Spruch:
Zum Entlohnungsanspruch des in einem Kodizill bestellten Testamentsvollstreckers
OGH 3. März 1970, 8 Ob 48/70 (OLG Wien 6 R 215/69; LGZ Wien 18 Cg 177/68)
Text
Der am 16. Dezember 1965 verstorbene Franz Josef P. der Vater der Beklagten, hat mehrere am 12. Dezember 1965 verfaßte, eigenhändig geschriebene und unterfertigte Kodizille hinterlassen und darin den Kläger um Durchführung seines letzten Willens ersucht. Im Verlassenschaftsverfahren nahm der Kläger die Stellung eines Testamentsvollstreckers in Anspruch, was vom Verlassenschaftsgericht mit Beschluß vom 27. Jänner 1966 zur Kenntnis genommen wurde, ohne daß die Beklagte gegen diesen Punkt des Beschlusses Rekurs erhob. Der Kläger schritt in der Folge auch als Testamentsvollstrecker ein, vertrat allerdings zeitweise auch einige Legatare. Die durch den Rechtsanwalt Dr M vertretene Beklagte gab im Verlassenschaftsverfahren zunächst eine bedingte und sodann eine unbedingte Erbserklärung ab und legte am 14. Juli 1967 ein berichtigtes und ergänztes eidesstattiges Vermögensbekenntnis vor, in dem unter den Passiven ein Betrag von 84.643 S an Kosten des Klägers als Testamentsvollstreckers aufschien; dieses eidesstättige Vermögensbekenntnis wurde laut Beschluß vom 17. Juli 1967 auch der Abhandlung zugrunde gelegt. Die Verlassenschaft wurde der Beklagten mit Einantwortungsurkunde vom 11. Dezember 1968, eingeantwortet.
Der Kläger begehrte für seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker von der Beklagten die Bezahlung der 84.643 S, schränkte sein Begehren dann aber auf 49.724.29 S samt Anhang ein. Die Beklagte bestritt den Anspruch des Klägers, weil er auch drei von fünf Legataren vertreten habe und das daraus entstandene Honorar nicht als Kosten für seine Tätigkeit als Testamentsvollstrecker geltend machen könne; seine Tätigkeit habe er fast ausschließlich im Interesse der Legatare entfaltet; die Vertretung von Legataren sei mit der Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers nicht vereinbar. Der Kläger könne darüber hinaus seine Kosten für eine Tätigkeit, die nur zum Teil anwaltlicher Natur gewesen sei, nicht nach dem Rechtsanwaltstarif verrechnen.
Das Erstgericht gab dem eingeschränkten Klagebegehren, dem Gutachten des Sachverständigen Dr P folgend, statt. Dem Testamentsvollstrecker, der vom Erblasser den Auftrag zur Übernahme dieses Amtes erhalten und es mit Genehmigung des Verlassenschaftsgerichtes übernommen und ausgeübt habe, stehe zur Hereinbringung seiner Kosten der Rechtsweg gegen den Erben zu.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichtes. Der Rechtsweg sei zur Geltendmachung des Anspruches des Klägers zulässig. Darin, daß das Erstgericht nicht auseinandergehalten habe, in welchem Umfang der Kläger seine Tätigkeit für die Legatare einerseits und als Testamentsvollstrecker andererseits entfaltet habe, liege keine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, da der Testamentsvollstrecker auch den Erben zur Entrichtung der Vermächtnisse anzuhalten habe. Nur eine darüber hinausgehende Tätigkeit wäre nicht auf Grund der letztwilligen Anordnung ausgeübt worden; eine solche Tätigkeit könne aber aus der Expensennote des Klägers und dem Sachverständigengutachten nicht entnommen werden. Die Beklagte habe auch keine einzige Post angeführt, die als solche Tätigkeit angesehen werden könnte. Ein Testamentsvollstrecker könne auch in einem Kodizill bestellt werden. Daß der Testamentsvollstrecker sich durch die Übernahme der Vertretung von Legataren für sein Amt disqualifiziert habe, hätte im Verlassenschaftsverfahren geltend gemacht werden müssen. Sei als Testamentsvollstrecker ein Anwalt eingeschritten, stehe ihm in analoger Anwendung des § 1004 ABGB eine Belohnung zu.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Beklagte behauptet zunächst wiederum, daß der Testamentsvollstrecker eine quasi überparteiliche Tätigkeit ausübe und seine Belohnung daher nur beim Abhandlungsgericht ansprechen und von diesem bestimmen lassen könne. Mit Recht hat das Berufungsgericht aber die Entscheidung SZ 27/258 zitiert, in der der Oberste Gerichtshof ausgesprochen hat, daß der Testamentsexekutor nicht vom Gericht, sondern vom Erblasser bestellt wird; wenn er für seine Tätigkeit überhaupt eine Forderung erheben kann, kann er sich daher nur auf seine rechtsgeschäftliche Bestellung durch den Erblasser stützen und seine Vergütung im Prozeßwege einklagen. Die Revisionsausführungen geben keinen Anlaß, von dieser Rechtsauffassung abzugehen. Auch die Tatsache, daß das Verlassenschaftsgericht den Testamentsvollstrecker aus wichtigen Gründen entlassen, bzw entheben kann (SZ 16/189, ZBl 1918/118; Ehrenzweig Familien- und Erbrecht[2] § 506 I 478, Gschnitzer Erbrecht 56, Grüll in NZ 1956, 40), ändert nichts daran, daß dieser bis dahin nur kraft seiner privatrechtlichen Bestellung zum Einschreiten berechtigt ist; nur aus diesem Gründe kann sich der Testamentsvollstrecker am Verlassenschaftsverfahren beteiligen (§§ 80, 95, 164 AußStrG) und im Rahmen seines Aufgabenbereiches Rechtsmittel ergreifen (SZ 40/62, EvBl 1968/120 u a). Trotz der Revisionsausführungen bestehen daher keine Bedenken dagegen, daß der Kläger seinen Anspruch nur im Rechtswege geltend machen kann.
