OGH 5Ob3/70

OGH5Ob3/704.2.1970

SZ 43/28

Normen

ABGB §1118
Mietengesetz §19 Abs2 Z2
ABGB §1118
Mietengesetz §19 Abs2 Z2

 

Spruch:

Verletzung einer vom Mieter vertraglich übernommenen Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht als Aufhebungsgrund nach § 1118 ABGB

OGH 4. Februar 1970, 5 Ob 3/70 (LGZ Wien 41 R 423/69; BG Innere Stadt Wien 44 C 390/68)

Text

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Hauses in Wien. Sie vermietete mit Mietvertrag v 15. März 1965 die im Souterrain dieses Hauses gelegenen vier Magazinräume, die bisher nicht vermietet waren, an den Beklagten. Gem P II des Mietvertrages wurde ein wertgesicherter jährlicher Mietzins von 4000 S vereinbart. In P III verpflichtete sich der Mieter, auf eigene Kosten nachstehende Leistungen laufend zu verrichten bzw verrichten zu lassen: a) alle 14 Tage den Hof auszukehren und zu reinigen; b) monatlich einmal das Stiegenhaus und die Treppen zu kehren und zu waschen; c) jährlich zu Ostern die Dachbodenräume, die Kellerräume samt Fenstern, ebenso auch die Fenster des Stiegenhauses zu reinigen; d) in der Winterzeit die jeweils erforderliche Schneeräumung des Hofes und des Gehsteiges und dessen Streuung vorzunehmen; e) jeweils ausgefallene Glühbirnen der automatischen Stiegenbeleuchtung auszutauschen.

In P IV Abs 1 des Mietvertrages verpflichtete sich der Beklagte, die gemieteten Magazinsräumlichkeiten auf eigene Kosten instandzusetzen (Ausbesserung des Fußbodens, Ausmalen, Streichen der Fenster, Türen usw) und diese Bestandräumlichkeiten instandzuhalten. Nach P V Abs. 1 berechtigt ein allfälliges Zuwiderhandeln gegen die vom Mieter in P III und P IV übernommenen Verpflichtungen die Klägerin zur sofortigen Auflösung des Bestandverhältnisses ohne Gewährung und Einhaltung einer Kündigungsfrist.

Mit der am 11. November 1968 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin die Räumung des Bestandgegenstandes und begrundet ihren Anspruch mit der Behauptung, der Kläger habe vertragswidrig auch Bier in Alu-Fässern in den Bestandräumen gelagert, obwohl ihm diese nur zur Einlagerung von Flaschenbier vermietet worden seien; er habe ferner die übernommenen Arbeiten nicht vertragsgemäß verrichtet, insb das Stiegenhaus und die Treppen nur in größeren Zeitabständen gekehrt (und auch dies nur mangelhaft), nur ein einziges Mal die Fenster gereinigt, den Dachbodenraum und den Kellerraum aber überhaupt nicht. Er habe auch die gemieteten Räume entgegen der übernommenen Verpflichtung nicht instandgesetzt und instandgehalten und die von ihm verursachten Schäden trotz Aufforderung nicht behoben. Außerdem unterlasse er die ordnungsgemäße Lüftung der Bestandräume und lagere die Bierfässer und Kisten entlang der Wand bis zur Decke hinauf, so daß eine Lüftung nicht möglich sei. Hiedurch sei die Feuchtigkeit bis in die Wohnung der Klägerin aufgestiegen. Durch die Unterlassung der Lüftung sei es zu einer fortlaufenden allgemeinen Verschlechterung des Bauzustandes des Hauses gekommen. Schließlich lasse der Beklagte die Bierfässer über die Treppe in die Lagerräumlichkeiten rollen, wodurch die Treppen abgeschlagen und beschädigt worden seien. Außerdem sei durch das Hinabrollen der Bierfässer die Ruhe im Haus gestört worden.

Der Beklagte wendet ein, ihm sei auch die Lagerung von Bierfässern bei Vertragsabschluß gestattet worden. Die Verpflichtung zur Instandsetzung der Räumlichkeiten sollte erst bei Beendigung des Bestandverhältnisses wirksam werden.

