European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1977:0120OS00028.77.0421.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Entscheidungsart: Verstärkter Senat
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der * 1959 geborene, sohin jugendliche Bäckerlehrling Franz G* des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB schuldig erkannt, weil er am 14. August 1976 in K* (OÖ) ein zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtetes Fahrzeug, nämlich das Moped Marke „Herkules“ mit dem polizeilichen Kennzeichen O *, ohne Einwilligung des Berechtigten Thomas M* in Gebrauch genommen hat.
Nach den für das Rechtsmittelverfahren wesentlichen Feststellungen besaß der Angeklagte zufällig einen für ein Moped der Marke „Zündapp“ passenden Startschlüssel. Da an dem Moped des Thomas M* ein Zündschloss der Marke „Zündapp“ angebracht war, steckte der Angeklagte den in seinem Besitz befindlichen und zufällig passenden Zündschlüssel – ein ungezähntes Serienerzeugnis – in das Zündschloss des fremden Mopeds, schloss damit den Zündstromkreis und startete das Moped; da der Motor jedoch nicht ansprang, brachte er ihn schließlich (bei offensichtlich weiterhin mittels des Zündschlüssels geschlossener Stromkreis) durch Schieben des Mopeds in Gang.
In rechtlicher Hinsicht lehnte das Erstgericht die von der Anklagebehörde angestrebte Subsumtion der Tat auch unter § 136 Abs. 2 StGB mit der Begründung ab, das Zündschloss entspreche zwar einer Sperrvorrichtung im Sinn des § 129 Z. 3 StGB, doch habe es sich bei dem vom Angeklagten verwendeten zufällig passenden Zündschlüssel nicht um einem nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel gehandelt und der passende Zündschlüssel stelle auch nicht ein Werkzeug im Sinn des § 129 Z. 1 StGB dar.
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer auf Z. 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde ausschließlich gegen die Nichtannahme der Qualifikation des Abs. 2 des § 136 StGB, wozu sie ausführt, der verwendete Schlüssel sei im gegebenen Zusammenhang als „nachgemacht“ anzusehen.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht im Recht.
Die Generalprokuratur hat in ihrer Stellungnahme ausgeführt, der Beschwerdeführerin sei darin beizupflichten, dass der vom Angeklagten verwendete zufällig passende Zündschlüssel als „nachgemachter Schlüssel“ zu beurteilen sei; denn ein nicht vom Berechtigten zur Sperre einer bestimmten Sperrvorrichtung gewidmeter, sondern nur zufällig passender Schlüssel sei – als „falscher“ im Gegensatz zum „richtigen“ und in dieser Bedeutung – als „nachgemachter“ Schlüssel im Sinn des § 129 Z. (1–) 3 StGB zu werten, wozu vor allem auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 10 Os 171/76 verwiesen wird. Dennoch wäre aber die von der Staatsanwaltschaft begehrte Subsumtion verfehlt, weil das vom Angeklagten mit dem Startschlüssel betätigte Zündschloss nicht den begrifflichen Voraussetzungen einer „Sperrvorrichtung“ nach § 129 Z. 3 StGB entspreche. Hiezu hat die Generalprokuratur unter anderem ausgeführt:
„Nach § 129 StGB zieht – anders als nach § 174 I lit. d StG nicht mehr jede Überwindung eines eine Sache gegen Wegnahme sichernden Hindernisses schlechthin, mag es auch erheblich sein, eine Erhöhung des Strafsatzes nach sich, sondern – von den nach wie vor gesondert erfassten Fällen des Einbrechens und des Einsteigens abgesehen – nur mehr das (sei es mit Gewalt oder sei es mit einem der in Z. 1 dieser Gesetzesstelle genannten Mittel erfolgte) Überwinden einer Sperrvorrichtung (zu einer der im § 129 Z. 1 StGB bezeichneten Örtlichkeiten, zu einem Behältnis oder sonst zur Sicherung einer Sache). Daraus folgt klar erkennbar, dass dieser Begriff, dem Ziel der Gesetzesänderung entsprechend, bloß solche Sperren erfasst, die nach ihrer objektiven Zweckbestimmung speziell zur Verfestigung des Gewahrsams, also zur Sicherung von Sachen gegen ihre unbefugte Wegnahme, dienen (Erl. Bem. zur RV des StGB, 30 d. Beilagen zu den sten. Prot. des NR., XIII. GP., S. 276 f.), und nicht (wie die frühere Qualifikationsbestimmung) auch andere, die, ohne gerade zu diesem Zweck geschaffen worden zu sein, nur im Effekt den Zugriff (erheblich) erschweren (vgl. EvBl. 1966/411). Eine ausdehnende Interpretation zur Miteinbeziehung der Überwindung der zuletzt erwähnten Sperrnebenwirkungen in die erhöhte Strafbarkeit nach dem § 129 (Z. 1–3) StGB, die dem unmissverständlichen Willen des Reformgesetzgebers zuwiderlaufen würde, wäre nach dem im § 1 StGB verankerten Gesetzlichkeitsprinzip unzulässig.
