Spruch:
Hat ein Ehegatte die Ehewohnung aus berechtigter Furcht vor dem anderen Ehegatten verlassen, ist diesem im Zusammenhang, mit dem Ehescheidungsverfahren das Verlassen der Ehewohnung aufzutragen, wenn das dringende Wohnungsbedürfnis des gefährdeten Ehegatten anderwertig nicht befriedigt ist; zur Entfernung der persönlichen Habe darf nicht verhalten werden. Der Auftrag darf sich nur dann auf einen Teil der Ehewohnung beschränken, wenn dies nach der Beschaffenheit der Wohnung und der Art der hintanzuhaltenden Gefährdung tunlich ist
OGH 7. Juni 1977, 1 Ob 615, 616/77 (OLG Linz 5 R 42, 43/77; Kg Wels 6 a Cg 329/76)
Text
Zwischen der klagenden und widerbeklagten (gefährdeten) Partei (im folgenden Klägerin) und der beklagten und widerklagenden Partei (dem Gegner der gefährdeten Partei; im folgenden Beklagten) ist ein Ehescheidungsstreit anhängig. Im Verfahren stellte die Klägerin den Antrag, ihr den abgesonderten Wohnort in der Form zu bewilligen, daß dem Beklagten aufgetragen werde, die Ehewohnung in W, S-Straße 89, von seiner persönlichen Habe zu räumen.
Das Erstgericht bewilligte der Klägerin den abgesonderten Wohnort in der Form, daß es dem Beklagten auftrug, die vom zweiten Vorzimmer der Wohnung aus erreichbaren Räume (Kinderzimmer und Schlafzimmer) von seiner persönlichen Habe sogleich zu räumen sowie die ausschließliche Benützung dieser Zimmer und die Mitbenützung von Bad, Klosett und Küche durch die Klägerin zu dulden; das Mehrbegehren der Klägerin, den Beklagten gänzlich aus der Ehewohnung auszuweisen, wies es ab. Das Erstgericht nahm als bescheinigt an:
Der Beklagte habe die Klägerin mehrmals geschlagen und fallweise verletzt, so im Frühjahr und Herbst 1975, zu Beginn des Jahres 1976, im Mai 1976 und am 12. Oktober 1976. An diesem Tage habe der Beklagte der Klägerin heftige Vorwürfe gemacht, weil sie ihn nicht rechtzeitig abgeholt hatte, und habe ihr im Auto mit der Hand einen Schlag gegen das rechte Auge versetzt, so daß sie eine Blutunterlaufung und eine Abschürfung erlitten habe. Im Mai 1976 sei der Beklagte mit Freunden und Verwandten zu einer Sportveranstaltung weggefahren und habe sich darüber geärgert, daß die Klägerin bei seiner Heimkehr die Betten noch nicht gemacht hatte; er habe der Klägerin derart heftig in das Gesicht geschlagen, daß sie aus der Nase geblutet habe. Aus ähnlichen Anlässen habe der Beklagte der Klägerin im Frühjahr und im September 1975 Blutunterlaufungen im Gesicht, insbesondere an der Lippe und am Auge, zugefügt. Darüber hinaus habe er die Klägerin noch wiederholt durch Ohrfeigen und Fußtritte mißhandelt, ohne daß daraus deutliche Verletzungsspuren resultiert hätten, so anläßlich der Silvesterfeier 1974/75, weil sie das Rauchen nicht aufgeben wollte, und zu Beginn des Jahres 1976, weil sie eine Lampe zu Boden geworfen hatte. Dazwischen hätten Zeiträume besten ehelichen Einvernehmens bestanden. Die Streitteile hätten auch noch vor dem 12. Oktober 1976 miteinander geschlechtlich verkehrt. Seit dem Vorfall vom 12. Oktober 1976 wohne die Klägerin mit dem 1974 geborenen Sohn Martin bei ihren Eltern, deren Wohnung nur aus drei Räumen bestehe und auch noch vom sechzehnjährigen Bruder der Klägerin bewohnt werde. Zwischen den Streitteilen hätten auch noch über den 12. Oktober 1976 hinaus Kontakte bestanden, da der Beklagte den Sohn Martin am Samstag vormittags zwischen 9 Uhr und 11 Uhr bei sich haben durfte. An einem Besuchstag im Jahre 1977 sei es zwischen den Parteien zu einem heftigen Streit gekommen, weil die Klägerin nicht nur Kleidung für das Kind, sondern auch einen Krug mitnehmen wollte und der Beklagte den Standpunkt vertrat, der Hausrat müsse während des Scheidungsprozesses in der Wohnung bleiben; er habe auch das Verhalten des Bruders der Klägerin, den sie in die Ehewohnung mitgenommen hatte, als provozierend empfunden. Die Ehewohnung bestehe aus Wohnzimmer, Küche, zwei Kinderzimmern, Schlafzimmer und Nebenräumlichkeiten. Das Schlafzimmer und ein Kinderzimmer seien von einem zweiten Vorraum aus, dieser jedoch nur durch das Wohnzimmer erreichbar. Einzelne Räume könnten für die Klägerin nicht abgesondert benützbar gemacht werden.
Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Verweisung aus der Ehewohnung dürfe nur wegen besonders schwerer Eheverfehlungen erfolgen. Auch bei mehrfachen Beschimpfungen und Mißhandlungen sei allerdings bisher in der Regel die Ausweisung aus der Ehewohnung bewilligt worden; im vorliegenden Fall sei aber zu berücksichtigen, daß die Wohnung sehr geräumig sei und die Klägerin bei der nunmehrigen Regelung zwar durch das Wohnzimmer durchgehen müßte, im übrigen aber ihre Räume vom zweiten Vorzimmer aus abgesondert erreichbar seien und auch die gemeinsam zu benützende Küche vom ersten Vorzimmer aus betreten werden könne. Nach § 382 Z. 8 lit. b EO i. d. F. BGBl. 412/1975 komme die Verweisung des Ehepartners aus der Ehewohnung nur in Betracht, wenn er das weitere Zusammenleben mit der gefährdeten Partei unerträglich gemacht, insbesondere wenn er sie erheblich körperlich bedroht habe. Die Klägerin habe innerhalb von zwei Jahren insgesamt viermal Blutunterlaufungen bzw. Nasenbluten durch Ohrfeigen des Beklagten davongetragen. Sie habe dem Beklagten diese Vorfälle mit Ausnahme des vom 12. Oktober 1976 verziehen, weshalb es nicht recht begreiflich sei, daß wegen des einzigen Vorfalles vom 12. Oktober 1976 die ehelichen Verhältnisse eine solche Wendung angenommen haben sollten, daß die Streitteile, die bisher Wirtschafts-, Wohnungs- und Geschlechtsgemeinschaft im vollen Umfang verwirklicht hätten, nicht einmal die Wohnungsgemeinschaft im beschränkter Form aufrechterhalten können sollten. Gehe man davon aus, daß der Beklagte durch wiederholte Mißhandlungen den Entschluß der Klägerin, die Scheidung der Ehe anzustreben, verursacht habe, müsse eher angenommen werden, daß er die bei der angeordneten Regelung noch notwendigen Kontakte benützen werde, um das Einvernehmen wieder herzustellen, als daß er durch eine neuerliche Mißhandlung seine Lage noch verschlechtern werde. Dieser im Verhältnis zur bisherigen Rechtsprechung für den Beklagten gewiß sehr großzügigen Entscheidung komme der Gesetzeswortlaut des § 382 Z. 8 lit. b EO entgegen, weil danach körperliche Bedrohungen, sollen sie "erheblich" sein, doch eher Beeinträchtigungen sein müssen, die Leben und Gesundheit der Partnerin betreffen. Die bisherigen Spannungen hätten sich aus Meinungsverschiedenheiten über die gemeinsame Lebensführung (Rauchen) oder die Haushaltsführung der Klägerin entwickelt. Diese Momente fielen bei gesonderter Benützung der Räume, wie dies angeordnet werde, weg. Die Möglichkeit der Wohnungsteilung sei nach der neuen Rechtslage zu bejahen.
