OGH 4Ob3/73

OGH4Ob3/7320.2.1973

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in der Rechtssache der klagenden Partei F***** S*****, vertreten durch Dr. Alois Kitzmüller, Rechtsanwalt in Liezen, wider die beklagte Partei J***** S*****, vertreten durch Dr. Robert Lindmayr, Rechtsanwalt in Liezen, wegen 33.396,30 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Kreisgerichts Leoben als Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 2. Oktober 1972, GZ 1 Cg 12/72‑31 , womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichts Liezen vom 8. Mai 1972, GZ Cr 3/70‑22, teilweise abgeändert wurde, und infolge Rekurses beider Streitteile gegen den Beschluss des Kreisgerichts Leoben als Berufungsgericht in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 2. Oktober 1972, GZ R 434/72‑31, womit das Urteil des Arbeitsgerichts Liezen vom 8. Mai 1972, GZ Cr 3/70‑22, im Übrigen aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

1.) durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Bröll als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Leidenfrost und Dr. Wurzinger sowie die Beisitzer Dr. Martin Mayr und Dr. Gerhard Klein als Richter zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision des Klägers wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, dem Beklagten die mit 1.053,12 S (darin 120 S Barauslagen und 69,12 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen;

2.) durch den Senatspräsidenten des Oberten Gerichtshofs Dr. Bröll als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Leidenfrost, Dr. Gräf, Dr. Wurzinger und Dr. Friedl als Richter beschlossen:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Parteien haben ihre Rekurskosten selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger behauptet, dass der Beklagte, der bei ihm als Kraftfahrer beschäftigt gewesen sei, am 26. 10. 1966 mit einem Radlader, der für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen gewesen sei und auftragsgemäß mit einem Tieflader zu einer Baustelle gebracht werden sollte, auf eine Bundesstraße gefahren sei und dort einen Verkehrsunfall mitverschuldet habe. Der Beklagte sei deswegen strafgerichtlich verurteilt worden. Der Kläger habe als Halter des Radladers an die Tiroler Gebietskrankenkasse 7.150,20 S, an R***** R*****, mit dessen PKW der Beklagte zusammengestoßen sei, und an den in diesem PKW mitfahrenden M***** R***** 18.162 S sowie an eigenen Prozesskosten 8.084,10 S zahlen müssen. Diese Auslagen habe ihm der Beklagte zu ersetzen.

Der Beklagte behauptet, der Kläger habe zugestimmt, dass mit dem Radlader auf der Bundesstraße gefahren werde; der Unfall sei auf entschuldbare Fehlleistung des Beklagten zurückzuführen. Überdies seien die geltend gemachten Ansprüche gemäß § 6 DHG „verjährt“.

Das Erstgericht erachtete diese Einrede für berechtigt und wies das gesamte Klagebegehren ab.

Über Berufung der klagenden Partei bestätigte das Berufungsgericht das Urteil des Erstgerichts hinsichtlich der Abweisung eines Betrags von 7.150,20 S, hob es aber im Übrigen unter Rechtskraftvorbehalt zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung auf.

Es ging von folgendem Sachverhalt aus:

Der Kläger betreibt ein Bauunternehmen mit dem Standort H*****. Der Beklagte war bei ihm von 1961 bis 1967 als Arbeiter und Kraftfahrer beschäftigt. Er fuhr überwiegend mit dem im Betrieb des Klägers verwendeten gummibereiften Radlader der Marke Trauzel. Dieser Radlader war für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen, mit keinem Kennzeichen versehen und nur im Rahmen der Betriebshaftpflichtversicherung des Klägers versichert. Der Radlader wurde meist in der Schottergrube, aber auch auf auswärtigen Baustellen eingesetzt. Es wurde mit ihm regelmäßig auf der Gemeindestraße zwischen der Schottergrube des Klägers und dem etwa 1 km entfernten Bahnhof gefahren. Zu Arbeiten an auswärtigen Baustellen fuhr der Beklagte über ausdrückliche Anordnung des Klägers mit dem Radlader fallweise auf eigener Achse auf dem kürzesten Weg - auch über öffentliche Straßen; es kam auch vor, dass der Radlader mit Hilfe eines Tiefladers zum Einsatzort gebracht wurde. Es kann nicht festgestellt werden, ob dem Beklagten schon vor dem 26. 10. 1966 bekannt war, dass für den Radlader keine Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung bestand.