Funktionell unabdingbare objektive Zweckbestimmung eines jeden Zündschlosses ist es nun, einerseits das Unterbrechen des die Zündanlage eines Motors versorgenden Stromkreises im Ruhezustand und andererseits das Schließen dieses Stromkreises zum Ingangsetzen und zum Betrieb des Motors zu ermöglichen; dadurch, dass dann, wenn der Täter nicht den richtigen Schlüssel dazu besitzt, das Einschalten der Zündung und das Betreiben des Motors sowie in weiterer Folge als Nebenwirkung auch die Wegnahme des Fahrzeugs mit Motorkraft (je nach den konkreten Umständen mehr oder weniger erheblich) erschwert ist, erlangt das – nicht zugleich mit einer Lenkradsperre o. dgl. kombinierte – Zündschloss nach dem Gesagten noch nicht die Eigenschaft einer speziellen Sperrvorrichtung im Sinn des § 129 StGB.
Dementsprechend ist – im Gegensatz zur früheren Rechtslage, nach der darin die Überwindung eines beträchtlichen, die Sache gegen Wegnahme sichernden Hindernisses zu erblicken war (RZ. 1973/81, EvBl. 1955/421 u.a.m.) – nunmehr weder das Herausreißen der Zündkabel aus einem (nicht mit einer „Diebstahlsicherung“ kombinierten) Zündschloss zum Zweck ihres Kurzschließens als Aufbrechen (ZVR. 1976/241, 384; Leukauf‑Steininger, S. 695 f., Mayerhofer‑Rieder, S. 431, Anm. zu E. Nr. 48), noch das Betätigen eines (solchen) Zündschlosses mit einem falschen oder widerrechtlich erlangten Schlüssel oder mit einem anderen hiezu nicht bestimmten Werkzeug, etwa mit einem Nagel, als Öffnen einer Sperrvorrichtung im Sinn des § 129 Z. 3 StGB zu beurteilen.
Da sich der Angeklagte mithin die Gewalt über das unbefugt in Gebrauch genommene Moped nicht durch eine der in den §§ 129–131 StGB geschilderten Handlungen verschafft hat, ist die Unterstellung seiner Tat unter die Qualifikationsbestimmung des § 136 Abs. 2 StGB im Ergebnis zu Recht unterblieben.“
Der Oberste Gerichtshof vermochte sich jedoch den Ausführungen der Generalprokuratur weder hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung der Verwendung eines zufällig passenden Schlüssels noch hinsichtlich der Auffassung, ein Zündschloss eines Kraftfahrzeugs sei keine Sperrvorrichtung im Sinn des § 129 Z. 3 StGB, anzuschließen. Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ist vorliegend eine Sperrvorrichtung im Sinn der zitierten Gesetzesstelle gegeben, diese wurde aber weder mit einem nachgemachten oder widerrechtlich erlangten Schlüssel noch mit einem anderen nicht zur odnungsgemäßen Öffnung bestimmten Werkzeug, sohin nicht mit einem in § 129 Z. 1 StGB angeführten Mittel geöffnet, weshalb dem Ersturteil aus diesem Grund kein Rechtsirrtum anhaftet.
Dies aus folgenden Erwägungen:
Zweckbestimmung des Zündschlosses eines Kraftfahrzeugs ist es zunächst, das Unterbrechen des die Zündanlage des Motors versorgenden Stromkreises und damit das Abstellen des Motors bzw. im entgegengesetzten Fall das Schließen dieses Stromkreises und damit das Ingangsetzen des Motors zu ermöglichen. Dieser Zweck kann aber auch durch einen einfachen Schalter erreicht werden, wie er in den Anfangszeiten des Kraftfahrzeugs auch gebräuchlich gewesen ist. Dieser Schalter wurde aber bewusst durch ein (mehr oder minder, je nach Art und Type des Kraftfahrzeugs verschieden kompliziertes) Schloss ersetzt, und zwar in Verfolgung eines weiteren, nicht minder bedeutsamen, nicht bloß einen Nebeneffekt darstellenden Zwecks, nämlich der Sicherung des Fahrzeugs gegen das Ingangsetzen des Motors ohne den passenden Zündschlüssel und mithin gegen eine Inbetriebnahme des Fahrzeugs durch Unbefugte. Solcherart erlangte aber das Zündschloss echte Sperrfunktion, und zwar – wie gesagt – nicht nur in Form einer Sperrnebenwirkung, sondern in Form einer der Schalterfunktion zumindest gleichwertigen, speziell zur Verfestigung des Gewahrsams, mit anderen Worten zur Sicherung des Kraftfahrzeugs gegen unbefugte Weg‑ oder Ingebrauchnahme bestimmten weiteren Funktion.
