OGH 12Os38/76

OGH12Os38/7625.6.1976

Der Oberste Gerichtshof hat am 25. Juni 1976 in einem verstärkten Senat unter dem Vorsitz des Hofrats des Obersten Gerichtshofs Dr. Breycha in Gegenwart des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pallin, des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spernoga, des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Borutik und der Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Stelzhammer, Dr. Obauer, Dr. Mößlang, Dr. Harbich, Dr. Faseth, Dr. Kießwetter und Dr. Steininger als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Formanek als Schriftführer in der Strafsache gegen Alfred K* wegen des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG sowie der Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1 lit. b, 38 lit. a FinStrG und der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach den §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 lit. a FinStrG über die Nichigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft sowie ein allfälliges Vorgehen nach dem § 290 Abs. 1 StPO gegen das Urteil des Kreisgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 4. Dezember 1975, GZ 19 Vr 775/75‑33, nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrags der Berichterstatter, Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Steininger und Dr. Harbich, der Ausführungen des Verteidigers Rechtsanwalt Dr. Pranz und der Ausführungen des Generalprokurators Dr. Hartmann zu Recht erkannt:

 

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0120OS00038.76.0625.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Entscheidungsart: Verstärkter Senat

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, da im übrigen unberührt bleibt, gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO in seinem Schuldspruch zu Punkt B./1 wegen des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1 lit. b, 38 lit. a FinStrG und zu Punkt B./2 wegen des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach den §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 lit. a FinStrG und demgemäß auch in dem nach dem § 38 lit. a FinStrG hiezu ergangenen (gesonderten) Strafausspruch aufgehoben.

Die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte werden mit ihren Berufungen, soweit sie sich gegen die nach dem § 38 lit. a FinStrG verhängte Freiheitsstrafe richten, auf diese Entscheidung verwiesen.

Im übrigen wird der Berufung der Staatsanwaltschaft dahin Folge gegeben, dass die über den Angeklagten gemäß dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG verhängte Freiheitsstrafe auf 18 (achtzehn) Monate erhöht wird. Der Angeklagte wird mit seiner Berufung, soweit sie sich gegen die nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG verhängte Freiheitsstrafe richtet, auf diese Entscheidung verwiesen; soweit sich seine Berufung gegen die nach dem § 6 Abs 4 SuchtgiftG verhängte Geldstrafe richtet, wird ihr nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der * 1948 geborene keiner Beschäftigung nachgehende Alfred K* des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG, des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1 lit. b, 38 lit. a FinstrG und des Finanzvergehens der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach den §§ 37 Abs. 1 lit. a, 38 lit. a FinStrG schuldig erkannt.

Nach den – zusammenfassend wiedergegebenen – Urteilsfeststellungen geriet der Angeklagte nach seiner Rückkehr von einer nach Pakistan unternommenen Reise, seit der er selbst Haschisch zu sich nahm, in St. Pölten in Suchtgiftkreise, nahm an zahlreichen sogenannten „Haschparties“ teil und überließ Suchtgifte auch anderen Personen. Nach einer deshalb im Jahre 1970 wegen der Übertretung nach dem § 9 Abs. 1 Z. 1 und 2 SuchtgiftG erfolgten Verurteilung (GZ. 5 U 619/70‑8 des Bezirksgerichtes St. Pölten) unternahm er Reisen nach Afghanistan, Indien, Pakistan, aber auch in den Nahen Osten und nach Spanien, wo er ebenfalls mit Suchtgift in Berührung kam. Im Jahre 1973 wurde gegen ihn beim Kreisgericht St. Pölten ein weiteres Verfahren nach dem Suchtgiftgesetz anhängig, das ihn jedoch nicht daran hinderte, nunmehr sogar einen regelrechten Handel mit Suchtgiften zu betreiben.

Von Ende 1973 bis Frühjahr 1974 verkaufte er um 3.000 bis 5.000 S vier‑ bis fünfmal insgesamt mindestens 70 Gramm Haschisch an Gottfried R* (Faktum A./II./2) des Urteilssatzes).

Ab Jänner 1974 verkaufte er in kleinen Teilmengen zum Preise von jeweils 200 bis 500 S insgesamt etwa 50 Gramm Haschisch an Herbert K* (Faktum A./II./3) des Urteilssatzes.