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren statt. Es traf folgende Tatsachenfeststellungen:

Neben dem schriftlichen Mietvertrag und seiner Verlängerung sei keine mündliche Nebenabrede getroffen worden; insb sei nicht vereinbart worden, daß die Räumlichkeiten erst bei Rückgabe an die Klägerin instandgesetzt werden müßten. Der eigentliche Zweck der Vermietung sei auf der Seite der Klägerin die Durchführung der Instandsetzungsarbeiten durch den Beklagten gewesen, weshalb ein an sich geringer Mietzins vereinbart worden sei. Hinsichtlich des Zustandes der Mieträume wurde festgestellt: Die Schwelle der gassenseitigen Eingangstüre sei beschädigt, der Beton teilweise abgeschlagen. Die Steinschwelle zeige in der Mitte zwei Kerben. Oberhalb der Holztüre befinde sich ein nicht funktionsfähiges Rolleau. Am Türbogen sei der Verputz teilweise abgefallen. Im ersten Magazinsraum seien am Plafond und an den Wänden Sprünge erkennbar, der Verputz sei an zwei Stellen abgefallen. Die dort gelagerten Bierkisten seien ohne Zwischenraum zur Wand gelagert. Die Eingangstüre sei weder innen noch außen gestrichen. Unter der zweiten der vom Beklagten angebrachten Holzstufen befinde sich im Fußboden ein Hohlraum, der mit einer angenagelten Sperrholzplatte überdeckt sei. Auch im zweiten Raum seien die dort gelagerten Kartons und Bierflaschen im wesentlichen ohne Zwischenraum zur Mauer gelagert; in diesem Raum seien Schäden am Mauerwerk erkennbar. Im dritten Raum befänden sich an der Wand und am Plafond Sprünge. Der Holzbeton am Fußboden sei in der Nähe des Türstocks schadhaft, so daß die Beschüttung sichtbar sei. An einer Stelle der Mauer sei der Verputz abgefallen und die Ziegel seien sichtbar. Die gelagerten Gegenstände seien ganz an die Mauer gerückt. Im vierten Raum befinde sich kein Licht, am Mauerwerk seien Sprünge sichtbar. Dieser Zustand habe am 12. November 1968 bestanden. Beim zweiten Lokalaugenschein am 16. Juni 1969 sei das Rolleau an der Eingangstür wieder funktionsfähig gewesen. In sämtlichen Räumen seien die Bierkisten in einem Abstand von 5 bis 30 cm zur Wand gelagert gewesen.

Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses seien die bestehenden Schäden schriftlich festgehalten worden. Der Beklagte habe ab Vertragsbeginn bis Sommer 1968 Fässer eingelagert, deren Hinabrollen einen empfindlichen Lärm verursacht habe. Die Hausreinigungsarbeiten seien vom Beklagten nicht vollständig geleistet worden; der Dachboden sei nicht jährlich, sondern nur ein einziges Mal gereinigt worden, die Kellerräume überhaupt nicht.

Infolge des Zuwiderhandelns gegen die in P III und IV des Mietvertrages übernommenen Verpflichtungen sei der Auflösungsgrund i S des § 1118 ABGB gegeben.

Das Berufungsgericht wies das Räumungsbegehren ab. Auszugehen sei davon, daß für das Bestandobjekt gem § 1 Abs 3 Z 1 MG die Kündigungsbeschränkungen der §§ 19 bis 23 MG gelten. Daher sei gem § 19 Abs 6 Satz 1 MG eine Vereinbarung, wonach dem Vermieter das Kündigungsrecht unbeschränkt oder in einem weiteren als dem vorstehend bestimmten Maß zustehen solle, ungültig. Unwirksam sei daher insb die Aufnahme einer Dissolutionsvereinbarung in den Mietvertrag, wonach die Verletzung einer Vertragsbestimmung den Vermieter zur Auflösung des Bestandvertrages berechtigen solle. Im vorliegenden Fall bedürfe die Frage, ob durch die Verletzung der Vertragspflichten durch den Beklagten ein Kündigungsgrund gesetzt worden sei, keiner Erörterung, weil die Kündigung niemals durch eine Räumungsklage ersetzt werden dürfe, wenn der Kündigungsgrund nicht zugleich einen Grund zur vorzeitigen Aufhebung des Vertrages nach § 1118 ABGB darstelle. Zu prüfen sei daher nur, wie weit die getroffenen Vereinbarungen über die Voraussetzungen des § 1118 ABGB hinausgingen und somit in diesem Umfang ungültig seien, und ob der Beklagte ein Verhalten gesetzt habe, das die Klägerin auch nach § 1118 ABGB zur sofortigen Auflösung des Bestandvertrages berechtige.

