European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0010OB00589.77.0622.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit je 3.299,52 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin je 1.200 S Barauslagen und je 155,52 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die beiden Kläger sind Neffe und Nichte der am 16. 8. 1973 verstorbenen R* und als nächste Angehörige deren gesetzliche Erben, während die mit der Erblasserin nicht verwandte Beklagte im Verlassenschaftsverfahren ein testamentarisches Erbrecht aufgrund eines eigenhändigen Schreibens der Erblasserin vom 7. 12. 1969 geltend machte. Die Kläger begehren den Betrag von je 60.000 S mit der Begründung, dass die Beklagte ihnen diesen Betrag für den Fall des Verzichts auf das Erbrecht angeboten und dass sie dieses Angebot angenommen hätten. Die Beklagte bestreitet einerseits ein verbindliches Anbot und behauptet andererseits, dass die Kläger die Bedingung nicht eingehalten hätten, das Erbrecht nicht weiter zu verfolgen.
Der Erstrichter gab den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen statt. Nach seinen Feststellungen verbesserte der Beklagtenvertreter als ausgewiesener Machthaber der Beklagten nach der Niederschrift des Protokolls über die notarielle Verlassabhandlung vom 18. 3. 1974 in Anwesenheit der Beklagten mit deren Wissen und Einwilligung gegenüber den beiden Vertretern der nicht (mehr) anwesenden Kläger ein früheres Vergleichsanbot verbindlich dahin, dass sich die Beklagte verpflichtete, den nunmehrigen Klägern je 60.000 S in je zwei Raten von 30.000 S im Zeitpunkt der Einantwortung bzw drei Monate nach Rechtskraft der Einantwortung samt 4 % Zinsen zu bezahlen, wogegen von den Klägern keine weiteren Ansprüche an den Nachlass erhoben werden sollten. Die Beklagte behielt sich keine bestimmte Form und insbesondere nicht die Schriftform vor. Es war lediglich vereinbart, für den Fall der Annahme durch die Kläger in der Folge den Notar zu verständigen, damit er im Zuge des Verfahrens entsprechend disponiere und allenfalls eine weitere Verlassenschaftstagsatzung anberaumen könne. Der Vertreter des Erstklägers erklärte zu diesem verbindlichen und mit keinen weiteren Modalitäten verbunden Anbot, hiezu erst nach Rücksprache mit dem Kläger Stellung nehmen zu können. Auch der Vertreter der Zweitklägerin erklärte, nicht in der Lage zu sein, zum Vergleichsanbot sofort Stellung zu nehmen; er müsse erst das Einverständnis der Klägerin, die sich in den USA aufhalte, einholen.
Der Vertreter des Erstklägers erhielt noch am selben Abend die Zustimmung seines Klienten zu dem Vergleichsvorschlag und teilte die Annahme desselben am folgenden Tag dem Beklagtenvertreter telefonisch und schriftlich und ebenso dem Vertreter der Zweitklägerin und dem Gerichtskommissär mit. Der Beklagtenvertreter nahm die Verständigung widerspruchslos zur Kenntnis und erklärte in keiner Weise, dass kein verbindlicher Vergleichsvorschlag ergangen sei.
Der Vertreter der Zweitklägerin teilte dieser das Vergleichsanbot am Tag nach der Anbotstellung schriftlich mit. Sie erklärte sich mit Schreiben vom 9. 4. 1974 mit dem Vergleichsanbot einverstanden, worauf ihr Vertreter mit Schreiben vom 18. 4. 1974 den Beklagtenvertreter von der Annahme verständigte.
Inzwischen hatte ebenfalls am 19. 3. 1974, dem Tag nach dem Vergleichsanbot, die Beklagte einen Brief an ihren Vertreter gerichtet, in dem sie Bedenken äußerte, warum sie, um zu ihrer Erbschaft zu kommen, zahlen solle. Der Beklagtenvertreter machte sich später den Standpunkt seiner Klientin zu eigen, dass am 18. 3. 1974 kein gültiger Vergleich zustandegekommen sei.
