OGH 5Ob146/75

OGH5Ob146/7523.9.1975

SZ 48/95

Normen

Mietengesetz §28 Abs2
Mietengesetz §28 Abs2

 

Spruch:

In seiner Verpflichtungserklärung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 MG (i. d. F. der Novelle 1974 (BGBl. 409) muß der Vermieter nicht nur den Beginn, sondern auch die voraussichtliche Dauer der beabsichtigten Erhaltungsarbeiten durch Angabe einer Frist oder eines Endzeitpunktes begrenzen. Eine davon abweichende Fristbestimmung durch das Gericht ist unzulässig

OGH 23. September 1975, 5 Ob 146/75 (LGZ Wien 41 R 288/75; BG Innere Stadt Wien 47 Msch 7/75)

Text

Hinsichtlich des Hauses Wien 1, P-Gasse 3, wurde auf Grund eines beim MBA für den 1./8. Bezirk, Schlichtungsstelle, am 19. Juni 1974 eingebrachten Antrages mit Entscheidung vom 16. Jänner 1975, berichtigt mit Beschluß vom 4. Feber 1975, bei den Bestandobjekten gemäß § 28 Abs. 2 MG die Erhöhung der Mietzinse dem Gründe nach bewilligt. Die Vermieter beantragten des weiteren am 25. November 1974 die Zulässigerklärung der Einhebung eines vorläufigen Zinsvielfachen im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 2 MietG i. d. F. der MG-Novelle vom 12. Juli 1974 BGBl. 409. Dabei wurde von einem vorläufigen Gesamterfordernis von 1.290.955.11 S und einem vorläufigen Vielfachen von 13.50 S pro Friedenskrone ausgegangen. Im Zuge dieses Verfahrens gaben die Vermieter die Erklärung ab, mit den Arbeiten so rasch wie möglich, spätestens jedoch im Mai 1975 zu beginnen. Zur Dauer der Durchführung dieser Arbeiten wurde in dem von der Schlichtungsstelle entgegen dem Antrag der Vermieter gesondert vom Grundsatzverfahren abgeführten Verfahren nichts vorgebracht. In beiden Verfahren wurde gemäß § 37 Abs. 2 MG das Gericht angerufen, bei dem aber der Antrag auf Zulässigerklärung eines vorläufigen Mietzinsvielfachen erst nach Erlassung der Grundsatzentscheidung einlangte. Im Zuge des gerichtlichen Verfahrens beantragten die Vermieter, das vorläufige Vielfache ab 1. April 1975 zu bewilligen, und erklärten sich bereit, mit den Arbeiten am 1. Juli 1975 zu beginnen und sie bis spätestens 30. Juni 1978 zu beenden. Demgegenüber erklärten die Mieter, mit dem Antrag einverstanden zu sein, wenn die Arbeiten bis spätestens 30. Juni 1977 abgeschlossen seien und bis zu diesem Zeitpunkt ein Endantrag gestellt werde.

Das Erstgericht wies daraufhin den Antrag auf Zulässigerklärung eines vorläufigen Mietzinsvielfachen ohne Durchführung eines Beweisverfahrens ab, weil die durchzuführenden Arbeiten nach dem vorgelegten Kostenvoranschlag eine Arbeitsdauer von drei Jahren nicht rechtfertigen könnten. Die Verpflichtung des Vermieters zur Durchführung der Erhaltungsarbeiten innerhalb einer angemessenen Frist sei Voraussetzung für die Zulässigerklärung einer vorläufigen Erhöhung der Hauptmietzinse. Da die angebotene Fertigstellungsfrist nicht angemessen sei, müsse der Antrag abgewiesen werden. Das Gericht sei auf Grund der Bestimmung des § 28 Abs. 2 MG nicht berechtigt, eine nach seiner Ansicht angemessene, nämlich kürzere, Fertigstellungsfrist zu bestimmen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurse der Antragsteller Folge, hob diese Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliege.

Das Rekursgericht wies daraufhin, daß ein gesonderter Antrag, die Zulässigkeit einer vorläufigen Erhöhung der Hauptmietzinse auszusprechen, der auch zu einem selbständigen Verfahren nach §§ 24 ff. MG führe, im Gesetz nicht vorgesehen sei und daß ein derartiges Provisorium vom Gericht oder von der Schlichtungsstelle nur im Zusammenhang mit einem Verfahren nach §§ 7, 28 Abs. 2 MG oder ausnahmsweise mit einem Verfahren nach §§ 7, 28 Abs. 3 MG ausgesprochen werden könne. Zufolge der fehlerhaften Behandlung des gesondert eingebrachten Antrages auf Zulässigerklärung einer vorläufigen Mietzinserhöhung anläßlich der Anrufung des Gerichtes sei es dann auch dort zu einem aktenmäßig gesonderten Verfahren über beide Anträge gekommen. Es handle sich aber hinsichtlich der vorläufigen Mietzinserhöhung um eine im Rahmen des Grundsatzverfahrens als Teil der Grundsatzentscheidung gefällten Entscheidung.

