OGH 6Ob77/70

OGH6Ob77/706.5.1970

SZ 43/87

Normen

HGB §1
HGB §1

 

Spruch:

Die Personenbeförderung mittels Flugzeugen gilt als Handelsgewerbe nur dann, wenn sie im Rahmen von Anstalten, das ist von Großbetrieben, erfolgt

OGH 6. Mai 1970, 6 Ob 77/70 (OLG Graz 5 R 158/69; LG Klagenfurt 6 Fa 34/69)

Text

Die Antragsteller begehrten Eintragung der Firma HS-Flug, Luftfahrtgesellschaft Ing. W & Co KG, S. Gegenstand des Unternehmens seien der Betrieb einer Luftfahrtgesellschaft und der Handel mit Luftfahrtgeräten.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Es stellte im wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Antragsteller haben Eigentumsrechte an verschiedenen Luftfahrzeugen, und zwar an einer Piper, bewertet mit 100.000 S, an zwei Cessna, bewertet mit 135.000 S bzw 153.000 S, sowie an zwei Morawa, bewertet mit je 35.000 S. Hinsichtlich der Piper stehen die Papiere, da sie in einem Prozeßverfahren zu Gericht erlegt sind, nicht zur Verfügung der Antragsteller. Diese Maschine kann daher, ebenso wie die beiden Cessna, da auch deren Papiere nicht zur Verfügung sind, nicht zum Einsatz gebracht werden, sodaß lediglich die beiden Morawa verbleiben. Für Bürozwecke wurde ein Raum gemietet, in dem sich ein Schreibtisch und ein Aktenschrank befinden. Ein Telefon ist nicht vorhanden, das Büro ist nicht besetzt.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, bei Bedachtnahme auf die allein in Betracht kommenden Morawa-Flugzeuge liege kein entsprechendes Anlagevermögen vor. Der Umfang des Unternehmens gehe nicht über den des Kleingewerbebetriebes hinaus. Auch eine kaufmännische Organisation in einem einen Kleingewerbebetrieb übersteigenden Umfang liege nicht vor.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller Folge und hob den Beschluß auf. Zunächst sei das Erstgericht darauf, daß Gegenstand des Unternehmens auch der Handel mit Luftfahrtgeräten sein soll, nicht eingegangen. Aber auch im übrigen bedürfe es noch der näheren Erörterung der Entwicklungsmöglichkeiten des Unternehmens.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Kärnten Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichts wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Primär ist davon auszugehen, daß die Antragsteller zwar in ihrem Antrag als Gegenstand des Unternehmens auch den Handel mit Luftfahrtgeräten bezeichneten, daß sie aber in dem gesamten weiteren Verfahren darauf nicht näher zurückkamen. Obwohl ihnen mehrfach Gelegenheit geboten war, nahmen sie auf diesen angeblichen Gegenstand des Unternehmens nicht nur nicht mehr Bezug, sondern in ihrem Rekurs gegen den ihren Antrag abweisenden Beschluß des Erstgerichts bezeichneten sie selbst den Gegenstand nur,mehr mit Personenbeförderung. Unter diesen Umständen kann diese ausdrückliche Bezeichnung des Gegenstandes durch die Antragsteller nur dahin verstanden werden, daß sie dem angeblichen Handel mit Luftfahrtgeräten selbst keine wesentliche Bedeutung beilegten. Soweit das Rekursgericht in dieser Richtung eine Ergänzung des Verfahrens für erforderlich erachtet, kann ihm daher nicht gefolgt werden.