Ende Mai 1974 trat er an Herbert K* mit dem Vorschlag heran, Haschisch selbst einzuführen und den Suchtgifthandel im Großen zu betreiben. K* war mit diesem Vorschlag einverstanden, stellte seinen PKW zur Verfügung und fuhr am 31. Mai 1974 mit dem Angeklagten in die Türkei, wo es den beiden nach einigen Tagen gelang, etwa 750 Gramm Haschisch um 3.000 S zu erwerben. Da das im PKW vorbereitete Versteck in der Radaufhängung nicht mehr Platz bot und der minderen Beschaffenheit des Haschisch wegen, führten der Angeklagte und Ko* hievon am 6. Juni 1974 nur etwa 600 Gramm nach Österreich unbefugt ein (Faktum A./I/ des Urteilssatzes), wobei das Suchtgift auch dem Zollamt verheimlicht wurde (Faktum B./1 des Urteilssatzes).

Das geschmuggelte Haschisch wurde in der Folge zwischen dem Angeklagten und K* geteilt. K* verkaufte seinen Anteil teils an Gottfried R* weiter, teils verrauchte er ihn gemeinsam mit diesem. Der Angeklagte verkaufte die auf ihn entfallenden ca. 300 Gramm Haschisch mit Gewinn an unbekannt gebliebene Abnehmer weiter (Faktum A./II./1) des Urteilssatzes).

Am 18. Juli 1974 wurde der Angeklagte in dem oben erwähnten, seit dem Jahre 1973 gegen ihn anhängigen Verfahren des Kreisgerichts St. Pölten der Übertretungen nach dem § 9 Abs. 1 und 2 SuchtgiftG und des Vergehens nach dem § 9 Abs. 2 SuchtgiftG schuldig erkannt (GZ. 7 E Vr 1059/73‑33). Er ließ sich jedoch auch durch die in diesem Zusammenhang über ihn verhängte dreimonatige strenge Arreststrafe nicht vom weiteren Suchtgifthandel abhalten. Vielmehr verkaufte er in der Zeit von Juli bis September 1974 mindestens 200 Gramm Haschisch an Personen, die sich selbst als Wiederverkäufer betätigten, und zwar an Gerhard D*, an Herbert L* und gelegentlich (geringe Mengen) auch an Walter G*. D* kaufte u.a. Anfang August 35 Gramm und Mitte August 40 Gramm Haschisch, L* übernahm Ende August 100 Gramm Haschisch, die er nach Maßgabe des beabsichtigten Weiterverkaufs bezahlen sollte (Faktum A./II.4) des Urteilssatzes).

Durch die Einfuhr von 600 Gramm Haschisch, die der Angeklagte teils selbst weitergab, teils seinem Mittäter Herbert K* überließ, von dem er wusste, dass er seinen (des Gewinnes wegen eingeführten) Anteil gleichfalls (zumindest zum Teil) weitergeben werde, und durch das darüber hinaus erfolgte Inverkehrsetzen von zumindest 320 Gramm Haschisch – die der Angeklagte in Kenntnis des Umstands erworben hatte, dass sie nach Österreich eingeschmuggelt worden waren (Faktum B./2 des Urteilssatzes) – wurde eine Gemeingefahr herbeigeführt, die auch vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war. Der Angeklagte betrieb den Suchtgifthandel auch in der Absicht, sich durch die wiederkehrenden Verkäufe eine fortlaufende Einnahmsquelle zu verschaffen.

Den auf Grund dieser Feststellungen ergangenen, eingangs erwähnten Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Nichtigkeitsgründe nach den Z. 5, 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

In Ausführung des erstbezeichneten Nichtigkeitsgrundes wirft der Bewerdeführer dem angefochtenen Urteil Unvollständigkeit und unzureichende Begründung zunächst deshalb vor, weil es seine Verantwortung, von den zusammen mit Herbert K* eingeführten 600 Gramm Haschisch nur etwa 250 Gramm (nicht 300 g) erhalten und für den eigenen Bedarf verbraucht (also nicht weiterverkauft) zu haben, unerörtert lasse und überhaupt keine Beweismittel für die Annahme anführe, 300 Gramm dieses aus der Türkei eingeführten Haschisch durch Verkauf an unbekannte Personen in Verkehr gesetzt zu haben.

