OGH 4Ob301/74

OGH4Ob301/7419.2.1974

SZ 47/15

Normen

MarkSchG §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9
MarkSchG §1
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §9

 

Spruch:

Der Schutz eines Zeichens durch das MSchG dient im Interesse des Markeninhabers und der Allgemeinheit dem Schutz der Herkunftsfunktion und der damit verbundenen Vertrauensfunktion

Diese Funktion wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß rechtmäßig gekennzeichnete und in den Verkehr gebrachte Ware weiter vertrieben wird

Wettbewerbswidrig im Sinne des § 2 UWG könnte sein, wenn der unrichtige Anschein erweckt wird, das Unternehmen, das eine bestimmte Marke im geschäftlichen Verkehr verwendet, sei ein vom Markeninhaber oder einem Rechtsnehmer ausgewähltes Geschäft, über welches der Detailverkauf der Markenware im Rahmen der dafür aufgebauten Organisation abgewickelt wird

OGH 19. Feber 1974, 4 Ob 301/74 (OLG Wien 3 R 211/73; HG Wien 17 Cg 77/73)

Text

Die klagende Partei behauptet unter anderem, daß die beklagte Partei einzelne Produkte der Klägerin (Parfumerie-Markenartikel) vertreibe und dafür insbesondere in periodischen Druckschriften werbe. Dabei benütze sie im Zusammenhang mit ihrer Geschäftsbezeichnung und der Überschrift "Feinkosmetik-Shop" die für die klagende Partei geschützte Wortbildmarke in verwechslungsfähiger Weise und verstoße damit gegen § 9 UWG. Die beklagte Partei verschaffe sich auf diese Weise die mit dem Vertrieb der Markenartikel der Klägerin verbundenen Vorteile ohne die Verpflichtungen, welche die Detailverkäufer übernehmen müssen, denen der Verkauf dieser Artikel durch den Alleinvertreter für Österreich, Eugen K, gestattet werde; die beklagte Partei handle damit sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG. Es werde daher begehrt, der beklagten Partei zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr, insbesondere durch Veröffentlichung in periodischen Druckschriften, die für die Klägerin geschützte Wortbildmarke "L ....." oder in anderer Weise die besondere Unternehmensbezeichnung "L ....." zu verwenden.

Die beklagte Partei brachte dagegen vor, daß sie die Ware der Klägerin, die sie weiterverkaufe, ordnungsgemaß und ohne Beschränkung hinsichtlich des Weiterverkaufes erworben habe. Sie sei daher berechtigt, unter Verwendung der Marke der Klägerin deren Ware feilzuhalten und dafür zu werben. Es sei nicht richtig, daß die beklagte Partei sich in sittenwidriger Weise Vorteile verschaffe, welche die autorisierten Detailverkäufer genießen, ohne die damit verbundenen Verpflichtungen zu übernehmen.

Das Erstgericht wies mit Teilurteil das angeführte Begehren ab. Es legte seiner Entscheidung folgenden Sachverhalt zugrunde:

Für das Gebiet der Republik Österreich ist Eugen K der Generalvertreter der Klägerin. Die Beklagte, die kein von diesem autorisierter Depositär ist, führt Produkte der Klägerin und kundigte diese zusammen mit Kosmetikartikeln anderer Erzeuger unter Benützung der international geschützten Wortbildmarke "L ....."

sowie der Bezeichnung und dem typischen Schriftbild anderer Marken unter der Gesamtbezeichnung "Feinkosmetik-Shop" in Werbeanzeigen in der Tageszeitung "Kurier" am 27. November 1972 und am 7. Mai 1973 sowie in der "Neuen Kronen-Zeitung" am 7. Mai 1973 an.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, daß die beklagte Partei berechtigt sei, von der klagenden Partei oder mit ihrer Zustimmung in den Verkehr gesetzte Ware unter Verwendung der damit verbundenen Marke der Klägerin weiter zu veräußern. Die beklagte Partei sei aber auch berechtigt, den Verkauf dieser Ware unter Benützung dieser Marke in der von ihr vorgenommenen Weise anzukundigen, weil der Ankündigung nur zu entnehmen gewesen sei, daß die beklagte Partei in ihrem Feinkosmetik-Shop auch Markenware der Klägerin feil halte. Der behauptete Eingriff in das Markenrecht oder die Unternehmensbezeichnung der Klägerin liege somit nicht vor, so daß das darauf gestützte Unterlassungsbegehren abzuweisen gewesen sei.

