OGH 2Ob82/72

OGH2Ob82/7222.6.1972

SZ 45/73

 

 

Spruch:

Die Fiktion des Weiterlebens im § 1327 ABGB bezieht sich nur auf den getöteten Unterhaltspflichtigen, nicht aber auf weitere bei demselben Unfall getötete Familienmitglieder. - Der Kläger hat zu beweisen, wann der Getötete ohne den Unfall gestorben wäre. - Auch ein Bausparvertrag kann Unterhaltscharakter haben

 

OGH 22. 6. 1972, 2 Ob 82, 83/72 (OLG Linz 1 R 146/71; KG Steyr 1 Cg 46/71)

 

Begründung:

Am 7. 5. 1968 wurden der Gendarmerierevierinspektor Hubert W., geboren am 15. 3. 1934, und dessen Tochter Renate, geboren am 30. 11. 1963, bei einem Verkehrsunfall getötet, den der Erstbeklagte als Lenker eines vom Zweitbeklagten gehaltenen PKW verschuldete.

Die Klägerin als Witwe des Verunglückten begehrte im ersten Rechtsgang für die Monate September bis November 1968 an entgangenem Unterhalt je S 2.989, zusammen also S 8.967,- sA und ab 1. 12. 1968 die Zahlung einer laufenden Rente von S 2.989,- monatlich.

Das Erstgericht sprach der Klägerin S 4.680,- und ab 1. 12. 1968 monatlich S 1.560,- zu und wies das Mehrbegehren ab. Der Zuspruch eines Betrages von S 1.680,- und einer Rente von S 560,- monatlich ab 1. 12. 1968 bis auf weiteres blieb unbekämpft.

Im übrigen änderte das Berufungsgericht das Ersturteil ab.

Der Oberste Gerichtshof hob jedoch diese Urteile auf, uzw hinsichtlich der Abweisung von S 3.739,- und eines weiteren Rentenbetrages von S 859,- monatlich für Dezember 1968 bis August 1969.

Im zweiten Rechtsgang behauptete die Klägerin neu, daß die fixen Kosten, die zu Lebzeiten ihres Gatten S 1.000,- monatlich betragen hätten, ab 1. 8. 1970 auf S 1.200,- monatlich gestiegen seien. Auch seien spätere allgemeine Bezugserhöhungen zu berücksichtigen. Die Bausparraten ihres Gatten von S 600,- monatlich bzw die Bausparsumme hätten zum Erwerb eines Eigenheimes gedient. Durch den Tod ihres Gatten sei ihr die Unterhaltsleistung durch Eigenheimbeistellung entgangen. Schließlich schränkte die Klägerin das Rentenbegehren für die Zeit vom 1. 12. bis 31. 12. 1969 unter Einschluß des bereits zugesprochenen Rentenbetrages von S 560,- auf S 2.968,82 monatlich ein und dehnte es für die Zeit ab 1. 1. 1970 auf monatlich S 3l.201,11 aus.

Im zweiten Rechtsgang verurteilte das Erstgericht die Beklagten, der Klägerin einschließlich des bereits rechtskräftig zugesprochenen Betrages S 69.540,- sA und ab 1. 7. 1971 monatlich S 2.340,- zu bezahlen. Das Mehrbegehren nach Zahlung von S 23.171,64 sA und einer weiteren Rente von monatlich S 861,11 ab 1. 7. 1971 wies es ab.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Streitteile teilweise Folge und änderte das Ersturteil dahin ab, daß es mit weiterem Teilurteil der Klägerin außer den bereits rechtskräftig zuerkannten Beträgen noch S 32.427,80 und ab 1. 7. 1971 bis 31. 3. 1994 eine monatliche Rente von S 1.152,- zusprach. Das über die bereits rechtskräftige Abweisung von S 3.739,- sA und einer monatlichen Rente von S 859,- für die Zeit vom 1. 12. 1968 bis 31. 8. 1969 hinausgehende Mehrbegehren nach weiteren S 49.974,84 sA sowie einer weiteren monatlichen Rente von S 1.489,11 ab 1. 7. 1971 bis 31. 3. 1994 wurde abgewiesen. Im übrigen, dh im Zuspruch einer Rente von S 2.340,- sowie der Abweisung einer Rente von S 861,11 monatlich je für die Zeit nach dem 31. 3. 1994 bis auf weiteres, wurde das Ersturteil aufgehoben und die Sache unter Rechtskraftvorbehalt zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin sowie den Rekursen beider Parteien nicht Folge.

