Spruch:
Bei ehelicher Gütergemeinschaft zieht die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des einen Ehegatten nicht zugleich auch die Konkurseröffnung über das Vermögen des anderen Ehegatten nach sich; das der Gemeinschaft unterliegende Vermögen des nicht in Konkurs verfallenden Ehegatten wird aber kraft Gesetzes mit dem Tag der Konkurseröffnung ein Bestandteil der Konkursmasse
Auch eine mit einem rechtsgeschäftlichen Veräußerungs- und Belastungsverbot belastete Liegenschaft ist nicht schlechthin der Exekution entzogen und gehört daher in die Konkursmasse; die Frage ihrer Verwertbarkeit ist erst im weiteren Verlauf des Konkursverfahrens zu entscheiden
OGH 10. Juli 1974, 5 Ob 132, 133/74 (OLG Graz 9 R 22, 29/74; LG Klagenfurt 5 Nc 800, 941/73)
Text
Das Konkursgericht wies die Anträge der Maria K und des Sebastian F auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Mathilde P gemäß § 73 KO mangels Vermögens ab, da auf den Hälfteanteilen der der Mathilde P gehörigen Liegenschaften das Veräußerungs- und Belastungsverbot (§ 364c ABGB) zugunsten ihres Ehemannes Alois P einverleibt sei, wodurch die Verwertung der Liegenschaftsanteile in Ermangelung der urkundlichen Zustimmung des Verbotsberechtigten Alois P im Konkurs gehindert wurde. Fehle es somit an einem verwertbaren Vermögen, so könne auch gegen Erlag eines Kostenvorschusses der Konkurs nicht eröffnet werden.
Das Rekursgericht hob die angefochtenen Beschlüsse unter Rechtskraftvorbehalt auf und erteilte dem Konkursgericht den Auftrag, über die Anträge auf Konkurseröffnung nach Verfahrensergänzung neuerlich zu entscheiden. In der Begründung führte es aus, daß im Falle der - hier vorliegenden - Gütergemeinschaft unter Lebenden (zwischen den Ehegatten P) jeder Ehegatte für die Schulden des anderen mit seinem Anteil am gemeinsamen Gut hafte, welcher Grundsatz bei der besonderen Gütergemeinschaft lediglich dahin eine Einschränkung erfahre, daß das Gesamtgut nur für Gesamtgutforderungen ein Zugriffsobjekt bilde. Die Passivlegitimation der Antragsgegnerin gegenüber den in Rede stehenden Prozeßkosten- bzw. Exekutionskostenforderungen sei in einem für die Konkurseröffnung hinreichenden Maß als bescheinigt anzusehen, zumal es auch nach dem Inhalt der bezüglichen Prozeß- und Exekutionsakten als bescheinigt gelten könne, daß sich die genannten Forderungen auf die Liegenschaft, also auf das Gesamtgut, wenngleich auch nicht in Form einer ausschließlichen Sachhaftung, beziehen. Da die notarielle Vereinbarung vom 22. September 1971 im übrigen auch eine Vermögensübernahme durch die Antragsgegnerin bewirkt habe, führe eine Prüfung der antragsgegenständlichen Forderungen in Ansehung der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt der Vermögensübernahme nach § 1409 ABGB gleichfalls zu dem Ergebnis, daß die Forderungen gegen die Antragsgegnerin als bescheinigt anzusehen seien.
Da die Antragsgegnerin jedenfalls Vermögen besitze - das Erstgericht habe lediglich die Verwertbarkeit dieses Vermögens unter Hinweis auf das zwischen den Ehegatten vereinbarte und auch einverleibte wechselseitige Veräußerungs- und Belastungsverbot verneint -, sei zu prüfen, ob dieses Vermögen zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreiche. Zwar sei es richtig,daß ein bücherlich eingetragenes Veräußerungsverbot die konkursmäßige Versteigerung hindere weil sich die dringliche Wirkung dieser Eigentumsbeschränkung auf jeden Dritten, also auch auf die Konkursgläubiger, erstrecke, doch handle es sich dabei um eine Frage der Verwertbarkeit des Vermögens der Antragsgegnerin und nicht des Vorhandenseins eines solchen, deren Lösung dem Verwertungsverfahren vorzubehalten, nicht aber schon im Eröffnungsverfahren zu prüfen sei. Da zwischen der Antragsgegnerin und ihrem Ehegatten eine besondere Gütergemeinschaft unter Lebenden und auf den Todesfall bestehe, folge rücksichtlich des über das Vermögen des Alois P eröffneten Konkursverfahrens daraus, daß auch das Vermögen der Antragsgegnerin in den Konkurs ihres Ehegatten einbezogen werden, da sich das Konkursverfahren stets auf das gesamte gütergemeinschaftliche Vermögen eines Ehegatten erstrecke. Das gemeinschaftliche Vermögen sei zwar der freien Verfügung der Antragsgegnerin entzogen, jedoch noch nicht aus ihrer Rechtssphäre schlechthin ausgeschieden. Erst wenn festgestellt sei, daß die vorhandenen Vermögenswerte des Schuldners zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens nicht ausreichen, werde die Konkurseröffnung vom Erlag eines angemessenen Kostenvorschusses abhängig zu machen sein.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Antragsgegnerin macht unter anderem geltend, sie sei nicht "persönliche Schuldnerin der verfahrensgegenständlichen, ihren Ehegatten betreffenden Schulden; wegen solcher Forderungen sei die Einleitung eines Konkursverfahrens gegen die Antragsgegnerin nicht möglich, weil es keinen "teilbaren Konkurs" gebe.
