OGH 1Ob87/70

OGH1Ob87/7018.6.1970

SZ 43/103

Normen

ABGB §830
ABGB §841
EO §351
Tiroler Höfegesetz §2
Tiroler Höfegesetz §14
ABGB §830
ABGB §841
EO §351
Tiroler Höfegesetz §2
Tiroler Höfegesetz §14

 

Spruch:

Unzulässigkeit der Klage auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Naturalteilung an einem "geschlossenen Hof" ohne Zustimmung auf Höfebehörde

OGH 18. Juni 1970, 1 Ob 87/70 (OLG Innsbruck 2 R 252/69; LG Innsbruck 6 Cg 410/69)

Text

Die Liegenschaft EZ 8 I der KG J steht im ideellen Miteigentum der Streitteile, wobei den beiden Klägern zusammen 8/16 und der Beklagten ebenfalls 8/10 zustehen. Die Liegenschaft stellt keinen einheitlichen Grundstückskomplex dar. Die Kläger begehren mit der seit 17. Juni 1969 anhängigen Klage die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch körperliche Teilung.

Die Beklagte beantragte Klagsabweisung und wendete ein, daß eine Realteilung insbesondere nach den Bestimmungen des TirHG ausgeschlossen sei. Auch die Grundverkehrskommission würde einer Realteilung niemals zustimmen. Darüber hinaus würde die verpachtete Liegenschaft durch eine solche Teilung erheblich an Wert verlieren, da jeder Pächter naturgemäß für Teilstücke nur einen geringeren Pachtzins entrichten würde, als der Größe der einzelnen Teilstücke im Verhältnis zur Summe des Pachtschullings für die ungeteilte Liegenschaft entspräche. Schließlich wurde auch Unzeit zum Nachteil der Miteigentümer eingewendet, weil derzeit am Realitätenmarkt eine gewisse Krisenstimmung herrschte. Den Klägern mangle es ferner an jedem Rechtsschutzinteresse, denn bei einer Realteilung könnten sie niemals mehr, sondern nur weniger an Pachtzins erhalten.

Der Erstrichter wies das Klagebegehren ab. Die Begründung seiner Entscheidung läßt sich wie folgt zusammenfassen: Bei der vorliegenden Liegenschaft EZ 8/I KG J handelt es sich um den geschlossenen Hof "B". Bei einem geschlossenen Hof mit einer landwirtschaftlich nutzbaren Fläche von rund 7 ha hat ein Antrag auf Realteilung bei bestehender Höfeeigenschaft auf Grund der Bestimmungen des TirHG kaum Aussicht auf Erfolg. Ein von den Klägern bei der Höfebehörde erster Instanz gestellter Antrag auf Aufhebung der Höfeeigenschaft wurde mit der Begründung zurückgewiesen, daß zur Antragstellung nur alle Liegenschaftseigentümer gemeinsam befugt seien. Über das Rechtsmittel der Kläger gegen diesen Bescheid wurde noch nicht entschieden.

Diesen Sachverhalt würdigte der Erstrichter dahin, daß gemäß § 2 des TirHG alle Veränderungen an Bestand und Umfang der geschlossenen Höfe, die weder durch Enteignung noch durch eine im Sinne des Art VI Abs 1 d G 17. März 1897 RGBl 77 zulässige Zwangsversteigerung bewirkt wurden, der Bewilligtung der Höfebehörde bedürfen. Die von den Klägern geforderte Realteilung sei als eine Veränderung am Bestande des geschlossenen Hofes im Sinne des § 2 des TirHG zu werten, die der Bewilligung der Höhebehörde bedürfe. Der Einwand, die Bewilligung der Höfebehörde sei erst im Zuge der auf Grund des Teilungsurteiles durchzuführenden Exekution einzuholen, gehe ins Leere, da die Höfebehörde nicht nur über die praktische Durchführung der Realteilung eines geschlossenen Hofes zu befinden habe, sondern auch darüber, ob eine Realteilung überhaupt zulässig sei. Daß aber selbst ein von allen Miteigentümern gestellter Antrag auf Realteilung bei bestehender Höfeeigenschaft kaum Aussicht auf Erfolg bei der Höfebehörde habe, sei erwiesen. Angesichts dieser Sachlage sei den Klägern das Rechtsschutzinteresse abzusprechen, in einem Rechtsstreit ein Teilungsurteil zu erwirken, das mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in Vollzug gesetzt werden könnte. Solange die Liegenschaft den Bestimmungen des TirHG unterliege, und die grundsätzliche Zustimmung der Höfebehörde zur geforderten körperlichen Teilung der Liegenschaft fehle, seien die Kläger nicht berechtigt, gemäß § 830 ABGB auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Realteilung zu dringen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der beiden Kläger keine Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, daß die Teilungsklage eine Rechtsgestaltungsklage und daher ein stattgebendes Urteil ein Rechtsgestaltungsurteil sei, womit die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Real- oder durch Zivilteilung ausgesprochen werde. Das Gericht habe daher bei der Entscheidung über eine Teilungsklage auf öffentlich-rechtliche Teilungsbeschränkungen, die zwar die Teilbarkeit nicht aufheben, aber doch die Zulässigkeit der Teilung vom Vorhandensein gewisser Voraussetzungen abhängig machen, zu berücksichtigen. Zu derartigen öffentlich rechtlichen Teilungsbeschränkungen zähle aber, wenn die Teilungsklage einen geschlossenen Hof zum Gegenstand habe, die Bestimmung des § 2 des TirHG. Da weder die Höfeeigenschaft bisher aufgehoben worden sei noch die Höfebehörde die von den Klägern begehrte Realteilung genehmigt habe, könne ein dem Teilungsbegehren der Kläger stattgebendes Urteil nicht gefällt werden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Kläger nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Zu der Revision wird im wesentlichen ausgeführt, daß die Höfebehörde erst auf Grund eines Teilungsurteiles in der Lage sei, über die Bewilligung oder Nichtbewilligung der Teilung abzusprechen; denn mit dem Teilungsurteil werde erst eine "Veränderung" am Bestande und Umfange des geschlossenen Hofes bewirkt. Der Höfebehörde müsse der genaue Umfang der Teilung bekannt sein, der sich aber erst aus der Beschlußfassung im Rahmen des Exekutionsverfahrens - bei Abgang einer Einigung - ergeben könne.