Über Rekurs der Klägerin änderte das Rekursgericht den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es der Klägerin bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Ehescheidungsstreites den abgesonderten Wohnort in der Form bewilligte, daß dem Beklagten aufgetragen werde, die Ehewohnung sofort von seiner persönlichen Habe zu räumen und zu verlassen. Nach der bisherigen Rechtsprechung zu § 382 Z. 8 EO (alt) habe die qualifizierte Bewilligung des abgesonderten Wohnortes durch Ausweisung des anderen Eheteiles aus der Ehewohnung zur Voraussetzung gehabt, daß besonders schwere Eheverfehlungen vorliegen und ein wirksamer Schutz des gefährdeten Eheteiles in seinem Anspruch auf körperliche und seelische Integrität auf andere Weise nicht möglich sei; wiederholte Mißhandlungen hätten stets die Ausweisung des Antragsgegners aus der Ehewohnung gerechtfertigt. Diese Voraussetzungen könnten zwanglos in gleicher Weise auch auf die Bestimmung des § 382 Z. 8 lit. b EO (neu) angewendet werden. Der Beklagte habe die Klägerin wiederholt mit Ohrfeigen und Fußtritten mißhandelt und sie dabei auch einige Male verletzt. Diese Handlungen des Beklagten seien als schwere Eheverfehlungen mit der besonderen Gewichtigkeit im Sinne des § 382 Z. 8 lit. b EO zu qualifizieren, da die Klägerin dadurch in ihrer körperlichen und seelischen Integrität erheblich beeinträchtigt und ihr das Zusammenleben unerträglich gemacht worden sei. Das Verhalten des Beklagten in der Vergangenheit lasse auch für die Zukunft eine Gefährdung der Klägerin besorgen; in diesem Zusammenhang sei auf den neuerlich heftigen Streit im Jahre 1977 verwiesen. Die Erwägungen des Erstgerichtes, daß der Beklagte für den Fall einer Benützungsaufteilung der Ehewohnung das Einvernehmen mit der Klägerin wieder anstreben werde, seien daher in der Realität nicht begrundet. Infolge der Anordnung der Wohnung sei ein abgesondertes Betreten der einzelnen Zimmer durch die Klägerin nicht möglich; sie müsse vielmehr durch das dem Beklagten vorbehaltene Wohnzimmer gehen. Dieser nach einer Benützungsaufteilung der Ehewohnung nach wie vor gegebene enge Kontakt lasse besorgen, daß die Klägerin auch in Hinkunft in ihrer körperlichen und seelischen Integrität gefährdet sein werde. Die Ausweisung des Beklagten aus der Ehewohnung stelle den einzigen wirksamen Schutz der Klägerin davor dar.
Dem Revisionsrekurs des Beklagten gab der Oberste Gerichtshof nur insoweit Folge, als er aus dem Beschluß des Rekursgerichtes die Worte "von seiner persönlichen Habe zu räumen und" entfernte.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Durch das Bundesgesetz über die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe, BGBl. 412/1975, ist mit 1. Jänner 1976 auch eine Änderung des § 382 Z. 8 EO eingetreten. Während diese Bestimmung zuvor u. a. dahin lautete, daß als einstweilige Verfügung ein abgesonderter Wohnort bewilligt werden könne, lautet nun § 382 Z. 8 lit. b EO dahin, daß im Zusammenhang mit einem Verfahren auf Scheidung der Ehe an einen Ehegatten der Auftrag zum Verlassen der Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Teiles diene, erteilt werden könne, wenn jener diesem das weitere Zusammenleben unerträglich mache, besonders ihn erheblich körperlich bedrohe. Durch die Neufassung des