OGH 1Ob166/71

OGH1Ob166/7124.6.1971

SZ 44/101

Normen

ABGB §435
ABGB §830
ABGB §843
ABGB §1090
ABGB §435
ABGB §830
ABGB §843
ABGB §1090

 

Spruch:

Eine Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an einem Superädifikat und der Rechtsgemeinschaft an dem Bestandrecht an der Liegenschaft, auf der das Superädifikat errichtet wurde, durch gerichtliche Feilbietung ist nur möglich, wenn bereits im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz die Zustimmung des Gründeigentümers zum Eintritt des Erwerbers in den bestehenden Bestandvertrag mit den Miteigentümern des Superädifikates vorliegt

OGH 24. 6. 1971, 1 Ob 166/71 (OLG Wien 7 R 16/71; KG Korneuburg 3 Cg 292/70)

Text

Die Streitteile waren seit 25. 6. 1960 miteinander verheiratet. Sie beschlossen, auf dem Grundstück Langenzersdorf, A-gasse 14, das im Eigentum des Stiftes Klosterneuburg steht, ein Superädifikat zu errichten. Am 9. 5. 1961 schlossen sie mit dem Stift Klosterneuburg einen als Pachtvertrag bezeichneten Bestandvertrag über dieses Grundstück. Der Punkt 5 der Allgemeinen Pachtbedingungen lautet wie folgt: "Jegliche Unterverpachtung einschließlich unentgeltlicher Weitergabe von Rechten aus dem Pachtvertrag ist verboten. Desgleichen die Veräußerung von Superädifikaten ohne schriftliche Zustimmung des Stiftes, soferne diese Gebäude auf der Grundfläche verbleiben sollen. Das von den Streitteilen unter Mithilfe ihrer Familie errichtete Gebäude, das je zur Hälfte in ihrem Eigentum steht, ist teilweise fertiggestellt und hat heute einen Wert von S 206.000.-. Es besteht aus Keller, Erd- und Dachgeschoß; im Keller befindet sich der Garagenraum, das Erdgeschoß enthält Zimmer, Küche, Kabinett, Bad, WC und Vorraum, im Dachgeschoß waren zwei Wohnräume vorgesehen. Die Ehe der Streitteile wurde am 3. 2. 1969 rechtskräftig geschieden. Die Beklagte bewohnt das Haus mit ihrer aus der Ehe mit dem Kläger stammenden, am 1. 7. 1963 geborenen Tochter Susanne und ihrem jetzigen Ehemann, den sie am 6. 6. 1970 heiratete. Eine Realteilung des Gebäudes ist nicht möglich. Der Kläger begehrt die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft der Streitteile an dem als Superädifikat errichteten Einfamilienhaus in Langenzersdorf, A-gasse 14, und der Rechtsgemeinschaft der Streitteile an dem Bestandrecht an dem Grundstück Langenzersdorf, Agasse 14, durch gerichtliche Feilbietung. Die Beklagte wendete Unzeit, Errichtung des Superädifikates überwiegend auf ihre Kosten sowie Undurchführbarkeit des Begehrens mangels Zustimmung des Gründeigentümers ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es sei vereinbart gewesen, daß die Streitteile Hälfteeigentum erwerben sollten, so daß es darauf, wer mehr zum Bau beigetragen habe, nicht ankomme. Unzeit liege nicht vor, weil der jetzige Ehemann der Beklagten verpflichtet sei, ihr eine Unterkunft zu beschaffen. Der Einwand, daß die Abänderung des Bestandrechtes an die Zustimmung des Bestandgebers gebunden sei, gehe aber ins Leere, weil das Urteil nur Recht zwischen den Streitteilen schaffe, die zusätzlich einzuholende Zustimmung des Bestandgebers bleibe unberührt.

Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 15.000.- übersteige. Aus dem Bestandvertrag mit dem Chorherrenstift Klosterneuburg könne kein Verzicht der Streitteile auf die Veräußerung des Superädifikates abgeleitet werden, der das Teilungsbegehren grundsätzlich unzulässig machen würde, da auch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot nicht den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft hindere. Bestandrechte seien allerdings grundsätzlich ohne Beteiligung (Zustimmung) des Bestandgebers nicht veräußerlich; im Rahmen der Feilbietung käme daher ohne eine solche Zustimmung nur ein Verkauf des Bauwerkes auf Abbruch in Betracht, der aber nach den Prozeßbehauptungen der Parteien offensichtlich nicht in Betracht gezogen werde. Die Modalitäten der Zustimmung des Bestandgebers anzuführen, werde aber Sache der Vereinbarung der Streitteile über die Durchführung der Feilbietung sein, allenfalls im Rahmen des einzuleitenden Exekutionsverfahrens nach § 352 EO einen Gegenstand der festzustellenden Versteigerungsbedingungen zu bilden haben. So wäre etwa eine vom Ersteher beizubringende Zustimmungserklärung des Bestandgebers bei Erwerb des Superädifikates bei gleichzeitig gebilligter Aufgabe der Bestandrechte der Streitteile und neu eingeräumter Bestandrechte für den Erwerber denkbar. Mit dem Teilungsurteil sei nur die Zulässigkeit der Aufhebung der Gemeinschaft durch Feilbietung der Sache auszusprechen. Bis zur tatsächlichen Durchführung der Veräußerung und der Eintragung (Urkundenhinterlegung) des neuen Eigentümers bleibe die Gemeinschaft noch bestehen, zumal nicht feststehe, ob und unter welchen Voraussetzungen es zur Feilbietung komme und ob sich ein Ersteher unter den vorgesehenen Bedingungen finde.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten Folge und wies in Abänderung der Urteile der Untergerichte das Klagebegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Streitteile sind Inhaber von Superädifikatsrechten, kraft deren sie auf einem in Bestand genommenen Grundstück mit Wissen des Gründeigentümers, des Stiftes Klosterneuburg, ohne Begründung eines Baurechtes ein in ihrem Eigentum verbleibendes Bauwerk errichten durften (Kollroß, Die Exekution auf Vermögensrechte und Unternehmungen 114), und damit von Rechten, die insbesondere häufig vom Stift Klosterneuburg eingeräumt werden und daher auch schon mehrfach, insbesondere im Zusammenhang mit Exekutionsführungen Dritter, ausdrücklich im Schrifttum erwähnt und erörtert wurden (zB von Klang in seinem Komm[2] II 27; Gschnitzer, Sachenrecht 97;

Ehrenzweig[2] I/2, 29; Graschopf, Das Recht an Siedlungshäusern und anderen Bauwerken auf fremden Grund 13, Kollroß in GZ 1930, 150;

Nemethy in JBl 1899, 2). Die errichteten Bauwerke gelten, auch wenn einzelne Bestimmungen über unbewegliche Sachen Anwendung finden (vgl Klang aaO; Ehrenzweig aaO 30), grundsätzlich als bewegliche Sachen, selbst wenn sie, wie im vorliegenden Fall, in eine feste Verbindung mit Grund und Boden gebracht wurden (Graschopf aaO 11 f) und die Erbauer des Bauwerkes der begrundeten Überzeugung sein konnten, daß sie in der Benützung des Bodens niemals eine Behinderung erfahren werden, wie dies in der Regel für Gründe, die vom Stift Klosterneuburg in Bestand genommen wurden, gilt (Kollroß in GZ 1930, 150).

Die Ausübung der Rechte bildet in der Regel so lange keine rechtlichen Schwierigkeiten, als sie nicht Gegenstand der Exekution sind oder verwertet werden sollen. Dann aber stellt sich heraus, daß ein Haus auf fremden Grund ein höchst problematischer Vermögenswert ist, der mit seiner rechtlich imaginären Grundlage einem Gebäude auf schwimmendem Sand gleicht, an dem nur die einzelnen Teile, die Steine und Ziegel, Beständigkeit haben, wogegen das Ganze in jedem Augenblick der Vernichtung ausgesetzt ist (Nemethy JBl 1899, 2). Die Rechtslage ist bei einer Exekutionsführung eines Dritten dadurch gekennzeichnet, daß ein Ersteher keine Gewähr dafür hat, das erstandene Bauwerk auch in Benützung nehmen zu können, weil das Recht am Grund durch die Exekution nicht erfaßt wird. Eine Verwertung eines mit dem Grund in feste Verbindung gebrachten Bauwerkes ist daher, da die Sache nicht durch deren Zerstörung verwertet werden soll, nur möglich, wenn der Ersteher in die Bestandrechte des Verpflichteten an Grund und Boden eintreten kann, der Gründeigentümer sich also verpflichtet, den Ersteher in die Pachtrechte des Verpflichteten eintreten zu lassen (Kollroß in GZ 1930, 151 f). Nichts anderes gilt für einen Verkauf, wenn, wie im vorliegenden Fall, der Gründeigentümer die Veräußerung des Superädifikates für den Fall, daß es auf der Grundfläche verbleiben soll, von seiner schriftlichen Zustimmung abhängig gemacht, sich also die Auflösung des Bestandvertrages für den Fall der Veräußerung vorbehalten hat.