Dass diese Funktion des Zündschlosses seit langem in der Rechtsprechung anerkannt ist, beweist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs und auch des Obersten Gerichtshofs zu § 102 Abs. 6 KFG 1967. Diese Bestimmung schreibt vor, dass der Lenker eines Kraftfahrzeugs, wenn er sich so weit oder so lange von diesem entfernt, dass er es nicht mehr überwachen kann, den Motor abzustellen und dafür zu sorgen hat, „dass das Fahrzeug von Unbefugten nur durch Überwindung eines beträchtlichen Hindernisses in Betrieb genommen werden kann“. Dieser Pflicht zur Sicherung des Kraftfahrzeugs gegen unbefugte Weg‑ oder Ingebrauchnahme – und nichts anderes bringt die zwar noch am Wortlaut des StG 1945 orientierte, aber in ihrem Kern auch dem StGB entsprechende Formulierung des § 102 Abs. 6 KFG 1967 zum Ausdruck – wird (schon) dadurch entsprochen, dass der Zündschlüssel abgezogen und aus dem Fahrzeug entfernt bzw. verwahrt wird, weil dadurch dafür gesorgt ist, dass das Fahrzeug von einem Unbefugten nicht ohne weiteres (nämlich nicht ohne Aufwendung größerer Mühe und Energie) in Betrieb genommen werden kann (so VwGH 3. November 1972, 423/72 = ZVR 1973/192, 3. November 1972, 327/72 = ZVR 1973/89 = ÖJZ 1973/233; ebenso Oberster Gerichtshof 5. Oktober 1955, 2 Ob 461/55 = SZ 28/210 = JBl 1956, 53; 6. März 1957, 3 Ob 106/57 = ZVR 1957/222; 30. August 1960, 2 Ob 333/60 = ZVR 1961/111; 3. September 1964, 2 Ob 231/64 = ZVR 1965/147; 27. Okbtober 1965, 7 Ob 232/65 = ZVR 1966/208 u.a.; vgl. auch Diettrich‑Veit‑Rassl, Kraftfahrrecht, Anm. zu Abs. 6 des § 102 KFG, S. 10 f.).
Das Zündschloss eines Kraftfahrzeugs hat demnach sehr wohl bestimmungsgemäß die Eigenschaft einer speziellen Sperrvorrichtung im Sinn des § 129 Z. 3 StGB. Es kommt dabei nicht darauf an, ob es sich um ein einfaches oder um ein kompliziertes Schloss handelt; entscheidend ist allein dessen Sperrfunktion. Daher ist ein solches Zündschloss – so wie jedes andere Schloss (vgl. Mayerhofer‑Rieder, Anm. 9 zu § 129 StGB) – eine Sperrvorrichtung gemäß der in Rede stehenden Qualifikationsnorm.
Dass die Sperre auch anders als durch Überwindung dieser Sperrvorrichtung beseitigt werden kann (z.B. Herausreißen der Zündkabel und Kurzschließen der Drähte), steht dem nicht entgegen, denn auch andere durch Sperrvorrichtungen geschützte Gegenstände können auf andere Weise als durch Überwindung der Sperre weggenommen werden; gegebenenfalls greift dann eine andere Qualifikation ein. Es ist diesbezüglich Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, inwieweit in solchen Fällen eine sonstige Hindernisüberwindung unter eine strengere Strafsanktion gestellt oder dies kriminalpolitisch für entbehrlich gehalten wird. Dass daher im gegebenen Zusammenhang die sonstige Hindernisüberwindung keine Qualifikation mehr darstellt, spricht somit nicht gegen die dargelegte Rechtsauffassung. Bei Kraftfahrzeugen kann hier eine Lenkradsperre einen zusätzlichen Schutz gegen unbefugte Weg‑ oder Ingebrauchnahme darstellen.
Demnach wurde vorliegend das Zündschloss vom Erstgericht rechtsrichtig als Sperrvorrichtung gemäß § 129 Z. 3 StGB beurteilt.