Der Revision der Beklagten wurde dahin Folge gegeben, daß der Zuspruch von S 32.427,80 sA und einer monatlichen Rente von S 1.152,- ab 1. 7. 1971 bis 31. 3. 1994 aufgehoben und die Rechtssache auch in dieser Hinsicht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Untergerichte sind von folgenden Feststellungen ausgegangen:

Der verunglückte Gatte der Klägerin bezog als Gendarmeriebeamter ein Gehalt mit Nebengebühren und ein sogenanntes Massapauschale. Außerdem hatte er ein Nebeneinkommen aus einer schriftstellerischen Tätigkeit. Von diesem Einkommen hatte er seine eigenen Bedürfnisse zu bestreiten und für seine Frau (die Klägerin) und seine beiden Kinder Karin (geboren am 19. 9. 1967) und Renate (geboren am 30. 11. 1963) zu sorgen. Er zahlte monatlich eine Bausparrate von S 600,- ein. Bei der Ermittlung des Durchschnittseinkommens des Verunglückten berücksichtigte das Erstgericht, daß bei dem vom Zentralbesoldungsamt bekanntgegebenen Bezug von S 4.788,20 die Bausparrate von S 600,- nicht als Steuerabzugspost berücksichtigt worden sei. Ohne Familienbeihilfe, Haushaltszulage und Wohnungsbeihilfe hätte das monatliche Durchschnittseinkommen des Verunglückten netto S 4.780,- ausgemacht. Ab 1. 8. 1970 hätte es sich auf S 5.095,- belaufen. Dazu wären noch Nebengebühren gekommen und ein Massapauschale von S 2.000,- jährlich für die Deckung des Aufwandes an Dienstkleidung. Die fixen Haushaltskosten betrugen bis 1. 8. 1970 S 1.000.- und nachher S 1.200,- monatlich. An Familienbeihilfen bezog er S 840,- im Monatsdurchschnitt und ab 1. 1. 1971 S 885,-.

Die Pension der Klägerin betrug ohne Familienbeihilfe, Wohnungsbeihilfe und Haushaltszuschläge monatlich durchschnittlich bis 1. 1. 1969 S 1.540,-, dann S 1.660,- und ab 1. 8. 1970 bis 30. 6. 1971 S 1.930,-. Das schriftstellerische Einkommen des Verunglückten wurde mit monatlich S 150,- angenommen.

Das Erstgericht lehnte jedoch die Berücksichtigung der Bausparrate von S 600,- monatlich ab, weil ein Eigenheim erst hätte beschafft werden müssen, was nicht vor Ablauf der Ansparzeit, also vor 1972, geschehen hätte können. Erst nachher hätte der Verunglückte ein Eigenheim erwerben können. Die Erreichung dieses Zieles wäre aber den Lebenserfahrungen nach zunächst mit Einschränkungen der Lebensführung und somit auch des Aufwandes für die Klägerin verbunden gewesen. Im übrigen könnte der dadurch der Klägerin entgehende Naturalunterhalt nicht mit S 600,-, sondern nur mit der Einsparung an Mietkosten angenommen werden, welche aber zum Teil durch Erhaltungskosten des Eigenheimes kompensiert würden. Es könne daher nicht gesagt werden, daß der Klägerin der Bausparbetrag von S 600,- monatlich in irgendeiner Form zugeflossen wäre.

Auch die Aufwendungen für das beim Unfall ebenfalls tödlich verunglückte Kind Renate dürften bei Ermittlung des der Klägerin entgangenen Unterhaltes nicht weggedacht werden.

Bei der Feststellung, in welchem Ausmaß der Eigenverbrauch des Verunglückten und der Unterhalt für die Kinder in der Folge durch die Erhöhung des Einkommens und infolge der Steigerung der Lebenshaltungskosten ebenfalls gestiegen wären, sei vom Verbraucherpreisindex als einer objektiven Richtlinie auszugehen. Der Verunglückte hätte daher für seine Kinder aus eigenem über die Familienzulagen hinaus noch aufgewendet ab 1. 9. 1968 S 160,-, ab 1. 10. 1968 S 180,-, ab 1. 9. 1969 S 205,- und ab 1. 8. 1970 S 250,- sowie ab 1. 1. 1971 S 205,- monatlich.