Über Berufung der Klägerin hob das Berufungsgericht das Teilurteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Das Berufungsgericht billigte die Ansicht des Erstgerichtes, daß sich der Markeninhaber hinsichtlich einer Ware, die er in Verkehr gesetzt habe, nicht mehr auf sein Markenrecht berufen könne. Wenn die beklagte Partei zum Vertrieb von Erzeugnissen der Klägerin berechtigt sei, müsse es ihr grundsätzlich auch gestattet werden, unter Verwendung der damit verbundenen Marke zu werben. Die beklagte Partei dürfe aber nicht so werben, daß der Eindruck entstehe, die Kunden könnten mit dem gesamten Sortiment der Erzeugerfirma rechnen, wenn dieses nicht vorrätig gehalten werde. Da in einer der erwähnten Werbeankündigungen nur angeführt gewesen sei, daß im Feinkosmetik-Shop der beklagten Partei Waren der Marke "L ....." feil gehalten werden, könne diese Werbung so verstanden werden, daß die beklagte Partei das gesamte Sortiment wie ein autorisierter Detailverkäufer vorrätig halte. Wenn dies, wie die beklagte Partei behauptet habe, nicht zutreffe, werde durch die Ankündigung der beklagten Partei die Kauferwartung des angesprochenen Publikums in wettbewerbswidriger Weise getäuscht. Es sei daher zu prüfen, ob die Behauptung der beklagten Partei richtig ist, daß sie ohnehin das gesamte, Sortiment an Waren der Klägerin wie ein autorisierter Detailverkäufer führe. Erst nach Klärung dieser Frage könne über die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens abgesprochen werden. Daher sei das Teilurteil des Erstgerichtes aufzuheben gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurse der klagenden Partei nicht Folge; der Rekurs der beklagten Partei hingegen hatte Erfolg. Der Oberste Gerichtshof hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung auf.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die klagende Partei ist der Ansicht, daß die Rechtssache im Sinne des Klagebegehrens spruchreif sei, weil die beklagte Partei zwar berechtigt sei, die Markenware der Klägerin zu vertreiben, nicht aber dazu, die Marke der Klägerin bei der Werbung so zu benützen, daß der Eindruck entstehe, daß zwischen dem Unternehmen der Klägerin und der beklagten Partei besondere Beziehungen und Zusammenhänge, insbesondere geschäftlicher oder organisatorischer Art, bestehen, die ein gewisses Naheverhältnis begrunden. Dieser Eindruck werde aber durch die Werbeankündigung der beklagten Partei hervorgerufen, weil durch sie zumindest der flüchtige Betrachter zur Meinung gelangen könne, im Geschäft der beklagten Partei wäre all das vorzufinden, was die klagende Partei an Markenerzeugnissen auf den Markt bringt. Die beklagte Partei ist dagegen der Auffassung, daß dem Klagebegehren vom Erstgericht schon deswegen zu Recht nicht stattgegeben worden sei, weil die beklagte Partei nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet gewesen sei, die Markenware der klagenden Partei unter Verwendung ihrer Markenbezeichnung feil zu halten. Diese Verpflichtung sei unabhängig davon gewesen, ob die beklagte Partei das gesamte Sortiment der klagenden Partei oder nur einen Teil davon feilgehalten habe. Aus der Werbeankündigung der beklagten Partei sei nicht zu entnehmen gewesen, daß sie das gesamte Sortiment der klagenden Partei führe. Überdies sei die Klage aufeine Täuschung der Kauferwartung des Publikums, die nach § 2 UWG zu beurteilen wäre, nicht gestützt worden.

Der Rekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt, wohl aber jener der beklagten Partei.

Das Klagebegehren wurde auf §§ 9 und 1 UWG gestützt, weil die beklagte Partei die Marke der Klägerin auf eine Weise nütze, die geeignet sei, Verwechslungen herbeizuführen und die beklagte Partei sich die Vorteile der autorisierten Detailverkäufer verschaffe, ohne die diesen obliegenden Verpflichtungen zu übernehmen.

Bei der Prüfung der Berechtigung dieser Vorwürfe ist davon auszugehen, daß die Marke nach § 1 MSchG ein Zeichen ist, das unter anderem dazu dient, zum Handelsverkehr bestimmte Waren eines Unternehmens von gleichartigen Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden. Sie dient im Interesse des Markeninhabers und der Allgemeinheit dem Schutz der Herkunftsfunktion und der damit verbundenen Vertrauensfunktion. Diese Funktion wird nicht dadurch beeinträchtigt, daß rechtmäßig gekennzeichnete und in den Verkehr gebrachte Ware weiter vertrieben wird. Wenn Originalware - wie im vorliegenden Fall - unter unveränderter Verwendung der vom Hersteller dafür befugter Weise benützten Marke weitervertrieben wird, liegt eine gegen § 9 UWG verstoßene Verwendung der Marke mangels Verwechslungsgefahr nicht vor (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 158; ÖBl. 1971/21 u. a.).