Bezüglich der Verwendung eines zufällig passenden Schlüssels hat der Oberste Gerichtshof bisher wiederholt die Ansicht vertreten, ein solcher Schlüssel sei als „nachgemacht“ zu werten, weil „nachgemacht“ in der Bedeutung von „falsch“ verstanden werden müsse (Oberster Gerichtshof 14. Dezember 1976, 10 Os 171/76 = ÖJZ‑LSK 1977/42 = ZVR 1977/50 [mit Anmerkung von Melnizky] = JBl 1977, 215; 22. Februar 1977, 9 Os 177/76 n.v.). An dieser Auffassung ist jedoch aus folgenden Überlegungen nicht festzuhalten:
Der Begriff „nachgemacht“ in § 129 Z. 1 StGB ist ein deskriptives Tatbildmerkmal, d.h. ein dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommener, jedermann verständlicher Begriff; er ist seinem Wortsinn nach eindeutig bestimmt und bedeutet, eine Sache nach einem Vorbild, einem Muster anfertigen, wobei strafrechtlich nur die unberechtigte Anfertigung relevant ist (vgl. auch §§ 232, 233 StGB – „Nachmachen“ von Geld, „nachgemachtes“ Geld). Hievon zu unterscheiden ist der (gleichfalls deskriptive) Begriff „falsch“: er bringt – bezogen auf den gegebenen Zusammenhang – zum Ausdruck, dass es sich bei einem „falschen“ Schlüssel um einen solchen handelt, der nicht zu dem betreffenden Schloss gehört, für dieses Schloss sohin nicht der richtige, sondern eben ein „falscher“ ist. „Falsch“ ist daher gegenüber „nachgemacht“ der weitere Begriff. Ein Schlüssel, der (rite) zu einem bestimmten Schloss gehört, aber zufällig auch ein anderes Schloss, zu dem er nicht gehört, sperrt, ist zwar bei seiner Verwendung zur Öffnung dieses anderen Schlosses – in bezug auf dieses – der „falsche“ Schlüssel, er wird aber dadurch nicht zu einem „nachgemachten“ Schlüssel in bezug auf dieses andere Schloss.
Das Strafgesetzbuch stellt – im Gegensatz etwa zu § 243 Abs. 1 Z. 1 dStGB, weshalb deutsche Judikatur‑ und Literatur‑Belegstellen für den österreichischen Rechtsbereich insoweit (eben wegen des verschiedenen Gesetzeswortlauts) nichts auszusagen vermögen – ausdrücklich nicht auf den „falschen“, sondern nur auf den „nachgemachten“ Schlüssel ab. Diese Fassung wurde bereits im Zuge der Beratungen der Strafrechtskommission gefunden, nachdem zunächst vorübergehend auch für das österreichische StGB der Wortlaut des § 243 Abs. 1 Z 1 dStGB zur Debatte stand (vgl. hiezu Melnizky in ZVR 1977, 62). Damit bringt das StGB – unabhängig von einer allenfalls missverständlichen Formulierung in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage, auf die sich die Entscheidung zu 10 Os 171/76 bezieht – zum Ausdruck, dass es eben nur auf das „Nachmachen“ ankommt. Es kann nun nicht im Wege der Auslegung der Begriff „nachgemacht“ in den (umfassenderen) Begriff „falsch“ umgedeutet werden. Denn die Auslegung muss stets ihre äußerste Grenze im „möglichen Wortsinn“ des auszulegenden Begriffs haben; was jenseits dieser Grenze liegt, ist nicht mehr Auslegung, sondern bereits unzulässige richterliche Rechtsfindung (Jescheck 2, 125), selbst dann, wenn das Ergebnis letztlich unbefriedigend sein mag; die Auslegung muss immer (noch) im Wortlaut des Gesetzes eine Stütze finden (vgl. Leukauf‑Steininger Kommentar, 33, und die dort zit. Judikatur).
Kriminalpolitischer Grund für die Qualifikation eines Diebstahls nach § 129 Z. 1, 2 oder 3 StGB ist im übrigen die vom Täter aufgewendete größere verbrecherische Energie zur Überwindung von Hindernissen und Widerständen, die andere Diebe scheuen oder umgehen (EBRV, 275; 9 Os 101/75); eine solche größere verbrecherische Energie legt zwar ein Dieb an den Tag, der einen Schlüssel „nachmacht“, d.h. sich eigenmächtig einen für das betreffende Schloss passenden Schlüssel entweder nach dem Originalschlüssel dieses Schlosses oder nach einem Abdruck desselben etc. anfertigt (oder anfertigen lässt, nachdem er sich das Original oder den Abdruck verschafft hat), oder der sich den Originalschlüssel widerrechtlich angeeignet und damit aufsperrt, nicht aber ein Dieb, der bloß den Umstand nützt, dass er zufällig über einen passenden, an sich aber zu einem anderen Schloss gehörenden Schlüssel verfügt und mit diesem aufsperrt.