Gesetzes ist insofern eine Änderung der Rechtslage eingetreten, als die zuvor im Gesetz überhaupt nicht erwähnte, jedoch von der Rechtsprechung zugelassene Ausweisung eines Ehegatten aus der Ehewohnung gesetzlich geregelt wurde, wogegen von einer gesonderten Wohnungsnahme eines Ehegatten nicht mehr die Rede ist. Wie sich aus dem Bericht des Justizausschusses zum neuen Gesetz ergibt (1662 BlgNr, XIII. GP), erschien in Zukunft eine einstweilige Verfügung zur Bewilligung des abgesonderten Wohnortes entbehrlich, da ohnehin § 92 Abs. 2 ABGB Bestimmungen über eine vorübergehende gesonderte Wohnungnahme enthält und dafür (§ 92 Abs. 3 ABGB) ein außerstreitiges Verfahren vorgesehen ist; regelungsbedürftig erschien dem Gesetzgeber nur der Fall, daß ein Ehegatte durchsein Verhalten dem anderen das Zusammenleben unerträglich macht, dieser aber, weil er auf die Wohnung angewiesen ist, die häusliche Gemeinschaft nicht verlassen kann; dann soll dem Ehegatten der vollstreckbare Auftrag erteilt werden können, die Wohnung zu verlassen. Voraussetzung dafür sollte freilich mit Rücksicht auf die Schwere der Maßnahme sein, daß der Ehegatte dem anderen das weitere Zusammenleben unerträglich macht, besonders ihn erheblich körperlichbedroht, und die Wohnung der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Antragstellers dient. Ein dringendes Wohnbedürfnis wird im allgemeinen nur dann zu verneinen sein, wenn dem Ehegatten eine ausreichende und gleichwertige Unterkunft zur Verfügung steht; der antragstellende Ehegatte darf dabei nicht auf die Möglichkeit der Deckung seines Wohnbedürfnisses bei seinen Eltern verwiesen werden (Hopf in Ent - Hopf, Die Neuordnung der persönlichen Rechtswirkungen der Ehe. 153 Anm. 2). Im vorliegenden Fall kann also nicht gesagt werden, daß das dringende Wohnbedürfnis der Klägerin schon damit befriedigt wäre, daß sie derzeit in der Wohnung ihrer Eltern untergebracht ist; diese ist nicht für zwei Familien bestimmt und kann daher nur als Notunterkunft angesehen werden, die die Eltern ihrer Tochter wohl nicht verweigern konnten. Es kann nicht gesagt werden, daß die Wohnung derzeit dem dringenden Wohnbedürfnis der Klägerin schon deswegen nicht diene, weil sie sie tatsächlich nicht benützt. Das Gesetz kann nicht dahin verstanden werden, daß der Anspruch des Ehegatten, der etwa aus berechtigter Furcht vor dem anderen Ehegatten vorläufig ausgezogen ist und nicht die Ausweisung des anderen Ehegatten abgewartet hat, allein deswegen erlösche, weil dann die Schutzbestimmung des § 382 Z. 8 lit. b EO gerade jenem Ehegatten nicht zugute käme, der besonders körperlich gefährdet ist und daher vorerst anderswo Zuflucht suchen mußte. Das Gesetz hatte gewiß nicht die Bevorzugung eines besonders brutalen Ehegatten im Auge. Die Ehewohnung muß daher nicht gerade gegenwärtig der Befriedigung des Wohnbedürfnisses des antragstellenden Ehegatten dienen, es genügt, daß ein dringendes Wohnbedürfnis anderweitig nicht befriedigt und es daher notwendig ist, die Wohnung zur Erfüllung dieses Bedürfnisses frei zu machen. Der gefährdete Teil hat, solange der Ehescheidungsstreit dauert, grundsätzlich darauf Anspruch, in der Ehewohnung vor Übergriffen des anderen Ehepartners wirksam geschützt zu werden (EvBl. 1957/412 u. a.; Heller - Berger - Stix, 2779).