Das Verlassenschaftsgericht nahm mit Beschluss vom 3. 5. 1974 vorerst lediglich die Erbserklärung der Kläger an und wies jene der Beklagten mit der Begründung ab, dass der Brief vom 7. 12. 1969 keine gültige Erbseinsetzung beinhalte. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge und sprach mit Beschluss vom 29. 5. 1974 aus, dass auch die von der Beklagten aus dem Titel der letztwilligen Anordnung zu Gericht angenommen werde. Der Oberste Gerichtshof bestätigte mit Beschluss vom 24. 9. 1974 diese Entscheidung. In der Folge wies das Verlassenschaftsgericht mit Beschluss vom 22. 10. 1974 den Antrag der Kläger, von der Zuteilung der Klägerrolle und einer Fristsetzung gemäß § 125 AußStrG zur Durchführung des Erbrechtsstreits bis zur rechtskräftigen Erledigung und Entscheidung über die von der Zweitklägerin anzubringende Klage auf Zuhaltung des Vergleichs abzusehen, ab und wies gleichzeitig den gesetzlichen Erben die Klägerrolle zu. Die zur Klagseinbringung gestellte Frist ist sodann fruchtlos verstrichen, sodass die Verlassabhandlung am 16. 12. 1974 mit der Beklagten allein durchgeführt und der Nachlass wenige Tage später an sie eingeantwortet wurde. In der Zwischenzeit hatte der Erstkläger am 21. 11. 1974 gegen die Beklagte eine Klage auf Feststellung eingebracht, dass zwischen diesen Streitteilen ein Vergleich über die Erbansprüche (im gleichen Sinne wie im vorliegenden Prozess behauptet) geschlossen worden sei. Diese Klage wurde wenige Tage später ohne Verzicht auf den Anspruch zurückgezogen, um die Rechtskraft der Einantwortung abzuwarten und dann die Leistungsklage einzubringen.
Nach der Rechtsansicht des Erstrichters war das verbindliche Anbot der Beklagten so ausreichend bestimmt, dass der Vergleich durch bloße Zustimmung der Annehmenden perfektuiert werden konnte. Die Beklagte sei deshalb nicht mehr berechtigt gewesen, den bereits bindend zustande gekommenen Vergleich einseitig zu widerrufen. Nach dem Inhalt des Verlassenschaftsakts hätten die Kläger dort in erster Linie den Standpunkt eingenommen, einen rechtsgültigen Vergleich abgeschlossen zu haben. Sie hätten ihren Standpunkt nicht etwa im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens geändert, sondern sogar versucht, die Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens bis zur Entscheidung über die Klage auf Zuhaltung des Vergleichs zu erreichen.
Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstrichters als unbedenkliches Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und trat auch seiner rechtlichen Beurteilung im Ergebnis bei. Die Beklagte habe den Klägern unbefristet eine Abfindung ihrer Erbrechtsansprüche angeboten. Durch die Annahme dieses Angebots sei eine bindende Vereinbarung mit beiden Klägern zustandegekommen. Damit sei die Zweifelhaftigkeit der Erbrechtsansprüche endgültig beseitigt worden. Der Neuerungsvertrag habe keiner Form bedurft. Die Kläger hätten auch nicht durch ihr Verhalten im weiteren Verlassenschaftsverfahren gegen Treu und Glauben verstoßen oder auf ihre Rechte aus dem bereits zustandegekommenen Vergleich verzichtet. Sie hätten sich bloß mit Rücksicht auf die Bestreitung des Vergleichsabschlusses durch die Beklagte vorsichtshalber am Verlassenschaftsverfahren weiter beteiligen müssen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts erhebt die Beklagte Revision wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, das Berufungsurteil im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern oder das angefochtene Urteil und allenfalls auch das Ersturteil aufzuheben und die Rechtssache an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.
