Spruch:
Wenn der Besteller die Behebung der Mängel durch den Unternehmer nicht mehr zuläßt, aber auch keine gesetzmäßigen Konsequenzen aus der bisherigen Nichtbehebung der Mängel zieht, kann er die Bezahlung des einem berechtigten Preisminderungsanspruch entsprechend verringerten Werklohnes nicht mit der Begründung verweigern, das Werk sei noch nicht vollendet
OGH 29. Jänner 1976, 6 Ob 505/76 (OLG Wien 7 R 209/75; KG Wiener Neustadt 2 Cg 267/74)
Text
Der Kläger begehrte ursprünglich für geleistete Bautischlerarbeiten am Einfamilienhaus des Beklagten den Restbetrag von 70.719.76 S samt Nebengebühren und schränkte sein Begehren am 14. Juli 1975 auf Grund des Sachverständigengutachtens auf 51.176.42 S samt Nebengebühren seit 14. Juli 1975 ein.
Der Beklagte beantragte, das Klagebegehren abzuweisen, und wendete Mängel der geleisteten Arbeiten ein, welche trotz Rüge bisher nicht behoben seien. Die Rechnungen seien daher mangels Vollendung des Werkes noch nicht fällig. In der Streitverhandlung vom 14. Juli 1975 erklärte der Beklagte, daß er eine Mängelbehebung durch den Kläger derzeit nicht mehr verlange. Das Erstgericht gab dem eingeschränkten Klagebegehren statt. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die vom Kläger ausgeführten Arbeiten sind fertiggestellt, weisen jedoch eine Reihe, vom Erstgericht im einzelnen festgestellte Mängel auf. Diese sind zum Teil behebbar und zum Teil geringfügiger Art. Als wesentliche behebbare Mängel sind solche an den unteren Führungen der Jalousiebalken anzusehen. Diese Arbeit ist zwar beendet, in dieser Form aber nicht brauchbar und muß durch eine andere Führungsart ersetzt werden. Die geringfügigen Mängel machen das Werk auf keinen Fall unbrauchbar. Die untere Führung der Schiebefenster beschränkt den Gebrauch teilweise. Es kann aber dennoch von einer Beendigung des ganzen Werkes gesprochen werden. Unter Berücksichtigung eines Preisabschlages für die unwesentlichen und wesentlichen Mängel ist für die Arbeiten (einschließlich Mehrwertsteuer) ein Preis von 71.176.43 S angemessen, so daß abzüglich der geleisteten Zahlung von 20.000 S noch ein Betrag von 51.176.43 S offen ist. Die Arbeit des Klägers stellt eine normale übliche leichte Ausführung dar, welche allerdings die festgestellten Mängel aufweist.
Rechtlich führte das Erstgericht aus, im Hinblick auf die Erklärung des Beklagten, daß er nunmehr eine weitere Mängelbehebung durch den Kläger nicht verlange, sei der gesamte Werklohn fällig geworden. Der Kläger habe durch die Einschränkung seines Begehrens sämtliche vom Sachverständigen aufgezeigten Mängel berücksichtigt, weshalb ihm der eingeschränkte Klagsbetrag zustehe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, welche nach Ansicht des Berufungsgerichtes auf Grund eines mangelfreien Verfahrens getroffen wurden. Rechtlich führte es aus, wenn der Beklagte mit Rücksicht auf die mangelhaft gebliebene Verbesserung weitere Verbesserungen ablehne, dann könne er die Rechtsfolgen des Erfüllungsverzuges geltend machen. Er habe eine solche Erklärung zwar nicht abgegeben. Wenn aber sein Prozeßvorbringen im Sinne eines damit vollzogenen Teilrücktrittes verstanden werde, dann führe die Ausübung dieses Rechtes zu einer verhältnismäßigen Minderung des Entgeltes. Es werde also jene Rechtslage hergestellt, die gegeben wäre, wenn sofort Preisminderung verlangt worden wäre. Dem habe aber der Kläger durch die Einschränkung des Begehrens Rechnung getragen. Der Beklagte habe durch seine Erklärung auf eine weitere Verbesserung des mangelhaften Werkes verzichtet und sich damit seines Rechtes, die Leistung des Werklohnes zu verweigern, begeben.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Es ist davon auszugehen, daß das vom Kläger geleistete Werk zwar Mängel aufwies welche teilweise auch wesentlich sind daß es sich jedoch durchwegs um behebbare Mängel handelt. Der Beklagte hat von seinem Gewährleistungsrecht zunächst in der Form Gebrauch gemacht, daß er Verbesserung des Werkes vertangte. Während des Verfahrens ist er jedoch von diesem Standpunkt abgegangen und hat ausdrücklich erklärt, daß er eine Behebung der Mängel durch den Beklagten nicht mehr verlange. In der Berufung führte er sogar aus, der Beklagte habe jedes Anrecht darauf verloren, die Mängel selbst zu beheben. Eine weitere Erklärung, sei es den Rücktritt oder Teilrücktritt vom Vertrag oder das Begehren auf Preisminderung, hat der Beklagte jedoch nicht abgegeben. Wenn der Besteller einerseits die Behebung der Mängel durch den Unternehmer gar nicht mehr zuläßt, andererseits aber keine gesetzmäßigen Konsequenzen aus der bisherigen Nichtbehebung der Mängel zieht (vgl. dazu SZ 39/208), dann kann er die Bezahlung des einem berechtigten Preisminderungsanspruch entsprechend verringerten Werklohnes nicht mit der Begründung verweigern, das Werk sei noch nicht vollendet. Da der Kläger dem allfälligen Preisminderungsanspruch des Beklagten durch die Einschränkung seines Begehrens Rechnung getragen hat, eine Mängelbehebung durch den Kläger aber vom Beklagten nicht mehr verlangt wird, ist der eingeschränkte Klagsbetrag auch fällig geworden.
Der Revision war somit ein Erfolg zu versagen.
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