Mit diesen Ausführungen unternimmt der Beschwerdeführer jedoch nur den im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, die gemäß der Vorschrift des § 258 Abs. 2 StPO erfolgte und im Sinne des § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO hinreichend begründete Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts zu bekämpfen. Hat sich doch das Erstgericht zur Begründung der bemängelten Feststellung in durchaus schlüssiger Weise nicht nur auf die in der Hauptverhandlung verlesenen (vgl. S. 168) Angaben des Herbert K* berufen (S. 181, 182), aus denen sich sowohl ergibt, dass der Verkauf des eingeführten Haschisch in Österreich von vornherein geplant war, als auch, dass der Beschwerdeführer etwa 300 Gramm dieses Suchtgifts erhielt (vgl. ON. 21), sondern darüber hinaus in denkrichtiger Weise auch noch auf den Umstand hingewiesen, dass der nahezu das gesamte Jahr 1974 arbeitslose Angeklagte schon zur Bestreitung seines Unterhalts auf den Gewinn aus dem Suchtgifthandel angewiesen war (S. 178).

Der Beschwerdeführer vermag den Nichtigkeitsgrund nach dem § 281 Abs. 1 Z. 5 StPO aber auch nicht mit der Behauptung aufzuzeigen, das Erstgericht gehe hinsichtlich der an Gerhard D*, Herbert L* und Walter G* abgegebenen Suchtgiftmengen ausschließlich von den (für ihn) ungünstigsten Angaben dieser Zeugen vor der Polizei aus, ohne sich damit auseinanderzusetzen, dass sie ihre Angaben in der Hauptverhandlung (im Sinne seiner eigenen Verantwortung) entscheidend korrigiert hätten. Denn Gerhard D* bestätigte in der Hauptverhandlung nach Vorhalt seiner polizeilichen Angaben (S. 47), dass diese ungefähr stimmen könnten und erklärte im übrigen, genaue Mengen (jetzt) nicht mehr im Gedächtnis zu haben (S. 167). Herbert L* gab auch in der Hauptverhandlung an, er habe vom Beschwerdeführer 100 Gramm (Haschisch) erhalten (S. 165), und eine Einvernahme des Walter G*, der unbekannten Aufenthalts ist (S. 152), fand in der Hauptverhandlung am 4. Dezember 1975 überhaupt nicht statt. Davon abgesehen, hat das Erstgericht bezüglich Walter G* – einschränkend zu dessen polizeilichen Angaben (S. 27, 28) – ohnedies nur den gelegentlichen Verkauf kleinerer Suchtgiftmengen angenommen (S. 178).

Rechtliche Beurteilung

Die Mängelrüge muss daher versagen.

Aber auch die Rechtsrüge erweist sich als nicht begründet. Unter ziffernmäßiger Anrufung der Nichtigkeistgründe nach den Z. 9 lit. a und 10 des § 281 Abs. 1 StPO (der Sache nach lediglich unter Geltendmachung des letztgenannten Nichtigkeitsgrundes) vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, den (seiner Ansicht nach unzureichenden) Feststellungen des angefochtenen Urteils sei nicht zu entnehmen, dass durch die eingeführten und in Verkehr gesetzten Suchtgiftmengen eine Gemeingefahr im Sinne des § 6 Abs. 1 SuchtgiftG entstehen konnte.

Nach ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofs ist eine nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG zu beurteilende (abstrakte) Gemeingefahr dann anzunehmen, wenn durch die betreffende Suchtfgiftmenge 30 bis 50 Personen der Rauschsucht zugeführt werden können. Notorisch ist, dass zur Herstellung einer (schweren) Haschischzigarette etwa 0,5 bis 1 g, für eine leichte Dosis 0,2 g dieses Suchtgifts erforderlich sind (EvBl. 1974/257 u.a.). Im vorliegenden Fall, in dem der Beschwerdeführer 600 Gramm Haschisch eingeführt und darüber hinaus weitere (aus anderen Quellen stammende) zumindest 320 Gramm Haschisch in Verkehr gesetzt hat, kann es daher zunächst keinem Zweifel unterliegen, dass die sogenannte „Grenzmenge“ um ein Vielfaches überschritten erscheint.