Am 26. 10. 1966 ersuchte J***** H*****, ein Frächter, der in P***** ein Haus baute und dabei fallweise Dienstnehmer des Klägers beschäftigte und Baugeräte aus dem Betrieb des Klägers bei diesem Bau einsetzte, den Beklagten, dort Aufschüttungsarbeiten mit einer Laderaupe vorzunehmen. Über eine Entlohnung wurde nichts gesprochen, sodass der Beklagte der Meinung war, die Arbeit werde über den Kläger abgerechnet. Nach dem Einverständnis des Beklagten holte H***** fernmündlich die Zustimmung des Klägers ein. Der Kläger war mit der Durchführung der Arbeit einverstanden, erklärte aber, dass der Radlader mit einem Tieflader zur Baustelle gebracht werden müsse. H***** teilte dem Beklagten nur mit, dass der Kläger mit der Arbeit einverstanden sei, sagte aber nichts davon, dass der Radlader mit einem Tieflader transportiert werden müsse. Der Beklagte hatte im Laufe des Vormittags und während des Mittagessens vier Flaschen Bier getrunken. Dies hatte zur Folge, dass nach dem Unfall bei ihm ein Blutalkoholgehalt von 0,5 ‰ festgestellt wurde.

Zum Unfall kam es, als der Beklagte mit dem Radlader gegen 14:45 Uhr dieses Tages in die E*****straße einfuhr und dann nach links zu einer Tankstelle abbiegen wollte. Zu dieser Zeit näherte sich R***** R***** mit einem PKW, in dem auch sein Sohn M***** R***** saß, mit etwa 70 km/h aus Richtung S***** dem vom Beklagten gelenkten Fahrzeug. R***** konnte es schon aus weiter Entfernung sehen. Es war weder Gegen‑ noch Folgeverkehr. Als R***** etwa auf 100 m an den Radlader herangekommen war, setzte er zum Überholen an. Er übersah dabei ein verspätet gegebenes Handzeichen des Beklagten. Als R***** schon auf etwa 20 m an den Radlader herangekommen und schon in Überholstellung war, lenkte der Beklagte sein Fahrzeug plötzlich nach links gegen die Straßenmitte, ohne diese aber zu überschreiten. R***** lenkte sofort nach rechts, obgleich er noch links hätte überholen können. Gleichzeitig lenkte auch der Beklagte sein Fahrzeug wieder nach rechts, sodass es zum Zusammenstoß kam. Beide Fahrzeuglenker wurden wegen dieses Unfalls strafgerichtlich verurteilt, der Beklagte, weil er vorschriftswidrig nach links abbog, und R*****, weil er die nötige Aufmerksamkeit unterließ und zu spät bremste.

R***** R***** begehrte zu 8 Cg 436/67 des Kreisgerichts Leoben vom Kläger und dem Beklagten zur ungeteilten Hand - unter Anerkennung eines eigenen Verschuldens im Ausmaß von 50 % - wegen dieses Unfalls einen Ersatzbetrag von 19.733 S. Das Gericht nahm ein gleichteiliges Verschulden der Fahrzeuglenker am Unfall an und verurteilte beide (dortigen) Beklagten zur ungeteilten Hand zur Zahlung eines Betrags von 15.830,37 S sA. Die Berufungen der beiden (dortigen) Beklagten blieben erfolglos. Die nur vom jetzigen Kläger noch erhobene Revision wurde als unzulässig zurückgewiesen. Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs wurde am 16. 12. 1969 vom Kreisgericht Leoben an die Parteienvertreter abgefertigt. Dem Kläger entstanden im Verfahren zu 8 Cg 436/67 des Kreisgerichts Leoben Kosten der Vertretung durch einen Rechtsanwalt in der Höhe von 8.084,10 S. Der Kläger hat zur Vermeidung weiterer Exekutionskosten den Betrag, der R***** R***** rechtskräftig zugesprochen wurde und der einschließlich der Kosten 18.162 S ausmachte, am 23. 1. 1970 überwiesen.