Die Kläger beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Als Mangel des Berufungsverfahrens rügt die Revisionswerberin, dass rechtserhebliche Feststellungen unterlassen worden seien. Diese Behauptung gehört richtigerweise zur Rechtsrüge (Fasching IV 40 und 326, SZ 23/175 uva) und ist daher in deren Zusammenhang zu erörtern.
Als aktenwidrig bezeichnet die Beklagte wie schon in ihrer Berufung die Feststellung des Erstgerichts, dass der Beklagtenvertreter am 21. 3. 1974 den Brief Beilage ./12 an den Vertreter der Zweitklägerin übersendet habe. Diese Rüge ist, wenn auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit, sondern unter jenem einer Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens insofern berechtigt, als das Berufungsgericht zwar die Feststellungen des Erstrichters zur Gänze übernommen hat, auf die Berufungsausführungen zu dem bezeichneten Punkt aber in keiner Weise eingegangen ist. Ob die betreffende Feststellung in den Akten Deckung findet, kann jedoch ungeprüft bleiben, weil der betreffenden Frage rechtserhebliche Bedeutung nicht zukommt.
Der Rechtsrüge kommt zunächst insofern keine Berechtigung zu, als ein Feststellungsmangel darin erblickt wird, dass die Vorinstanzen das Schreiben des Beklagtenvertreters vom 18. 4. 1974 unbeachtet gelassen hätten, worin er im Sinne der am 18. 3. 1974 getroffenen Vereinbarung den Notar davon verständigt habe, dass der ins Auge gefasste Vergleich nicht zustandegekommen sei. Die Revisionswerberin misst einer solchen Verständigung des Notars zu Unrecht rechtserhebliche Bedeutung zu. Abgesehen davon, dass bereits längst vorher der Vertreter des Erstklägers mit seinem Schreiben vom 19. 3. 1974 den Notar vom Abschluss des Vergleichs zwischen seinem Mandanten und der Beklagten mit dem Bemerken verständigt hatte, dass sich ihm die Zweitklägerin anschließen werde, konnte der abgesprochenen Benachrichtigung des Notars doch nur die Bedeutung der Mitteilung eines eingetretenen Sachverhalts zukommen. Die Partei, deren Mitteilung der wahren Sach‑ und Rechtslage nicht entsprach, kann aus der bloßen Verständigung des Notars Rechte nicht ableiten. Es bleibt daher zu prüfen, ob der Vergleich rechtswirksam zustande gekommen ist und (oder) ob er von der Beklagten rechtzeitig und zulässigerweise widerrufen wurde.
In diesem Zusammenhang unterliegt die Revisionswerberin einem grundsätzlichen Rechtsirrtum, wenn sie meint, auch von einem geschlossenen Vergleich ohne Weiteres „nach § 918 ABGB“ mit Wirksamkeit ex tunc zurücktreten zu können, wenn eine solche Möglichkeit nicht etwa durch Vereinbarung ausgeschlossen wurde. Der Rücktritt vom Vertrag nach § 918 ABGB setzt doch voraus, dass ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wurde. Davon konnte im vorliegenden Fall so lange keine Rede sein, als die Zweitklägerin das Vergleichsanbot noch gar nicht angenommen und der Erstkläger keine Erfüllungshandlung zu setzen hatte. Ein Rücktritt der Revisionswerberin vom Vertrag kommt somit nach § 918 ABGB nicht in Betracht.