Für die Frage der Gemeingefahr, deren Bestehen vom Vorsatz des Täters umfasst sein muss, ist allerdings nicht nur die Menge, sondern auch die Art der beabsichtigten und durchgeführten Weitergabe des Suchtgifts von Bedeutung. Den Feststellungen des angefochtenen Urteils ist jedoch auch in dieser Beziehung zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer insbesonders hinsichtlich der gemeinsam mit Herbert K* eingeführten und hinsichtlich der an Herbert K*, Herbert L* und Gerhard D* überlassenen Suchtgiftmengen nicht etwa bloß eine Weitergabe an einige wenige (bereits süchtige) Personen für deren Eigenverbrauch, sondern eine Verwertung des Gewinns wegen durch Verkauf an einen unbestimmten Personenkreis beabsichtigte und vornahm (vgl. insbes. S. 176, 178, 179, 183). Weiterer Feststellungen in der (vom Beschwerdeführer gewünschten) Richtung, an welche Personen und in welchen Mengen im einzelnen die Abgabe von Suchtgift erfolgte, bedurfte es hiebei nicht. Da der Beschwerdeführer nach den Urteilsannahmen jedenfalls 600 Gramm Haschisch einführte, wovon er etwa 300 Gramm selbst an unbekannt gebliebene Abnehmer verhandelte und 300 Gramm in den Händen seines Mittäters Herbert K* beließ, von dem er wusste, dass er diese Suchtgiftmenge (zumindest zum Teil) gleichfalls verkaufen werde (S. 183), da er weiters jeweils etwa 100 Gramm Haschisch an Gerhard D* und Herbert L* veräußerte (S. 177), deren Wiederverkaufsabsichten er kannte (S. 178, 179), und schließlich auch noch erhebliche Suchtgiftmengen an Gottfried R*, Herbert K* und Walter G* überließ, bejahte das Erstgericht den Eintritt einer (auch vom Vorsatz des Angeklagten umfassten) Gemeingefahr im Sinne des § 6 Abs. 1 SuchtgiftG zutreffend und rechtsrichtig.

Dem Schuldspruch des Beschwerdeführers wegen § 6 Abs. 1 SuchtgiftG haftet somit auch in materiellrechtlicher Beziehung ein Fehler nicht an, weshalb seine zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen war.

Aus Anlass der ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof jedoch gemäß § 290 Abs. 1 StPO von Amts wegen wahrgenommen, dass das angefochtene Urteil insoweit mit einer – nicht geltend gemachten – Nichtigkeit im Sinn des § 281 Abs. 1 Z 10 StPO behaftet ist, als das Erstgericht den Angeklagten wegen der (gewerbsmäßig vorgenommene) heimlichen und gesetzwidrigen Einfuhr von Haschisch nach Österreich sowie des (gleichfalls gewerbsmäßig begangenen) Ansichbringens und Inverkehrsetzens von heimlich und gesetzwidrig (von anderen Personen) nach Österreich eingeführtem Haschisch nicht nur des Verbrechens nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG, sondern darüber hinaus in teilweiser (ohne A II 1) Tateinheit auch der Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels und der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei schuldig erkannt hat, wiewohl rechtsrichtig die inkriminierten Verhaltensweisen nur dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG zu unterstellen sind.

Bisher hatte der Oberste Gerichtshof in mehreren Entscheidungen ausgesprochen, dass die (gewerbsmäßige) heimliche und gesetzwidrige Einfuhr von Haschisch nach Österreich nicht nur einen Verstoß gegen das Suchtgiftgesetz bildet, sondern durch das damit verwirklichte vorsätzliche Nichtstellen dieses Suchtmittels in Idealkonkurrenz auch das gerichtlich zu ahndende Finanzvergehen des Schmuggels (ebenso wie gegebenenfalls jenes der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei) erfülle (insb. EvBl.Nr. 253/1972, 71/1975, 83/1975; 10 Os 142/73, 10 Os 130/74 – vgl. Leukauf‑Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze S. 557/558, Entscheidungen Nr. 60, 61; im Ergebnis auch 10 Os 18/76 und 11 Os 14/76). Für die Beurteilung der Frage, ob Haschisch Objekt des durch § 35 FinStrG (und sohin auch es durch § 37 FinStrG) verpönten Verhaltens sein kann, sei nämlich maßgebend, ob dieses Suchtmittel als eingangsabgabenpflichtige Ware mit einem materiellen Wert anzusehen ist, was mit der Begründung bejaht wurde, dass Haschisch einen tatsächlichen Verkehrswert habe und der Zolltarifnummer 13.02 B 2 (so EvBl.Nr. 253/1972) bzw. der Zolltarifnummer 12.07 (so 10 Os 130/74) zu unterstellen sei.