Es mag nun unbefriedigend erscheinen, jenen Dieb, der „vorsorglich“ einen Vorrat von Schlüsseln mitnimmt, in der Hoffnung, dass einer davon schon zufällig passen werde, und der sodann so lange probiert, bis er diesen passenden Schlüssel gefunden hat, nicht einer strengeren Strafdrohung zu unterstellen. Hätte aber der Gesetzgeber auch diese Fälle strenger pönalisieren wollen, so hätte er dies im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck bringen müssen; die Schließung einer allfälligen Lücke im Wege der Rechtsprechung verstößt jedenfalls gegen das in § 1 StGB verankerte Verbot jeglicher eine Ausdehnung der strafrechtlichen Haftung bewirkenden Lückenfüllung. Mangels einer Qualifikation wird allerdings in Fällen der aufgezeigten Art der sich im Verhalten des Täters manifestierende intensivere verbrecherische Vorsatz bei der Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen sein.
Bleibt zu prüfen, ob ein zufällig passender Schlüssel ein anderes, nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmtes Werkzeug im Sinn des § 129 Z. 1 StGB ist. Dies ist zu verneinen. Die angeführte Gesetzesstelle misst ihrem Wortlaut nach der Verwendung eines Schlüssels nur dann qualifikationsbegründende Wirkung zu, wenn es sich um einen nachgemachten oder um einen widerrechtlich erlangten Schlüssel handelt. In bezug auf die Begehung eines Diebstahls unter Verwendung eines Schlüssels liegt somit insoweit eine abschließende (arg.: „anderen“) Regelung vor, weshalb einem Schlüssel, der weder nachgemacht noch widerrechtlich erlangt ist, keine qualifizierende Wirkung zukommt somit auch nicht als „Werkzeug“ im Sinn des § 129 Z. 1 StGB. Im übrigen liegt bei der in Rede stehenden Qualifikation das Schwergewicht nicht auf dem Begriff „Werkzeug“, sondern vielmehr auf dem zusammengesetzten Begriff „nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmtes Werkzeug“. Schlüssel sind zur (technisch) ordnungsgemäßen Betätigung des Schließmechanismus bestimmte Mittel; nicht zur ordnungsgemäßen Betätigung des Schließmechanismus bestimmt sind dagegen z.B. Dietriche, Haken usw. Demnach kommen als „nicht zur ordnungsgemäßen Öffnung“ eines Schlosses bestimmte Werkzeuge nur solche Gegenstände in Betracht, die nicht Schlüssel im technischen Sinn sind (vgl. EBRV, 276; Leukauf‑Steininger, a.a.O., 660)
So gesehen fällt daher ein Schlüssel, der weder nachgemacht noch widerrechtliche erlangt ist, nicht unter diese Alternative des § 129 Z. 1 StGB.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war mithin zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach dem Abs. 1 des § 136 StGB zu einer Geldstrafe von 60 (sechzig) Tagessätzen, wobei es die Höhe des Tagessatzes mit 20 (zwanzig) S und die Dauer der Ersatzfreiheitsstrafe mit 30 (dreißig) Tagen festsetzte.
Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend das Fahren mit dem Moped in stark alkoholisiertem Zustand, als mildernd hingegen den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten, das volle Geständnis und die Schadensgutmachung.
Die Staatsanwaltschaft wendet sich mit ihrer Berufung sowohl gegen die Anzahl der Tagessätze als auch gegen die Höhe des Tagessatzes und strebt in beiden Richtungen eine Erhöhung an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe vollständig festgestellt und auch ihrem Gewichte nach zutreffend gewürdigt. Die verhängte Geldstrafe von 60 Tagessätzen ist auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs schuld‑ und tätergerecht. Ausgehend von den festgestellten persönlichen Verhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten (vgl. S. 41/42 d.A.) und dem Umstand, dass mit einer spürbaren Besserung der Einkommensverhältnisse des Angeklagten in naher Zukunft nicht zu rechnen ist (der Angeklagte steht im zweiten Lehrjahr) fand der Oberste Gerichtshof aber auch keinen Grund zu einer Erhöhung des Tagessatzes.
Mithin war der Berufung zur Gänze ein Erfolg zu versagen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)