Die von der Revision weiter aufgeworfene Frage, ob ein Testamentsvollstrecker nur in einem Testament oder auch in einem Kodizill bestellt werden kann, wurde schon im Verlassenschaftsverfahren behandelt. Das Landesgericht für ZRS Wien als Rekursgericht hat hiezu in seiner Entscheidung vom 4. Mai 1966 über einen Rekurs der nunmehrigen Beklagten ausgesprochen, sich mit dieser Frage nicht mehr befassen zu können, weil die nunmehrige Beklagte den erstgerichtlichen Beschluß, in welchem die Erklärung des Testamentsvollstreckers, das Amt zu übernehmen, vom Verlassenschaftsgericht zur Kenntnis genommen worden war, nicht bekämpft hatte, so daß er in Rechtskraft erwachsen war. Wenn der Kläger somit als Testamentsvollstrecker tätig werden konnte, muß die Beklagte als Erbin nach ihrem Vater, der in bestellt hatte, auch seine Entgeltsforderung für die von ihm entfaltete Tätigkeit befriedigen. Daß er, obwohl er von Beruf Rechtsanwalt ist, ohne Entgelt arbeiten sollte, behauptet sie selbst nicht.
Im übrigen wird in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, daß es für den Testamentsvollstrecker keinen Unterschied macht, ob der letzte Wille, den er zu vollziehen hat, ein Testament oder ein Kodizill ist (GlU 8255); es besteht auch kein Grund, eine Bestellung zum Testamentsvollstrecker nur deswegen nicht zuzulassen, weil keine Erbeinsetzung erfolgte. Die Bestimmung des § 816 ABGB spricht vielmehr nur vom "letzten Willen", der auch durch ein Kodizill erklärt wird. Wenn Weiß in Klangs Komm.[2] zu § 816 ABGB bei Anm 9, 10 III 1035, auf den sich die Revision bezieht, die Ansicht ausspricht, daß der Testamentsvollstrecker nur in einem Testament rechts wirksam ernannt werden könne, weil § 80 AußStrG die Ernennung "in dem letzten Willen" verlange, wollte er damit offenbar nicht die Einsetzung in einem Kodizill ausschließen, sondern - wie aus seiner Anmerkung 9 zu dieser Textstelle hervorgeht - nur der Ansicht Schells in der 1. Aufl von Klangs Komm zu §§ 816 f ABGB 823 Z 2 nach Anm 7 entgegentreten, der die Auffassung vertreten hatte, daß die Ernennung des Testamentsvollstreckers an keine Form gebunden sei.
Die Revision wiederholt auch ihren Rechtsstandpunkt, daß sich der Kläger als Testamentsvollstrecker selbst disqualifiziert habe, als er auch die Vertretung von drei Legataren übernommen habe. Das Berufungsgericht hat aber mit Recht hervorgehoben, daß es allein Sache des Verlassenschaftsgerichtes gewesen wäre, allenfalls den Kläger als Testamentsvollstrecker zu entheben. Eine solche Enthebung wäre überdies selbst bei Vertretung einzelner Erben nur bei Interessenkollision erforderlich. Im vorliegenden Fall hat der Kläger nur eine geringfügige, über seine Pflichten als Testamentsvollstrecker hinausgehende Tätigkeit für die Legatare ausgeübt; diese Tätigkeit erfolgte offenbar im Sinne der letztwilligen Verfügungen; eine Interessenkollision ist nicht zu ersehen und auch eine Verletzung der Bestimmung des § 10 Abs 1 RAO lag nicht vor. Die Beklagte hat auch die Tätigkeit des Klägers während des gesamten Verlassenschaftsverfahrens unwidersprochen hingenommen. Die Revision ist ebenfalls nicht in der Lage, eine Interessenkollision anzuführen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)