Auf Grund der im Berufungsurteil im einzelnen wiedergegebenen Berechnungen sei daher der Klägerin an Unterhalt entgangen:

September 1968 ................................................ S 1.244,-,

Oktober 1968 .................................................... S 1.614,-,

November und Dezember 1968 (2 mal S 1.921,-) . S 3.842,-,

Jänner bis August 1969 (8 mal S 1.810,-) ............ S 14.480,-,

September bis Dezember 1969 (4 mal S 2.010,-) S 8.040,-,

Jänner bis April 1970 (4 mal S 2.085,-) ............... S 8.340,-,

Mai bis Juli 1970 (3 mal S 2.155,-) ..................... S 6.465,-,

August bis Dezember 1970 (5 mal S 2.295,-) ....... S 11.475,-,

Jänner bis Juni 1971 (6 mal S 2.340,-) ................ S 14.040,-,

zusammen ......................................................... S 69.540,-.

Der Klägerin seien daher für die Zeit vom 1. 9. 1968 bis 30. 6. 1971 unter Einschluß der bereits zuerkannten Beträge insgesamt S 69.540,- an kapitalisierter Rente samt den begehrten Zinsen aus dem bereits in der Klage kapitalisierten Rentenbetrag für die Monate September, Oktober und November 1968. das sind 4 % Zinsen aus S 4.779,-, seit dem 6. 11. 1968 zuzusprechen.

Die mutmaßliche Gehaltserhöhung ab 1. 7. 1971 habe bei der Berechnung der laufenden Rente noch nicht berücksichtigt werden können. Der Klägerin werde jedenfalls nach diesem Zeitpunkt ebensoviel entgehen wie vorher.

Das Berufungsgericht billigte den Standpunkt des Erstgerichtes, das Massapauschale sei nur insoweit zu berücksichtigen, als der Verunglückte durch das Tragen der Dienstkleidung einen geringeren Verbrauch an Zivilkleidung gehabt habe. Der unfallskausale Schaden der Klägerin hinsichtlich der Bausparbeträge bestehe darin, daß diese monatlichen Rücklagen wegen des Todes ihres Gatten nicht mehr fortgesetzt werden könnten. Es müsse aber berücksichtigt werden, daß der Getötete das Sparkapital zum Teil auch für sich selbst angesammelt habe. Umstände für die Annahme, daß der Getötete die Sparsumme nur für sich allein verwendet hätte, seien nicht festgestellt worden. Es könne daher angenommen werden, daß die Sparsumme den Ehegatten je zur Hälfte zugute gekommen wäre, sei es, daß die Klägerin den halben Betrag bekommen hätte oder zur Hälfte Miteigentümerin eines Grundstückes oder eines Eigenheimes geworden oder daß die angesparten Beträge gemeinsam für größere Anschaffungen verwendet worden wären. Daß diese Rücklagen auch unmittelbar den Kindern zugute gekommen wären, sei nicht anzunehmen. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei davon auszugehen, daß durch den Tod des Kindes Renate der Gatte der Klägerin nur mehr für ein Kind zu sorgen gehabt hätte. Es sei daher zu berücksichtigen, daß der Verunglückte weniger Einkommen gehabt hätte, weil er nur für ein Kind Beihilfen bezogen und eine höhere Lohnsteuer zu entrichten gehabt hätte. Die Streitteile hätten sich damit einverstanden erklärt, daß das Berufungsgericht die geänderte Steuerbelastung selbst feststelle. Dabei ergebe sich, daß das Einkommen des Verunglückten im September 1968 S 4.988,- und allmählich ansteigend ab 1. 1. 1971 S 6.560,- betragen habe.

