OGH 7Ob23/70

OGH7Ob23/7018.2.1970

SZ 43/43

Normen

Allgemeine Feuerversicherungsbedingungen Art2 Abs1
VersVG §74
VersVG §85
Allgemeine Feuerversicherungsbedingungen Art2 Abs1
VersVG §74
VersVG §85

 

Spruch:

Bei der Sachwertversicherung ist grundsätzlich das Eigentümerinteresse als versichert anzusehen. Bei der Sachwertversicherung ist es dem Versicherer regelmäßig gleichgültig, wessen Interesse versichert sein soll. In einem derartigen Fall ist die Versicherung als für fremde Rechnung genommen anzusehen, falls der Wille des Versicherungsnehmers darauf gerichtet ist

OGH 18. Februar 1970, 7 Ob 23/70 (KG Wels R 514/69; BG Lambach C 450/69 )

Text

Die Klägerin brachte vor, sie habe laut Rechnung vom 23. September 1966 dem Beklagten eine hydraulische Heizplattenpresse zum Preise von 75.000 S verkauft und geliefert. Bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises habe sie sich das Eigentum an der verkauften Maschine vorbehalten. Auch für den Fall der Veräußerung durch den Beklagten. Sie sei weiterhin Eigentümerin der Maschine geblieben, weil noch ein Kaufpreisrest von 46.180 S offen sei. Der Beklagte betreibe eine Tischlerei und habe für seine gesamte Betriebseinrichtung zwei Neuwertbrandschadenversicherungen abgeschlossen, und zwar bei der Versicherungsgesellschaft A in Höhe von 430.000 S und bei Landesbrandschadenversicherung B in Höhe von 300.000 S. Die Heizplattenpresse sei in die Betriebseinrichtung des Beklagten eingegliedert und vom Versicherungsschutz bei beiden Versicherungen erfaßt gewesen, wobei auf jedes einzelne Objekt der Betriebseinrichtung 59% aus der Versicherungssumme beim erstgenannten Versicherer und 41% aus der Versicherungssumme beim letztgenannten Versicherer auszuzahlen sei. Beide Versicherer hätten bei Vertragsabschluß erkennen können, daß der Beklagte die Versicherungen zumindest teilweise für fremde Rechnung genommen habe, insbesondere hinsichtlich der im Vorbehaltseigentum der Klägerin stehenden Heizplattenpresse, für welche der Beklagte die Versicherung auf fremde - der Klägerin - Rechnung habe nehmen wollen und genommen habe.

Ende Februar 1969 sei der Betrieb des Beklagten niedergebrannt, dabei sei auch die gegenständliche Heizplattenpresse bis auf einen Restwert von 500 S völlig vernichtet worden. Der Gesamtschaden habe, berechnet auf den Neuwert, 732.000 S ergeben, die gegenständliche Maschine sei bei der Schadensermittlung mit neu 79.000 S bewertet worden; die Forderung der Klägerin sei daher voll gedeckt.

Der Beklagte, welcher am 5. September 1969 einen 40%igen Ausgleich abgeschlossen habe, wolle die gesamte Versicherungssumme zur Befriedigung bevorrechteter Gläubiger und zu Investitionen verwenden, aus deren Erträgnissen wolle er der Klägerin nach einem Jahr lediglich die Ausgleichsquote bezahlen; er würde durch diesen Vorgang ungerechtfertigt bereichert sein.

Der Klägerin stehe in Ansehung des Betrages von 45.680 S - dem Kaufpreisrest abzüglich Restwert der verbrannten Maschine - das Recht aus den beiden Versicherungen zu, weil sie als Vorbehaltseigentümerin als die in Wahrheit wirtschaftlich Versicherte bzw als die Inhaberin des versicherten Interesses anzusehen sei. Der Beklagte sei daher verpflichtet, in die Auszahlung der Versicherungssumme bis zur Höhe von 45.680 S s A an die Klägerin einzuwilligen, die Klägerin sei berechtigt, diese Einwilligung durch Klage zu begehren.

Das Erstgericht gab dem auf dieses Vorbringen gestützten Hauptbegehren der Klägerin, der Beklagte sei schuldig, in die Auszahlung des Betrages von 45.680 S s A durch die Versicherungsgesellschaft A zu 59% und durch die Landesbrandschadenversicherung B zu 41% einzuwilligen, mit Versäumungsurteil vom 14. Oktober 1969 statt, weil der Beklagte trotz ausgewiesener Vorladung zur ersten Tagsatzung nicht erschienen war.

Das Berufungsgericht bestätigte infolge Berufung des Beklagten diese Entscheidung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt.

Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, daß angesichts des gemäß §§ 442 Abs 1, 396 ZPO für wahr zu haltenden Klagsvorbringens beide Versicherungen in Ansehung der Heizplattenpresse vom Beklagten auf fremde Rechnung, nämlich auf Rechnung der Klägerin, abgeschlossen worden seien. Davon ausgehend führte das Berufungsgericht weiter aus, die Klägerin sei aus dem Versicherungsvertrag berechtigt, im Umfang dieser Berechtigung gehöre die Versicherungssumme zu ihrem Vermögen, welches durch den Ausgleich des Beklagten nicht berührt werde. Da die Klägerin jedoch die Auszahlung, der Versicherungssumme im Umfang ihrer Berechtigung nur mit Zustimmung des Beklagten erwirken könne, sei das Klagebegehren gerechtfertigt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

In rechtlicher Hinsicht geht die Revision teilweise nicht von jenem Sachverhalt aus, welchen die Vorinstanzen in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der §§ 442 Abs 1, 396 ZPO der Entscheidung zugrunde legten. Nach dem Inhalt des bereits wiedergegebenen Klagsvorbringens wurden beide Versicherungen in Ansehung der gegenständlichen Heizplattenpresse auf fremde Rechnung geschlossen, wobei für die Versicherer erkennbar gewesen sein soll, daß der Beklagte die Versicherungen in Ansehung der Heizplattenpresse auf fremde Rechnung nehmen wollte und auf fremde Rechnung nahm. In diesem Vorbringen liegt nicht bloß die Behauptung der Erkennbarkeit für die Versicherer, sondern entgegen den Revisionsausführungen auch die Behauptung, daß der Beklagte die Versicherungen in Ansehung der Heizplattenpresse für fremde Rechnung nehmen wollte, also dies beabsichtigte, ferner auch genommen, also seine Absicht auch verwirklicht hat.

Die Frage, ob für die Versicherungsgesellschaften der Abschluß einer Versicherung auf (teilweise) fremde Rechnung erkennbar war, stellt allerdings eine Schlußfolgerung dar, welche einer rechtlichen Nachprüfung zugänglich ist. Die beim Beklagten vorhandene Absicht und die Verwirklichung dieser Absicht - beides wurde übrigens im vorliegenden Fall durch keinerlei Schlußfolgerungen aus irgendwelchen Vorkommnissen abgeleitet - sind hingegen als tatsächliche Feststellungen von der Revisionsinstanz nicht überprüfbar (SZ 40/96 u a).

Demzufolge ist hier davon auszugehen, daß der Beklagte in Ansehung der gegenständlichen Heizplattenpresse das Interesse der Klägerin versichern wollte und versichert hat, ohne daß dies den beiden Versicherungsgesellschaften bekanntgegeben worden wäre. Bei Beurteilung der Frage, ob dieser Sachverhalt die Annahme einer Versicherung auf fremde Rechnung rechtfertigt, ist festzuhalten, daß § 80 Abs 1 zwar die Vermutung ausspricht, daß die Versicherung als für eigene Rechnung genommen gilt, wenn sich aus den Umständen nicht etwas anderes ergibt, daß diese Vermutung aber - entsprechend den Umständen - leicht widerlegbar ist (Prölss, VersVG[17] Anm 1 zu § 80 u a).

Für die Sachwertversicherung gegen Brandschaden besagt Art 2 Abs 1 AFB 1960 (Erl des BMF vom 25. Oktober 1960, 139.973-19/60), daß die vom Versicherungsnehmer unter Eigentumsvorbehalt gekauften Sachen, die von ihm übernommen wurden, mitversichert sind. Bei der Sachwertversicherung ist grundsätzlich das Eigentümerinteresse als versichert anzusehen (Ehrenzweig, Versicherungsvertragsrecht, 208 u a), ferner ist es bei der Sachwertversicherung dem Versicherer regelmäßig gleichgültig, wessen Interesse versichert sein soll (vgl Art 2 Abs 1 AFB, § 85 letzter Satz VersVG u a). In einem derartigen Fall ist die Versicherung als für fremde Rechnung genommen anzusehen, falls der Wille des Versicherungsnehmers darauf gerichtet ist (ebenso Prölss, VersG[17], Anm zu § 80, Kisch, Privatversicherungsrecht III 407, vgl SZ 16/97, BGH 10, 376 = VersR 1953, 448).

Im vorliegenden Fall war nach den der Entscheidung zugrunde zu legenden Klagsbehauptungen die Absicht des Beklagten darauf gerichtet, die gegenständlichen Versicherungen in Ansehung der Heizplattenpresse für Rechnung des Klägers zu nehmen. Insoweit war somit die Klägerin die tatsächlich Versicherte, sie ist daher insoweit gemäß § 75 Abs 1 VersVG aus den Versicherungsverträgen anspruchsberechtigt. Allerdings kann sie zufolge § 75 Abs 2 VersVG ihre Ansprüche, im vorliegenden Fall die Auszahlung des Betrages von 45.680 S s A, nur mit Zustimmung des Beklagten in seiner Eigenschaft als Versicherungsnehmer realisieren (ebenso Prölss VersVG, Anm 3 zu § 75 ua).

Da der Beklagte diese Zustimmung nicht erteilte und das gegenständliche Begehren vom Ausgleich des Beklagten nicht berührt wird, weil die Versicherungssumme im Umfang der Anspruchsberechtigung der Klägerin nicht zum Vermögen des Beklagten gehört (ebenso Ehrenzweig, Versicherungsvertragsrecht, 223, Bartsch - Pollak, Kommentar zur AO, 116 Anm 9), wurde das Klagebegehren von den Vorinstanzen zutreffend als berechtigt angesehen (vgl SZ 33/23).

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