Die Tiroler Gebietskrankenkasse verlangte zu M 60/69 des Bezirksgerichts Schladming von den (nunmehrigen) Streitteilen zur ungeteilten Hand einen Betrag von 6.887,40 S sA als Ersatz für Leistungen, die sie anlässlich des Unfalls vom 26. 10. 1966 zu erbringen hatte. Der (nunmehrige) Kläger ließ den bedingten Zahlungsbefehl rechtskräftig werden und zahlte am 25. 7. 1969 einen Betrag von 7.523 S an die Tiroler Gebietskrankenkasse. Der Streit zwischen dieser und dem (nunmehrigen) Beklagten wurde daraufhin auf die Kosten eingeschränkt, zu deren Ersatz der (nunmehrige) Beklagte verurteilt wurde.

Die vorliegende Klage wurde am 2. 2. 1970 überreicht.

Rechtlich ging das Berufungsgericht davon aus, dass der Beklagte den Radlader als Dienstnehmer des Klägers zur Baustelle zu überstellen hatte, weil der Kläger das Gerät zur Verfügung gestellt habe und mit dem Beklagten als Fahrer ausdrücklich einverstanden gewesen sei. Es sei daher die Ersatzpflicht des Beklagten für die Folgen des Unfalls nach den Vorschriften des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes zu beurteilen. Die Meinung des Klägers, dass der Beklagte diesen Unfall durch eine auffallende Sorglosigkeit verschuldet habe, könne nicht geteilt werden. Es sei nicht erwiesen, dass dem Beklagten der Mangel einer Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung für den Radlader bekannt gewesen sei, und es sei auch nicht erwiesen, dass der Auftrag des Klägers, den Radlader mit einem Tieflader zur Baustelle zu bringen, von H***** dem Beklagten weitergegeben worden sei. Weiter sei nicht erwiesen, dass bereits vor dem Unfall ein allgemeines Verbot des Klägers bestanden habe, den Radlader auf eigener Achse zu einer Baustelle zu bringen; vielmehr sei festgestellt worden, dass mit dem Radlader regelmäßig auf der öffentlichen Gemeindestraße zwischen Bauhof und Bahnhof und wiederholt über ausdrückliche Anordnung des Klägers auch auf anderen öffentlichen Straßen zu Baustellen auf eigener Achse gefahren wurde. Auch das Verhalten des Beklagten vor und während des Unfalls könne nicht als auffallende Sorglosigkeit gewertet werden. Zum Unfall habe vielmehr auch die Unaufmerksamkeit R*****s im gleichen Maße beigetragen. Es sei nicht hervorgekommen, dass die Fahrtüchtigkeit des Beklagten durch seinen Blutalkoholgehalt wesentlich herabgesetzt gewesen sei. Eine entschuldbare Fehlleistung des Beklagten könne aber schon deswegen nicht angenommen werden, weil sein Verschulden durch eine strafgerichtliche Verurteilung festgestellt sei. Der Schade sei demnach durch einen minderen Grad des Versehens des Beklagten verschuldet. Es sei daher die Fallfrist des § 6 DHG zu beachten. Da der Kläger einen Schaden dritten Personen ersetzt habe, habe er gegen den Beklagten einen Rückgriffsanspruch gemäß § 4 DHG. Der Rückgriffsanspruch des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer, der schuldhaft eine Haftung des Dienstgebers gegenüber einem Dritten ausgelöst habe, sei allerdings wiederholt als Schadenersatzanspruch des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer bezeichnet worden. Dies hätte zur Folge, dass die Frist des § 6 DHG für den Dienstgeber schon mit der Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers zu laufen beginne. Ein Rückgriffsanspruch gegen einen Mitschuldner könne aber erst geltend gemacht werden, wenn die Leistung dem Gläubiger erbracht worden sei. Aus den Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes ergebe sich, dass zwischen Schadenersatzansprüchen und Rückgriffsansprüchen unterschieden werde. Die Frist des § 6 DHG für die Geltendmachung eines Rückgriffsanspruchs laufe erst mit dem Tag der Zahlung des Dienstgebers an den Dritten. Sie sei daher zur Zeit der Klagserhebung (2. 2. 1970) hinsichtlich der Zahlung an die Tiroler Gebietskrankenkasse (am 25. 7. 1969), nicht aber hinsichtlich der Zahlung an R***** (am 23. 1. 1970) abgelaufen gewesen. Hinsichtlich der Zahlung der Kosten an den eigenen Vertreter des Klägers enthalte das Urteil keine Feststellungen. Dieser Zeitpunkt sei aber für die Beurteilung, ob der Rückgriff hinsichtlich dieses Betrags rechtzeitig geltend gemacht wurde, wesentlich. Im Übrigen sei das Verfahren hinsichtlich der rechtzeitig geltend gemachten Ansprüche noch ergänzungsbedürftig, weil noch die für die Frage einer Mäßigung oder eines Erlasses der Schuld des Beklagten maßgeblichen Umstände geprüft werden müssten.