Im vorliegenden Fall konnten sich die Streitteile über die Weiterverwendung des auf dem Grund des Stiftes Klosterneuburg errichteten Bauwerkes nicht einigen. Ein Antrag nach der 6. DVEheG wurde beiderseits nicht gestellt; da seit Rechtskraft des Scheidungsurteils mehr als ein Jahr vergangen ist, könnte auch in die Rechte des Stiftes Klosterneuburg nur mehr eingegriffen werden, wenn dieses einverstanden ist (§ 12 der 6. DVEheG). Dem Kläger steht allerdings dennoch das Recht zu, die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft zu verlangen (§ 830 ABGB). Es handelt sich hiebei um einen unbedingten Anspruch jedes Miteigentümers, der nur durch einen obligatorischen Vertrag unter den Miteigentümern (EvBl 1968/22 ua) ausgeschlossen werden kann, sonst aber nur insofern eingeschränkt wird, als er nicht zur Unzeit und nicht zum Nachteil der übrigen Miteigentümer geltend gemacht werden darf (EvBl 1969/234 und 407; SZ 31/79 ua). Dieses unbedingte Recht steht auch den Miteigentümern einer beweglichen Sache zu (RZ 1965, 127). Die Teilung erfolgt, wenn dies ohne beträchtliche Verminderung des Wertes der gemeinschaftlichen Sache möglich ist, in Form einer Naturalteilung, sonst aber, was für den vorliegenden Fall, wie unbestritten ist, zu gelten hat, durch Verkauf vermittels gerichtlicher Feilbietung und Verteilung des Kaufschillings unter die Teilhaber (§ 843 ABGB).

Dieses unbedingte Recht betrifft nun aber grundsätzlich nur Liegenschaften oder bewegliche Sachen (siehe dazu SZ 37/77; SZ 32/54; SZ 28/212; SZ 19/94 ua), die im Miteigentum stehen, im vorliegenden Falle also nur das Superädifikat, nicht aber den Grund, über den nur ein Bestandrecht besteht. Eine Teilung des Superädifikates allein könnte aber nur in der Form erfolgen, daß es auf Abbruch verkauft wird, ein Ziel, das auch der Kläger, wie schon das Berufungsgericht richtig darlegte, im vorliegenden Prozeß nicht anstrebt, hätte es doch die Vernichtung, jedenfalls aber die weitgehende Entwertung des Bauwerkes zur Folge. Den damit verbundenen Schwierigkeiten will der Kläger dadurch entgehen, daß er die Eigentumsgemeinschaft am Superädifikat und auch die Rechtsgemeinschaft an dem Bestandrecht durch gerichtliche Feilbietung, also durch Verkauf, aufheben will. Der Kläger will damit auch die Bestandrechte verkaufen.