An dieser Rechtsansicht vermag der Oberste Gerichtshof nicht festzuhalten. Maßgebend für die Beurteilung eines Gegenstands als „eingangsabgabenpflichtige“ Ware im Sinn des § 35 FinStrG (und damit auch in bezug auf § 37 FinStrG) ist, dass der betreffende Gegenstand einen materiellen Wert hat. Dies wurde in den zitierten Entscheidungen auch immer wieder zutreffend festgehalten. Dabei kann es aber nicht auf jenen „Verkehrswert“ ankommen, den eine Sache als Preis im unerlaubten Verkehr hat; dieser Preis kommt vielmehr nur bei der Ermittlung des durch die strafbare Handlung erzielten Nutzens (§ 6 Abs. 2 SuchtgiftG) in Betracht (vgl. hiezu den in JABl. 1976 S. 27 verlautbarten Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 17. Feber 1976). Haschisch, auch Heroin und LSD stehen nicht im erlaubten Verkehr, sie können derzeit weder industriell verwertet noch sonstwie zu medizinischen, pharmazeutischen u.ä. Zwecken verwendet werden (vgl. abermals JABl. 1976 S. 27), sondern sind – und zwar ohne Rücksicht auf die Menge – ausschließlich Gegenstand kriminellen Missbrauchs als Suchtmittel. Der Preis (und damit Verkehrswert) bildet sich demnach ausschließlich auf dem kriminellen Markt und kann sich auch nur dort bilden, weil Haschisch, Heroin und LSD eben – sowohl im grenzüberschreitenden Verkehr nach Österreich als auch in Österreich selbst – anders als strafgesetzwidrig nicht gehandelt werden. Auf einen solchen ausschließlich im kriminellen (internationalen und nationalen) Handel gebildeten Preis kann jedoch abgabenrechtlich nicht abgestellt werden. Dies erhellt daraus, dass als Zollwert der Normalpreis gilt, der wiederum jener Preis ist, der für die eingeführte Sache „bei einem Kaufgeschäft unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zwischen einem Käufer und einem Verkäufer, die voneinander unabhängig sind, erzielbar ist“ (§§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 WertzollG idF BGBl.Nr. 64/1971). Freier Wettbewerb setzt aber – unbeschadet der (sonstigen) „Bedingungen des freien Wettbewerbs“ (§ 3 WertzollG) – voraus, dass die Sache (jedenfalls auch) erlaubt gehandelt werden darf; ausschließlich krimineller Handel schließt freien Wettbewerb aus (siehe auch Art. I der Anlage I der Konvention über den Zollwert von Waren, abgeschlossen am 15. Dezember 1950 in Brüssel, BGBl.Nr. 225/1955 – Begriffsbestimmung des Zollwerts: „... dans des conditions de pleine concurence ...“, „... on a sale in the open market ...“).

Nichts anderes gilt in bezug auf den Rechnungspreis, der gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 WertzollG als Zollwert anerkannt wird, denn auch er muss dem freien Wettbewerb entspringen (§ 7 Abs. 1 WertzollG). An dieser Stelle sei nochmals gesagt, dass § 3 WertzollG keine erschöpfende Definition des freien Wettbewerbs gibt, wie aus den Gesetzesmaterialien klar hervorgeht (468 Beil.NR. VII. GP. S. 6, 256 Beil.NR. XII. GP. S. 5).

