OGH 6Ob203/72

OGH6Ob203/7227.10.1972

SZ 45/115

Normen

ABGB §932
ABGB §1063
ABGB §932
ABGB §1063

 

Spruch:

Das Recht, die Aufhebung des Vertrages wegen unbehebbarer Mängel zu verlangen, steht dem Käufer, nicht aber dem Vorbehaltseigentümer zu, der sich das Eigentum an der Kaufsache vom Verkäufer zur Sicherung seiner gegen den Käufer bestehenden Forderung auf Rückzahlung des für den Käufer bezahlten Kaufpreises übertragen ließ

OGH 27. 10. 1972, 6 Ob 203/72 (OLG Wien 1 R 115/72; HG Wien 10 Cg 32/72)

Text

Die Klägerin brachte vor, die Beklagte habe ihr das Eigentum an einem fabriksneuen Ruthmann-Gelenksteiger K 110 S unmittelbar übertragen. Sie berief sich dazu auf die an die Firma Helmut R, Malermeister in K, adressierte Rechnung der Beklagten Nr 538 vom 30. 12. 1970. welche die Bezeichnung des Kaufgegenstandes, die Anführung des Kaufpreises von S 256.380.- und schließlich folgenden Vermerk enthielt: "Der obige Ruthmann-Gelenksteiger wurde unter Eigentumsvorbehalt verkauft und vereinbarungsgemäß wurden die Eigentumsrechte an diesem Gerät auf die Volksbank K, regGenmbH (die die Klägerin), übertragen. Wir weisen Sie hiemit iS der gesetzlichen Bestimmungen an, dieses Gerät künftighin im Namen der genannten Bank innezuhaben." die Beklagte habe ein Gerät der behaupteten Art am 15. 1. 1971 an Helmut R übergeben. Die Klägerin habe Helmut R einen Kredit gewährt und nach Leistung einer Anzahlung von S 53.587.-, Gewährung eines Skontos von S 5128.-, am 21. 1. 1971 den restlichen Kaufpreis von S 197.665.- bezahlt. Es habe sich herausgestellt, daß nicht das zugesagte Gerät zu Handen des Helmut R ausgeliefert worden sei. Bereits einige Tage nach der Auslieferung des Gerätes seien Mängel an der Hydraulik aufgetreten. Mehrfache Reparaturversuche und Auswechslungen von Bestandteilen seien erfolglos geblieben und habe das Gerät nicht einwandfrei funktioniert. Schließlich habe die Beklagte eine notwendig gewordene Reparatur im Herstellerwerk verweigert und jede Mängelbehebung auf Grund der Gewährleistung abgelehnt. Mit Rücksicht darauf sei eine Nachfristsetzung vor der Erklärung vom 4. 10. 1971 über den Rücktritt vom Vertrag unterblieben. Zu dieser Rücktrittserklärung sei Helmut R mündlich vom Direktor der Klägerin, S, ermächtigt worden. Direktor S habe dabei im Einvernehmen mit den anderen zeichnungsberechtigten Organen der Klägerin gehandelt. Die Klägerin habe überdies durch das Zuwarten mit der Klageführung der Beklagten eine Nachfrist gewährt. Die Klägerin stellte das Begehren, die Beklagte zur Bezahlung des Betrages von S 251.252.- samt Zinsen Zug um Zug gegen Ausfolgung des Ruthmann-Gelenksteigers zu verurteilen.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, der Klägerin fehle die Klagslegitimation. Die Klägerin sei der Beklagten nur als Kreditgeberin des Käufers Helmut R, des alleinigen Vertragspartners der Beklagten, bekannt geworden. Das Eigentum der Klägerin sei "im Rahmen des Kreditverhältnisses" zufolge Auszahlung erloschen. Das Gerät sei nicht mangelhaft, aufgetretene Fehler und Beschädigungen seien die Folge des unsachgemäßen Betriebes durch den Käufer bzw dessen Leute. Die Gewährleistungsfrist sei längst abgelaufen. Das Klagebegehren sei unschlüssig.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Helmut R war die Vertragspartei der mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvereinbarung. Nach Absicht der Parteien war das Eigentumsrecht nicht an den Käufer, sondern an die Klägerin zu Sicherung des eingeräumten Kredites zu übertragen. Der Klagevertreter berief sich in seinem Schreiben vom 4. 10. 1971. mit welchem er die Aufhebung des mit der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrages gemäß § 918 Abs 1 ABGB wegen der verweigerten Mängelbehebung begehrte, ausdrücklich auf einen Auftrag seines Mandanten Helmut R, nicht aber auf einen Auftrag der Klägerin.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es liege ein gespaltenes Schuldverhältnis vor, weil die Eigentumsübertragung nicht an den Käufer R, sondern an die Klägerin zu erfolgen gehabt habe. Durch diese Abrede sei die Klägerin nicht in die Rechtsstellung des Käufers eingetreten, nur dieser könne die Wandelung wegen unbehebbarer Mängel begehren. Daher habe sich der Klagevertreter in seinem Brief vom 4. 10. 1971 zutreffend auf einen Auftrag des Käufers R berufen. Ohne Bedeutung sei, daß R im Innenverhältnis durch die Klägerin zur Abgabe der Wandlungserklärung ermächtigt worden sei. Selbst wenn R neben dieser Ermächtigung eine Vollmacht zur Abgabe rechtsgeschäftlicher Erklärungen namens der Klägerin erhalten haben sollte, könne dies am Ergebnis nichts ändern, weil im Schreiben vom 4. 10. 1971 auf diese Vollmacht nicht Bezug genommen worden sei. Der Klägerin mangle aber auch deshalb die Klagslegitimation, weil nur derjenige, welcher den Kaufpreis bezahlt habe, Anspruch auf Rückzahlung im Falle der Wandlung habe. Nur R, auf dessen Rechnung die Klägerin als Kreditgeberin gezahlt habe, sei zur Wandlung und Rückforderung legitimiert.

Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen eines erheblichen Verfahrensmangels und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß die Beklagte mit Helmut R einen Kaufvertrag abgeschlossen, sich das Eigentum bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises vorbehalten, aber nicht zugewartet habe, bis der Käufer den Kaufpreis nach und nach abgetragen habe. Sie habe ihr Eigentumsrecht gültig der Klägerin abgetreten, welche auf Grund eines mit dem Käufer R abgeschlossenen Kreditvertrages den Kaufpreis an die Beklagte ausbezahlt und von ihr das Eigentum übertragen erhalten habe. Der Käufer R habe die Raten an die Klägerin als nunmehrige Eigentümerin bezahlt. Nur insoweit sei die Klägerin an die Stelle des Verkäufers getreten. Der Abtretungsvertrag zwischen den Streitteilen sei vollkommen abgewickelt und nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Der Rechtsstreit sei dadurch entstanden, daß der Käufer R unbehebbare Mängel und Wandlungsansprüche erhebe. Diese Ansprüche beruhten ausschließlich auf dem Kaufvertrag zwischen R und der Beklagten, an der gekauften Ware behaupte, vom Kaufvertrag zurückgetreten sei welchem die Klägerin insoweit nicht beteiligt sei. Die Wandlungsansprüche und das aus ihnen abgeleitete Klagebegehren beruhten auf dem Kaufvertrag und hätten mit dem Abtretungsvertrag zwischen den Streitteilen nichts zu tun. Sie stunden ausschließlich dem Käufer R zu, in dessen Rechtsstellung die Klägerin nicht eingetreten sei und richteten sich gegen den Verkäufer. Da durch den Abtretungsvertrag zwischen den Streitteilen lediglich die Kaufpreisforderung der Beklagten an die Klägerin übergegangen und der Kaufvertrag zwischen R und der Beklagten im übrigen unberührt geblieben sei, komme es nicht darauf an, ob der Käufer R seine Schuld an die Klägerin zur Gänze abgetragen habe und ob ihm eine Ermächtigung zur Rücktrittserklärung durch die Klägerin erteilt worden sei. Da die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte habe, sei sie gar nicht in der Lage gewesen, den Käufer zu irgendwelchen Rechtshandlungen gegenüber der Beklagten zu beauftragen oder zu ermächtigen. Bedeutungslos sei daher, welche Rechtsstellung Direktor S bei der Klägerin einnehme. Erwerber des Gelenksteigers sei ausschließlich R. Die Klägerin sei lediglich Vorbehaltungseigentümerin und habe gegen R einen Anspruch auf Zahlung der im Kreditvertrag bedungenen Leistungen. Wollte man dem Gedankengang der Klägerin, sie sei in die Parteistellung des R iS des § 922 ABGB eingetreten, folgen, käme man zu dem Ergebnis, daß sich der Wandlungsanspruch des R nicht gegen die Beklagte, sondern gegen die Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin richte. Es sei aber nicht behauptet worden, daß die Klägerin in die Rechte des als Käufer eingetreten sei oder daß dieser sie in irgendeiner Form übertragen habe. Die Klage sei daher unschlüssig.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Revisionswerberin bekämpft die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Klage unschlüssig sei. Sie bringt dazu vor, in der Klage sei ausgeführt worden, daß die Beklagte der Klägerin vereinbarungsgemäß einen Gelenksteiger zum Preis von S 256.380.- ins Eigentum zu übertragen gehabt habe. Nach dem Klagsvorbringen handle es sich um ein solches entgeltliches Geschäft, welches einen Wandlungsanspruch nach § 922 ABGB begrunde.