Die vertragswidrige Lagerung von Faßbier könne keinen Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB darstellen, sondern allenfalls einen Unterlassungsanspruch begrunden. Die Lärmentwicklung beim Hinabrollen der Fässer berechtige die Klägerin nicht zur Räumungsklage, sondern allenfalls unter den Voraussetzungen des § 19 Abs 2 Z 3 MG zur Kündigung. Einen erheblich nachteiligen Gebrauch der Bestandsache könne die Klägerin aus der Lagerung von Bierfässern nicht ableiten, weil im Beweisverfahren nicht hervorgekommen sei, daß die Lagerung von Bierfässern für die Substanz des Hauses nachteilig sei oder sonstige wichtige Interessen der Mieterin verletzen konnte. Beschädigungen durch diese Einlagerung seien durch das Beweisverfahren nicht hervorgekommen. Ebensowenig könne die nichtvertragsgemäße Erbringung von Dienstleistungen die Aufhebung des Bestandvertrags nach § 1118 ABGB rechtfertigen. Diese Tatsache begrunde primär den Anspruch auf Zuhaltung des Vertrages. Einen Auflösungsgrund könnte dieses Verhalten des Beklagten nur dann bilden, wenn darin eine Nichtzahlung des Bestandzinses erblickt werden könnte. Aus dem Mietvertrag ergebe sich aber, daß die vom Beklagten zu leistenden Arbeiten im vorliegenden Fall nicht als Mietzins oder als Teil eines solchen vereinbart worden seien, sondern nur eine von der Zinszahlung unabhängige Nebenabrede darstellten. Dies gehe eindeutig aus der Gliederung des Vertrages hervor, der die Höhe und die Zahlung des Mietzinses sowie die Leistung von Arbeiten in deutlich voneinander getrennten Punkten regle. Aber auch die Verletzung der im Mietvertrag vom Beklagten übernommenen Instandsetzungs- und Erhaltungsarbeiten könne nicht als Auflösungsgrund herangezogen werden. Eine derartige Vertragsverletzung könne an und für sich auch nicht dem Begriff des erheblichen nachteiligen Gebrauches unterstellt werden. Diese Art des Gebrauches könne durch eine solche Benützung der Bestandsache, wodurch diese erheblich geschädigt werde oder ein solcher Schaden drohe, oder durch eine längere Reihe von Unterlassungen notwendiger Vorkehrungen, die zur Erhaltung der Substanz des Hauses erforderlich seien, verwirklicht werden; es fielen jedoch weder die Unterlassung solcher Arbeiten darunter, die zur Behebung bereits bestehender Bauschäden erforderlich seien, noch zur Behebung von Schäden, die durch den ordnungsgemäßen Gebrauch der Bestandsache eingetreten sind.

