Spruch:
Die durch § 370 Fall 2 EO normierte Notwendigkeit, das Urteil im Ausland zu vollstrecken, setzt voraus, daß der betreibende Gläubiger grundsätzlich die Durchsetzung seiner Forderung zunächst im Inland zu versuchen hat, ihm also nicht die Wahl freisteht, in welcher Reihenfolge er auf Vermögensobjekte des Verpflichteten greifen will. Reicht das inländische Vermögen zur Befriedigung aus, besteht keine Notwendigkeit einer Sicherungsexekution.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Sicherungsexekution nach § 370 Fall 2 EO ist zu behaupten und zu bescheinigen
OGH 22. Mai 1973, 3 Ob 93/73 (LG Salzburg 10 R 24/73); BG Salzburg 11 C 623/72)
Text
Der betreibende Gläubiger beantragte auf Grund des damals noch nicht rechtskräftigen Urteiles vom 25. Oktober 1972, GZ II C 623/72 -15, beim Erstgericht (als Titelgericht) zur Sicherung der Forderung von 11.296.90 S samt Anhang die Exekution durch Pfändung der dem Verpflichteten als Hochschulprofessor in S gegen die Republik Österreich als Drittschuldnerin zustehenden Gehaltsforderung. Im Exekutionsantrag behauptete er, der Verpflichtete habe seinen Wohnsitz im Ausland.
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Sicherungsexekution.
Das Rekursgericht änderte diesen Beschluß dahin ab, daß es den Exekutionsantrag zur Gänze abwies. Es vertrat hiezu im wesentlichen die Ansicht, im Hinblick auf das inländische, für die Forderung des betreibenden Gläubigers voraussichtlich Deckung bietende Einkommen des Verpflichteten als Hochschulprofessor seien die Voraussetzungen für die Exekutionsführung nach § 370 EO trotz des Umstandes nicht gegeben, daß der Verpflichtete nicht im Inland wohne.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge:
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
§ 370 EO kennt zwei Fälle der Zulässigkeit einer Exekution zur Sicherung, nämlich wenn glaubhaft gemacht wird, daß ohne eine derartige Exekution die Einbringung der gerichtlich zuerkannten Geldforderung vereitelt oder erheblich erschwert werden würde (Fall I) oder daß zum Zweck ihrer Einbringung das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte (Fall 2). Im letzteren Fall ist nicht entscheidend, ob das inländische Urteil im Ausland nach den dort geltenden Bestimmungen und nach zwischenstaatlichem Recht vollstreckt werden kann, ob der Schuldner In- oder Ausländer ist und ob er im In- oder Ausland wohnt, sondern nur darauf, daß das Urteil im Ausland vollstreckt werden müßte (Neumann - Lichtblau[3], 1135). Für letzteren Umstand ist allein maßgebend, daß sich Vermögensteile, auf die Exekution geführt werden darf, im Ausland befinden. Eine nach § 370 EO zulässige Exekution setzt jedoch voraus, daß sich auch Vermögen des Verpflichteten im Inland befindet, nämlich zumindest die Exekutionsobjekte für die Sicherungsexekution. Ist dieses inländische Vermögen nach seiner Beschaffenheit ausreichend, um dem betreibenden Gläubiger für seine Forderung eine alsbaldige Befriedigung zu gewährleisten, so kann nicht gesagt werden, daß der Gläubiger sein Urteil im Ausland vollstrecken muß. Bei der Beurteilung im Sinne des § 370 Fall 2 EO, ob eine derartige Veranlassung besteht, ist also davon auszugehen, daß der betreibende Gläubiger grundsätzlich die Durchsetzung seiner Forderung aus dem inländischen Exekutionstitel (Urteil) zunächst im Inland zu versuchen hat. Es gilt hier nicht der Grundsatz, daß dem betreibenden Gläubiger die freie Wahl zusteht, auf welche wo immer befindliche Vermögensobjekte des Verpflichteten er greifen will und in welcher Reihenfolge dies geschehen soll. Der Ansicht, daß die Exekution im Inland eine Exekution im Ausland "ersparen" soll (vgl. SZ 7/244, ZBl. 1928 Nr. 112), ist daher nur mit dieser Einschränkung beizupflichten. Abzulehnen ist hingegen die in der Entscheidung Rspr. 1932 Nr. 376 vertretene Ansicht, daß die Sicherungsexekution nach § 370 Fall 2 EO ohne Rücksicht darauf zulässig sein soll, ob das inländische Vermögen zur Befriedigung der betreibenden Forderung hinreicht oder nicht. Voraussetzung für die Anwendung dieser Bestimmung ist es daher, daß dem betreibenden Gläubiger ein ausreichendes inländisches Vermögen des Verpflichteten zur Durchsetzung seiner titelmäßigen Forderung nicht zur Verfügung steht.
Das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Sicherungsexekution nach § 370 EO ist auch in dem dort angeführten Fall 2 zu behaupten und zu bescheinigen. Der betretreibende Gläubiger hat in seinem Exekutionsantrag jedoch lediglich vorgebracht, daß der Verpflichtete in M wohnt. Dies ergibt sich im übrigen auch aus dem Titelakt. Im Exekutionsantrag wurde jedoch nicht dargetan, daß mit einer vollständigen Befriedigung der betreibenden Gesamtforderung innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels durch eine Exekution im Inland, insbesondere auf die Gehaltsforderung des Verpflichteten, nicht gerechnet werden könne. Das Rekursgericht hat daher zu Recht die Ansicht vertreten, bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag sei davon auszugehen, daß die im Verhältnis zum Einkommen eines Hochschullehrers verhältnismäßig geringe Gesamtforderung im Wege der Gehaltsexekution sicher und rasch befriedigt werden könne. Die zweite Instanz hat sohin zutreffend die Zulässigkeit der beantragten Sicherungsexekution verneint.
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