§ 28 Abs. 2 Satz 2 MG verlange in Wahrheit vom Vermieter lediglich die Verpflichtungserklärung, die Arbeiten bis zu einem bestimmten Zeitpunkte in Angriff zu nehmen und sie innerhalb angemessener Frist durchzuführen. Im Gegensatz zur erforderlichen bestimmten Bezeichnung eines Zeitpunktes für den Beginn der Arbeiten als Grundlage für den vom Gerichte festzusetzenden Beginn der vorläufigen Erhöhung sei die Benennung eines Endzeitpunktes der Arbeiten nicht erforderlich, weil dieser von vielen, vom Vermieter nicht beeinflußbaren Umständen abhänge, die im Zeitpunkt des Beginnes der Arbeiten noch nicht abgeschätzt werden könnten. Es genüge daher, wenn sich der Vermieter verpflichte, die Arbeiten bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in Angriff zu nehmen und sie innerhalb angemessener Frist durchzuführen.

Die Antragsteller hätten im vorliegenden Fall sowohl einen bestimmten Anfangs- als auch einen bestimmten Endtermin genannt. Das Erstgericht habe nun, ohne diesen Endtermin zu erörtern und ohne die Antragsteller auf die Möglichkeit aufmerksam zu machen, hinsichtlich dieses Termines eine allgemeine, dem Gesetzeswortlaut entsprechende Verpflichtungserklärung abzugeben, den Antrag mit der Begründung abgewiesen, daß der genannte Endtermin nicht angemessen sei. Dem Erstgerichte wurde daher eine entsprechende Ergänzung des Verfahrens aufgetragen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionskurs der Antragsgegner nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die durch die MG Novelle 1974 eingeführte vorläufige Erhöhung der Hauptmietzinse hat nach § 28 Abs. 2 Satz 2 MG, zur Voraussetzung, daß sich der Vermieter verpflichtet, bestimmt bezeichnete Erhaltungsarbeiten, bei denen schon dem Gründe nach feststeht, wie weit sie die Erhöhung der Hauptmietzinse rechtfertigen, innerhalb einer angemessenen Frist in Angriff zu nehmen und durchzuführen. Der Beginn und das Ausmaß dieser vorläufigen Erhöhung sind unter Berücksichtigung der bereits vorliegenden Verfahrensergebnisse so festzusetzen, daß sie das im Verfahren nach § 28 Abs. 3 MG voraussichtlich sich ergebende Ausmaß nicht übersteigen. Dem Bericht des Justizausschusses 1261 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates, XIII. GP, S. 4 - ist zu entnehmen, daß durch diese vorläufige Erhöhung der Hauptmietzinse die finanzielle Grundlage für die eheste Durchführung der nach den Ergebnissen des Grundsatzverfahrens als berechtigt erkannten Erhaltungsarbeiten geschaffen werden soll, wodurch in der Folge auch Zwischenzinsen vermieden werden können. Im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut und die dargelegten Intentionen des Gesetzgebers ist dem Rekursgericht insoweit darin beizupflichten, daß der Antrag auf vorläufige Mietzinserhöhung in der Regel und schon aus Zweckmäßigkeitsgrunden kein selbständiges Verfahren auslösen soll, da er inhaltlich dem Grundsatzverfahren zuzuordnen ist.