Schließlich könne auch in der von der Klägerin beanstandeten Art der Stapelung des Lagergutes ohne Zwischenraum zu den Wänden und in der ungenügenden Lüftung des Bestandobjekts kein erheblich nachteiliger Gebrauch erblickt werden. Nach dem von der Klägerin vorgelegten Sachverständigengutachten sei das Haus an sich stark grundfeucht. Dem Sachverständigen erscheine eine Belüftung der Lagerräume zwar empfehlenswert, doch könne nach diesem Gutachten die vorhandene Grundfeuchtigkeit nicht durch ausschließliche Belüftungsmaßnahmen gebannt werden; eine solche Dauerbelüftung sei jedoch nach der Art der Lagerung und der zu unterlegenden Obsorge für die Erhaltung der Qualität des Biers ausgeschlossen. Daraus müsse geschlossen werden, daß einerseits auch eine ausreichende Lüftung der Bestandräumlichkeiten das Aufsteigen der Grundfeuchtigkeit nicht verhindern könnte und andererseits der Vertragszweck selbst, nämlich die Lagerung von Bier, eine dauernde Belüftung ausschließe. Könnte aber selbst eine dauernde Belüftung das Aufsteigen von Grundfeuchtigkeit nicht verhindern, dann sei die Unterlassung einer solchen dauernden Lüftung der Räume nicht kausal für die eingetretenen Feuchtigkeitsschäden. Somit liege keiner der im Gesetz vorgesehenen Gründe für die vorzeitige Aufhebung des Bestandvertrages vor.

In Stattgebung der Revision der Klägerin hob der Oberste Gerichtshof das Urteil des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Was die rechtliche Beurteilung der Sache anlangt, so hält der OGH an seiner bereits in mehreren Entscheidungen (MietSlg 4138, 6665, 13.130, 19.152 u a) zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung fest, daß auch Tatbestände als Auflösungsgrunde vereinbart werden können, die in § 1118 ABGB nicht genannt sind, daß aber im Fall eines geschützten Bestandverhältnisses die Mietengesetzgebung insofern eine Schranke für den Parteiwillen bildet, als nicht jede Vertragsverletzung, sondern nur eine für einen Kündigungstatbestand ausreichende Verletzung eines wichtigen Interesses des Bestandgebers rechtswirksam als Aufhebungsgrund vereinbart werden kann, da andernfalls eine Umgehung der Schutzvorschriften möglich wäre s auch Klang[2] V 119). Das zwischen den Parteien vereinbarte Bestandverhältnis unterliegt nach dem übereinstimmenden Parteienvorbringen den Kündigungsbeschränkungen der §§ 19 bis 23 MG, nicht aber den Zinsbildungsvorschriften dieses Gesetzes. Somit ist davon auszugehen, daß eine Vertragsverletzung, die nicht zugleich einen Auflösungsgrund nach § 1118 ABGB bildet oder einen der im MG aufgezählten Kündigungsgrunde erfüllt, nicht zur sofortigen Auflösung des Bestandverhältnisses führen kann.

Was nun das behauptete vertragswidrige Einlagern von Bierfässern anlangt, so könnte dieses Verhalten nach dem Gesagten nur dann mit Erfolg zum Anlaß einer Aufhebung des Bestandvertrags herangezogen werden, wenn hierin auch ein erheblich nachteiliger Gebrauch der Bestandsache erblickt werden könnte. Daß durch diese Einlagerung der Bestandgegenstand beschädigt wurde oder daß dadurch sonstige Interessen der Klägerin verletzt wurden, konnte aber nicht festgestellt werden. Auf die vom Erstgericht festgestellte Lärmentwicklung kann aber die Aufhebung des Bestandvertrags ebenfalls nicht gestützt werden. Im Vertrag ist Lärmentwicklung nicht als Aufhebungsgrund vorgesehen; falls sie tatsächlich vorgelegen wäre, könnte sie nur als Kündigungsgrund nach § 19 Abs 2 Z 3 MG geltend gemacht werden. Eine Kündigung liegt aber nicht vor. Als weiteren Aufhebungsgrund macht die Klägerin die nicht dem Vertrag entsprechende Leistung der vereinbarten Dienste geltend und will dies nicht nur als ein dem Kündigungsgrund nach § 19 Abs 2 Z 2 MG unterstellendes Verhalten aufgefaßt wissen, sondern auch als Nichtzahlung des vereinbarten Bestandzinses i S des § 1118 ABGB. In Auslegung der Vertragsurkunde glaubt das Berufungsgericht, diesen Aufhebungsgrund verneinen zu können, weil die Erbringung der Arbeitsleistungen nach dem Aufbau des Mietvertrages nicht unter die Zinsvereinbarung falle, sondern als Nebenabrede zu gelten habe. Diese Urkundenauslegung wird von der Klägerin bekämpft. Es mag dahingestellt bleiben, ob sich diese Schlußfolgerung allein aus dem Aufbau des Mietvertrages ableiten läßt; ihre Richtigkeit ergibt sich aber aus der Heranziehung der auf die Parteienaussage der Klägerin gegrundeten Feststellung des Erstgerichtes, daß der Zweck der Vereinbarung eines verhältnismäßig niedrigen Mietzinses die Übernahme der Instandsetzungsarbeiten durch den Beklagten gewesen sei; dies sei sogar der eigentliche Zweck der Vermietung gewesen. Daraus ergibt sich aber die Absicht der Parteien, daß der Beklagte für die Überlassung des Gebrauches der Magazinräume nicht nur den vereinbarten Barzins von jährlich 4000 S zu entrichten, sondern auch die Durchführung der Instandsetzungsarbeiten auf seine Kosten zu übernehmen hatte, so daß sich die Entgeltsleistung des Beklagten im wesentlichen aus einem verhältnismäßig niedrigen Barzins und der Durchführung der Instandsetzungsarbeiten zusammensetzte. Daß ausdrücklich vereinbart wurde, auch die Arbeitsleistungen sollten als Teil des Preises für den Bestandgegenstand gelten (JBl 1954, 399), wurde vor dem Erstgericht nicht behauptet, insb auch nicht, daß der Schwerpunkt des Mietvertrages in den vom Beklagten zu erbringenden Arbeitsleistungen gelegen sei (1 Ob 142/64).