Da feststehe, daß der Getötete für sich sehr sparsam gelebt habe, sein Bedarf nach Kleidung sehr gering gewesen sei und auch der PKW vorwiegend der Klägerin zur Verfügung gestanden sei, erscheine eine Aufteilung des Nettoeinkommens im Verhältnis 40:45:15 für den Gatten, die Klägerin und das Kind gerechtfertigt. Der Anteil des Kindes von 15 % möge derzeit vielleicht etwas überhöht erscheinen, doch sei zu berücksichtigen, daß sich der Anteil des Kindes mit zunehmenden Bedürfnissen bis zum Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit ständig erhöht hätte. Die Bausparraten seien 1:1 zwischen dem Verunglückten und der Klägerin zu teilen, doch erst ab 1. 9. 1969, weil bis dahin eine rechtskräftige Abweisung vorliege. Die fixen Haushaltskosten seien nur der Klägerin zuzurechnen.

Der Klägerin sei eine Rente bis auf weiteres zugesprochen worden. Da jedoch der Verunglückte nur während seiner mutmaßlichen Lebensdauer zur Unterhaltsleistung verpflichtet gewesen wäre, hätte auch dieser Umstand ohne besondere Einwendung der Beklagten berücksichtigt werden müssen. Das Erstgericht habe aber die mutmaßliche Lebensdauer des Getöteten mit den Parteien nicht erörtert und diesbezüglich keine Feststellungen getroffen, so daß die Rechtssache hinsichtlich der Dauer der Rente nicht beurteilt werden könne. Aber auch die Frage, mit welchem Zeitpunkt das Diensteinkommen des Getöteten durch seine Pension ersetzt worden wäre und dadurch eine Änderung der Unterhaltsleistung eingetreten wäre, sei eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Nach den derzeitigen Bestimmungen hätte der Verunglückte (abgesehen von einer Pensionierung wegen vorzeitiger Dienstunfähigkeit usw) mit vollendetem 60. Lebensjahr in den Ruhestand treten können und mit dem vollendeten 65. Lebensjahr in den Ruhestand treten müssen. Da keine Umstände hervorgekommen seien und behauptet wurden, die auf eine frühzeitige Pensionierung des Getöteten schließen ließen, könne nach den allgemeinen Lebenserfahrungen davon ausgegangen werden, daß der Verunglückte ohne den Unfall jedenfalls bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres im aktiven Dienst geblieben wäre. Der Rentenzuspruch habe daher bis zu diesem Zeitpunkt aufrecht bleiben können (31. 3. 1994). Über diesen Zeitpunkt hinaus habe der Rentenzuspruch aufgehoben und die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurückverwiesen werden müssen. Das Erstgericht werde die Lebenserwartung des Verunglückten festzustellen haben. Es werde auch die allfällige Einkommensminderung bei Übertritt in den Ruhestand und die damit verbundene Minderung des Unterhaltsanspruches der Klägerin mit den Parteien erörtern und die erforderlichen Feststellungen treffen müssen. Auch der Zeitpunkt der mutmaßlichen Pensionierung werde festzustellen sein.

Beide Revisionen bekämpfen die vom Berufungsgericht vorgenommene Aufteilung des Einkommens des Verunglückten im Verhältnis 40:45:15. Die Klägerin meint, angesichts der Bedürfnislosigkeit ihres Mannes hätte das Berufungsgericht von einer Aufteilung 30:55:15 ausgehen müssen. Die Vorgangsweise des Erstgerichtes (Heranziehung des Lebenshaltungskostenindexes) sei richtig gewesen. Eine Steigerung des realen Eigenverbrauches des Verunglückten wäre nicht eingetreten. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht auch die Biennien in seine Berechnungen einbezogen; diese hingen aber nicht mit einer Erhöhung des Eigenverbrauches zusammen.

Die Beklagten vertreten hingegen die Ansicht, die Eigenverbrauchsquote des Mannes wäre mit mindestens 45 %, jene der Klägerin mit höchstens 35 % anzunehmen gewesen, weil nach der Lebenserfahrung der Eigenverbrauch eines allmählich besser verdienenden Mannes eine dynamische Steigerung erfahre. Es sei aber auch die Eigenverbrauchsquote für das Kind mit höchstens 15 % zu hoch gegriffen, weil dem Kind auch die Familienbeihilfe und die Haushaltszulage zugute kommen.

