OGH 3Ob13/77

OGH3Ob13/7722.2.1977

SZ 50/30

Normen

EO §7 Abs2
EO §9
EO §10
EO §7 Abs2
EO §9
EO §10

 

Spruch:

Zweck der Ergänzungsklage nach § 10 EO ist der Nachweis bestimmter Vollstreckungsvoraussetzungen für einen bereits vorhandenen Exekutionstitel, nicht die Schaffung eines neuen Titels. Für eine solche Klage kommen nur die in den §§ 7 Abs. 2 und 9 EO vorgesehenen Fälle in Betracht. Der Aufwertungsanspruch auf Grund einer Wertsicherungsklausel ist daher mit neuer Leistungsklage geltend zu machen

OGH 22. Feber 1977, 3 Ob 13/77 (KG Leoben R 671/76; BG Mariazell C 49/75 )

Text

Mit dem am 4. Juli 1966 vor dem Kreisgericht Leoben zu 5 Cg 199/66 geschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte, der Klägerin ab 1. August 1966 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 2000 S zu bezahlen (Punkt 1 des Vergleiches). Im Punkt 4 des Vergleiches vereinbarten die Parteien die Wertsicherung des Unterhaltsanspruches der Klägerin "nach dem Index I" mit Stichtag 1. Juli 1966.

Mit der vorliegenden als Feststellungsklage nach § 10 EO bezeichneten Klage, begehrte die Klägerin nach Klagsausdehnung, die ziffernmäßige Feststellung der im Punkt 1 und 4 des Vergleiches normierten Aufwertungsbeträge für die Monate Jänner 1975 bis einschließlich Mai 1976. Die Gesamtsumme der nach dem Klagebegehren festzustellenden Aufwertungsbeträge beläuft sich auf 22 179.60 S.

Der Beklagte beantragte, die Klage mangels Bestimmtheit der Wertsicherungsvereinbarung und wegen seiner nach Vergleichsabschluß hinzugekommenen Sorgepflichten abzuweisen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest, daß nach dem Willen der Parteien mit dem Index I der vom Österreichischen Statistischen Zentralamt veröffentlichte Verbraucherpreisindex I gemeint war und daß im Falle der Auflassung des vereinbarten Indexes ein gleichartiger Ersatzindex an seine Stelle treten sollte. Der Verbraucherpreisindex I sei im Jahre 1966 durch den Verbraucherpreisindex 1966 ersetzt worden, werde jedoch als verkettete Vergleichsziffer weitergeführt und weiterhin veröffentlicht. Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die Klägerin die Aufwertungsbeträge richtig berechnet habe und daher dem Klagebegehren stattzugeben sei. Der Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit könne im Verfahren auf Feststellung der Aufwertungsbeträge nicht berücksichtigt werden.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten dahin Folge, daß es das Klagebegehren, dessen Inhalt aber im Urteilsspruch nicht angeführt wurde, abwies, wobei es aussprach, daß der Wert des Streitgegenstandes 1000 S übersteige. Die vorliegende Klage stelle nach ihrer Bezeichnung, nach der Klagserzählung und dem Klagebegehren eine Ergänzungsklage nach § 10 EO dar. Eine solche Klage komme aber nur dann in Betracht, wenn einer der Fälle des § 7 Abs. 2 und § 9 EO vorliege und der in diesen Bestimmungen geforderte urkundliche Nachweis nicht erbracht werden könne. Der Mangel der ziffernmäßigen Bestimmtheit der Aufwertungsforderung stelle einen Inhaltsmangel des Exekutionstitels nach § 7 Abs. 1 EO dar, der nicht durch Klage nach § 10 EO beseitigt werden könne. Die Klägerin müsse sich für die Aufwertungsansprüche durch Leistungsklage einen weiteren Exekutionstitel verschaffen. Die Klage sei daher mangels der Voraussetzungen des § 10 EO abzuweisen. Das verfehlte Klagebegehren könne nicht als zulässiges Leistungsbegehren aufgefaßt und auch nicht von Amts wegen in ein Feststellungsbegehren umgedeutet werden, da mit Rücksicht auf die Zulässigkeit eines Leistungsbegehrens das Feststellungsinteresse fehle.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Gegenstand und Umfang der vom Verpflichteten geschuldeten Leistung, zu deren Hereinbringung Exekution geführt wird, müssen sich nach § 7 Abs. 1 EO aus dem Exekutionstitel ergeben. Bei Geldforderungen ist daher der geschuldete Betrag im Exekutionstitel ziffernmäßig bestimmt anzugeben, die bloße Bestimmbarkeit der Leistung genügt, außer in den vom Gesetz angeordneten Ausnahmsfällen, nicht. Wird im Exekutionstitel bestimmt, daß die Forderung nach gewissen Grundsätzen aufzuwerten ist, kann zunächst nur zur Hereinbringung des ursprünglich geschuldeten Betrages Exekution geführt werden, selbst wenn die Tatsachen, welche die Aufwertung begrunden, durch öffentliche Urkunden nachgewiesen werden können (Heller - Berger - Stix, 190, Stanzl bei Klang ABGB[2] IV, 740; SZ 24/294; SZ 25/224; SZ 25/301; ÖRZ 1963, 74 u. a.). In einem solchen Fall muß sich der Gläubiger, wie auch die Revision einräumt, einen weiteren Exekutionstitel verschaffen. Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß zur Behebung eines Inhaltsmangels nach § 7 Abs. 1 EO die Klage nach § 10 EO nicht zur Verfügung steht. Der Zweck der Klage nach § 10 EO ist der Nachweis bestimmter Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen für einen bereits vorhandenen Exekutionstitel, aber nicht die Schaffung eines neuen Titels. Für eine Klage nach § 10 EO kommen nur die in § 7 Abs. 2 und § 9 EO vorgesehenen Fälle in Betracht, wenn der erforderliche urkundliche Nachweis auf die dort vorgesehene Art nicht erbracht werden kann (Heller - Berger - Stix, 245; JBl. 1954, 544 u. a.). Der Aufwertungsanspruch ist daher mit Leistungsklage geltend zu machen

Der OGH hat auch in der von der Revision für den gegenteiligen Standpunkt herangezogenen Entscheidung SZ 25/301, die im übrigen keine Klage nach § 10 EO, sondern die Erledigung eines Exekutionsantrages zum Gegenstand hatte, die Ansicht vertreten, daß sich der Gläubiger für die Mehrforderung einen neuen Exekutionstitel verschaffen müsse. Die dort in einem obiter dictum vertretene Auffassung, daß erst das gemäß § 10 EO erzielte Urteil den Exekutionstitel für die Eintreibung des Mehrbegehrens schaffe, kann nicht aufrechterhalten werden. Da die in der Klage behaupteten Mehrforderungen bereits fällig sind und daher mit Leistungsklage geltend gemacht werden können, kann dem Feststellungsbegehren der Klägerin, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, mangels eines Feststellungsinteresses nicht stattgegeben werden. Ein Leistungsurteil kann nicht gefällt werden, weil damit das Begehren der Klägerin überschritten würde (§ 405 ZPO).

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