Es liegen nun unterschiedliche Auffassungen der Parteien und der Untergerichte bezüglich der Beschaffenheit der einer Bewilligung der vorläufigen Erhöhung der Hauptmietzinse vorausgehenden Verpflichtungserklärung des Vermieters vor. Schon aus dem Text der diesbezüglichen Gesetzesbestimmung erhellt, daß der Vermieter den Mietern gegenüber die Verpflichtung zu einer Inangriffnahme und Durchführung der Arbeiten innerhalb einer bestimmten, vom Gericht als angemessen beurteilten, Frist zu übernehmen hat (vgl. Zingher, Mietengesetz[16], 145). Die Fristenbenennung hat sich sowohl auf den Beginn als auch auf den Endzeitpunkt zu beziehen. Das Rekursgericht hat durchaus zutreffend dargelegt, daß der vom Gerichte festzusetzende Beginn der vorläufigen Zinserhöhung in einem zeitlichen Zusammenhang mit dem Beginn der Arbeiten zu stehen hat und daher auch dieser festgelegt sein muß. Zweck der nunmehr gesetzlich geregelten Einrichtung ist es ja, die mit dem Beginn der Arbeiten entstehenden Kosten möglichst gleichzeitig auch durch die Mietzinserhöhung zu bedecken, so daß das Auflaufen von Zwischenzinsen im Interesse aller Beteiligten, insbesondere auch der Mieter, möglichst gering gehalten werden kann. Die Abstimmung zwischen der Dauer der Durchführung der Arbeiten und dem Zeitraum der Zulässigerklärung einer vorläufigen Erhöhung der Hauptmietzinse verlangt aber auch die Benennung einer diesbezüglichen Frist bzw. eines Endzeitpunktes, da spätestens mit der Durchführung der Erhaltungsarbeiten die Voraussetzungen für die Entscheidung über die endgültige Mietzinserhöhung im Sinne des § 28 Abs. 3 MG gegeben sind. Die Benennung einer Frist für Beginn und Dauer der durchzuführenden Arbeiten im Rahmen der vom Vermieter abzugebenden Verpflichtungserklärung erscheint auch im Hinblick auf die Sanktionen bei Nichtdurchführung der Arbeiten zweckmäßig. Sowohl für die Antragsteller nach § 8 MG als auch hinsichtlich einer Zurückerstattung der sich aus der vorläufigen Erhöhung der Hauptmietzinse ergebenden Mehrbeträge sind die zeitlichen Voraussetzungen dann eindeutig dargetan. Sofern die Durchführung der Arbeiten aus gewichtigen Gründen nicht oder nicht zeitgerecht erfolgen konnte, wäre dies in diesen Verfahren zu klären und zu berücksichtigen. Es mag wohl zutreffen, daß für die Dauer der durchzuführenden Erhaltungsarbeiten auch vom Vermieter nicht beeinflußbare Umstände bedeutsam sein können, die im Zeitpunkt des Beginnes der Arbeiten schwer abzuschätzen sind. In der Regel wird aber doch nach Art und Umfang der durchzuführenden Arbeiten ihre Dauer annähernd abgesehen werden können. Dementsprechend und zufolge des vom Rekursgericht zu Recht betonten provisorialen Charakters der Zulässigerklärung einer vorläufigen Erhöhung der Hauptmietzinse können an die Genauigkeit der vom Vermieter zu benennenden Frist für die Inangriffnahme und Durchführung der Arbeiten keine übermäßig strengen Anforderungen gestellt werden, was auch bei der Überprüfung der Angemessenheit dieser Frist zu beachten ist. Wenn das Rekursgericht darauf hinweist, daß der an den Vermieter gemäß § 8 MG gerichtete Auftrag nur dahin laute, die Arbeiten innerhalb einer bestimmten Frist zu beginnen und sie in einem Zuge ohne Nennung eines Endzeitpunktes durchzuführen, während man für die bloße Verpflichtungserklärung des Vermieters im Sinne des § 28 Abs. 2 Satz 2 MG einen höheren Grad der Bestimmtheit verlange, ist dem entgegenzuhalten, daß auch § 8 Abs. 2 MG vorsieht, daß dem Vermieter bei Stattgebung eines diesbezüglichen Antrages die Vornahme der Arbeiten innerhalb einer angemessenen Frist aufzutragen ist. Dem Rekursgerichte kann sohin nicht darin gefolgt werden, daß bei dem Endtermin, bzw. der Frist für die Durchführung der Arbeiten in der Verpflichtungserklärung des Vermieters gemäß § 28 Abs. 2 Satz 2 MG mit der Abgabe einer allgemein gehaltenen, nur dem Gesetzeswortlaut entsprechenden Erklärung dem Gesetze Genüge getan wäre.

Wenngleich sich die Rechtsauffassung der Rekurswerber in den dargelegten Belangen als zutreffend erweist, hat es doch bei der Aufhebung der erstgerichtlichen Entscheidung und einem Verfahrensergänzungsauftrag zu bleiben.

Wiewohl nach den dargelegten Erwägungen an die Genauigkeit der Benennung der Frist für die Durchführung der Erhaltungsarbeiten durch den Vermieter und dementsprechend für die Überprüfung ihrer Angemessenheit kein besonders strenger Maßstab anzulegen ist, so kann es doch nicht angehen, ohne jede sachliche Überprüfung und nur auf Grund ganz allgemein gehaltener Überlegungen diese Frist als nicht angemessen zu bezeichnen, wie dies das Erstgericht getan hat ohne auch nur eine Erörterung mit den Parteien durchzuführen. Es dürfte sich dabei zumeist als zweckmäßig und ausreichend erweisen, eine Stellungnahme im Sinne des § 28 Abs. 1 MG einzuholen. Dem Vermieter ist die Möglichkeit einzuräumen, seine Verpflichtungserklärung den Ergebnissen dieser Überprüfung anzupassen. Eine von der Verpflichtungserklärung des Vermieters abweichende Fristbestimmung für den Beginn und die Dauer der Instandhaltungsarbeiten durch das Gericht erscheint hingegen nicht zulässig. Bei Vorliegen der im Gesetze genannten Voraussetzungen ist das Gericht gehalten, die Zulässigerklärung einer vorläufigen Erhöhung der Mietzinse auszusprechen. Die Verwendung des Wortes "kann" ist im Hinblick auf den dargelegten Zweck der Norm als Entscheidungsbefugnis und Entscheidungsverpflichtung bei gebundenem Ermessen zu beurteilen.

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