Das Berufungsgericht hat daher die Abweisung eines Teilbetrags von 7.150,20 S mit Teilurteil bestätigt, im Übrigen aber das Urteil des Erstgerichts aufgehoben.

Der Kläger bekämpft das Teilurteil des Berufungsgerichts mit Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und den Aufhebungsbeschluss mit Revisionsrekurs (richtig: Rekurs). Er beantragt, die Entscheidung des Berufungsgerichts im Sinne des Klagebegehrens abzuändern.

Der Beklagte bekämpft den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts mit Revision (richtig: Rekurs) und beantragt die Wiederherstellung des Urteils des Erstgerichts. Überdies beantragt er in einer Revisionsbeantwortung, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.

Der Kläger vertritt im Wesentlichen den Standpunkt, dass dem Beklagten eine auffallende Sorglosigkeit anzulasten sei, weil er mit einem Fahrzeug, von dem ihm bekannt gewesen sei, dass es für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen war, nach nicht unerheblichem Alkoholgenuss auf einer Schnellstraße am öffentlichen Verkehr teilgenommen und vor dem Abbiegen nach links, das auf einer stark frequentierten Straße besonders gefährlich sei, den Nachfolgeverkehr nicht beobachtet habe. Der Ersatzanspruch des Klägers gegen den Beklagten könne daher nicht nach den Vorschriften des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes gemäßigt werden. Er sei auch rechtzeitig geltend gemacht worden.

Der Beklagte dagegen meint, dass der gegen ihn geltend gemachte Anspruch gemäß § 6 DHG verspätet erhoben worden sei, weil die in dieser Gesetzesstelle vorgesehene Frist von 6 Monaten mit Zustellung des Urteils des Berufungsgerichts im Verfahren zu 8 Cg 436/67 des Kreisgerichts Leoben am 12. 7. 1969 zu laufen begonnen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind nicht berechtigt.

Zu den Rekursen gegen den Aufhebungsbeschluss ist zu bemerken, dass die Anträge auf Wiederherstellung oder Abänderung des Urteils des Erstgerichts verfehlt sind, weil der Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts im Falle seines Erfolgs nicht zu einer Sachentscheidung durch den Obersten Gerichtshof, sondern nur zu einem Auftrag an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung führen kann. Die verfehlten Anträge hindern aber die sachliche Erledigung der Rekurse nicht.

Für die Frage, ob auf die geltend gemachten Ansprüche die Bestimmung des § 6 DHG (BGBl 1965 Nr 80), wonach die auf einem minderen Grad des Versehens beruhenden Schadenersatz- und Rückgriffsansprüche zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer erloschen sind, wenn sie nicht binnen 6 Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden konnten, gerichtlich geltend gemacht werden, anzuwenden ist, muss zunächst geprüft werden, ob dem Beklagten zu Recht ein minderer Grad des Versehens angelastet wurde.