Wettbewerbswidrig - allerdings im Sinn des § 2 UWG - könnte sein, wenn der unrichtige Anschein erweckt würde, das Unternehmen, das eine bestimmte Marke im geschäftlichen Verkehr verwendet, sei ein vom Markeninhaber oder seinem Rechtsnehmer ausgewähltes Geschäft, über welches der Detailverkauf der Markenware im Rahmen der dafür aufgebauten Organisation abgewickelt wird. Von einem solchen Geschäft erwartet ein nicht unbeträchlicher Teil des interessierten Publikums, daß es mit dem Markeninhaber durch ein geschäftliches Naheverhältnis verbunden ist, das einen besonders sorgfältigen und günstigen Vertrieb der Markenware gewährleistet. Ein Verstoß gegen § 2, allenfalls § 1 UWG, läge daher vor, wenn die beklagte Partei durch die Verwendung der Marke der Klägerin in einer Werbeankündigung den Anschein erweckt hätte, zu den autorisierten Detailverkäufern zu gehören, ohne es zu sein. Dies kann aber den beanstandeten Ankündigungen nicht entnommen werden. Es muß vielmehr der beklagten Partei zugestanden werden, daß dieser Ankündigung bei unbefangener, das Gesamtbild und den Zusammenhang berücksichtigender Betrachtung nur zu entnehmen ist, daß die Beklagte in ihrem Feinkosmetik-Shop auch Artikel der Marke "L ....." führt. Durch die Überschrift "Feinkosmetik-Shop" und die Anführung einer ganzen Reihe von Markenbezeichnungen neben jenen der Klägerin wird klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß die beklagte Partei nicht als autorisierter Kleinverkäufer bestimmter Markenartikel, sondern als ein Großgeschäft wirbt, das in einer ihrer vielen Abteilungen auch Kosmetikwaren der angeführten Marken feil hält. Auf ein geschäftliches Naheverhältnis zwischen der beklagten Partei und den Geschäften, welche die angeführten Markenartikel herstellen oder im Rahmen ihrer Verkaufsorganisation vertreiben, ist aus dieser Ankündigung nicht zu schließen. Damit fehlt eine Voraussetzung für die Annahme, daß die beklagte Partei bei der Verwendung der Marke der Klägerin wettbewerbswidrig gehandelt habe. Darauf, daß durch diese Verwendung der Marke der Klägerin die Verkaufserwartung des Publikums getäuscht werde - ein Tatbestand der dem § 2 UWG zu unterstellen wäre, aber aus den angeführten Gründen auch nicht angenommen werden könnte - wurde überdies das Klagebegehren nicht gestützt.

Da die Werbeankündigung der beklagten Partei nicht den Eindruck erweckt, die Beklagte sei ein autorisierter Kleinverkäufer im Rahmen der Vertriebsorganisation der Klägerin, kann nicht gesagt werden, daß sie sich durch die Verwendung der Marke der Klägerin die einem solchen daraus erwachsenen Vorteile verschafft habe. Daß die Klägerin K das Alleinvertriebsrecht in Österreich eingeräumt hat, läßt den Verkauf solcher Waren in Österreich durch die beklagte Partei noch nicht sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG erscheinen. Wer in Kenntnis eines fremden Alleinvertriebsrechtes davon betroffene Ware innerhalb des Gebietes verkauft, auf das sich das Alleinvertriebsrecht bezieht, handelt nämlich erst dann sittenwidrig, wenn er sich die Ware auf einem Weg verschafft, der an sich als ein Verhalten gegen die guten Sitten im geschäftlichen Verkehr angesehen werden muß, da ein Alleinvertriebsrecht grundsätzlich nur Rechte gegen den Vertragspartner gibt, nicht aber gegen Dritte wirkt (Hohenecker - Friedl, Wettbewerbsrecht, 84; ÖBl. 1971, 21, 1970, 83, 1969, 40, 1957, 4 u. a.). Ein solcher Vorwurf wurde aber von der Klägerin gegen die beklagte Partei nicht erhoben; es wurden keine Umstände angegeben, aus denen ein Verstoß der beklagten Partei gegen die anständigen Gebräuche auf dem Gebiet des Handels mit solchen Waren abgeleitet werden müßte.

Somit ist die Rechtssache im Sinne einer Bestätigung des Teilurteiles des Erstgerichtes spruchreif. Der vom Berufungsgericht angeordneten Prüfung der Frage, ob die beklagte Partei das gesamte Sortiment an Waren der Klägerin wie ein autorisierter Kleinverkäufer führt, bedurfte es nicht, weil die Verwendung der Marke der Klägerin durch die beklagte Partei nicht den Eindruck erweckte, daß dies der Fall sei.

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