OGH 5Ob551/76

OGH5Ob551/761.6.1976

SZ 49/73

Normen

Außerstreitgesetz §1
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung Art. XLII
Außerstreitgesetz §1
Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung Art. XLII

 

Spruch:

Die freiwillige Erfüllung der titelmäßigen Verpflichtung auf eidliche Angabe des Vermögens gemäß Art. XLII EGZPO hat von dem Bezirksgericht als Außerstreitgericht und nicht vor dem Prozeßgericht zu erfolgen

OGH 1. Juni 1976, 5 Ob 551/76 (LG Salzburg 32 R 610/75; BG Salzburg 2 No 342/75)

Text

Die Antragstellerin wurde durch Versäumungsurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 24. März 1975 schuldig erkannt, Dr. Gerlinde F binnen 14 Tagen "unter Vorlage eines Verzeichnisses anzugeben, welche Aktiven und Passiven sie bezüglich des Nachlaßvermögens nach dem am 8. Dezember 1971 verstorbenen Dipl.- Ing. Friedrich R als dessen Universalerbin zufolge Besorgung und Überlassung des Nachlasses festgestellt oder bereits eingezogen hat, ferner welchen Gewinn oder Verlust oder welche Früchte der Erbschaft seit dem Tode des Erblassers entstanden sind, und einen Eid dahin zu leisten, daß ihre Angaben richtig und vollständig sind".

Am 10. April 1975 brachte sie beim Bezirksgericht Salzburg mittels Schriftsatzes den Antrag auf Anberaumung eines Termines zur Ablegung des Eides gemäß dem Versäumungsurteil ein.

Bei der vom Bezirksgericht Salzburg anberaumten Tagsatzung zum Entgegennahme des Eides der Antragstellerin bestritt Dr. Gerlinde F die Vollständigkeit des von der Antragstellerin vorgelegten Verzeichnisses über die Einnahmen und Ausgaben aus der Verwaltung der Verlassenschaft nach Dipl.-Ing. Friedrich R und beantragte, vor Abnahme des Eides mit Beschluß darüber zu entscheiden, ob das vorgelegte Verzeichnis ausreichend im Sinne des Art. XLII EGZPO und des Versäumungsurteiles des Landesgerichtes Salzburg sei

Das Erstgericht wies die Einwendungen der Gläubigerin gegen das von der Antragstellerin vorgelegte Verzeichnis als unbegrundet zurück, vertagte jedoch auf ihren Antrag hin die Tagsatzung auf unbestimmte Zeit.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs insoweit Folge als es den angefochtenen Beschluß und das bisher vor dem Bezirksgericht Salzburg abgeführte Verfahren als nichtig aufhob.

Das Rekursgericht begrundete diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß das Gesetz die Abnahme des Offenbarungseides nach Art. XLII EGZPO im außerstreitigen Verfahren nicht vorsehe und dieser Vorgang nur dann zulässig sei, wenn sich die Parteien darüber einig seien, daß ein Eid abgelegt und was beschworen werden soll; nur in einem solchen Fall bestehe kein Grund, die Interessenten gegen ihren Willen und überflüssigerweise zu einem Rechtsstreit zu zwingen, und es könnten dann auch hinsichtlich der Befugnis und Zuständigkeit des Abhandlungsrichters zur Abnahme des Eides angesichts der Bereitwilligkeit des Verpflichteten, den Eid vor ihm abzulegen, keinerlei Bedenken obwalten. Hier bestehe zwar die Bereitwilligkeit der Antragstellerin, den ihr durch das Versäumungsurteil des Landesgerichtes Salzburg auferlegten Eid zu leisten, doch habe sich bei der zu diesem Zwecke anberaumten Tagsatzung vor dem Bezirksgericht Salzburg herausgestellt, daß keine Einigkeit der Parteien darüber bestehe, was beschworen werden und welchen Inhalt das zu beschwörende Verzeichnis haben soll. Das außerstreitige Verfahren könne daher hier keine Anwendung finden, weil die Interessentin in diesem Verfahren keine Möglichkeit hätte, die Abgabe eines vollständigen und überprüfbaren Vermögensverzeichnisses im Sinne des Urteilsspruches und dessen Beeidigung zu erzwingen. Die Abnahme des Eides habe aus diesen Gründen im Wege der Exekution nach § 354 EO zu erfolgen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge.