In diesem Zusammenhang schneidet die Beklagte allerdings mit Recht eine weitere Frage an. Sie meint nämlich, dass ihr Anbot nicht unwiderruflich gewesen sei, und glaubt, an ein bloß unbefristetes Anbot nicht gebunden gewesen zu sein. Im Ergebnis sind allerdings auch diese Ausführungen unbegründet:
Das Berufungsgericht geht davon aus, dass der Beklagtenvertreter das Anbot ausdrücklich unbefristet aufrecht erhalten habe (S 9 des Berufungsurteils). Diese Annahme geht über die Feststellungen des Erstrichters hinaus, denen zufolge der Beklagtenvertreter das schließlich von den Klägern angenommene Anbot zwar verbindlich unterbreitete und sich keine bestimmte Form für den Vertragsabschluss vorbehielt, im Übrigen aber „lediglich vereinbart war“; für den Fall der Annahme durch die Kläger in der Folge den Notar zu verständigen, und die beiden Vertreter der Kläger erklärten, zum Anbot erst das Einverständnis ihrer Klienten einholen zu müssen (S 11 f des Ersturteils). Diesen Widerspruch rügt die Revisionswerberin allerdings nicht, sondern geht sogar selbst davon aus, dass sie den Klägern nach den Feststellungen „der Untergerichte“ ein unbefristetes Angebot gemacht habe. Letzten Endes ist aber die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen auch ausgehend von den Feststellungen des Erstgerichts im Ergebnis richtig:
Wiederum schon im Grundsätzlichen unzutreffend ist nämlich die Rechtsansicht der Revisionswerberin, dass sie mangels einer von den Gegnern bewiesenen Unwiderruflichkeit ihr wenn auch „unbefristetes“ Anbot jederzeit und insbesondere vor dem Einlangen der Zustimmung der Zweitklägerin widerrufen konnte. Bis zu dieser Einwilligung, die die beiden Kläger zu verschiedenen Zeiten erklärten, war der Vertrag allerdings zunächst hinsichtlich beider Kläger und dann mindestens hinsichtlich der Zweitklägerin noch nicht wirksam zustandegekommen, so dass bis dahin ein Rücktritt vom Vertrag begrifflich nicht in Betracht kam, sondern bloß ein Widerruf des gestellten Anbots. Ein solcher Widerruf steht aber entgegen der Meinung der Revisionswerberin keineswegs im Belieben des Antragstellers. Vielmehr bestimmt § 862 ABGB ausdrücklich, dass vor Ablauf der Annahmefrist der Antrag nicht zurückgenommen werden kann. Es war also nicht Sache der Kläger, die Unwiderruflichkeit des Anbots der Beklagten zu beweisen, sondern es genügte der Beweis der Annahme vor Ablauf der Annahmefrist. Dieser Beweis – des rechtzeitigen Zukommens der Annahmeerklärung innerhalb der Annahmefrist (§ 862a erster Satz ABGB) – oblag allerdings den Antragsempfängern, also den Klägern, weil sie aus dem Zustandekommen des Vertrags Rechte ableiten wollen (Gschnitzer in Klang2 IV/1, 71, GlU 13.431, 3 Ob 280, 281/75).
Gemäß § 862 ABGB muss das Versprechen (Antrag) innerhalb der vom Antragsteller bestimmten Frist angenommen werden. In Ermangelung einer solchen muss der einem Anwesenden gemachte Antrag sogleich angenommen werden; widrigenfalls ist der Antrag erloschen. Dabei liegt anders als beim Vertragsabschluss mittels Boten ein Anbot unter Anwesenden auch dann vor, wenn durch Bevollmächtigte verhandelt wird (Gschnitzer aaO 64, ZAS 1968/15, JBl 1975, 318).