Es wäre aber auch angesichts der Eigenart eines solchen gemischten Bestandverhältnisses unbillig, der Nichtleistung von nur vereinzelten und im Verhältnis zu den erbrachten Leistungen umfänglich nur geringen Arbeiten die gleiche Wirkung zuzuerkennen wie der Nichtzahlung des Bestandzinses i S des § 1118 ABGB oder des § 19 Abs 2 Z 1 MG, denn vereinzelte Arbeitsverweigerungen können noch nicht einer Nichterfüllung der Vertragspflicht gleichgehalten werden (Sternberg, MG[2], 191 f; ZBl 1936/235). Von der Sicht des Zinsrückstandes oder der Arbeitsverweigerung kann somit das Recht zur Vertragsaufhebung nicht abgeleitet werden.

Aber auch ein Tatbestand, der § 19 Abs 1 MG zu unterstellen wäre, ist in diesem Fall nicht nachgewiesen worden. Die Klägerin hat nicht behauptet, daß sich aus der teilweisen Nichteinhaltung der vom Beklagten übernommenen Arbeitsverpflichtung solche Folgen ergeben hätten, daß ihr die Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses ohne Erbringung der vom Beklagten unterlassenen Arbeitsleistungen nicht zugemutet werden könnte (MietSlg 16.305; 1 Ob 142/64). Sie hat zwar in der Klage vorgebracht, sie habe für diese Arbeiten eine andere Arbeitskraft einstellen müssen. Diese Tatsache macht ihr aber die weitere Aufrechterhaltung des Mietverhältnisses noch nicht unzumutbar, da ihr die Möglichkeit offengestanden wäre, den Beklagten wegen Vertragserfüllung oder Schadenersatz zu belangen. Diese Maßnahmen konnten der Klägerin zugemutet werden, zumal es sich nach den getroffenen Feststellungen nur um eine jährlich einmalige Reinigung der Kellerräume und des Dachbodens gehandelt hat.

Schließlich hat aber die Klägerin auch nicht behauptet, daß sie seit Ostern 1968 bis zu der im November 1968 eingebrachten Klage den Beklagten aufgefordert habe, seiner Leistungspflicht hinsichtlich der Keller- und Dachbodenreinigung nachzukommen. Wie die Klägerin selbst zugibt, hat sie in den letzten Jahren in den Haushaltsbüchern die Verrichtung von Arbeiten durch den Beklagten oder dessen Ehefrau bestätigt, ohne anläßlich der Unterfertigung Beanstandungen vorgenommen zu haben. Es muß daher auch davon ausgegangen werden, daß sie im letzten Jahr nicht erkennen ließ, daß ihr die Unterlassung dieser Arbeiten in dem Maße wichtig schien, um darauf eine Aufhebung des Bestandvertrages zu grunden, zumal sie die am 19. April 1968 eingebrachte und später zurückgezogene Kündigung nicht auf die Arbeitsverweigerung gestützt hatte. Pflichtverstöße aber sind ohne unnötigen Aufschub geltendzumachen (SZ 24/202; MietSlg 1856, 5616, 9447).