Aber auch im übrigen erscheint der Sachverhalt ausreichend erörtert. Die Personenbeförderung zu Lande, der der technischen Entwicklung folgend, die von den Antragstellern beabsichtigte Beförderung mittels

Flugzeugen gleichzuhalten ist (Hämmerle, Handelsrecht[2] I 71 Schlegelberger, Handelsgesetz[4] zu § 1 Anm 51), gilt als Handelsgewerbe nur dann, wenn sie im Rahmen von Anstalten, das ist von Großbetrieben, erfolgt (Hämmerle[2] I 70, Schlegelberger[4] zu § 1 Anm 51). Maßgebend dafür sind grundsätzlich die derzeitigen Verhältnisse, wobei allerdings ein Handelsgewerbe, wenn es von Anfang an auf einem vollkaufmännischen Betrieb angelegt ist und seine alsbaldige Entfaltung zum Großbetrieb bevorsteht, als vollkaufmännisches Gewerbe zu behandeln ist(Hämmerle[1] I 114, Schlegelberger[4] zu § 4 Anm 18).

Ebenso führt der Großkommentar zum HGB[3] in Anm 10 zu § 4 170 aus, daß es bei Beurteilung der Vollkaufmannseigenschaft immer auf den Zeitpunkt der Entscheidung über das Registrierungsgesuch ankommt und daß zukünftige Verhältnisse nur insoweit zu berücksichtigen sind, als genügend Anhaltspunkte für eine entsprechende Entwicklung vorhanden sind. Diese Voraussetzungen sind aber hier nicht erfüllt. Es kann nur davon ausgegangen werden, daß den Antragstellern zwei Flugzeuge im Bilanzwert von je 35.000 S zur

Verfügung stehen. Ob sie auch die weiteren drei Flugzeuge, wie sie beabsichtigen, zum Einsatz bringen können, hängt dagegen vom Ausgang eines Prozeßverfahrens ab, das zur Zeit der Entscheidung der Untergerichte noch anhängig war. Mit der Erklärung der Antragsteller, auch diese Flugzeuge sowie gegebenenfalls noch weitere Chartermaschinen einzusetzen, könnten sie daher nur Hoffnungen auf eine gedeihliche künftige Entwicklung des Unternehmens ausdrücken, wie sie wohl bei jeder Geschäftsgrundung bestehen, die aber den vorbezeichneten Erfordernissen nicht genügen können.

Für die Antragsteller ist dazu auch aus ihrem Hinweis, daß ihnen schon derzeit wenigstens zwei mehrsitzige Maschinen zur Verfügung stehen, nichts zu gewinnen. Sie selbst bezeichnen die Anzahl der Plätze überhaupt nicht. Nach den unbedenklichen Ausführungen der Kammer sind die beiden Flugzeuge bei Sichtflügen nur für je vier, bei Instrumentenflügen nur für je drei Passagiere zugelassen. Unter diesen Umständen kann aber weder von einem Großbetrieb der Antragsteller, noch auch - da es sich diesbezüglich lediglich um Hoffnungen handelt - davon, daß das Unternehmen auf die alsbaldige Entfaltung zu einem Großbetrieb angelegt wäre, die Rede sein. Richtig ist, daß es bei der Prüfung der Vollkaufmannseigenschaft nicht nur auf den Umfang des Betriebes, sondern auch darauf ankommt, ob er nach Art und Umfang kaufmännische Einrichtungen erfordert. Bei Bedachtnahme auf die den Antragstellern bei objektiver Prüfung der Verhältnisse offenstehenden Möglichkeiten, nämlich der Führung eines Betriebes mit zwei Flugzeugen mit höchstens acht vorhandenen Sitzplätzen, kommt aber auch die Notwendigkeit kaufmännischer Einrichtungen nicht in Betracht.

Die Ergebnisse des Verfahrens reichen somit zur rechtlichen Beurteilung aus, daß der Umfang des Betriebes über den des Kleingewerbes nicht hinausgeht, ohne daß es dazu der vom Rekursgericht vermißten Erörterungen bedürfte. Da es an den Voraussetzungen der von den Antragstellern beantragten Kommanditgesellschaft gem § 4 Abs 2 HGB mangelt, war der angefochtene Beschluß im Sinne der Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichts abzuändern.

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