OGH 3Ob118/75

OGH3Ob118/7527.5.1975

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Piegler, Dr. Reithofer, Dr. Stix und Dr. Schubert als Richter in der Verlassenschaftssache des am * 1974 verstorbenen M* S*, Kaufmann, zuletzt in *, wohnhaft gewesen, infolge Revisionsrekurses der erbl. Kinder 1.) M* S*, Lehrerin, *, vertreten durch Dr. Gangolf in der Maur, Rechtsanwalt in Klagenfurt, 2.) H* S*, Kaufmann, *, vertreten durch Dr. Wilhelm Watzke, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 12. März 1975, GZ. 2 R 134/75‑22, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach vom 8. November 1974, GZ. A 721/74‑13, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0030OB00118.75.0527.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Mit Beschluß vom 23. September 1974, GZ. A 721/74‑2, nahm das Erstgericht die auf Grund des Gesetzes zu je einem Drittel des Nachlasses abgegebenen bedingten Erbserklärungen der drei Kinder des Erblassers, E* S*, M* S* und H* S*, an. In der Folge dehnte E* S* ihre zu einem Drittel des Nachlasses abgegebene bedingte Erbserklärung auf die weiteren zwei Drittel des Nachlasses aus. Zur Begründung dieser Erklärung verwies sie auf die beim Bezirksgericht Villach zwischen dem Erblasser und ihren Geschwistern H* S* und M* S* abgeschlossenen gerichtlichen Vergleiche vom 1. Oktober 1947, 6 C 265/47, und vom 28. September 1956, 1 Nc 122/56, wonach die genannten Geschwister auf ihr Erbrecht und ihren Pflichtteilsanspruch verzichtet haben. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 8. November 1974, GZ. A 721/74‑13, wurde die von der erblasserischen Tochter E* S* auf Grund des Gesetzes abgegebene bedingte Erbserklärung angenommen (Punkt 1), und die Genannte mit dieser Erbserklärung als Klägerin gegen die Erben H* S* und M* S* auf den Rechtsweg verwiesen (Punkt 2). Das Erstgericht vertrat hiezu die Ansicht, bei mehreren gesetzlichen Erben sei die Klägerrolle demjenigen zuzuweisen, der sein Erbrecht auf den Erbrechtsverzicht des anderen stütze.

Das Rekursgericht änderte den im übrigen unbekämpft gebliebenen erstgerichtlichen Beschluß in seinem Punkt 2 dahin ab, daß es H* S* und M* S* auf den Rechtsweg verwies. Zur Begründung führte es aus, nach der Aktenlage habe E* S* den stärkeren Erbrechtstitel, nämlich das Gesetz in Verbindung mit der Verzichtserklärung der übrigen Geschwister für sich. Nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweisführung sei es Sache der Verzichtenden, die Ungültigkeit des Erbverzichtes zu beweisen. In dem wegen der widersprechenden Erbserklärungen notwendig werdenden Erbrechtsstreit sei daher nicht E* S* die Klägerrolle zuzuweisen, sondern ihren Geschwistern.

Gegen diesen Beschluß richten sich die Revisionsrekurse des H* S* und der M* S* mit den Anträgen, den erstgerichtlichen Beschluß in seinem Punkt 2 – jedoch unter Setzung einer Frist von einem Monat zur Klagseinbringung – wiederherzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind nicht gerechtfertigt.

Die Revisionsrekurswerber führen im Wesentlichen übereinstimmend aus, das Rekursgericht hätte sich bei der Untersuchung, wer den stärkeren Erbrechtstitel habe, darauf beschränken müssen, festzustellen, daß nach dem Gesetz bei Vorhandensein dreier Kinder den Revisionsrekurswerbern das gesetzliche Erbrecht aus je einem Drittel des gesamten Nachlaßvermögens zustehe. Hinsichtlich ihrer Drittel hätten die Revisionsrekurswerber somit den stärkeren Erbrechtstitel. Es sei daher der Miterbin E* S*, die auf diese Erbquoten Anspruch erhebe, die Klägerrolle zuzuweisen. Im Übrigen sei es nicht entscheidend, ob sie einen mündlichen oder einen schriftlichen Erbverzicht behaupte, oder welche Urkunden immer sie hiefür vorlege, also welche Beweise ihr für den behaupteten Erbverzicht zur Verfügung stünden, weil die Frage des Erbverzichtes und seiner Gültigkeit und Rechtswirksamkeit nicht im Verlassenschaftsverfahren, sondern im Erbrechtsstreit zu klären sei. Diesen Ausführungen ist nicht beizupflichten. Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, daß E* S* zur Begründung des von ihr auf die weiteren zwei Drittel des Nachlasses erhobenen Anspruches auf Erbverzichtsverträge hingewiesen hat, die vor dem Erstgericht abgeschlossen worden sind. Diese nach § 551 ABGB. in gehöriger Form errichteten Erbverzichtsverträge stehen somit dem Erbrecht der Revisionsrekurswerber entgegen. Das Rekursgericht hat daher mit Recht angenommen, daß auf Seite der E* S* der stärkere Erbrechtstitel im Sinne des § 126 Abs. 2 AußStrG. liege. Ob die Verzichtserklärung bezüglich ihrer Gültigkeit, Rechtswirksamkeit und Unwiderruflichkeit angefochten werden kann, ist im außerstreitigen Verfahren, nicht zu entscheiden. Die beiden vor dem Gericht abgeschlossenen Erbverzichtsverträge können keinesfalls als nicht vorhanden oder von vornherein wirkungslos übergangen werden. Entgegen der Meinung der beiden Revisionsrekurswerber ist der Fall anders zu beurteilen, als wenn lediglich Behauptungen über einen Erbverzicht vorliegen würden (NotZtg 1927, 35; SZ 44/72 u.a.).

Den Revisionsrekursen war somit ein Erfolg zu versagen.

 

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