OGH 2Ob461/55

OGH2Ob461/555.10.1955

SZ 28/210

Normen

ABGB §1311
Kraftfahrverordnung 1947 §99 Abs4
Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen §7
ABGB §1311
Kraftfahrverordnung 1947 §99 Abs4
Gesetz über den Verkehr mit Kraftfahrzeugen §7

 

Spruch:

Das Absperren eines versperrbaren Wagens ist nicht als die übliche Vorkehrung gegen unbefugte Inbetriebsetzung anzusprechen, wohl aber das Abziehen des Zundschlüssels.

Entscheidung vom 5. Oktober 1955, 2 Ob 461/55.

I. Instanz: Landesgericht Salzburg; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Beide Untergerichte haben das Schadenersatzbegehren in der Höhe von 21.755 S s. A. zur Gänze abgewiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Beklagt sind Führer und Halter eines PKWs (Taxi). Eines Tages begab sich der Lenker des Wagens frühmorgens in ein Nachtlokal, um Nachschau nach einer Fuhre zu halten. Bevor er sich vom Wagen entfernte, zog er den Zundschlüssel (Bosch-Schlüssel) ab, versperrte aber nicht auch die Tür des Wagens. Nach zirka 10 Minuten erfuhr er, daß der vor dem Nachtlokal stehengelassene Wagen abhanden gekommen sei. Ein Unbekannter hatte sich unbefugt des Wagens bemächtigt, eine Fahrt unternommen und bei dieser Gelegenheit den Kraftwagen des Klägers schwer beschädigt. Den so entstandenen Sachschaden will der Kläger von beiden Beklagten ersetzt und meint, der Taxilenker habe gegen § 99 Abs. 4 KfV. verstoßen, weil er nur den Zundschlüssel abgezogen, die Wagentüren jedoch unversperrt gelassen habe (§ 1311 ABGB.). Dieser auch noch in der Revision aufrecht erhaltenen Ansicht kann nicht, beigepflichtet werden.

Nach § 99 Abs. 4 KfV. hat der Führer, bevor er sich vom Wagen entfernt, zur Verhinderung der unbefugten Inbetriebsetzung des Fahrzeugs die üblicherweise hiefür bestimmten Vorrichtungen am Fahrzeug in Wirksamkeit zu setzen. Das hat er vorliegendenfalls getan, indem er den Zundschlüssel abzog. Dem Revisionswerber mag zugegeben werden, daß ein gewöhnlicher Bosch-Schlüssel kein verläßliches Hindernis gegen den Zugriff Unbefugter darstellt. Das ändert aber nichts daran, daß die übliche Vorkehrung gegen die unbefugte Inbetriebsetzung des Kraftwagens gerade im Abziehen des Zundschlüssels besteht. Viele Wagen sind sogar unversperrbar oder offen und werden trotzdem zum Verkehr zugelassen; sie könnten, wollte man der Ansicht des Revisionswerbers folgen, überhaupt nicht stehengelassen werden. Andererseits trifft es nicht zu, daß die Wagenschlüssel durchwegs individuell angefertigt wären und deshalb einen wesentlich besseren Schutz gegen die Wegnahme des Wagens gewährleisteten. Versperrte Wagenschlösser können einem Kundigen gegenüber ebenso versagen, sollen jedoch im übrigen - wie die Untergerichte zutreffend hervorgehoben haben - in erster Linie der Vorbeugung gegen Diebstähle aus dem Kraftwagen, nicht aber der von § 99 Abs. 4 KfV. ins Auge gefaßten Verkehrssicherheit dienen. Man kann daher das Absperren des Wagens - so es sich überhaupt um einen versperrbaren Wagen handelt - nicht als die übliche Vorkehrung gegen seine unbefugte Inbetriebsetzung ansprechen.

Dem Lenker kann die ihm vom Kläger vorgeworfene Übertretung einer Schutzvorschrift nicht angelastet werden. Damit ist dem Klagsanspruch nach jeder Richtung hin der Boden entzogen. Der Revision war der Erfolg zu versagen.

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