Danach könnte zum Nachteil der Kläger angenommen werden, dass der an ihre ausgewiesenen Vertreter gestellte Antrag der Beklagten mangels sofortiger Annahme noch am gleichen Tag erloschen sei und die späteren Annahmeerklärungen zu spät kamen, was zur Folge hätte, dass die Antragstellerin die Annahme unbeachtet lassen konnte (Gschnitzer aaO 67). § 862 ABGB ist aber nicht zwingendes Recht, sondern stellt nur fest, wann der Offerent in der Regel von seiner Haftung entbunden sein soll. Außerhalb der Regelfälle ist auf die besonderen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen (SZ 27/314 uva). Im Besonderen kann auf eine gewollte Verlängerung der gesetzlichen Gebundenheitsdauer im Sinne einer vom Antragsteller gesetzten Frist nach dem ersten Satz des § 862 ABGB auch aus der Person des Antragsempfängers geschlossen werden, wenn etwa dem Offerenten bekannt ist, dass der Antragsempfänger zur Annahme der Zustimmung eines Dritten bedarf (Gschnitzer aaO 63). Letzteres kann nicht nur beim Anbot an die Vertreter einer Behörde der Fall sein (SZ 27/314); Handlungen und Unterlassungen sind vielmehr auch in dieser Hinsicht unter dem Gesichtspunkte des § 863 ABGB zu werten (2 Ob 61/64), sodass die gesetzliche Annahmefrist auch dann nicht zur Anwendung kommt, wenn der Antrag gegenüber einem Vertreter gestellt wird, der nach Kenntnis des Anbotstellers erst die Genehmigung seines Geschäftsherren oder Mandanten einholen muss (1 Ob 16/72 ua).
Letzteres war hier klar. Der Vertreter der Revisionswerberin hat die Erklärung der beiden gegnerischen Rechtsanwälte, dass sie erst mit ihren Mandanten Rücksprache führen müssten, wenn schon nicht ausdrücklich angenommen, so doch mindestens widerspruchslos zur Kenntnis genommen. Unter Rechtsanwälten wäre jedoch ein Widerspruch notwendig gewesen, wenn der Beklagtenvertreter den Antragsempfängern die für eine Rückfrage angemessene Frist (wie sie § 862 ABGB für das Anbot an Abwesende bestimmt) nicht einräumen wollte. In diesem Sinn trifft auf der Grundlage der übernommenen Feststellungen des Erstrichters die Meinung des Berufungsgerichts, dass das Anbot der Revisionswerberin nicht nur verbindlich, sondern auch unbefristet gewesen sei, mit der Einschreitung zu, dass ein angemessener Zeitraum der Rückfrage eingeräumt war. Dann durfte aber die Revisionswerberin ihren Antrag nicht vor Ablauf dieser Annahmefrist zurücknehmen (siehe oben) und es ist ohne rechtliche Bedeutung, dass sie einen solchen Versuch dennoch in der Zeit zwischen der Annahme des Anbots durch den Erstkläger und der Annahme durch die Zweitklägerin machte, zumal nach den festgestellten Daten des außereuropäischen Briefverkehrs zwischen der Zweitbeklagten und ihrem Vertreter eine Verzögerung dieser Antwort nicht anzunehmen ist.
Die Meinung der Revisionswerberin, dass der zwischen den Streitteilen geschlossene „Erbvergleich“ ungültig sei, trifft nicht zu. Die hiezu zitierte Entscheidung GlUNF 2547 betrifft einen Fall nach § 1383 ABGB, nämlich einen Vergleich über den Inhalt einer letzten Anordnung vor deren Bekanntmachung. Nach der Kundmachung einer letztwilligen Verfügung so wie hier ist hingegen der Vergleich über strittige Erbrechte ohne Weiteres zulässig (SZ 37/104). Da ein Vergleich seinem Wesen nach entgeltlich ist, bedurfte es zu seiner Gültigkeit auch keiner besonderen Form und wegen seiner Bereinigungswirkung keiner Untersuchung des vorher bestandenen Anspruchs und der Frage, ob überdies ein Neuerungsvertrag vorliegt (vgl SZ 42/154 und SZ 42/2 am Ende).