Dieser Ansicht vermag das Revisionsgericht nicht beizutreten. Die Bestimmungen des TirHG, wonach Veränderungen an dem Bestande und Umfange eines geschlossenen Hofes der Bewilligung der Höfebehörde bedürfen, sind mit den Worten: "Beschränkungen der Verfügungsfreiheit des Eigentümers" überschrieben. Dies bedeutet, daß der Eigentümer eines solches Hofes grundsätzlich überhaupt nicht befugt ist, ohne vorherige Genehmigung der Höfebehörde Verfügungen zu treffen, soweit diese den gesetzlichen Beschränkungen des TirHG unterliegen. Es kann aber kein Zweifel bestehen, daß die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an einem geschlossenen Hofe im Wege der Realteilung, da sie eine Veränderung an dem Bestande und Umfange des geschlossenen Hofes zur Folge haben soll, eine Verfügung im Sinne des § 2 TirHG darstellt. Wenn nun die Kläger als Hälfteeigentümer gegenüber der Beklagten als andere Hälfteeigentümer im Prozeßwege die Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Realteilung des geschlossenen Hofes erwirken wollen, so streben sie im Wege über die gerichtliche Entscheidung den Ersatz einer Verfügung an, die sie nicht treffen dürfen, solange die Zustimmung zu dieser Verfügung durch die Höfebehörde nicht vorliegt.

Der Einwand, daß die Miteigentümer ungeachtet der Vorschrift des § 2 TirHG die Naturalteilung vertraglich, also außergerichtlich festsetzen und nachträglich um die Genehmigung bei der Höfebehörde ansuchen könnten, ist nicht zielführend. Zweifelsohne könnte ein solcher Vertrag zwischen den Miteigentümern geschlossen werden, jedoch nur unter der stillschweigenden Bedingung, daß die Höfebehörde die Zustimmung erteilt. Eine solche vertragliche Regelung würde lediglich bewirken, daß die Partner bis zur allfälligen Versagung der behördlichen Zustimmung zur Teilung an den Vertrag gebunden sind, nicht aber schon die Aufhebung der Gemeinschaft herbeiführen. Das Gericht kann aber sein Urteil auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Naturalteilung nicht vorbehaltlich seiner Genehmigung durch eine Verwaltungsbehörde fällen, weshalb die für die Verbücherung einer vertraglich vereinbarten Veränderung am Bestand eines geschlossenen Hofes geltenden Bestimmung (§ 14 Abs 1 TirHG) im vorliegenden Fall bzw in einem Verfahren nach § 351 EO nicht analog anwendbar sind.

Wenn daher die Untergerichte das Klagebegehren mangels Aufhebung der Höfeeigenschaft bzw Genehmigung der körperlichen Teilung durch die Höfebehörde abgewiesen haben, kann darin ein Rechtsirrtum nicht erkannt werden. Soweit die Revision vermeint, das Gericht hätte bis zur Erledigung des Verfahrens über die Aufhebung der Höfeeigenschaft bei der Höfebehörde das gegenständliche Verfahren unterbrechen müssen, übersehen die Kläger, daß es sich bei der Bestimmung des § 190 ZPO nicht um eine zwingende Norm handelt.

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