Dazu kann die Auffassung des Klägers, dass dem Beklagten eine auffallende Sorglosigkeit vorgeworfen werden müsse, nicht geteilt werden. Als auffallende Sorglosigkeit kann nur ein Versehen gewertet werden, das sich über alltäglich vorkommende Fahrlässigkeitshandlungen erheblich und ungewöhnlich heraushebt, wobei der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich voraussehbar ist. Der Verstoß gegen das normale Handeln muss auffallend sein (4 Ob 27/70, 4 Ob 16/72, ZVR 1971/101 ua). Das trifft auf das Versehen des Beklagten bei Berücksichtigung der Gesamtumstände des Falles nicht zu. Richtig ist, dass er mit einem Fahrzeug auf einer öffentlichen Straße fuhr, das für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen war. Es wurde aber festgestellt, dass mit diesem Fahrzeug regelmäßig auf der öffentlichen Gemeindestraße zwischen Bauhof des Klägers und Bahnhof und über ausdrückliche Anordnung des Klägers wiederholt auch auf anderen öffentlichen Straßen zu Baustellen gefahren wurde. Es wurde in diesem Zusammenhang vom Berufungsgericht zutreffend auch darauf hingewiesen, dass dem Beklagten nicht bekannt war, ob für das Fahrzeug, obgleich es für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen war, wegen des Bestands einer allgemeinen Betriebshaftpflichtversicherung nicht doch Versicherungsschutz gegeben war. Es wurde nicht festgestellt, dass die Fahrtüchtigkeit des Beklagten durch seinen Alkoholgenuss ins Gewicht fallendem Maße beeinträchtigt war. Auf der Straße, die er befuhr, war zur Unfallszeit sehr wenig Fahrzeugverkehr; es war außer den Fahrzeugen des Beklagten und des R***** R***** nur ein einziges Fahrzeug in weiter Entfernung sichtbar. Es ist daher auch die Behauptung der Revision, dass diese Straße stark frequentiert gewesen sei, für die Unfallszeit nicht richtig. Dem Beklagten wird angelastet, dass er vor dem Abbiegen nach links den nachfolgenden Verkehr nicht gehörig beobachtete und das Handzeichen zum Anzeigen der Abbiegeabsicht verspätet gab. Das ist gewiss eine erhebliche Verletzung von Vorschriften der StVO (§ 11 Abs 2 und 3 und § 12). Es muss aber berücksichtigt werden, dass der Beklagte zwar gegen die Straßenmitte abbog, aber diese nicht überschritt, und R***** bei verkehrsgerechtem Verhalten noch die Möglichkeit gehabt hätte, sich auf die gegebene Verkehrslage einzustellen. Zum Eintritt des Unfalls trug also auch das unrichtige Verhalten R*****s bei. Das Fehlverhalten des Beklagten schuf zwar eine nicht verkehrsgerechte Sachlage, die aber nicht so schwerwiegend war, dass der Eintritt eines Unfallschadens nicht bloß als möglich, sondern als wahrscheinlich oder gar geradezu unvermeidlich vorauszusehen war. Unter diesen Umständen erscheint es gerechtfertigt, dem Beklagten nur einen minderen Grad des Versehens im Sinn des Diensthaftpflichtgesetzes anzulasten.

Dass in seinem Verhalten nur eine entschuldbare Fehlleistung erblickt werden könne, wird von ihm selbst nicht mehr geltend gemacht. Die Meinung des Berufungsgerichts, dass eine entschuldbare Fehlleistung schon deswegen nicht angenommen werden könne, weil das Verschulden des Beklagten strafgerichtlich festgestellt sei, ist allerdings nicht richtig. Der Oberste Gerichtshof hat vielmehr schon zu 4 Ob 54/72 unter Hinweis auf die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des Diensthaftpflichtgesetzes (631 BlgNr 10. GP) dargelegt, dass unter einer entschuldbaren Fehlleistung im Sinn dieses Gesetzes ein „nicht mehr nennenswertes Verschulden“ des Dienstnehmers zu verstehen sei, die Annahme eines Verschuldens also nicht schon begrifflich das Vorliegen einer entschuldbaren Fehlleistung ausschließe, während der Grad des Verschuldens strafrechtlich nicht für den Schuldspruch, sondern erst für die Strafbemessung von Bedeutung sei. Um aber eine entschuldbare Fehlleistung annehmen zu können, dürfe das Verschulden des Dienstnehmers „nicht mehr nennenswert“ sein, also einen ganz geringen Grad nicht überschreiten. Diese Voraussetzung fehlt im vorliegenden Fall, sodass das Verhalten des Beklagten im Ergebnis mit Recht nicht als entschuldbare Fehlleistung beurteilt wurde.