Auch darin kann ein erheblich nachteiliger Gebrauch der Bestandsache, der zur Aufhebung des Bestandvertrages berechtigen würde, nicht erblickt werden, daß der Beklagte eine wirksame Durchlüftung der Räume nicht vornahm und die Biergefäße direkt an die Wand stellte. Aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Sachverständigengutachten ergibt sich nicht, daß ein weiteres Fortschreiten der Grundfeuchtigkeit durch eine Entlüftungsmaßnahme, soweit diese nicht dem vereinbarten Einlagerungszweck entgegengestanden wäre, hintangehalten hätte werden können.

Hingegen muß der Revision Berechtigung zuerkannt werden, soweit das Berufungsgericht der Vernachlässigung der im Bestandvertrag übernommenen Verpflichtung zur Instandsetzung jede Rechtswirksamkeit in der Richtung einer Vertragsaufhebung abgesprochen hat. Die Frage ob Instandsetzungs- und Instandhaltungsverpflichtungen vom Mieter wirksam übernommen werden können, muß jedenfalls dort bejaht werden, wo das Bestandverhältnis - wie im vorliegenden Fall - den Bestimmungen des MG über die Zinsbildung nicht unterliegt. Derartige Vertragsbestimmungen können nur so ausgelegt werden, daß die dem Vermieter obliegende Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht nach § 1096 ABGB vom Mieter übernommen wird. Kommt der Mieter diesen Verpflichtungen nicht nach, dann kann der Vermieter vom Auflösungsrecht des § 1118 ABGB unter der Voraussetzung Gebrauch machen, daß ihm aus diesem Verstoß eine Beeinträchtigung wichtiger Interessen droht, sei daß von einem erheblich nachteiligen Gebrauch der Bestandsache gesprochen werden kann (JBl 1949, 263; MietSlg 7930, 9606, 18.209). Unter diesen Umständen kann die Verletzung einer verträglich übernommenen Verpflichtung diesen in § 1118 ABGB normierten Aufhebungsgrund herstellen. Wurden, wie der Beklagte selbst zugibt, die vereinbarten Instandsetzungsarbeiten, die nach dem Vertrag die Ausbesserung des Fußbodens, das Ausmalen, das Streichen der Türen und Fenster hätten umfassen sollen, entgegen der Vereinbarung - was allerdings vom Berufungsgericht noch zu überprüfen sein wird - nicht erbracht, dann könnte dieser Verstoß des Beklagten gegen den Mietvertrag die wirtschaftlichen Interessen der Vermieterin in einem erheblichen Maß zu schädigen geeignet sein und das Verhalten des Beklagten allenfalls auch den Kündigungsgrund des § 19 Abs 1 MG erfüllen (MietSlg 9606; 1 Ob 220/60). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, läßt sich aus den Ergebnissen des bisherigen Verfahrens allerdings noch nicht schließen. Die Klägerin müßte noch den Beweis erbringen, daß die Verletzung der Instandsetzungspflicht durch den Beklagten eine solche ernstliche Gefährdung oder eine tatsächliche Schädigung ihrer Interessen zur Folge hatte, daß von einem erheblich nachteiligen Gebrauch der Bestandsache i S des § 1118 ABGB gesprochen werden kann.

Zuvor wird jedoch das Berufungsgericht die von der Berufung mit dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Beweiswürdigung bekämpfte Feststellung des Erstgerichts zu prüfen haben, wonach eine Vereinbarung, daß die Magazinsräume erst bei der Rückgabe an die Vermieterin instandgesetzt werden müßten, nicht als erwiesen angenommen wurde.

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