Spruch:
Im § 63 Abs. 2 KFG 1967 handelt es sich um eine Fortlaufshemmung der Verjährung
OGH 4. September 1975, 2 Ob 75/75 (OLG Innsbruck 1 R 304/74; LG Innsbruck 5 Cg 538/72)
Text
Am 26. September 1969 verschuldete Thomas H, der bei der Beklagten haftpflichtversichert war, als Lenker eines PKW einen Verkehrsunfall, bei dem der in diesem Wagen mitfahrende Donald C, der Sohn der beiden Kläger getötet wurde.
Der Erstkläger begehrte den Ersatz der Todfallskosten; beide Kläger verlangten außerdem Leistung einer monatlichen Rente, weil sie von ihrem Sohn alimentiert worden seien.
Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und machte auch Verjährung geltend.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Verjährung ab. Es traf diesbezüglich folgende Feststellungen: Die Kläger haben durch ihre Rechtsfreunde wegen Ersatz ihres Schadens sowohl mit der Beklagten als auch mit deren Direktion für Deutschland in München korrespondiert. Mit Schreiben vom 12. September 1972 teilte jedoch die Beklagte dem Klagsanwalt mit, daß sie die Ansprüche dem Gründe nach ablehne, der Klage mit Interesse entgegensehe und ihre Ablehnung in der Klagebeantwortung näher begrunden werde. Die Klage wurde daraufhin am 29. November 1972 eingebracht.
Das Erstgericht meinte, nach Erhalt des Ablehnungsschreibens vom 12. September 1972 hätten die Kläger noch die Möglichkeit gehabt, innerhalb der dreijährigen Verjährungszeit die Klage einzubringen. Sie hätten sich damit aber etwa 2 1/2 Monate Zeit gelassen. Dies könne nicht mehr als Wahrung einer angemessenen Frist angesehen werden.
Das Berufungsgericht hob - allerdings irrtümlich in Urteilsform - das Ersturteil auf und verwies die Rechtssache unter Rechtskraftvorbehalt zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozeßgericht erster Instanz zurück.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Das Berufungsgericht führte aus, daß die Kläger ihre Schadenersatzansprüche der Beklagten gegenüber erstmals im Jahre 1970 geltend machten und daß nach § 63 Abs. 2 KFG 1967 die Verjährung bis zur schriftlichen Ablehnung seitens der Beklagten gehemmt gewesen sei, so daß die Klage noch innerhalb der Verjährungsfrist eingebracht worden sei. Zu demselben Ergebnis führe die Überlegung, daß die Klage noch in der als angemessen zu betrachtenden Zeit von 2 1/2 Monaten nach dem Scheitern der Vergleichsverhandlungen erhoben worden sei.
Voraussetzung für den Anspruch der Kläger auf Zahlung einer Rente aus dem Titel des entgangenen Unterhaltes sei aber die Frage, ob die Kläger nach dem Recht ihres Heimatstaates gegenüber ihrem Sohn überhaupt unterhaltsberechtigt seien. Das Verfahren bedürfe daher noch einer Ergänzung in diesem Sinne.
Die Rekurswerberin meint, es könne sich im § 63 Abs. 2 KFG 1967 nur um eine sogenannte Ablaufshemmung handeln, so daß Verjährung nicht eintreten könne, solange nicht eine schriftliche Erklärung des Versicherers auf Ablehnung des Schadenersatzanspruches vorliege. Liege eine solche vor, so sei, wenn die Verjährungszeit ansonsten bereits abgelaufen wäre, unverzüglich die Klage einzubringen. Dies hätten aber die Kläger verabsäumt.
Entgegen der Ansicht der Rekurswerberin handelt es sich im § 63 Abs. 2 KFG 1967 um eine Fortlaufshemmung der Verjährung (2 Ob 134/74; 2 Ob 31/75). Daraus ergibt sich, daß die Klage rechtzeitig eingebracht wurde, weil die Verjährung in der Zeit vom 15. Juni 1970 Anmeldung der Schadenersatzansprüche der Kläger, Beilage B) bis zur Zustellung der schriftlichen Erklärung der Beklagten vom 12. September 1972, daß sie die Schadensersatzansprüche ablehne, gehemmt war.
Gegen den übrigen Inhalt des Aufhebungsbeschlusses wurde nichts vorgebracht; er ist auch rechtlich unbedenklich, weil das Berufungsgericht die Feststellung ausländischen Rechts entweder selbst vornehmen oder dem Erstgericht auftragen kann (ZVR 1972/143; ZVR 1973/179).
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