Normen
AO §53 Abs6
AO §53 Abs6
Spruch:
Voraussetzung des § 53 Abs 6 AO ist, daß die Nichtberücksichtigung ausschließlich durch die böse Absicht oder Fahrlässigkeit des Ausgleichsschuldners verursacht wurde
OGH 21. 4. 1971, 6 Ob 78/71 (OLG Graz 3 R 143/70; KG Leoben 7 Cg 176/68)
Text
Der Kläger ist Alleininhaber der Firma A G, Modenhaus, in K. In seinem Auftrag führte der Beklagte in den Jahren 1965 und 1966 einen Geschäftsausbau an der zum Firmenvermögen gehörenden Liegenschaft EZ 66 KG K, Haus in der M-gasse 11, durch. Mit der am 3. 5. 1968 eingebrachten Klage begehrte der Kläger aus dem Titel der Gewährleistung und des Schadenersatzes, um die Schäden selbst beheben zu lassen, die Zahlung eines Deckungskapitals - nach Einschränkung - von S 83.442.20 sA. Im Zuge dieses Rechtsstreites wurde über das Vermögen des Beklagten zu Sa ..../69 des Kreisgerichtes Leoben das Ausgleichsverfahren eröffnet und am 16. 4. 1969 ein Ausgleich abgeschlossen, wonach die nichtbevorrechteten Gläubiger eine Quote von 100% ihrer Forderungen, zahlbar binnen 2 Jahren nach Annahme des Ausgleichsvorschlages, erhalten. Der Ausgleich wurde mit Beschluß vom 3. 10. 1969 bestätigt und das Ausgleichsverfahren mit Beschluß vom 3. 11. 1969 gemäß § 55 Abs 2 AO aufgehoben. Die mündliche Verhandlung in dem vorliegenden Verfahren wurde am 29. 6. 1970 geschlossen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Wenn auch, wie festgestellt sei, die vom Beklagten durchgeführten Arbeiten mangelhaft seien und die Kosten der notwendigen Sanierung S 107.516.- betrügen, sodaß sich nach Abschluß der unbestrittenen Gegenforderung des Beklagten von S 24.073.80 eine Forderung des Klägers von S 83.442.20 ergäbe, so sei diese doch im Hinblick auf den abgeschlossenen Ausgleich noch nicht fällig.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Soweit der Kläger geltend macht, daß der Rechtsstreit durch die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht berührt wurde, ist dies wohl richtig. Doch handelt es sich nach Abschluß des Ausgleiches während der Anhängigkeit des Prozeßverfahrens nicht mehr darum, sondern vielmehr um die Frage der Wirkungen des Ausgleichs. Gemäß § 53 Abs 1 AO wird durch den gerichtlich bestätigten Ausgleich der Schuldner von der Verbindlichkeit befreit, seinen Gläubigern den Ausfall, den sie erleiden, nachträglich zu ersetzen oder für die sonst gewährte Begünstigung nachträglich aufzukommen, gleichviel ob sie am Verfahren oder an der Abstimmung über den Ausgleich teilgenommen oder gegen den Ausgleich gestimmt haben. Durch die Annahme und Bestätigung des Ausgleichs wird nun entgegen der Meinung des Klägers die Fälligkeit der vom Ausgleich erfaßten Forderungen hinausgeschoben (EvBl 1964/50 = JBl 1964, 268, SZ 37/168, 5 Ob 91/66). Ist damit aber im gegebenen Fall im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz noch keine Ausgleichsrate im Sinne des bestätigten Ausgleichs fällig geworden, so kann nach der schon vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung eine Verurteilung des Ausgleichsschuldners weder zur Zahlung der ganzen vom Ausgleich erfaßten Forderung noch auch eines Teiles derselben erfolgen.
Daran ändert auch nichts, daß der Kläger einen Anspruch auf Bezahlung eines Deckungskapitals zur Vornahme notwendiger Arbeiten geltend macht, da auch eine solche Forderung keinen anderen Rechtsgrundsätzen unterliegt. Es ist für ihn aber auch aus seinem Hinweis auf eine für ihn tatsächlich nicht bestandene Verpflichtung, seine Forderung im Ausgleich anzumelden, nichts zu gewinnen. Wesentlich ist allein, ob der gerichtlich bestätigte Ausgleich auch Wirkungen für und gegen den Kläger als einen Gläubiger, der seine Forderung nicht anmeldete, hat. Das ist aber zu bejahen, wie auch in der von der Revision zitierten Entscheidung 1 Ob 260/67 (= RZ 1968,
112) ausgeführt wurde. Anders wäre es gemäß § 53 Abs 6 AO, wenn die Forderung des Klägers nur aus Verschulden des Schuldners im Ausgleich unberücksichtigt geblieben wäre. Dieser Fall setzt voraus, daß die Nichtberücksichtigung ausschließlich durch die böse Absicht oder Fahrlässigkeit des Ausgleichsschuldners verursacht wurde (Bartsch - Pollak, Ausgleichsordnung II 435, Anm 6). Soweit die Lehre (Bartsch - Pollak aaO 438 Anm 14) darin eine historisch überlebte Norm ohne Anwendungsgebiet erblickt, folgt ihr die Rechtsprechung darin nicht (SZ 7/160, 16/180, EvBl 1956/45). Doch ist auch daraus für den Kläger nichts zu gewinnen, da ihm, der seinen Sitz ebenso wie der Beklagte in K, somit noch dazu in einem relativ kleinen Ort, hat, durchaus zugemutet werden konnte, über die wirtschaftliche Lage seines Schuldners Erhebungen zu führen. Wenn er diese unterlassen hat, kann von einer Nichtberücksichtigung seiner Forderung im Ausgleich nur aus Verschulden des Beklagten, das erforderlich wäre, keine Rede sein.
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