Die angefochtene Entscheidung wurde dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes ersatzlos aufgehoben wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wer zur eidlichen Angabe des Vermögens gemäß Art. XLII EGZPO verurteilt worden ist, muß seine Leistungspflicht in der ihm auferlegten Leistungsfrist (§ 409 ZPO) erfüllen. Es muß ihm, wie dem Schuldner jeder anderen Leistung, auch möglich sein, die geschuldete Leistung freiwillig zu erbringen, damit er vollstreckungsrechtliche Maßnahmen des Gläubigers (Exekutionsführung gemäß § 354 EO) vermeiden kann. Das Gesetz (Art. XLII EGZPO) hat jedoch weder das dabei anzuwendende Verfahren noch die Zuständigkeit des Gerichtes geregelt, vor dem der Eid zu leisten ist. Das Erkenntnisverfahren ist jedenfalls abgeschlossen und die Einleitung eines Exekutionsverfahrens zur zwangsweisen Durchsetzung soll durch die freiwillige Leistung des Schuldners vermieden werden. Da die Leistung des Schuldners nur vor Gericht erbracht werden kann, das ihm den Eid abzunehmen hat, und eine Mitwirkung des Gläubigers an der Erbringung der Leistung weder erforderlich noch von schutzwürdigem Interesse ist, kann es aus diesem Anlaß auch nicht zu einem Verfahren kommen, in dem einander zwei Parteien gegenüberstehen. Damit fehlt es aber an einer wesentlichen Voraussetzung für die Anwendung des streitigen Prozeßverfahrens. Der Gerichtsakt der Abnahme des Eides und seiner gehörigen Beurkundung auf Grund des Antrages des aus dem Urteil Verpflichteten beruht ausschließlich auf öffentlichem Recht und schafft auch nur öffentlichrechtliche Beziehungen zwischen dem antragstellenden Verpflichteten und dem Gericht. Der Vorgang steht dem Gerichtserlag im Sinne des § 1425 ABGB sehr nahe und ist mit ihm durchaus vergleichbar. Das außerstreitige Verfahren ist nach neuerer Auffassung (vgl. JBl. 1972, 263; Fasching I, 128) ungeachtet des ausschließlichen Verweisungsanspruches des § 1 AußStrG auch ohne gesetzliche Anordnung jedenfalls dann anzuwenden, wenn sich dies aus der Natur des Anspruches und der durch seine Geltendmachung hergestellten Rechtsbeziehungen zwischen dem Antragsteller und dem Gericht ergibt. Es kann danach keine Frage sein, daß es sich bei dem Verfahren zur freiwilligen Eidesleistung durch den Schuldner aus einem gemäß Art. XLII EGZPO ergangenen Urteil um ein außerstreitiges handelt. Wenn es zwar keinen allgemeinen Rechtssatz gibt, wonach für die Durchführung eines Verfahrens in Außerstreitsachen grundsätzlich die Bezirksgerichte zuständig seien, so kann doch allgemein gesagt werden, daß für beantragte Beurkundungen rechtserheblicher Vorfälle grundsätzlich die Bezirksgerichte berufen sind (§ 121 JN; §§ 587 ff., 886, 551, 1278 ABGB; Art. 79 WG, Art. 40 Z. 1. 55 Abs. 4 SchG und § 56 Abs. 2 GOG),

die in einem solchen Fall auch zu beurkundende Erklärung entgegenzunehmen haben. Darunter fällt auch die Abnahme der Eidesleistung durch den gemäß Art. XLII EGZPO verurteilten Schuldner über dessen Antrag. Aus diesen Erwägungen kann der gegenteiligen Ansicht Holzhammers (Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht, 96) und des Oberlandesgerichtes Wien (JBl. 1952, 384), die ohne Begründung geblieben sind, nicht beigestimmt werden, daß der Eid vor dem Prozeßgericht zu leisten sei.

Wie bereits dargelegt wurde, kommt dem Gläubiger im Verfahren zur freiwilligen Eidesleistung durch den Schuldner gemäß Art. XLII EGZPO keine Parteistellung zu. Das Bezirksgericht Salzburg hätte deshalb die Einwendungen der Gläubigerin, die bei der Eidestagsatzung anwesend war, gegen das Verzeichnis, das die Antragstellerin beeiden sollte, nicht beachten dürfen. Aus diesem Gründe ist der darüber gefaßte Beschluß ersatzlos aufzuheben und es wird nun Sache des Erstgerichtes sein, die von ihm bereits als zulässig angesehene Eidesabnahme durchzuführen und zu beurkunden, wenn die Antragstellerin bei der dazu neuerlich anzuberaumenden Tagsatzung erscheint und eidesbereit ist.

Wenn die Gläubigerin die Eidesleistung der Schuldnerin als (formell) nicht dem Urteil entsprechend ansehen sollte - eine allfällige unvollständige und nicht wahrheitsgemäße Rechnungslegung könnte nur Schadenersatzansprüche erzeugen (SZ 25/99 u. a.) -, steht es ihr frei, im Umfange der Nichterfüllung der urteilsmäßig zu erbringenden Leistung Zwangsvollstreckung nach § 354 EO zu führen, wogegen die Schuldnerin ihre allfällige Einwendung, der Anspruch sei bereits durch Tilgung erloschen, im Rechtsweg (§ 35 EO) vorbringen könnte (SZ 32/97).

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