Dem Rekursvorbringen kommt keine Berechtigung zu: Gemäß § 1 KO wird durch die Eröffnung des Konkurses das gesamt der Exekution unterworfene Vermögen des Gemeinschuldners seiner freien Verfügung entzogen; es gehört damit zur Konkursmasse. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz - daß nur Vermögen des Gemeinschuldners zur Konkursmasse gehört - besteht bei der ehelichen Gütergemeinschaft, wobei bei der allgemeinen Gütergemeinschaft unter Lebenden jeder Ehegatte für die Schulden des anderen mit seinem Anteil am gemeinsamen Gut haftet (Klang[2] V, 793), bei der besonderen Gütergemeinschaft hingegen das Gesamtgut nur für Gesamtgutsforderungen ein Zugriffsobjekt bildet (Klang [2], 803). Daß sich die geltend gemachten Forderungen auf das Gesamtgut beziehen, hat das Rekursgericht als bescheinigt angenommen. Das hat zur Folge, daß es zu einer Gesamthaftung für die Schulden des in Konkurs verfallenen Ehegatten kommt; nach herrschender Lehre wie nach der Rechtsprechung ist diese Haftung eine sachliche, nicht eine persönliche. Das Vermögen des nicht in Konkurs verfallenen Ehegatten wird, soweit es der Gütergemeinschaft unterliegt, kraft Gesetzes mit dem Tag der Konkurseröffnung ein Bestandteil der Konkursmasse. Die Konkurseröffnung über das Vermögen des einen Ehegatten zieht aber nicht zugleich die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des anderen nach sich, und der Ehegatte, bezüglich dessen eine Konkurseröffnung nicht erfolgte, wird durch die Einbeziehung seines der Gütergemeinschaft unterliegenden Vermögens in die Konkursmasse noch nicht Gemeinschuldner (s. Bartsch - Pollak I, 28 Anm. 34 zu § 1 KO; Wegan, Österr. Insolvenzrecht, 97. Weiß in Klang[2] V, 794; EvBl. 1969/225; SZ 10/5; SZ 12/101). Wie indes Weiß ausführt, hängt die Eröffnung des Konkurses auch über den Ehegatten des (bisherigen) Gemeinschuldners von einer Antragstellung, sei es seiner selbst oder eines Gläubigers, davon ab, ob der Ehegatte ebenfalls zahlungsunfähig ist. Wird - so Weiß - ein solcher Antrag von einem Gläubiger gestellt, so wird ihm in der Regel stattzugeben sein, weil Zahlungsunfähigkeit stets dann vorliegen wird, wenn dem Ehegatten des Gemeinschuldners nicht anderweitiges konkursfreies Vermögen zur Verfügung steht.
Da im gegebenen Fall Konkursanträge der Gläubiger K und F auch gegen die Antragsgegnerin vorliegen und diese nach ihren eigenen Angaben zahlungsunfähig ist, erscheint somit diese Voraussetzung für eine Konkurseröffnung gegeben.
Die Rekurswerberin wendet sich auch noch gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß die Frage der Verwertbarkeit ihres durch das Veräußerungs- und Belastungsverbot belasteten, wenngleich der Gütergemeinschaft unterliegenden Vermögens dem Verwertungsverfahren zu losen vorbehalten und nicht schon im Stadium der Konkurseröffnung zu prüfen sei; dies sei unrichtig, weil Gegenstand des Konkurses immer nur verwertbares Vermögen sein könne.
Darin ist richtig, daß gemäß § 1 KO nur das der Exekution unterworfene Vermögen zur Konkursmasse gehören kann. Durch ein rechtsgeschäftliches Veräußerungs- und Belastungsverbot, mag ihm auch absolute Wirkung zukommen, wird eine an sich gegebene Konkursunterworfenheit aber nicht beseitigt (Petschek - Reimer - Schiemer, 239); ein solches Verbot hindert die konkursmäßige Versteigerung, doch ist darüber noch nicht bei Konkurseröffnung, sondern erst im weiteren Verlauf des Konkursverfahrens zu entscheiden (SZ32/43). Daß eine mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot belastete Liegenschaft der Exekution überhaupt nicht unterworfen sein könne, kann deshalb nicht gesagt werden, weil dieses Verbot zwar die zwangsweise Pfandrechtsbegründung und die Zwangsversteigerung, nicht aber etwa die Zwangsverwaltung hindert (Klang in Klang[2] II, 186 bei FN 71; Neumann - Lichtblau[4] II, 905 bei Anm. 12 mit der dort zitierten Literatur und Judikatur). Da somit das der Antragsgegnerin gehörige, in die eheliche Gütergemeinschaft fallende Vermögen der Exekution grundsätzlich unterworfen ist, steht das vom Konkursgericht angenommene Hindernis einer Eröffnung des Konkurses nicht entgegen. Das Rekursgericht hat daher zutreffend erkannt, daß die Frage, ob die Antragsgegnerin über ein im Konkurs verwertbares Vermögen verfügt, im Eröffnungsverfahren nicht weiter zu prüfen ist. Fraglich kann demnach nur sein, ob das Vermögen der Antragsgegnerin zur Deckung der Kosten voraussichtlich hinreicht, was in der Tat, wie vom Rekursgericht aufgetragen, noch der Klärung bedarf. Bleiben die diesbezüglichen Erhebungsergebnisse zweifelhaft, dann wird allerdings der Konkurs zu eröffnen sein, denn "bestehen Zweifel daran, ob das Konkursvermögen die Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich decken wird, so ist eben deshalb der Konkurs zu eröffnen; er kann ja jederzeit aufgehoben werden" (Bartsch - Pollak I 364 Anm. 6 zu § 73 KO).
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