Es können nun allerdings auch Rechte Gegenstand eines Kaufvertrages sein, aber nur, soweit sie einer dauernden Übertragung, also einer Änderung der rechtlichen Zuständigkeit, überhaupt fähig sind (Bydlinski in Klang[2] IV/2, 108). Theoretisch können - soweit, wie im vorliegenden Falle, das Mietengesetz nicht Anwendung findet -, auch Mietrechte verkauft werden, ohne daß es der Zustimmung des Vermieters bedarf; die Erfüllung ist allerdings gegen den Willen des Mieters nicht realisierbar, weil im Verhältnis zum Bestandgeber der Vertrag über die Abtretung von Mietrechten, solange dieser nicht zugestimmt hat, ohne Wirkung ist; die Erfüllung der zwischen Verkäufer und Käufer getroffenen Vereinbarung bedarf demnach der Zustimmung des Vermieters. Der Verkäufer haftet dem Käufer für die Durchsetzung der Kaufvertragsvereinbarung, es sei denn, daß der Vertrag vorbehaltlich der Genehmigung des Bestandgebers abgeschlossen wurde (vgl Wahle in Klang[2] IV/2 6 u 7). In Wahrheit handelt es sich dabei nicht um den Verkauf eines Bestandrechtes, sondern um die entgeltliche Zusage der Erwirkung der Bereitschaft des Bestandgebers zum Abschluß eines neuen Bestandvertrages mit dem Rechtsnachfolger. Die dementsprechende Vereinbarung liegt dann darin, daß auf Grund eines Vertrages mit dem Bestandgeber der bisherige Bestandnehmer aus dem Bestandvertrag ausscheidet und der Erwerber als neuer Bestandnehmer in diesen eintritt, also die Rechte und Pflichten des bisherigen Bestandnehmers übernimmt. Solche Vereinbarungen können ohne Zweifel im Wege vertraglicher Regelung herbeigeführt werden. Im Falle der Nichtdurchführbarkeit infolge Weigerung des Bestandgebers kann der Käufer dann vom Vertrag zurücktreten und daraus Ersatzansprüche gegen den Verkäufer ableiten. Nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes ist es jedoch ausgeschlossen, ein Bestandrecht, das einerseits aufgelöst und sodann von einer anderen Person mit dem Bestandgeber neu abgeschlossen werden muß, zum Gegenstand der gerichtlichen Feilbietung zu machen. Bestandrechte können vielmehr, solange nicht die ausdrückliche Zustimmung des Bestandgebers vorliegt, ebensowenig zum Gegenstand der gerichtlichen Feilbietung gemacht werden wie der Verkauf von Bestandrechten als zwangsweise Verwertungsform in Frage kommt (Kollroß, Die Exekution auf Vermögensrechte 110). Das muß insbesondere dann gelten, wenn der Bestandgeber ausdrücklich die Unterbestandgabe verboten, aber auch die Veräußerung des Superädifikates unter Verbleiben des auf seinem Grund errichteten Gebäudes ausdrücklich von seiner schriftlichen Zustimmung abhängig gemacht hat. Damit ist das Bestandrecht nämlich für den Fall, daß die schriftliche Zustimmung nicht vorliegt, ausdrücklich aus dem geschäftlichen Verkehr ausgeschlossen, was auch die Mitbestandnehmer untereinander gegen sich gelten lassen müssen. Voraussetzung für die Veräußerung eines solchen Bestandrechtes ist also das Vorliegen der schriftlichen Zustimmung des Bestandgebers zu einem solchen Vorgehen, da damit das Bestandrecht überhaupt erst übertragungsfähig gemacht wird. Nur dann kann auch die Rechtsgemeinschaft am Bestandrecht, wenn man der Auffassung beipflichtet, daß auch für das Innenverhältnis von Mitbestandgebernuntereinander die Vorschriften über die Eigentumsgemeinschaft sinngemäß anwendbar sind (vgl hiezu MietSlg 6924 ua; Klang in seinem Kommentar[2] V 9), wie eine Eigentumsgemeinschaft durch gerichtliche Feilbietung aufgelöst werden. Der Ansicht des Berufungsgerichtes, daß die Zustimmung erst im Exekutionsverfahren oder gar erst vom Ersteher eingeholt werden muß, kann nicht beigepflichtet werden. Diese Zustimmung muß spätestens bei Schluß der Verhandlung erster Instanz vorliegen.

Der Kläger hat damit nach der derzeitigen Rechtslage keinen Anspruch auf Aufhebung der Rechtsgemeinschaft an dem Bestandrecht über das Grundstück Langenzersdorf, A-gasse 14, durch gerichtliche Feilbietung. Es ist dann aber das gesamte Klagebegehren abzuweisen, da der Kläger, wie schon erwähnt, die gerichtliche Feilbietung des Superädifikates ohne Mitübertragung der Bestandrechte der Streitteile auf den Erwerber nicht anstrebt, weil er die Vernichtung des Superädifikates durch Abbruch nicht wünscht. Es soll nicht übersehen werden, daß der Kläger mit dem Ergebnis dieses Rechtsstreites schlechter gestellt ist als jeder andere Miteigentümer, der auch Eigentümer des Gründes ist, auf dem das von ihm errichtete Gebäude steht. Er muß aber die Rechtsfolgen, die sich daraus ergeben, daß das Recht auf Belassung des Superädifikates bei Verkauf von der Zustimmung des Bestandgebers abhängt, gegen sich gelten lassen, kann also auch der Beklagten gegenüber nicht Ansprüche durchsetzen, die über seine Rechte hinausgehen. Genau das will er aber erreichen, wäre er doch selbst bei Übereinstimmung mit der Beklagten ohne schriftliche Zustimmung der Bestandgeberin nicht berechtigt gewesen, das Superädifikat unter Belassung auf dem Gründe der Bestandgeberin ohne deren Zustimmung zu veräußern.

Die Urteile der Untergerichte sind daher dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wird.

Stichworte