Kommt, wie vorliegend bei der Anwendung der Zolltarifnummer 12.07 des Zolltarifs 1958 i.d.g.F. (vgl. Seite 9 in ON. 4, ferner 10 Os 130/74), als Eingangsabgabe die Einfuhrumsatzsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 UStG 1972 i.d.g.F. in Betracht, ändert dies nichts: Der Umsatz wird bei der Einfuhr nach dem Zollwert der eingeführten Ware bemessen. Unterliegt die Ware nicht einem Wertzoll, so ist Bemessungsgrundlage bei der Einfuhr „das dem Lieferer für die eingeführte Ware schuldete Entgelt“; nur wenn ein solches vorliegt oder nicht nachgewiesen werden kann, ist die Einfuhrumsatzsteuer wiederum nach dem Zollwert zu bemessen (§ 5 Abs. 1 und 2 UStG 1972). Für die Einfuhrumsatzsteuer ist demnach zunächst ebenfalls der Normalpreis (in der Bedeutung des § 2 Abs. 1 WertzollG idF d. BGBl.Nr. 64/1971) bzw. der Rechnungspreis (in der Bedeutung des § 7 WertzollG) maßgebend; unterliegt der Gegenstand (wie vorliegend Haschisch nach der Tarifnummer 12.07 des Zolltarifs 1958 i.d.g.F.) keinem Wertzoll, ist das „für die Ware geschuldete Entgelt“ maßgebend. Da somit dieses Entgelt nur den fehlenden Normalpreis vertritt, hat es dieselbe rechtliche Bedeutung wie dieser.

Außerdem wird, wo nach der Art der Geschäftsabwicklung ein Rechnungspreis vorhanden ist, dieser nach Maßgabe des § 7 WertzollG als Zollwert anerkannt (§ 1 Abs. 2 WertzollG). Wie aber der Normalpreis nach § 2 Abs. 1 WertzollG begrifflich an den freien Wettbewerb gebunden ist, so ist gemäß § 7 Abs. 1 WertzollG auch der Rechnungspreis (wie bereits im vorigen Absatz verwiesen) nur dann zollrechtlich relevant, wenn er den Bedingungen des freien Wettbewerbs entspricht. Aus dem Gesagten folgt, dass bei einem Gegenstand, der ausschließlich kriminell gehandelt wird, ein Entgelt im Rechtssinn des § 5 Abs. 2 UStG 1972 nicht vorliegt. Zudem ergibt sich aus § 3 Abs. 1 lit. b WertzollG, dass für einen freien Wettbewerb die unbeeinflusste Preisbildung wesentlich ist; darnach kann dort, wo unter dem Druck behördlicher Verbote und gesetzlicher Strafdrohungen Leistung und Gegenleistung ausschließlich illegal ausgehandelt werden, von einem freien Wettbewerb nicht die Rede sein (damit ist übrigens auch die Frage des Beitrags nach BGBl.Nr. 214/1954 erledigt).

§ 3 Abs. 3 ZollG steht dieser Rechtsansicht nicht entgegen, weil dort nur die Verzollung von Waren trotz bestehenden Einfuhrverbots vorgeschrieben, von Sachen, die nur kriminell gehandelt werden und unter keinen Umständen erlaubt auf dem Inlandsmarkt sein können, aber nicht gesprochen wird. Die Bestimmung zielt daher auf solche Waren ab, deren Einfuhr zwar verboten ist, hinsichtlich derer aber im Inland ein Handel erlaubt und damit ein „freier Wettbewerb“ gegeben ist. § 2 Abs. 2 Nachsatz ZollG ist eine handelspolitische Grundsatzerklärung und hat im übrigen keine andere Bedeutung als § 3 Abs. 3 leg. cit.: Ein‑ und Ausfuhrverbote für sich allein berühren nicht die Frage der an die Bedingungen des freien Wettbewerbs (in der oben erörterten Bedeutung) gebundenen Umsatzsteuerpflicht nach § 5 Abs. 1 und 2 UStG 1972.

All dem verschlägt auch § 3 Abs. 1 Satz 1 ZollG nichts; denn die dort geregelte Erhebung von Abgaben „in Form von Einfuhrzöllen und Ausfuhrzöllen nach näherer Anordnung der zolltarifarischen Bestimmungen“ (womit das ZolltarifG 1958 und der dessen Bestandteil bildende Zolltarif gemeint sind) bezieht sich dem soeben wiedergegebenen Wortlaut zufolge eindeutig nur auf die Einhebung von Zöllen, nicht aber auf diejenige der Einfuhrumsatzsteuer. Im übrigen erscheint die Unterstellung von Haschisch sowohl unter die hier herangezogene Zolltarifnummer 12.07 als auch eventuell unter die Zolltarifnummern 13.02 B 2 oder 13.03 B angesichts des Wortlauts dieser Positionen selbst dann fragwürdig, wenn man die Allgemeine Tarifierungsvorschrift 4 (früher 5) des Zolltarifs (ZolltarifG 1958 i.d.g.F.) in die Prüfung einbezieht. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle hinzugefügt, dass am Ende des drittletzten Absatzes des Erlasses des Bundesministeriums für Finanzen vom 16. Juni 1976, FS 120/1‑III/9/76, ein Trugschluss unterlaufen ist: Wenn verbotswidrig eingeführte Suchtmittel (bestimmter Art) nicht eingangsabgabenpflichtig sind, dann sind sie wohl auch gleichartige nicht eingangsabgabepflichtig, die jemals mit einer Genehmigung nach § 2 Abs. 1 Z. 2 SuchtgiftG eingeführt werden sollten; denn dadurch käme noch kein freier Wettbewerb zustande, weil der „Handel“ auch diesfalls weiterhin auf die Illegalität beschränkt bliebe.

