Spruch:
Befugnis der Erbeserben, zum Nachlaß des Erblassers unmittelbar Erbserklärungen abzugeben, wenn ihnen der Nachlaß der Erbin bereits eingeantwortet wurde
OGH 28. Oktober 1970, 6 Ob 261/70 (KG Krems R 213/70; BG Horn A 115/68)
Text
Der Erblasser wurde mit Beschluß des KG Krems vom 15. März 1968, T ../67, für tot erklärt. Es wurde festgestellt, daß er den 8. Mai 1945 nicht überlebt hat. Zur gesetzlichen Erbfolge ist u a die Schwester des Erblassers, Franziska, verehelichte H, zu 1/6 Anteil berufen. Sie ist am 20. August 1949 verstorben. Ihr Nachlaß wurde mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes E vom 14. November 1949, A .../49-7, dem Witwer Franz H zu 1/4 und den beiden Söhnen Friedrich D und Karl H zu je 3/8 Anteilen eingeantwortet. Sie gaben nun neben der Witwe und den noch lebenden Geschwistern des Erblassers zu dessen Nachlaß, und zwar Franz H zu 1/24 und Friedrich D und Karl H zu je 1/16 Anteil, die unbedingte Erbserklärung ab.
Das Erstgericht wies sie zurück. Den Einschreitern stehe als Transmissaren kein unmittelbares Erbrecht nach dem Erblasser zu. Ihre Erbserklärungen wären im Namen der Verlassenschaft nach Franziska H abzugeben gewesen. Hinsichtlich dieses Anteiles werde sodann eine Nachtragsabhandlung einzuleiten sein.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs dieser Erben keine Folge.
Der Oberste Gerichtshof gab deren Revisionsrekurs Folge und hob die Beschlüsse der Untergerichte auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Den Untergerichten ist zwar beizupflichten, daß der Transmissar kein unmittelbares Erbrecht gegenüber dem Erblasser hat. Er kann daher wohl grundsätzlich keine Erbserklärung zum Nachlaß abgeben. Die dem Transmittenten angefallene Erbschaft ist vielmehr von seiner ruhenden Verlassenschaft anzutreten. Im vorliegenden Fall ist aber davon auszugehen, daß die zur gesetzlichen Erbfolge berufene Schwester des Erblassers Franziska, verehelichte H, nicht nur nachverstorben ist, sondern auch ihr Nachlaß bereits längst rechtskräftig ihrem Witwer Franz H und ihren beiden Söhnen Friedrich D und Karl H eingeantwortet wurde. Eine Verlassenschaft nach dieser Schwester des Erblassers besteht daher nicht mehr. An ihre Stelle sind durch die Einantwortung die Erben dieser Schwester getreten. Es kann daher die Verlassenschaft auch keine Erbserklärungen mehr abgeben. Die Geltendmachung der dieser Schwester des Erblassers gebührenden Rechte steht vielmehr ihren Erben zu. In dieser Eigenschaft können sie insbesondere auch die Erbserklärung zum Nachlaß des Friedrich D. abgeben, und es wird ihnen gegebenenfalls auch der Nachlaß einzuantworten sein. Wird nämlich, wie es hier der Fall ist, die zweite Abhandlung früher beendet als die erste, so wird der erste Nachlaß unmittelbar dem Erbeserben eingeantwortet (Ehrenzweig[2] II/2 367, Anm 8). Die von den Untergerichten vertretene Auffassung, daß vorerst eine längst nicht mehr bestehende Verlassenschaft nach der Schwester des Erblassers auftreten müßte, ist offenbar gesetzwidrig (§ 819 ABGB).
Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben. Das Erstgericht wird nach Prüfung der von den Einschreitern geltend gemachten verwandtschaftlichen Beziehungen zum Erblasser über die von ihnen abgegebenen Erbserklärungen neuerlich zu entscheiden haben.
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