In der Klage, in welcher sich die Klägerin ausdrücklich auf die von der Beklagten an Helmut R über den Verkauf des klagsgegenständlichen Gelenksteigers ausgestellte Rechnung berief, behauptete sie, vom Verkäufer das Eigentumsrecht an dem von Helmut R gekauften Gelenksteiger übertragen erhalten, dem Käufer einen Kredit gewährt und nach Leistung einer Anzahlung von S 53.587.- und Gewährung eines Skontos von S 5128.- am 21. 1. 1971 den Restkaufpreis von S 197.665.- bezahlt zu haben. Die Beklagte konnte zufolge des mit Helmut R abgeschlossenen Kaufvertrages über den unter Eigentumsvorbehalt verkauften Gelenksteiger nicht mehr unbeschränkt verfügen und daher an die Klägerin nicht mehr Rechte übertragen als sie selbst besaß. Der im Gesetz nicht besonders geregelte Eigentumsvorbehalt stellt den Eigentumsübergang zwar unter die ausdrückliche Bedingung der vollständigen Bezahlung des Kaufpreises, der Kauf selbst ist aber unbedingt abgeschlossen, an ihn sind die Vertragsteile gebunden. Solange der Preis nicht voll bezahlt und der Kaufvertrag nicht durch Rücktritt aufgehoben ist, herrscht ein Schwebezustand, welcher eine Spaltung des Vollrechtes zur Folge hat. Der Verkäufer ist nicht mehr, der Käufer noch nicht voller Eigentümer (vgl Gschnitzer, Schuldrecht, Besonderer Teil und Schadenersatz, 23 ff). Zurücktreten und damit sein Vollrecht wieder herstellen sowie die Sache vom Käufer zurückfordern kann aber der Verkäufer nicht etwa beliebig, sondern nur bei Verzug des Käufers. Der Eigentumsvorbehalt hat für den Verkäufer, solange der Vertrag aufrecht ist, nur Sicherungsfunktion. Der Käufer ist Inhaber und Rechtsbesitzer ähnlich einem Mieter, aber mit Eigentumsanwartschaft. Schuld- und Sachenrecht gehen somit verschiedene Wege (Gschnitzer aaO). Im Hinblick auf die Eigenart der Eigentumsanwartschaft und die Tatsache, daß der Käufer, wenn er seinen Verpflichtungen dem Verkäufer gegenüber nachkommt, Eigentümer wird, ohne daß der Verkäufer dies verhindern könnte oder noch weiter dazu beitragen müßte, billigt ihm die Rechtsprechung eine Stellung zu, welche über jene eines bloß Forderungsberechtigten hinausgeht (JBl 1973, 201).

Das Recht, die Aufhebung des Vertrages wegen unbehebbarer Mängel zu verlangen, ergibt sich nicht, wie die Revisionswerberin annimmt, aus der zwischen ihr und der Beklagten abgeschlossenen Vereinbarung auf Übertragung des Vorbehaltseigentums, sondern aus dem zwischen Verkäufer und Käufer zustande gekommenen obligatorischen Vertragsverhältnis.

Die Klägerin ist nach ihrem Vorbringen lediglich in die Rechte der Verkäuferin (der Beklagten) eingetreten. Aus ihrer Vereinbarung mit der Beklagten kann sie somit nur die Rechte der Verkäuferin, nicht aber solche des Käufers geltend machen. Da das sich aus dem Kaufvertrag ergebende Recht, die Aufhebung dieses Vertrages wegen unbehebbarer Mängel im Rahmen der Gewährleistung zu begehren, nur dem Käufer zusteht und die Frage, ob der Käufer zur Geltendmachung des Wandlungsanspruches im Hinblick auf die Übertragung des Vorbehaltseigentums der Zustimmung der Klägerin bedarf, im Rahmen dieses Rechtsstreites nicht zu untersuchen ist, haben die Vorinstanzen mit Recht des Begehren der Klägerin abgewiesen.

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