Mit der vorliegenden Entscheidung ist nichts darüber ausgesagt, ob Haschisch Gegenstand von Vermögensdelikten nach allgemeinem Strafrecht sein kann, weil es hiebei nicht darauf ankommt, ob das Deliktsobjekt im freien Wettbewerb steht oder nicht. Das gilt auch für den mit der gleichen Bedeutung ausgestatteten Sach‑ und Erlösbegriff im Sinn des § 6 Abs. 3 SuchtgiftG.

Die Verneinung der Eingangsabgabepflicht der Suchtmittel Haschisch, Heroin und LSD hat zur Folge, dass ein Vergehen nach § 35 FinStrG hiermit nicht begangen werden kann. Die Verletzung der im § 48 ZollG normierten Stellungspflicht könnte aber für sich allein auch bei diesen Waren (§ 2 Abs. 1 ZollG) das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. f FinStrG (n.F.) begründen. Da gemäß § 53 Abs. 5 FinStrG (n.F.) Finanzordnungswidrigkeiten niemals vom Gericht zu ahnden sind, hätte über die Strafbarkeit nach § 51 Abs. 1 lit. f FinStrG die Finanzstrafbehörde abzusprechen. Das Gericht seinerseits hätte in Fällen wie dem gegenständlichen grundsätzlich einen Freispruch nach § 214 FinStrG (siehe auch dessen Absatz 2) von der Anklage des Schmuggels zu fällen (nicht einen Freispruch gemäß § 259 StPO, weil ein solcher bei Idealkonkurrenz nicht ergehen darf, wogegen im § 214 Abs. 1 FinStrG der dort geregelte Freispruch eigener Art ausdrücklich auch für tateinheitliches Zusammentreffen – wie hier: Finanzvergehen nach §§ 35 Abs. 1 bzw. 51 Abs. 1 lit. f FinStrG mit dem Verbrechen nach § 6 SuchtgiftG – vorgeschrieben ist). Die in Rede stehende Tat ist aber vor dem 1. Jänner 1976 begangen worden. Zur Tatzeit hatte der erst mit der Finanzstrafgesetz‑Novelle 1975 BGBl.Nr. 335 geschaffene Subsidiartatbestand des § 51 Abs. 1 lit. f FinStrG im Finanzstrafrecht noch keine Entsprechung. Zufolge der Übergangsbestimmung des Art. VII § 2 FinStrGNov 1975 (Günstigkeitsvergleich) hat darum hier ein Freispruch gemäß § 214 FinStrG von der Anklage nach § 35 FinStrG (der die Möglichkeit einer anderweitigen finanzstrafbehördlichen Zuständigkeit im Rahmen des § 53 FinStrG zur Tatzeit voraussetzt) zu unterbleiben. Gleiches gilt für die wegen Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit. a FinStrG erhobene Anklage, weil diesbezüglich eine aushilfsweise heranziehbare Finanzordnungswidrigkeit (§§ 49 bis 51 FinStrG n.F., § 48 FinStrG a.F.) oder einer anderweitige finanzstrafbehördliche Kompetenz (§ 53 FinStrG) nicht in Betracht kommt (auch nicht nach § 48 Abs. 1 lit. e FinStrG a.F., weil Täter dieser Ordnungswidrigkeit nur ein Abgabenpflichtiger, ein zum Steuerabzug Verpflichteter, ein Monopolpflichtiger und ein abgaben‑ oder monopolrechtlich Begünstigter sein konnte, was der Hehler nicht ist).