Das Berufungsgericht hat jedoch der festgestellten Tatsache, daß der Verunglückte sehr sparsam war, dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß sein Eigenverbrauch als Alleinverdiener ausnahmsweise geringer als der seiner Gattin zugewendete Unterhalt angenommen wurde. Daß der Verunglückte bei sich bessernden Einkommensverhältnissen noch bedürfnisloser geworden wäre, ist ebensowenig anzunehmen wie, daß sich seine Bedürfnisse dynamisch gesteigert hätten. Das Berufungsgericht hat aber auch zutreffend ausgesprochen, daß man bei Berücksichtigung der Zuwendungen an das Kind bedenken müsse, daß dessen Bedürfnisse mit der Zeit immer größer würden, weshalb im Durchschnitt 15 % ungeachtet der Zulagen angemessen seien. Es ist also nicht erkennbar, daß dem Berufungsgericht bei der Anwendung des § 273 ZPO in diesem Belange ein Rechtsirrtum unterlaufen wäre.

Die Revision der Beklagten wendet sich gegen die Ansicht des Berufungsgerichtes, der gleichzeitige Tod des Kindes Renate wirke sich so aus, daß die Ansprüche der Hinterbliebenen so zu berechnen seien, als hätte der Verunglückte nicht zwei, sondern nur ein Kind gehabt. Die Beklagten meinen, es sei davon auszugehen, daß ohne den Unfall Vater und Kind weitergelebt hätten, da der Berechnung des Entgangs nach § 1327 ABGB die Fiktion des Weiterlebens zugrunde liege.

Demgegenüber weist die Revisionsbeantwortung der Klägerin zutreffend darauf hin, daß sich die Fiktion des Weiterlebens nur auf den getöteten Unterhaltspflichtigen beziehe. Es steht fest, daß das Kind Renate am 7. 5. 1968 gestorben ist. Es kann daher nur davon ausgegangen werden, welchen Unterhalt die Klägerin bezogen hätte, wenn ihr Gatte nicht auch am 7. 5. 1968 gestorben wäre. Dann hätte er aber eben nur mehr für die Klägerin und ein Kind zu sorgen gehabt.

Die Beklagten rügen schließlich, daß die monatliche Bausparrate in irgendeiner Form als Entgang der Klägerin berücksichtigt wurde. Die Bausparraten wären weder vor noch nach dem Tode des Gatten der Klägerin oder ihren Kindern zugeflossen. Es stehe nicht fest, ob mit diesen Mitteln ein Baugrund erworben worden wäre oder ob die Klägerin Miteigentümerin geworden wäre. Der Entgang völlig ungewisser und in der Zukunft liegender Möglichkeit könne nicht nach § 1327 ABGB berücksichtigt werden. Bei Erlangung eines Eigenheimes würde jener Teil der fixen Haushaltskosten wiederum in Wegfall kommen, der derzeit als Miete für Haus und Garage (S 600.- monatlich) geltend gemacht werde. Damit höben sich beide Beträge jedenfalls auf.

Es ist jedoch auch in diesem Punkte den Ausführungen des Berufungsgerichtes beizupflichten. Der Abschluß eines Bausparvertrages kann entweder dem Ziel der Beschaffung eines Eigenheimes oder aber dem steuerbegünstigten Ansparen einer größeren Geldsumme dienen. Angesichts der festgestellten Sparsamkeit, persönlichen Bedürfnislosigkeit und Fürsorglichkeit des Getöteten für seine Familie ist die Schlußfolgerung jedenfalls nicht denkgesetzwidrig, daß das Sparziel der Klägerin in gleicher Weise zugute gekommen wäre wie ihrem Gatten, wobei es sich in Anbetracht der Lebens- und Einkommensverhältnisse der Familie um eine Rücklage handelte, die Unterhaltscharakter hat.

Gegen den Aufhebungsbeschluß bringt der Rekurs der Klägerin vor, der Grund des Anspruches, nämlich Gewährung einer Rente auf unbestimmte Zeit, sei bereits rechtskräftig geklärt, weil schon im ersten Rechtsgang eine Rente von S 560,- monatlich ohne zeitliche Beschränkung rechtskräftig zuerkannt worden sei.