Es ist daher zu prüfen, ob die Ansprüche rechtzeitig im Sinn des § 6 DHG erhoben wurden. Diese Bestimmung betrifft Schadenersatz- und Rückgriffsansprüche zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern nach § 2 Abs 1, § 3 Abs 2 bis 4 und § 4 Abs 2 und 4. Dort wird im Dienstnehmerhaftpflichtgesetz die Ersatzpflicht des Dienstnehmers für Schäden, die er bei Erbringung seiner Dienstleistung dem Dienstgeber (§ 2) oder einem Dritten (§§ 3 und 4) zufügt, geregelt. Hat - wie im vorliegenden Fall - der Dienstnehmer einem Dritten einen Schaden zugefügt und wird der Dienstgeber auf Grund der §§ 1313a bis 1316 ABGB „oder auf Grund einer anderen gesetzlichen Vorschrift“ zum Ersatz dieses Schadens vom Dritten herangezogen, so hat der Dienstgeber, der im Einverständnis mit dem Dienstnehmer oder auf Grund eines rechtskräftigen Urteils dem Dritten den Schaden ersetzt hat, einen die Vergütung „des solcherart Geleisteten und der ihm erwachsenen notwendigen Prozess- und Exekutionskosten umfassenden Rückgriffsanspruch“ gegen den Dienstnehmer; dieser Rückgriffsanspruch kann bei einem minderen Grad des Versehens vom Gericht unter den im Gesetz angegebenen Voraussetzungen ermäßigt oder auch ganz erlassen werden (§ 4 DHG). In den Erl. Bemerkungen (631 BlgNR 10. GP) wird darauf verwiesen, dass durch die Regelung der Schadenshaftung des Dienstnehmers nach dem Dienstnehmerhaftpflichtgesetz Ansprüche von Personen nicht berührt werden dürfen, die außerhalb des Dienstverhältnisses stehen, dass aber der von diesem Gesetz verfolgte Zweck der besonderen Regelung dieser Haftung auch dann erreicht werden soll, wenn nicht der Dienstgeber selbst, sondern ein Dritter einen Schaden erlitten hat. Daher müsse der Regressanspruch des Dienstgebers, der ihm gemäß § 1313 ABGB gegen den schuldtragenden Dienstnehmer zustehe, wenn er dem Dritten den Schaden wegen der ihn treffenden Haftung für diesen ersetzt habe, auf Fälle eingeschränkt werden, bei denen der Dienstnehmer ersatzpflichtig wäre, wenn er den Schaden seinem Dienstgeber selbst zugefügt hätte. Daraus und aus diesem Gesetz selbst geht eindeutig und klar das Ziel hervor, die Frage, ob und in welchem Ausmaß der Dienstnehmer einen Schaden ersetzen muss, den er bei Erbringung seiner Dienstleistung verschuldet hat, durch die Bestimmungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes vollständig und abschließend zu regeln. Die Regelung soll ohne Rücksicht darauf gelten, wer der Geschädigte ist und auf Grund welcher Bestimmung der Dienstgeber, der einem Dritten den Schaden ersetzt hat, zu dieser Ersatzleistung verpflichtet war. Damit ist die Frage, was unter dem „besonderen Verhältnis“, das gemäß § 896 ABGB für den Regress eines Mitschuldners, der dem Gläubiger mehr gezahlt hat, als seinem Anteil an der Schuld im Innenverhältnis zwischen den mehreren Schuldnern entspricht, maßgebend ist, zu verstehen sei (vgl dazu Edlbacher, ZAS 1969, 104 ff, EvBl 1970/329, 1971/267), für den Bereich des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes dahin geregelt, dass sich dieser Rückgriffsanspruch nur nach diesem Gesetz richtet (ebenso Fischer ZAS 1970, 13). Dieses Gesetz unterscheidet aber auch deutlich zwischen Schadenersatzansprüchen des Dienstgebers, die dann bestehen, wenn er selbst den Schaden erlitt (§ 2), und zwischen Rückgriffsansprüchen in dem Falle, dass der Geschädigte ein Dritter ist, dem entweder der Dienstnehmer (§ 3) oder - wie im vorliegenden Fall - der Dienstgeber (§ 4) den Schaden bereits ersetzt hat. Der Wortlaut der Bestimmung des § 4 Abs 2 DHG, wonach der Rückgriffsanspruch des Dienstgebers dann besteht, wenn er dem Dritten den Schaden ersetzt „hat“, und die Erl. Bemerkungen dazu (631 BlgNR 10. GP S 5), wonach hier der Fälle gedacht wird, dass der durch den Dienstnehmer geschädigte Dritte den Ersatz des Schadens unmittelbar vom Dienstgeber, der unter bestimmten Voraussetzungen für den Dienstnehmer haftet, „erlangt hat“, lassen keinen Zweifel darüber, dass dieser Rückgriffsanspruch erst nach Ersatzleistung des Dienstgebers an den Dritten besteht und nicht schon dann, wenn die Möglichkeit gegeben ist, dass ihn der Dritte in Anspruch nimmt, oder wenn der Dritte den Ersatz des Schadens von ihm verlangt. Dies entspricht auch der Auslegung des § 896 ABGB (EvBl 1970/329 ua). Solange der Dienstgeber dem Dritten den Schaden nicht ersetzt hat, steht ihm ein Rückgriffsanspruch gegen den Dienstnehmer daher nicht zu. Er kann somit vor diesem Zeitpunkt den Rückgriffsanspruch auch nicht geltend machen. Daraus folgt, dass die im § 6 DHG festgelegte Frist von 6 Monaten nicht vor diesem Zeitpunkt zu laufen beginnt. Diese Bestimmung, mit der das im Arbeitsrecht vielfach gewünschte Ziel erreicht werden soll, dass über das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen möglichst rasch Klarheit geschaffen wird (Erl. Bemerkungen, 631 BlgNR 10. GP S 5), unterscheidet ausdrücklich zwischen Schadenersatzansprüchen und Rückgriffsansprüchen. Es ist daher nicht gerechtfertigt, die Frage, wann ein Anspruch geltend gemacht werden kann, in allen Fällen einheitlich nach den für die Erhebung von Schadenersatzansprüchen geltenden Grundsätzen zu beurteilen. Es muss vielmehr unterschieden werden, ob der Dienstgeber selbst den Schaden erlitt und daher von ihm gegen den Dienstnehmer ein Schadenersatzanspruch im Sinn des § 2 DHG erhoben wird oder ob einem Dritten ein vom Dienstnehmer zugefügter Schade ersetzt wurde und diese Ersatzleistung durch einen Rückgriff im Verhältnis zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer im Sinn des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes ausgeglichen werden soll. Im letzten Fall soll offensichtlich zunächst die Frage, ob und wie weit dem Dritten ein Schadenersatzanspruch zusteht, durch Einigung zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer oder eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung ebenso geklärt sein wie die Frage, wer den Ersatz tatsächlich leistet, bevor ein Rückgriff zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer erfolgen kann. Bis dahin muss das Bedürfnis nach möglichst rascher Klärung der Frage, ob ein solcher Rückgriffsanspruch überhaupt besteht, gegenüber der Notwendigkeit der Entscheidung dieser Fragen zurückstehen.