Das Erstgericht hat, wie oben dargetan, zu Unrecht (§ 281 Abs. 1 Z. 10 StPO) dem Angeklagten neben dem Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG auch – ideell konkurrierend – die Finanzvergehen des gewerbsmäßigen Schmuggels und der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei angelastet, weshalb – ohne förmlichen Freispruch (SSt XXXII/14, XXXVIII/20 u.a.) – der Schuldspruch wegen der bezeichneten Finanzvergehen und demgemäß auch der hiezu ergangene (gesonderte) Strafausspruch aufzuheben waren.

Für das Verbrechen nach dem § 6 Abs. 1 SuchtgiftG wurde über den Angeklagten gemäß dieser Gesetzesstelle eine Freiheitsstrafe in der Dauer von vierzehn Monaten und gemäß dem § 6 Abs. 4 SuchtgiftG eine Geldstrafe in der Höhe von 15.000 Schilling (unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwei Monaten) verhängt.

Dabei wertete das Erstgericht als erschwerend die beiden einschlägigen Vorstrafen, die den bereits lang zurückreichenden und intensiven Kontakt (des Angeklagten) zum Suchtgift deutlich machen, sowie den raschen Rückfall, als mildernd hingegen das teilweise Geständnis. Die Begehung eines Großteils der Taten vor den letzten beiden Verurteilungen erachtete es dadurch aufgewogen, dass der Angeklagte noch in Kenntnis des laufenden Strafverfahrens und sogar noch nach seiner Verurteilung (wegen § 9 Abs. 1 Z. 1, 2, Abs. 2 SuchtgiftG) weiterhin Suchtgift verhandelt hat, wozu komme, dass er die Gefahren des Suchtgiftmissbrauchs nicht einsehe. Die Höhe der Geldstrafe wurde mit dem annähernden Wert des tatgegenständlichen Haschisch von 30.000 S und dem Umstand begründet, dass die Mittäter, Zwischenhändler und Hehler bekannt sind und abgeurteilt wurden, wobei ihnen ein Teil des Werts des verhandelten Suchtgifts auferlegt wurde.

Während der Angeklagte mit seiner Berufung eine angemessene Herabsetzung sowohl der Freiheits‑ als auch der Geldstrafe anstrebt, begehrt die Staatsanwaltschaft mit ihrem Rechtsmittel eine entsprechende Erhöhung der ausgesprochenen Freiheitsstrafe.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft kommt Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat zwar die Strafzumessungsgründe insoweit – zu Ungunsten des Angeklagten – unvollständig festgestellt, als es nicht als mildernd berücksichtigt hat, dass sich der Angeklagte schließlich (allerdings erst rund zehn Monate nach seiner Ausschreibung zur Verhaftung – s. S. 67 a, b, 99/100 d.A.) selbst dem Gericht gestellt hat. Aber auch unter Würdigung dieses weiteren Milderungsgrundes erweist sich die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe als nicht schuldangemessen. Denn es fällt vor allem gravierend ins Gewicht, dass der Angeklagte die urteilsgegenständlichen Straftaten während eines gegen ihn gleichfalls wegen Verstoßes gegen das Suchtgiftgesetz anhängigen Strafverfahrens begangen und trotz erfolgter Aburteilung fortgesetzt hat, worin sich ein besonders intensiver verbrecherischer Vorsatz manifestiert. Den Angeklagten trifft daher ein besonders schwerer Schuldvorwurf, weshalb es der Oberste Gerichtshof zur Erreichung des primären Strafzwecks, nämlich der Resozialisierung des Straftäters, für geboten hält, die verhängte Freiheitsstrafe auf das aus dem Spruch ersichtliche Ausmaß zu erhöhen.

Der Angeklagte war mit seiner Berufung gegen die Höhe der Freiheitsstrafe auf diese Entscheidung zu verweisen.

Was die Höhe der gemäß dem § 6 Abs. 4 SuchgiftG verhängten Geldstrafe anlangt, so fand der Oberste Gerichtshof keinen Anlass zu einer Herabsetzung dieser Strafe, weshalb insoweit der Berufung des Angeklagten nicht Folge zu geben war.

Die Kostenentscheidung ist in der bezogenen Gesetzesstelle begründet.

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