Normen
JN §49 Abs2 Z3
JN §49 Abs2 Z3
Spruch:
Schadenersatzansprüche wegen Verhinderung der Ausübung der Dienstbarkeit der Wohnung zählen zu den Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung im Sinne § 49 Abs. 2 Z. 3 JN
OGH 25. September 1973, 4 Ob 571/73 (LGZ Graz 1 R 543/73, BGZ Graz 2 C 488/73)
Text
Der Kläger macht Schadenersatzansprüche gegen die Beklagten geltend, weil sie die Ausübung der ihm eingeräumten Dienstbarkeit der Wohnung an bestimmten Teilen der Liegenschaft EZ 801, KG L, mit dem Wohnhaus S-straße 6 vereitelt hatten, und weil sie auf einem Grundstück, woran ihm Nutzungsrechte zustunden, zehn Obstbäume umgeschlagen hätten. Der Kläger brachte die Klage beim Bezirksgericht ein, gestützt auf § 49 Abs. 2 Z. 3 JN Eine gleichartige Klage hatte er vorher beim Gerichtshof eingebracht. Sie war aber a limine zurückgewiesen worden.
Das Erstgericht wies die Klage, nachdem die Beklagten die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit erhoben hatten, zurück.
Das Erstgericht begrundete die Zurückweisung damit, daß Schadenersatzansprüche keine Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung im Sinne des § 49 Abs. 2 Z. 3 JN seien, auch wenn der Rechtsgrund des Schadenersatzanspruches eine Verletzung des Rechtes zur Ausübung der Dienstbarkeit der Wohnung sei. Das gehe schon aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang hervor. Wenn Klagen wegen Entschädigungsansprüchen aus Bestandverträgen im Sinne des § 49 Abs. 2 Z. 5 JN in die Eigenzuständigkeit des Bezirksgerichtes fielen, so sei dies durch den Wortlaut der gesetzlichen Bestimmung ("Streitigkeiten aus Bestandverträgen") gerechtfertigt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers Folge, behob den angefochtenen Beschluß und trug dem Erstgericht auf, das gesetzmäßige Verfahren fortzusetzen. Hiezu führte das Berufungsgericht aus.
Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch stehe in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem behaupteten Recht der Wohnungsdienstbarkeit und werde daraus abgeleitet. Eine Klage auf Duldung der Ausübung der Wohnungsdienstbarkeit bzw. auf Beseitigung des Hindernisses gegen die Ausübung gemäß § 523 ABGB falle ohne Zweifel unter die Zuständigkeitsbestimmung des § 49 Abs. 2 Z. 3 JN. Wenn nun der Kläger nicht den Erfüllungsanspruch, sondern an dessen Stelle einen Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung geltend mache, so beruhe dieser Anspruch auf demselben Rechtsgrund, nämlich dem behaupteten Recht der Wohnungsdienstbarkeit. Dies sei als Streitigkeit über die Dienstbarkeit der Wohnung anzusehen.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Den Beklagten ist einzuräumen, daß in der Literatur, soweit ersichtlich, die Frage nicht behandelt wird, ob auch Schadenersatzanspruche wegen Verhinderung der Ausübung der Dienstbarkeit der Wohnung zu den Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung im Sinne des § 49 Abs. 2 Z. 3 JN zählen. Von der Rechtsprechung wird dies in der nicht veröffentlichten Entscheidung des OGH 1 Ob 137/62 bejaht; hiezu wurde insbesondere auf die analoge Auslegung hinsichtlich der Zuständigkeit bei Streitigkeiten aus Bestandverträgen verwiesen. Dieser Auffassung ist auch im vorliegenden Falle zu folgen. Dem Wechsel im Gesetzeswortlaut ("Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung", "alle Streitigkeiten aus Bestandverträgen") kann keine besondere Bedeutung beigemessen werden. Die Materialien zu den Prozeßgesetzen ergeben hiezu nichts (vgl. Neumann[4] 1, 120). Denkbar wäre, daß in der Z. 3 die Worte "Streitigkeiten aus Bestandverträgen" im Hinblick auf die Überschrift zu den besonderen Verfahrensarten im 6. Teil der ZPO, III. Abschnitt, gewählt wurden, wo das "Verfahren bei Streitigkeiten aus dem Bestandvertrag" behandelt wird. Ansonsten wird im § 49 Abs. 2 wiederholt der Begriff "Streitigkeiten über ..." gebraucht (Z. 2, Z. 3, Z. 5), wofür anscheinend bloß sprachliche Gründe bestimmend sind.
Es sprechen jedenfalls überwiegende Gründe der Zweckmäßigkeit dafür, jenen Richter über Schadenersatzansprüche wegen Verletzung des Rechtes der Dienstbarkeit der Wohnung und des Ausgedinges entscheiden zu lassen, der auch ausschließlich dazu berufen ist, festzustellen, ob eine derartige Dienstbarkeit oder Reallast tatsächlich besteht. Daß der Bestand dieses Rechtes im vorliegenden Fall nicht mehr strittig sein kann, weil diese Frage im Instanzenzug schon gelöst ist, hat mit der Auslegung der Gesetzesbestimmung nichts zu tun. Für diese ist die Möglichkeit, daß im Einzelfall kein Streit über den Grund des Anspruches herrscht, ohne Bedeutung.
Wenn die Beklagten darauf hinweisen, daß die geltend gemachten Schadenersatzansprüche nicht mit dem Wohnungsrecht zusammenhängen, so ist dies nur teilweise richtig. Abgesehen vom behaupteten Anspruch auf Entgelt für zehn angeblich von den Beklagten ungeschlagene Obstbäume im Betrag von 5000 S ergeben sich sämtliche übrigen Ansprüche aus der Verhinderung des Klägers an der Benutzung der ihm aus dem Wohnungsrecht zustehenden Räumlichkeiten. Hinsichtlich der ihm entgangenen Nutzungen an einem Grundstück läßt sich die Zuständigkeit schon darauf stützen, daß die gesamten dem Kläger nach seiner Behauptung zustehenden Rechte im Übergabsvertrag, worin er die Liegenschaft an seinen Sohn übergeben hatte, vereinbart worden sind und den Charakter eines Ausgedinges haben.
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