Gemäß § 4 Abs 2 des DHG kann der Rückgriff des Dienstgebers gegen den schuldtragenden Dienstnehmer dann erfolgen, wenn und sobald er dem Dritten den Schaden ersetzt hat. Der Rückgriffsanspruch umfaßt aber nicht nur das „solcherart Geleistete“, sondern auch die ihm (dem Dienstgeber) erwachsenen notwendigen Prozess- und Exekutionskosten. Prozess- und Exekutionskosten sind nur auf Grund dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelung auch Inhalt des Rückgriffsanspruchs. Nach allgemeinem Recht stellen nicht einmal Prozesskosten, die dem geschädigten Dritten zu ersetzen sind, einen Schaden dar, für dessen Ersatz durch einen Mitschuldner diesem ein Rückgriffsanspruch gegen einen anderen Mitschuldner erwächst (Wolff-Klang 2 VI 56, ZVR 1960/206, Anw.Ztg. 1932/39). Die dem Dienstgeber selbst erwachsenen Prozess- und Exekutionskosten sind überdies diesem, und nicht dem geschädigten Dritten entstanden; sie müssten daher - ohne die besondere Regelung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes - als Schadenersatzanspruch des Dienstgebers und nicht als Teil des ihm zustehenden Rückgriffsanspruchs behandelt werden. Auf Grund dieser besonderen Regelung kann aber kein Zweifel bestehen, dass diese Prozess- und Exekutionskosten nur dadurch geltend gemacht werden können, dass sie in den Rückgriffsanspruch des Dienstgebers gegen den Dienstnehmer einbezogen werden. Dafür verlangt aber das Gesetz nicht, dass diese Kosten bereits „geleistet“, also gezahlt wurden, sondern nur, dass sie dem Dienstgeber „erwachsen“ sind. Dafür genügt, dass feststeht, dass sie der Dienstgeber tatsächlich tragen muss. Die Frist für die Erhebung des Anspruchs gegen den Dienstnehmer auf Ersatz der dem Dienstgeber erwachsenen Prozess- und Exekutionskosten kann aber auch nicht vor Leistung dessen beginnen, worauf sich der Kostenaufwand bezog, weil diese Kosten nur als Nebenforderungen in den Rückgriffsanspruch hinsichtlich des an den Dritten „Geleisteten“ miteinbezogen werden. Die unterschiedliche Behandlung der Leistungen an den geschädigten Dritten und der dem Dienstgeber selbst erwachsenen Prozesskosten und Exekutionskosten erscheint deswegen gerechtfertigt, weil die Verrechnung der Kosten des eigenen Vertreters oft erheblich später erfolgt als die im Falle einer Verurteilung innerhalb einer bestimmten Frist unter Androhung der Exekution auferlegte Leistung an den geschädigten Dritten, und die nach § 6 DHG angestrebte rasche Klärung der Ansprüche zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer nicht über das sachlich erforderliche Ausmaß hinaus verzögert werden soll. Überdies kann es bei Prozess- und Exekutionskosten des Dienstgebers - im Gegensatz zu den Ansprüchen des geschädigten Dritten - nicht zweifelhaft sein, dass dafür nur der Dienstgeber und nicht (auch) der Dienstnehmer in Anspruch genommen wird. Daraus folgt, dass der die Gesamtvergütung umfassende Rückgriffsanspruch erst nach Befriedigung des dem geschädigten Dritten zustehenden Ersatzanspruchs geltend gemacht werden kann, der Zeitpunkt der Bezahlung der dem Dienstgeber selbst „erwachsenen“ Prozess- und Exekutionskosten aber für den Lauf der Frist zur Erhebung des Rückgriffs nicht wesentlich ist.

