OGH 3Ob140/72

OGH3Ob140/7216.11.1972

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Berger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Neperscheni, Dr. Flick, Dr. Thoma und Dr. Stix als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei O***** Außenhandelsunternehmen, ***** vertreten durch DDr. Carl Stölzle und Dr. Ferdinand Graf, Rechtsanwälte in Wien, wider die verpflichtete Partei E***** Handelsgesellschaft m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Walter Tanzer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe, infolge Rekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14. Juli 1972, GZ 6 b R 137/72-24, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 7. April 1972, GZ 22 Nc 173/71-16, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Auf Grund des Schiedsspruches des Schiedsgerichtes der tschechoslowakischen Handelskammer in Prag, Rsp 51/71 vom 5. 8. 1971 wurde der betreibenden Partei gegen die Verpflichtete die Exekution zur Erwirkung der Herausgabe von 200 Schutzbelüftungsanlagen, die bei der Intern. Spedition Gebrüder L***** OHG lagern, bewilligt. Gleichzeitig wurde der genannten Firma verboten, die 200 Schutzbelüftungsanlagen an die Verpflichtete auszufolgen; letzterer wurde jede Verfügung über diese Anlagen untersagt. Weiters wurde zur Hereinbringung der Exekutionskosten die Fahrnisexekution bewilligt. Gegen diese Exekutionsbewilligung erhob die Verpflichtete Widerspruch nach § 83 Abs 2 EO.

Das Erstgericht wies den Widerspruch mit Urteil zurück. Das Berufungsgericht gab der von der Verpflichteten dagegen erhobenen Berufung Folge, hob das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf und wies die Sache zur Fortsetzung der Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Der gegen diesen Aufhebungsbeschluß von der betreibenden Partei erhobene Rekurs ist nicht begründet.

Der Erstrichter ging bei seiner Entscheidung davon aus, daß die Herausgabeexekution hinsichtlich 197 Stück Schutzbelüftungsanlagen am 11. 1. 1972 vollzogen wurde. Die genannten Gegenstände wurden der Internationalen Spedition Gebrüder L***** OHG abgenommen und der betreibenden Partei gegen Empfangsbestätigung übergeben. Weitere Schutzbelüftungsanlagen wurden in der Gewahrsame der genannten Speditionsfirma vom Vollstrecker nicht vorgefunden. Mit Beschluß des Exekutionsgerichtes Wien vom 7. 3. 1972, GZ 7 E 10304/71-16, wurde die Fahrnisexekution (§ 369 EO) gemäß § 39 Abs 1 Z 6 EO eingestellt. Rechtlich kam das Erstgericht zu dem Schluß, das Rechtsschutzinteresse der Verpflichteten an der Erledigung des Widerspruchs sei im Hinblick auf die teilweise Beendigung und Einstellung der Exekution weggefallen. Hinsichtlich der drei beim Vollzug nicht vorgefundenen Schutzbelüftungsanlagen sei ein künftiger Erfolg der Herausgabeexekution schon nach den Denkgesetzen ausgeschlossen, weil sich diese Anlagen nicht mehr in der Gewahrsame der Internationalen Spedition Gebrüder L***** OHG befänden. Das Berufungsgericht vertrat hingegen die Ansicht, die Herausgabeexekution sei im Hinblick auf das Fehlen der 3 Stück Belüftungsanlagen noch nicht beendet, die betreibende Partei könnte daher noch zur Herausgabe der drei restlichen Stücke Exekution führen. Einer derartigen künftigen Exekutionsführung stünde aber, wenn dem vorliegenden Widerspruch stattgegeben werden würde, das Urteil über den Widerspruch infolge seiner erweiterten Rechtskraftwirkung entgegen. Außerdem sei das Rechtsschutzinteresse an der Erledigung des Widerspruches noch gegeben, weil der Verpflichtete noch durch die bereits bestimmten Exekutionskosten beschwert sei. Das Berufungsgericht verhielt daher das Erstgericht, über den Widerspruch unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund zu verhandeln und zu entscheiden. Zutreffend ist das Berufungsgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, daß die Herausgabeexekution im Hinblick auf das Fehlen der drei restlichen Stücke Belüftungsanlagen noch nicht als beendet angesehen werden kann. Die Herausgabeexekution könnte daher jederzeit auf Antrag der betreibenden Partei nach Bewilligung des neuerlichen Vollzuges der Exekution fortgesetzt werden. Daß der betreibende Gläubiger dies nicht beabsichtigt und dies voraussichtlich auch zu keinem Erfolg führen würde, ändert nichts an dieser verfahrensrechtlichen Lage der Exekution. Dem Verpflichteten steht daher schon aus diesem Grund ein Rechtsschutzinteresse an der Erledigung des Widerspruches zu. Die Entscheidung, die dem Widerspruch stattgibt und einem ausländischen Exekutionstitel die Vollstreckbarkeit im Inland versagt, hat im übrigen volle Rechtskraftwirkung und bietet Schutz vor jeder neuerlichen Exekution (Neumann-Lichtblau4 S 887, ÖJZ 1968, S 399 EvBl Nr. 242). Das Berufungsgericht ist aber auch im Recht, wenn es das Rechtsschutzinteresse der Verpflichteten an der Sachentscheidung über ihren Widerspruch damit begründet, daß die sie belastende Kostenentscheidungen (ONr 1 u. 5) durch die Einstellung der Exekution im Sinn des § 369 EO durch Fahrnispfändung und Verkauf nicht beseitigt worden sind. Trotz der Einstellung nach § 39 Abs 1 Z 6 EO bestehen nämlich die Kostenforderungen weiter. Zu ihrer Hereinbringung könnte jederzeit im Sinn des § 369 EO neuerlich Exekution geführt werden (ÖJZ 1965, S 354 EvBl Nr. 243; vgl auch ÖJZ 1971 S 401 EvBl Nr. 401, 3 Ob 48/72).

Rechtliche Beurteilung

Dem Rekurs der betreibenden Partei konnte daher ein Erfolg nicht beschieden sein.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 40, 50 ZPO, § 78 EO.

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