotes mit Schutzzweck ist, wie in den Fällen des § 1371 ABGB, kann sich nur der Geschützte darauf berufen.
Weiters ist die Ansicht des Beklagten nicht richtig, daß bei der Hingabe einer Sache an Zahlungs Statt ein Preis für die Sache vereinbart werden müsse. Es genügt vielmehr die Bezeichnung und Hingabe der Sache (Realvertrag). Es liegt daher kein Verstoß gegen die Bestimmung des § 35 Abs. 3 EO über die Eventualmaxime bei der Geltendmachung von Einwendungen nach § 35 EO vor, wenn der Kläger in der Klage die an Zahlungs Statt hingegebene Wolle mit einem Betrag bewertet hat, der dem wahren Wert nicht entsprochen haben mag, weil es eben für die Rechtswirksamkeit der Hingabe nur auf die Einigung über die hinzugebende Sache ankam und nicht auf deren wahren Wert. Wesentlich ist, daß der Kläger seine Einwendungen auf die Hingabe der Wolle gestützt hat. In der Angabe des unrichtigen Wertes der hingegebenen Wolle kann somit ein Verstoß gegen die Eventualmaxime nicht erblickt werden.
Das Berufungsgericht hat somit auf Grund der Feststellungen des Erstgerichtes mit Recht die Berechtigung der Einwendungen gegen den auf Grund des Scheckzahlungsauftrages vom 16. April 1974 betriebenen Anspruch bejaht und die diesbezügliche Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt.
Es war deshalb dem Revisionsrekurs des Beklagten ein Erfolg zu versagen.
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