Diese Ansicht ist unzutreffend. Daß ein Rententeilzuspruch mangels Anfechtung ohne zeitliche Beschränkung rechtskräftig wurde, besagt nichts für das Ausmaß des noch streitverfangenen Anspruchsteiles.

Auch das weitere Argument der Klägerin, die Beklagten hätten nie eine zeitliche Beschränkung begehrt und hätten damit ihre grundsätzliche Haftung "bis auf weiteres" anerkannt, ist verfehlt, weil es Sache der Klägerin gewesen wäre, Behauptungen aufzustellen, weshalb ihr eine Rente auf ihre Lebenszeit gebühre (RZ 1972, 52).

Die Beklagten meinen in ihrem Rekurs, die Klägerin habe es unterlassen, rechtzeitig innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist ein Feststellungsbegehren einzubringen, daß die Beklagten für künftige Unfallsfolgen haften. Daher sei es der Klägerin verwehrt, für die Zeit nach dem 7. 5. 1971 einen höheren Entgang zu fordern, als sie ihn derzeit schon eingeklagt habe, und eine Erhöhung ihrer Rente auf Grund einer fiktiven Gehaltserhöhung oder Einkommensverbesserung zu begehren. Für eine Rentenherabsetzung hätten jedoch die Beklagten die Möglichkeit, eine Oppositionsklage einzubringen.

Die Klägerin hat jedoch innerhalb der Verjährungsfrist ein Begehren auf Schadenersatz in Rentenform auf unbestimmte Zeit gestellt, so daß die Frage der Verjährung im vorliegenden Prozeß überhaupt keine Rolle spielen kann.

Die Klägerin macht schließlich geltend, die Frage, wann ihr Mann in den Ruhestand getreten wäre, könne derzeit überhaupt nicht gelöst werden.

Zur Widerlegung dieser Ansicht genügt es, auf die Ausführungen des Revisionsgerichtes in der Entscheidung RZ 1972. 52 hinzuweisen.

Es ist allerdings - was die Dauer des Rentenanspruches der Klägerin anlangt - zu beachten, daß ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Ansprüchen nach § 1325 ABGB und jenen nach § 1327 ABGB besteht. Im ersteren Fall handelt es sich um Ansprüche des unmittelbar Geschädigten, die ihrer Natur nach äußerstenfalls mit seinem Tode enden. Im zweiten Falle handelt es sich um mittelbare Ansprüche eines Dritten, die nicht in erster Linie von der Lebensdauer dieses Dritten, sondern von der Dauer der Unterhaltspflicht des Getöteten abhängen. Da diese normalerweise mit seinem Tode endet, ist die Ermittlung des Zeitpunktes seines mutmaßlichen Todes unerläßlich. (Im gleichen Sinne Palandt BGB31 Anm 6 B zu § 844 und Geigel, Haftpflichtprozeß14 8, 40). Diese materielle Voraussetzung des Anspruches der Klägerin ist von dieser zu beweisen (Wussow UHR10 1097). Es wäre daher auch unzulässig, die Rente der Witwe mit der Begründung für ihre Lebenszeit - also auf unbestimmte Zeit - zuzusprechen, daß der Getötete vermutlich ebenso lange gelebt haben würde wie die unterhaltsberechtigte Witwe (RG JW 27, 2371). Daneben wäre es auch Sache der Klägerin zu beweisen, daß die Pensionierung ihres Gatten ihren Unterhaltsanspruch nicht geschmälert hätte. Das Berufungsgericht hat also mit Recht das Ersturteil aufgehoben, weil entscheidungswesentliche Feststellungen fehlen.

Das Berufungsgericht meinte allerdings, der Rentenzuspruch könne bis zum 31. 3. 1994 aufrecht bleiben, weil der Gatte der Klägerin frühestens mit diesem Zeitpunkte (60. Lebensjahr) in Pension gegangen wäre. Dabei wurde übersehen, daß ja iS der vorigen Ausführungen erst geklärt werden muß, wie alt der Gatte der Klägerin ohne den Unfall voraussichtlich geworden wäre. Da der anzunehmende Zeitpunkt seines Ablebens auch vor seinem 60. Lebensjahr gelegen sein könnte, war daher der Revision der Beklagten insofern stattzugeben, daß auch der über das Ersturteil hinausgehende Rentenzuspruch aufzuheben war.

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