Nur auf die Frage eines allfälligen Rechtsverlustes der Kläger durch weitere Verfolgung ihrer Erbrechtsansprüche im Verlassenschaftsverfahren ist noch näher einzugehen. Die Revisionswerberin wirft den Klägern vor, dass diese durch ein solches Verhalten, das aus den Verlassenschaftsakten hätte festgestellt werden können, gegen den Vergleich und die Vertragstreue verstoßen und zum Ausdruck gebracht hätten, dass der Vergleich für sie nicht mehr gelte. Dieses Vorbringen ist zwar nicht aus dem Gesichtspunkt eines schlüssigen Verzichts der Kläger, wohl aber mit Rücksicht darauf einer näheren Erörterung wert, dass die Abfindung der Kläger nach deren eigenem Vorbringen von der Gegenleistung (allenfalls Bedingung) abhängig war, dass sie ihre Erbrechte nicht mehr geltend machen. Die weitere Bekämpfung des Erbrechts der Beklagten durch die Kläger im Verlassenschaftsverfahren käme als Verstoß gegen diese Vereinbarung in Betracht.
Im Ergebnis ist jedoch damit für die Revisionswerberin nichts zu gewinnen. Den Vorinstanzen ist nämlich zunächst darin beizupflichten, dass es die Beklagte selbst war, die durch ihre – nach dem den Gesagten unberechtigte – Bestreitung des Zustandekommens des Erbvergleichs die Rechtslage der Kläger verunsicherte und sie zwang, nun auch jene Weiterverfolgung der von der Beklagten bestrittenen eigenen Erbrechtsansprüche in Erwägung zu ziehen, auf die sie mit dem von der Gegenseite nun bestrittenen Vergleich verzichten wollten. Der vertragsuntreue Teil war also zunächst die Beklagte selbst. Allerdings durften die Kläger diese Änderung der Sachlage nicht dazu benützen, vertragswidrig ihr gesetzliches Erbrecht in den Vordergrund zu rücken und sich ihrer eigenen gegenteiligen Verpflichtungen aus dem Vergleich nur für den Fall besinnen zu wollen, als die weiter geführte Auseinandersetzung um das Erbrecht zu ihren Ungunsten ausging. Entgegen der Meinung der Revisionswerberin haben sich aber die Kläger nicht in diesem Sinn vertragswidrig verhalten. Das Berufungsgericht hat es allerdings unterlassen, über das Verhalten der Kläger im Verlassenschaftsverfahren weitere Feststellungen zu treffen. Aber es ist nicht nur schon das Erstgericht davon ausgegangen, dass die Kläger sich im Verlassenschaftsverfahren in erster Linie auf den ihrer Meinung nach rechtsgültigen Vergleich berufen haben; auch die Revisionswerberin verlangt aus den Verlassenschaftsakten zu den Details dieses Verhaltens nur solche Feststellungen, die den Klägern im Ergebnis unschädlich bleiben müssten. Nach ihrem eigenen Hinweis auf die Aktenlage beteiligten sich nämlich zwar die Kläger nach dem Widerruf des Vergleichsvorschlags durch die Beklagte am weiteren Verfahren „aus anwaltlicher Vorsorge“, sie verwiesen aber zugleich mehrfach und besonders die Zweitklägerin in ihrem Revisionsrekurs auf den nach ihrer Ansicht verbindlich zustandegekommenen Vergleich, und versuchten eine Unterbrechung des Verlassenschaftsverfahrens bis zur Entscheidung über die einzubringenden Klagen auf Zuhaltung des Vergleichs herbeizuführen. Damit haben die Revisionsgegner auf das vertragswidrige Verhalten der Beklagten, nämlich deren unberechtigten Widerruf des Vergleichsanbots, in der bei dieser unklaren Rechtslage allein zumutbaren Weise deutlich genug geantwortet, dass sie selbst zu dem bestrittenen Vergleich stehen und nur vorsichtshalber die nach ihrem Standpunkt verglichenen Erbrechtsansprüche weiter verfolgen müssen. Die Revisionswerberin widerspricht sich bei der gegenteiligen Beurteilung selbst, wenn sie den Klägern sogar vorwirft, nicht zuletzt noch eine Erbrechtsklage eingebracht und erst durch diese Unterlassung jeden Anspruch auf eine Leistung verwirkt zu haben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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