Im vorliegenden Fall ist daher der Rückgriff wegen der vom Kläger an die Tiroler Gebietskrankenkasse am 25. 7. 1969 erbrachten Leistung mit der am 2. 2. 1970 erhobenen Klage gemäß § 6 DHG verspätet erfolgt. Dass auch der Beklagte zur Zahlung dieses Betrags verpflichtet gewesen wäre, ändert - entgegen der Meinung der Revision - nichts daran, dass für die Frage, ab wann ein Rückgriffsanspruch geltend gemacht werden kann, nur maßgebend ist, wann der Dienstgeber den Schaden (im Einvernehmen mit dem Dienstnehmer oder auf Grund eines rechtskräftigen Urteils) tatsächlich ersetzt hat. Da das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz die Ersatzpflicht des Dienstnehmers abschließend regelt, kommt es darauf, ob und in welchem Ausmaß bei Nichtanwendung des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes nach anderen Vorschriften eine Rückgriffsmöglichkeit bestanden hätte, nicht an. Die Vorschriften des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes sind die spezielleren und schließen die Berücksichtigung anderer Vorschriften bei der Beurteilung dieser Frage aus.

Hinsichtlich der übrigen vom Kläger erhobenen Ansprüche war dagegen die Frist des § 6 DHG zur Zeit der Klagserhebung noch nicht abgelaufen. Einer Feststellung darüber, ob oder wann der Kläger die eigenen Kosten gezahlt hat, bedarf es nicht. Maßgeblich ist nur, ob ihm diese erwachsen sind. Das ist aber nicht bestritten (AS 57, 89).

Im Übrigen hat bereits das Berufungsgericht zutreffend dargelegt, dass die für die Frage einer Mäßigung oder eines Erlasses der gegen den Beklagten geltend gemachten Rückgriffsansprüche maßgeblichen Umstände noch nicht ausreichend geklärt sind. Das Berufungsgericht hat daher zu Recht die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich eines Betrags von 7.150,20 S bestätigt, im Übrigen aber das Urteil des Erstgerichts zur Verfahrensergänzung aufgehoben.

Den Rechtsmitteln war somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 52, 41, 50 ZPO (siehe Fasching Kom.z.ZP II 364), jene über die Rekurskosten auf § 52 ZPO.

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