Das Gesetz knüpft allerdings die Ausweisung eines Ehegatten als schärfstes Mittel zur Sicherung der Befriedigung des Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten an sehr strenge Voraussetzungen: Das Zusammenleben mit dem Ehegatten muß unerträglich sein, bloße Unzumutbarkeit reicht nicht aus. Das Gesetz hebt die körperliche Bedrohung besonders hervor; sie muß, um die Ausweisung aus der Wohnung zu rechtfertigen, erheblich sein. Ob das Zusammenleben unerträglich ist, hängt von Ausmaß, Häufigkeit und Intensität der Beeinträchtigung des Ehegatten ab, der gefährdet zu sein behauptet; eine einmalige tätliche Entgleisung wird im allgemeinen nicht als Grundlage für eine Ausweisung reichen, hingegen gewiß wiederholte Mißhandlungen oder Drohungen mit schweren Verletzungen (Hopf a. a. O., 196 Anm. 18). Das Gesetz spricht nur vom Verlassen der Wohnung, obwohl die Rechtsprechung bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes auch eine Separierung der Ehegatten innerhalb der Wohnung zuließ. Mit Recht wird das neue Gesetz trotz seines Wortlautes nicht dahin verstanden, daß an dieser Rechtslage etwas geändert werden sollte; kann also der gefährdete Ehegatte sein dringendes Wohnbedürfnis in einem Teil der Wohnung befriedigen, so kann sich der Auftrag an den anderen Ehegatten zum Verlassen der Wohnung auf diesen Teil beschränken; ob eine solche Absonderung der Ehegatten innerhalb eines Wohnverbandes im Einzelfall allerdings tunlich ist, hängt nicht nur von der Größe und Beschaffenheit der Wohnung, sondern auch von der Art der Gefährdung ab, die es hintanzuhalten gilt (Hopf a. a. O., 195 f. Anm. 15; vgl. Heller - Berger - Stix, 2779).
Im vorliegenden Fall hat als bescheinigt zu gelten, daß der Beklagte die Klägerin nicht nur mehrfach so mißhandelte, daß Verletzungsfolgen zurückblieben, sondern ihr auch aus anderen Anlässen Ohrfeigen und Fußtritte versetzte. Die Ursachen für das tätliche Vorgehen des Beklagten waren durchwegs geringfügig, was auf eine jähzornige Wesensart schließen läßt. Bei diesem Charakter ist zu befürchten, daß der Beklagte durch die mit einem Ehescheidungsverfahren unvermeidbar verbundenen erhöhten Spannungen mehr noch als zuvor sich zu weiteren " unter Umständen aber auch gefährlicheren Tätlichkeiten hinreißen lassen könnte. Für die Klägerin muß ein Zusammenleben mit dem Beklagten unerträglich sein, da sie fürchten muß, von erheblichen körperlichen Schäden bedroht zu sein. Das aggressive Verhalten des Beklagten an einem Besuchstag des Kindes in diesem Jahr bestätigt diese Befürchtung. Gewiß sprach der OGH aus, daß auch dann, wenn nur eine weitgehende, nicht aber eine vollständige Separation der Ehegatten möglich ist, von der gänzlichen Ausweisung eines Gatten aus der Ehewohnung abgesehen werden kann, wenn nicht ohne weiteres gesagt werden kann, daß er auch weiterhin schwere Eheverfehlungen begehen werde (RZ 1965, 47). Für die Annahme künftigen Wohlverhaltens des Beklagten fehlen aber ausreichende Anhaltspunkte. Eine angemessene Separation der Streitteile ist zudem nicht möglich, da zwar der Klägerin einige Räume zur ausschließlichen Benützung zugewiesen werden könnten, sie aber durch den auch vom Beklagten benützten Vorraum und das von ihm ebenfalls benützte Wohnzimmer durchgehen und zudem die Nebenräume gemeinsam mit dem Beklagten in Anspruch nehmen müßte. Ein solches Zusammenleben mit dem Beklagten ist der Klägerin nicht zumutbar.
Dem Rekursgericht ist also darin beizupflichten, daß dem Beklagten der Auftrag zum Verlassen der Ehewohnung zu erteilen ist. Der Auftrag des Rekursgerichtes an den Beklagten, die Wohnung auch von seiner persönlichen Habe zu räumen, ist allerdings, wie der Revisionsrekurs mit Recht geltend macht, nicht gerechtfertigt. Die einstweilige Verfügung darf nämlich dem gefährdeten Ehegatten nicht auch schon die Möglichkeit einräumen, sich in den ausschließlichen Besitz der Wohnung zu setzen; er ist einzig und allein vor neuen Angriffen zu schützen, weshalb es genügt, daß die Ehewohnung vom anderen Ehegatten nicht benützt wird (EvBl. 1957/412). Dem Revisionsrekurs ist also insoweit stattzugeben, daß die Worte "von seiner persönlichen Habe zu räumen und" zu entfallen haben.
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